Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision
Leitsatz (NV)
Die Verletzung der Pflicht, das finanzgerichtliche Verfahren gem. § 74 FGO auszusetzen, kann einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens darstellen. Die Revision kann wegen dieses Verfahrensfehlers aber nur zugelassen werden, wenn dieser in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt worden ist.
Normenkette
FGO §§ 74, 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO genügt. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt jedenfalls nicht vor.
1. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) und gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und damit ein Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) kann gegeben sein, wenn das Finanzgericht (FG) bei seiner Entscheidung den in den Verfahrensakten enthaltenen Vortrag eines Beteiligten nicht berücksichtigt. Zur schlüssigen Rüge eines solchen Verfahrensfehlers müssen die (angeblich) vom FG übergangenen Akten, Aktenteile oder Schriftsätze genau bezeichnet werden. Ferner muss dargelegt werden, welche Schlussfolgerungen sich dem FG ausgehend von dessen materiell-rechtlichem Standpunkt aufgrund dieser Tatsachen hätten aufdrängen müssen. Schließlich muss die Erheblichkeit des gerügten Verfahrensmangels dargetan werden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, und vom 13. Juni 2005 I B 138/04, BFH/NV 2005, 2212).
Der Kläger macht geltend, es sei eindeutig in der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2008 zu Protokoll gegeben worden, dass das gesamte Projekt "X" gemeinsam vom Kläger und Z betrieben worden sei. Das FG habe jedoch die Umsätze und Gewinne aus dem Betrieb dieser …bar allein dem Kläger zugerechnet. Der Kläger macht hiermit sinngemäß geltend, das FG hätte aufgrund seines Vorbringens der Frage nachgehen müssen, ob die Gewinne aus diesem Gewerbebetrieb abweichend von den Angaben in den Einkommensteuererklärungen, die der Kläger für die Streitjahre abgegeben hat, nicht allein dem Kläger sondern gemeinschaftlich dem Kläger und Z zuzurechnen seien.
Es kann dahinstehen, ob mit diesem Vortrag ein Verstoß gegen den klaren Akteninhalt schlüssig gerügt wird. Ein solcher Verstoß liegt jedenfalls nicht vor. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 30. Mai 2008 haben der Kläger und sein Prozessbevollmächtiger zu dem in Frage stehenden Barbetrieb erklärt, dass die Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb vom Kläger zutreffend (als Einkünfte aus einem von diesem allein betriebenen Unternehmen) erklärt und vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) auch veranlagt worden seien. Ausweislich des angefochtenen Urteils (S. 10 oben) hat das FG die Einkünfte aus diesem Barbetrieb den steuerlichen Erklärungen folgend auch angesetzt.
2. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger nicht gerügt hat, das FG habe gegen die Verpflichtung verstoßen, das die Einkommensteuerbescheide des Klägers betreffende finanzgerichtliche Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen. Eine solche Aussetzung kann dann geboten sein, wenn in dem Rechtsstreit über Fragen gestritten wird, über die in einem Gewinnfeststellungsverfahren zu entscheiden ist (vgl. hierzu Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 74 Rz 12, 2. Spiegelstrich). Eine Verfahrensaussetzung kam vorliegend deshalb in Betracht, weil der Kläger nicht nur den oben dargestellten Barbetrieb, sondern zusätzlich gemeinsam mit Z einen …-Betrieb unterhalten hat, wobei die Höhe der hierbei erzielten Einkünfte in dem finanzgerichtlichen Verfahren streitig war. Ungeachtet dessen, dass eine Verletzung der Pflicht, das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen, einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens darstellen kann (BFH-Urteil vom 9. Juli 1992 IV R 55/90, BFH/NV 1993, 81; Beermann in Beermann/Gosch, FGO, § 115 Rz 166), kann die Revision wegen eines solchen Verfahrensfehlers nur zugelassen werden, wenn dieser Verstoß gerügt worden ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 50). Dies ist im Streitfall nicht geschehen.
3. Die Revision ist auch nicht wegen eines schwerwiegenden Mangels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maß fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wieder hergestellt werden könnte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 65/05, BFH/NV 2006, 813). Ein solcher Fehler wurde im Streitfall nicht schlüssig gerügt, der gerügte Fehler liegt im Streitfall zudem auch nicht vor.
Der Kläger macht geltend, das FG habe in seinem Urteil (auf Seite 8, Absatz 4) zum Ausdruck gebracht, als weitere Betriebsausgabe sei in den Streitjahren eine Gewerbesteuerrückstellung zu berücksichtigen. Diese Rückstellung habe das FG bei der Schätzung der Einkünfte (Seite 9 des Urteils) aber unberücksichtigt gelassen.
Bei dem vom Kläger geltend gemachten (angeblichen) Fehler handelt es sich um keinen schwerwiegenden Mangel. Zudem ist dieser Fehler auch nicht gegeben. Das FG hat auf Seite 8 seines Urteils ausgeführt, es halte es für wahrscheinlich, dass dem Kläger für Wasser, Strom, Gas und Heizung, Kosten für Telefon, Werbeanzeigen und weitere Betriebskosten sowie für eine zu bildende Gewerbesteuerrückstellung zusätzliche Aufwendungen entstanden seien. Diese Aufwendungen seien für die zu beurteilenden Wohnungen auf (insgesamt) jeweils monatlich 600 DM zu schätzen. Genau diese Beträge hat das FG im Rahmen der Gewinnberechnung auf Seite 9 des Urteils für die Objekte A und B angesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 2087466 |
BFH/NV 2009, 187 |