Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Revisionsbegründung
Leitsatz (NV)
Eine Revisionsbegründung ist unzureichend, wenn sie lediglich das Klagevorbringen wiederholt oder hierauf verweist. Eine Ausnahme ist lediglich für den Fall zu machen, daß bereits in der Klagebegründung zu den vom FG vertretenen Argumenten Stellung genommen war und mehr zu der Streitsache einfach nicht zu sagen ist.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger ist Eigentümer eines Einfamilienhauses, das er von seinen Eltern im Wege vorweggenommener Erbfolge mit notariellem Vertrag vom 17. September 1969 gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages in Höhe von 20000 DM an seinen Bruder erworben hatte. Die Eltern behielten sich - lebenslänglich und unentgeltlich - ein dingliches Wohnrecht hinsichtlich sämtlicher Räume im Parterre und ein Mitbenutzungsrecht an allen dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Mitbewohner dienenden Anlagen, Einrichtungen und Kellerräume vor. Darüber hinaus verpflichtete sich der Kläger, das Grundstück nicht vor dem Tod des letztversterbenden Elternteils zu veräußern. Nach dem Tod der zuletzt verstorbenen Mutter im Jahr 1988 beabsichtigten die Kläger, das Haus selbst zu nutzen. Die hierfür angefallenen Reparaturaufwendungen sowie Grundsteuer, Kaminfegergebühren und Hausversicherungen von insgesamt 18301,25 DM machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung für 1988 als Vorkosten i. S. des § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Ihrer Auffassung nach hat der Kläger erst mit dem Tod des Letztversterbenden wirtschaftliches Eigentum erworben; dieser Erwerb sei als Anschaffung i. S. des § 10e EStG zu werten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ im Einkommensteuerbescheid für 1988 diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 611 veröffentlicht.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Sie tragen vor: Für die Abziehbarkeit nach § 10e Abs. 6 EStG werde verlangt, daß die Aufwendungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anschaffung des Grundstücks stehen. Zu diesem Problem sei bereits in der Klagebegründung Stellung genommen worden. Es werde unverändert die dort geäußerte Auffassung vertreten. Erst mit dem Tod der Mutter hätten sie - die Kläger - Verfügungsmacht über das Grundstück erhalten, so daß das Grundstück erst zu diesem Zeitpunkt angeschafft worden sei. § 10e EStG müsse ihnen die Gleichstellung mit dem Erwerber eines bisher angemieteten Hauses garantieren, dem ebenfalls unmittalbar nach dem Erwerb anfallende Reparaturaufwendungen als Werbungskosten zugestanden würden. Auch hinsichtlich der Ablehnung des Finanzgerichts (FG), die Aufwendungen als nachträgliche Werbungskosten abzuziehen, werde auf die Klagebegründung verwiesen. Dort sei unter Hinweis auf § 255 des Handelsgesetzbuches (HGB) begründet worden, daß es sich bei den angefallenen Aufwendungen um Erhaltungsaufwendungen handle. Außerdem werde noch einmal darauf hingewiesen, daß durch die Aufwendungen kein neues Wirtschaftsgut geschaffen worden sei. Abschließend werde auf das Urteil des FG Schleswig-Holstein (EFG 1991, 70) verwiesen, das Aufwendungen im Anschluß an den Erwerb des Grundstücks als Erhaltungsaufwendungen zum Abzug zugelassen habe.
Gegenstand des Verfahrens ist der geänderte Einkommensteuerbescheid 1988 vom 20. Juni 1991.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig, weil sie nicht ordnungsgemäß begründet worden ist. Sie war deshalb zu verwerfen (§§ 124, 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen und innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung bedarf es nicht nur eines bestimmten Antrages (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO); die Revisionsbegründung muß zumindest auch eine kurze Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten, aus der zu erkennen ist, daß der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und sein eigenes bisheriges Vorbringen überprüft hat (ständige Rechtsprechung, z. B. Beschluß des erkennenden Senats vom 19. Februar 1992 X R 164/90, BFH/NV 1992, 536; vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Rz. 32). Der Revisionskläger muß - entsprechend dem Zweck des § 120 FGO, das Revisionsgericht zu entlasten und den Revisionskläger zu zwingen, seine Rechtsansicht insbesondere im Hinblick auf die abweichende Auffassung des FG zu überprüfen - dartun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen, welche Punkte des angefochtenen Urteils als veränderungsbedürftig angesehen werden und aus welchen Gründen im einzelnen die Änderung für geboten erachtet wird (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470; vom 11. März 1991 VIII R 99/87, BFH/NV 1992, 112; in BFH/NV 1992, 536 und vom 25. November 1992 IX R 85/91, BFH/NV 1993, 374). Nach ständiger Rechtsprechung reicht deshalb zur Revisionsbegründung nicht aus, wenn lediglich das Klagevorbringen wiederholt oder hierauf verwiesen wird (z. B. BFH-Beschluß vom 2. Oktober 1991 IX R 42/88, BFH/NV 1992, 188; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 33, 34, jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen), weil es dann an einer Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fehlt. Eine Ausnahme ist nur dann zu machen, wenn der Revisionskläger bereits in der Klagebegründung ausführlich seine Rechtsauffassung begründet hat und sich dabei auch mit den - später - vom FG vertretenen Argumenten auseinandergesetzt hat und mehr zu der Streitfrage einfach nicht zu sagen ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 34, m.w.N.).
2. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung nicht.
Die Kläger nehmen in ihrer Revisionsbegründung Bezug auf die Klagebegründung und wiederholen lediglich die dort vertretene Auffassung, der Kläger habe erst mit dem Tod der Mutter volle Verfügungsmacht über das Grundstück erhalten und dies damit zu diesem Zeitpunkt angeschafft. Das FG hat sich ausführlich mit der Frage auseinandergesezt, ob wegen des vorbehaltenen Wohnrechts und der Verpflichtung des Klägers, bis zum Tode des letztversterbenden Elternteils das Grundstück nicht zu veräußern, der Kläger erst zu diesem Zeitpunkt das wirtschaftlich Eigentum erworben habe und diese Frage unter Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Eigentum bei einem vorbehaltenen Nutzungsrecht verneint. Unter diesen Umständen ist die Bezugnahme auf die Klageschrift unzureichend, in der zu diesem Punkt lediglich ausgeführt ist, der Kläger habe erst mit dem Tode der Mutter unbeschränkte Verfügungsgewalt erlangt und sei deshalb erst zu diesem Zeitpunkt - auch - wirtschaftlicher Eigentümer geworden.
Die Revisionsbegründung nimmt weiter Bezug auf die Klageschrift zur Frage der Abziehbarkeit der geltend gemachten Aufwendungen als nachträgliche Werbungskosten. Dort sei ausführlich zur Abgrenzung von Anschaffungskosten einerseits und sofort abziehbaren Werbungskosten andererseits Stellung genommen. Das FG hat sich im angefochtenen Urteil an keiner Stelle mit der Frage befaßt, ob es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen um sofort abziehbare Aufwendungen oder um anschaffungsnahe Herstellungskosten handelt, die nicht als Vorkosten abgezogen werden dürften (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. September 1992 X R 10/92, BFHE 169, 331, BStBl II 1993, 338; BFH-Beschluß vom 3. Dezember 1991 X B 5/91, BFH/NV 1992, 379). Es hat den Abzug der Reparaturaufwendungen als nachträgliche Werbungskosten mit der Begründung versagt, sie seien nicht mehr durch zurückliegende Fremdnutzung, sondern durch die - nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führende - Eigennutzung veranlaßt. Der die Bezugnahme auf die Klagebegründung ergänzende Hinweis auf ein in EFG 1991, 70 veröffentlichtes FG-Urteil vermag an der Beurteilung nichts zu ändern, denn auch dieses beschäftigt sich mit der im angefochtenen Urteil nicht behandelten Frage der Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen und anschaffungsnahen Herstellungskosten.
Fundstellen