Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen einer Montagebetriebsstätte
Leitsatz (NV)
1. Im Inland ausgeübte Schweißarbeiten begründen nicht notwendigerweise eine inländische Montagebetriebsstätte i.S. des § 12 Satz 2 Nr.8 AO 1977.
2. Ob Schweißarbeiten für eine Montage wesentlich oder unwesentlich sind, ist eine im Kern auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage.
3. Schweißarbeiten begründen nur dann eine Montagebetriebsstätte im Inland, wenn sie die wesentlichen Arbeiten des Zusammenfügens von Einzelteilen zu einer Sache mitumfassen.
4. Eine Bindung gemäß § 126 Abs. 5 FGO an das im ersten Rechtszug ergangene BFH-Urteil besteht im zweiten Rechtszug auch für den BFH selbst.
Normenkette
AO 1977 § 12 S. 2 Nr. 8; FGO § 126 Abs. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft englischen Rechts, die für ein inländisches Unternehmen im Inland Schweißarbeiten ausführte. Streitig ist, ob die Klägerin im Inland eine Montagebetriebsstätte unterhielt. Dies hatte das FG Köln im ersten Rechtszug (EFG 1987, 568) verneint. Das Urteil hatte der BFH am 16. Mai 1990 I R 113/87 (BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983) aufgehoben und die Sache an das FG Köln zurückverwiesen.
Das FG Köln hat auch im zweiten Rechtszug eine inländische Betriebsstätte der Klägerin verneint. Die Beschwerde des FA wegen Nichtzulassung der Revision blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.
1. Die Vorentscheidung weicht nicht von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Mai 1990 I R 113/87 (BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983) ab. Aufhebungsgrund waren damals die fehlenden tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zu den Tätigkeiten, die die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ausübte und die nach Auffassung des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt - FA -) eine Montage i.S. des § 12 Satz 2 Nr.8 der Abgabenordnung (AO 1977) begründeten. Dazu hat der Senat (a.a.O.) die Auffassung vertreten, eine Montagetätigkeit im Sinne der Vorschrift müsse zumindest die wesentlichen Arbeiten des Zusammenfügens von Einzelteilen zu einer Sache umfassen. Wenn drei Sätze später ausgeführt ist, daß dem Werkvertrag vom 8. Januar 1982 nicht zu entnehmen sei, ob die Klägerin vorgefertigte Einzelteile zusammenschweißte oder lediglich Instandsetzungsarbeiten erledigte, so darf diese Äußerung nicht dahin mißverstanden werden, daß das Zusammenschweißen vorgefertigter Einzelteile stets Montage sei. Dies gilt einmal dann nicht, wenn die Schweißarbeiten für das Zusammenfügen von Einzelteilen unwesentlich sind. Auch darüber hinaus ist die Äußerung im Kontext zu der Aussage zu verstehen, daß das Zusammenfügen von Enzelteilen aus verschiedenen Arbeiten besteht und deshalb von einer Montage nur dann gesprochen werden kann, wenn der wesentliche Teil der verschiedenen Arbeiten von einer Person ausgeführt wird. Auf den Streitfall bezogen gehörten zu dem Zusammenfügen der Einzelteile zumindest auch das Aufspannen der Einzelteile auf die dafür vorgesehenen Vorrichtungen sowie das Justieren derselben. Regelmäßig nicht dazu gehören Aufgaben, wie sie typischerweise von Leiharbeitnehmern ausgeführt werden. Es bedeutet deshalb kein Abweichen von BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983, wenn das FG zu der im Kern auf tatsächlichem Gebiet liegenden Überzeugung gekommen ist, daß die von der Klägerin ausgeübten Schweißarbeiten für sich genommen unwesentlich im Sinne der o.g. Entscheidung waren.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Das FA hat weder die Rechtsfrage genau bezeichnet, auf die die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt werden soll, noch hat es das Interesse der Allgemeinheit an der Klärung der Frage dargelegt, ob die von der Klägerin ausgeübten Arbeiten wesentlich oder unwesentlich waren. Insoweit bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit dieses Teils der Beschwerde.
Selbst wenn man von diesen Bedenken absieht und der Beschwerdebegründung die Behauptung entnimmt, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, wie der Begriff der Montage bei industriellen Fertigungsarbeiten zu verstehen sei, so übersieht das FA, daß es für eine Entscheidung in einem gedachten Revisionsverfahren auf diese Rechtsfrage nicht ankommen kann. Das FG war bei seiner Entscheidung gemäß § 126 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die in BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983 vertretene Rechtsauffassung gebunden. Die Bindung besteht auch für den erkennenden Senat in einem gedachten Revisionsverfahren (vgl. Geist in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichsordnung, § 126 FGO Rdnr.38 ff.). Entsprechend ist in erster Linie auf die Rechtsauffassung abzustellen, die der Senat damals zum Inhalt des Montagebegriffs vertreten hat. Soweit Unklarheiten bestehen, sind diese im Wege der Auslegung der damaligen Entscheidung zu klären. So gesehen muß auch in einem gedachten Revisionsverfahren davon ausgegangen werden, daß die Montage zumindest die wesentlichen Arbeiten des Zusammenfügens von Einzelteilen zu einer Sache voraussetzt. Zwar hat der Senat (a.a.O.) sich nicht zu der Frage geäußert, wann eine bestimmte Arbeit als wesentlich anzusehen ist. Diese Frage kann jedoch nicht generell beantwortet werden. Die Antwort hängt von den Verhältnissen des Einzelfalles ab. Sie liegt vor allem auf tatsächlichem Gebiet. So gesehen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG im Streitfall Schweißarbeiten als unwesentlich beurteilt hat. Soweit die Beurteilung tatsächlicher Art ist, ist der erkennende Senat an sie gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Soweit sie rechtlicher Art ist, ist das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Klärung durch den BFH weder dargelegt noch erkennbar. So gesehen kann eine Klärung in einem gedachten Revisionsverfahren nicht erwartet werden.
Fundstellen