Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Tatbestandsberichtigung, Verfassungsrüge; Disagio
Leitsatz (NV)
1. Die Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO umfasst auch Tatsachen, die in den Entscheidungsgründen des Urteils mitgeteilt werden und entscheidungserheblich sind.
2. Eine Verfassungsrüge erfordert die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache an den Vorgaben des Grundgesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
3. Ein Disagio ist seit der Rechtsprechungsänderung des BGH im Jahr 1990 in der Regel nicht mehr als Entgelt für einen einmaligen Verwaltungsaufwand, sondern die Vorauszahlung eines Teils der Zinsen anzusehen.
Normenkette
FGO §§ 108, 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 5
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Die Divergenz ist nicht schlüssig dargelegt.
a) Das Finanzgericht (FG) hat keinen vom Urteil des FG Baden-Württemberg vom 13. November 2002 2 K 314/01 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2003, 379) abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass das Disagio (Bearbeitungsgebühr, Risikoprämie) vereinbarungsgemäß für das Recht auf außerplanmäßige Tilgung während der gesamten Darlehenslaufzeit einbehalten wurde. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hätten, wenn dieser Sachverhalt aus ihrer Sicht nicht zutreffend festgestellt sein sollte, eine Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO beantragen müssen (§ 108 Abs. 1 FGO und dazu u.a. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Januar 2000 VII B 42/99, BFH/NV 2000, 1105, zu 6. der Gründe). Das gilt auch für solche Tatsachen, die in den Entscheidungsgründen des Urteils mitgeteilt werden und entscheidungserheblich sind (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1994 I R 91/93, BFH/NV 1995, 1063, m.w.N.; Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 108 Rz. 2).
b) Ein schlüssiger Vortrag zur Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils vom Urteil des BFH vom 11. Februar 1998 I R 23/96 (BFHE 185, 388, BStBl II 1998, 381) liegt schon deshalb nicht vor, weil es keinen vergleichbaren Sachverhalt betrifft (zu dieser Voraussetzung vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 27. März 2002 VII B 190/01, BFH/NV 2002, 1275). Der BFH kam in diesem Fall wegen der speziellen Ausgestaltung von Bausparverhältnissen mit Ansparphase und späterer Kreditgewährung zu dem Ergebnis, dass die Abschlussgebühren der Bausparer keine zeitbezogene, sondern eine gegenständliche Leistung für den eigentlichen Vertragsabschluss darstellten. Dagegen ist das Disagio Teil des der Kreditgewährung konkret zuzuordnenden Gesamtentgelts. Davon gehen auch die von den Klägern nicht näher benannten Urteile zum "echten Disagio" aus.
2. Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht schlüssig dargelegt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die bloße Behauptung, eine Norm (hier: § 4 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 und später des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002) sei verfassungswidrig, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, sofern diese nicht offenkundig ist. Vielmehr ist für die Darlegung eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1996 II B 82/96, BFH/NV 1997, 254; vom 3. April 2001 VI B 224/99, BFH/NV 2001, 1138; vom 3. September 2001 XI B 154/00, BFH/NV 2002, 203). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Der Hinweis darauf, dass im Fall des beim BFH anhängigen Verfahrens IV R 2/02 die Revision vom FG zugelassen worden sei, reicht zur schlüssigen Darstellung eines Zulassungsgrundes nicht aus. Die Kläger hätten sich zudem mit dem Urteil des BFH vom 12. Dezember 2000 VIII R 10/99 (BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282) auseinander setzen müssen, aus dem sich ergibt, dass die Verfassungsfragen nur entscheidungserheblich sind, wenn den Klägern ein Rechtsanspruch auf Zustimmung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. zugestanden hätte (so jetzt auch BFH-Urteil vom 25. März 2004 IV R 2/02, BFHE 206, 21, BStBl II 2004, 728); die Kläger haben dazu jedoch nichts vorgetragen.
b) Der BFH hat zu der Frage, ob die bei Auszahlung eines Darlehens einbehaltenen Bearbeitungsgebühren und ähnliche laufzeitabhängige Aufwendungen sofort abziehbarer Aufwand sind, bereits Stellung genommen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 19. Januar 1978 IV R 153/72, BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262, für die Zahlung von Verwaltungsgebühren an den Darlehensgeber und von Bearbeitungsgebühren an einen Bürgen; vom 20. Oktober 1999 X R 69/96, BFHE 190, 185, BStBl II 2000, 259, allgemein für den Abzug eines Disagios, m.w.N.; vom 24. November 1999 X R 144/96, BFHE 190, 210, BStBl II 2000, 263, für eine einmalige Zinsbegrenzungsprämie ohne Erstattungspflicht bei vorzeitiger Kündigung des Darlehens). Die Kläger hätten sich mit dieser Rechtsprechung und der zu diesem Problemkreis einschlägigen Literatur auseinander setzen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 10. September 1997 VIII B 91/96, BFH/NV 1998, 451, m.w.N.) und insbesondere Gesichtspunkte dafür vortragen müssen, weshalb die im Streitfall gezahlte Risikoprämie für das Recht zur außerplanmäßigen Kündigung des Darlehensvertrages nicht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu beurteilen ist, obwohl sich dieses Risiko über die gesamte Laufzeit des Darlehens erstreckt.
Fundstellen
Haufe-Index 1332208 |
BFH/NV 2005, 894 |