Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Revision: Verfahrensfehler, unzureichende Sachverhaltsermittlung, Bindungswirkung
Leitsatz (NV)
- Der Umfang der Sachverhaltsermittlung wird durch die materiell-rechtliche Beurteilung bestimmt.
- § 176 AO 1977 ist bei dem erstmaligen Erlass von Bescheiden ohne Bedeutung.
- Äußerungen des Finanzamts, die im Verfahren zur Aufforderung, Bücher zu führen, ergehen, entfalten keine Bindungswirkung im Verfahren der Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen.
Normenkette
AO 1977 § 176; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3
Gründe
1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen; die anzufechtende Entscheidung beruht nicht auf einem Verfahrensmangel. Entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat das Finanzgericht (FG) nicht in Abrede gestellt, dass dieser auch planerische Leistungen erbracht hat; das FG ist davon ausgegangen, dass der Kläger umfangreich im Bereich der Bauleitung tätig geworden ist. Entscheidend stellt das FG aber darauf ab, dass aus der praktischen Tätigkeit des Klägers nicht abgeleitet werden kann, dass theoretische Kenntnisse bestehen, die den Kernbereich eines Architekturstudiums umfassen. Das FG weist zutreffend darauf hin, dass dazu auch die Bereiche Städtebau, Bau- und Architekturgeschichte, Gewerbe- und Industriebau, Denkmalpflege und Bau im alten Bestand gehörten. Auf der Grundlage dieser materiell-rechtlichen Beurteilung (zu deren Maßgeblichkeit vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 115 Rz. 79) kann dem FG eine unzureichende Ermittlung und Berücksichtigung des Sachverhalts nicht mit Erfolg vorgeworfen werden.
Auch hat sich das FG ausführlich mit dem Schreiben vom 26. Februar 1991 auseinander gesetzt.
2. § 176 der Abgabenordnung (AO 1977), der Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Bescheiden nach § 172 ff. AO 1977 gewährt, ist bei dem erstmaligen Erlass von Bescheiden nicht einschlägig, so dass die Rechtssache insoweit keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO haben kann.
3. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO notwendig. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Abweichung von der Rechtsprechung des BFH nicht gegeben. Nach Auffassung des FG steht das Schreiben vom 26. Februar 1991, mit dem die Aufforderung zur Buchführung widerrufen wurde, einer Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen für die Erhebungszeiträume 1989 bis 1994 nicht entgegen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) hat mit diesem Schreiben nicht für die Zukunft auf den Erlass von Gewerbesteuermessbescheiden verzichten wollen, sondern lediglich eine Aussage zur Buchführungspflicht ab 1991 im Rahmen der Einkommensbesteuerung 1989 getroffen. Die Aufforderung zur Buchführung steht allenfalls mittelbar mit der Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen in Zusammenhang. Äußerungen des Finanzamts, die im Verfahren zur Aufforderung, Bücher zu führen, ergehen, entfalten ―ebenso wenig wie ein Vorauszahlungsbescheid, ein Bescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergeht (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1988 X R 20/82, BFHE 153, 454, BStBl II 1988, 796; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 4 AO 1977, Tz. 147) oder eine sonstige Entscheidung, die in einem Nebenverfahren getroffen wird― keine Bindungswirkung im Verfahren der Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen.
4. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 FGO ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 915622 |
BFH/NV 2003, 593 |