Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Zinsbesteuerung in 1993; Divergenzrüge setzt Identität der Rechtsfrage voraus
Leitsatz (NV)
1) Die Frage, ob die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Veranlagungszeitraum 1993 mit dem GG vereinbar war, ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt und hat deshalb keine grundsätzliche Bedeutung mehr.
2) Eine schlüssige Divergenzrüge setzt die Herausarbeitung und Gegenüberstellung von abstrakten Rechtssätzen der Vorentscheidung und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidung voraus.
3) Die Beurteilung der Verfassungskonformität der Zinsbesteuerung ab 1993 einerseits und für Zeiträume vor 1993 andererseits bezieht sich angesichts der wesentlichen Veränderung der Rechtslage nicht auf eine (für die erfolgreiche Divergenzrüge gebotene) identische Rechtsfrage.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3; EStG 1993 § 20 Abs. 1 Nr. 7
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Grundsätzliche Bedeutung
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Veranlagungszeitraum 1993 mit dem Grundgesetz vereinbar war, bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt ist. In seinem Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95 (BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499) hat der beschließende Senat entschieden, daß die Besteuerung der Kapitaleinkünfte im Streitjahr 1993 nicht gegen die Verfassung verstieß. Die gegen dieses Urteil von den Klägern sowie von Teilen der Literatur (vgl. z.B. Harenberg, Finanz-Rundschau -FR- 1997, 493; Eckhoff, Deutsches Steuerrecht 1997, 1071; Tipke, Betriebs-Berater 1998, 241, und FR 1998, 117; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 30a AO 1977 Rdnr. 14; Hellwig in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 30a AO 1977 Rdnr. 11 c) und vom VII. Senat des BFH in einem summarischen Verfahren (BFH-Beschluß vom 28. Oktober 1997 VII B 40/97, FR 1998, 112) erhobenen Einwände hat der beschließende Senat in seinem neueren Urteil vom 15. Dezember 1998 VIII R 6/98 (BFH/NV 1999, 721) für nicht durchgreifend erachtet. Ein weiterer Klärungsbedarf besteht somit nicht.
2. Divergenz
Die Beschwerde kann auch insoweit keinen Erfolg haben, als die Kläger rügen, die angefochtene Vorentscheidung weiche "von den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts" (BVerfG) ab. Es fehlt bereits an der für eine schlüssige Divergenzrüge gebotenen Herausarbeitung und Gegenüberstellung von abstrakten Rechtssätzen der Vorentscheidung und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidung (vgl. dazu z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 63).
Davon abgesehen würde eine erfolgreiche Divergenzrüge die Identität der von der Vorentscheidung und von der höchstrichterlichen Divergenzentscheidung beantworteten Rechtsfragen voraussetzen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 20). Eine solche Identität ist im Streitfall zu verneinen. Das BVerfG hatte in seinem Zinsurteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654) über die Verfassungskonformität der Zinsbesteuerung für Veranlagungszeiträume vor 1993 zu befinden, wohingegen die Vorentscheidung die durch das "Zinsabschlaggesetz" vom 9. November 1992 (BGBl I 1992, 1853, BStBl I 1992, 682) wesentlich veränderte Rechtslage im Streitjahr 1993 zu beurteilen hatte.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen