Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskosten bei persönlich eingelegter und deshalb unzulässiger NZB
Leitsatz (NV)
Die Voraussetzungen, unter denen Gerichtskosten nicht erhoben werden oder von ihrer Erhebung abgesehen werden kann, liegen nicht vor, wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Nichtbeachtung des Vertretungszwangs (Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG) als unzulässig verworfen worden ist und der Beschwerdeführer mit der Erinnerung gegen die Kostenrechnung des BFH geltend macht, er habe die Beschwerde nicht an den BFH gerichtet, sondern - wie in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen FG-Urteils angegeben - an das FG; dieses hätte das Rechtsmittel nicht an den BFH weiterleiten dürfen.
Normenkette
GKG § 8 Abs. 1 S. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 S. 2; FGO § 115 Abs. 3 S. 2, § 130 Abs. 1; GKG § 8 Abs. 1 S. 3; FGO § 115 Abs. 5 S. 1
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hatte die Klage des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) wegen Einkommensteuer 1994 als unbegründet abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die dagegen vom Kostenschuldner persönlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verwarf der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluß vom 23. Oktober 1998 wegen Nichtbeachtung des in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) angeordneten Vertretungszwanges als unzulässig; die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Kostenschuldner auferlegt.
Die Kostenstelle des BFH setzte daraufhin mit Kostenrechnung vom 19. November 1998 die zu zahlenden Gerichtskosten auf 520 DM fest.
Dagegen hat der Kostenschuldner mit Schreiben vom 20. November 1998 "Einspruch" erhoben. Er führt u.a. aus, daß er die Nichtzulassungsbeschwerde nicht an den BFH, sondern -wie in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen FG-Urteils angegeben- an das FG gerichtet habe. Die Rechtsmittelbelehrung enthalte keinen Hinweis, wonach eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater auch schon vor dem FG erforderlich sei.
Das FG habe die Beschwerde sodann ohne Rückfrage eigenmächtig an den BFH weitergeleitet. Es hätte aber erkennen müssen, daß das Rechtsmittel wegen seiner, des Kostenschuldners, fehlenden Qualifikation unzulässig sei, und hätte es zurückweisen müssen. Die Weiterleitung an den BFH gehe zu Lasten des FG. Er, der Kostenschuldner, habe einen derartigen Auftrag nicht erteilt.
Er sehe daher keinen Grund, die Bearbeitungskosten des BFH zu übernehmen.
Entscheidungsgründe
II. In dem Begehren des Kostenschuldners ist ein Antrag auf Nichterhebung von Kosten gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu sehen. Über ihn ist im Verfahren der Erinnerung zu entscheiden (s. z.B. BFH-Beschluß vom 10. Januar 1995 VII E 11, 12/94, BFH/NV 1995, 722).
Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 8 GKG Gerichtskosten nicht erhoben werden oder von der Kostenerhebung abgesehen werden kann, sind nicht erfüllt.
1. Ein Absehen von der Kostenerhebung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG scheidet aus, weil eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Vorschrift nicht vorliegt.
Eine solche ist nur gegeben, wenn das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat und dies offen zutage tritt oder wenn dem Gericht ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (s. z.B. den BFH-Beschluß vom 12. Juni 1995 I S 24/94, BFH/NV 1996, 61). Ein solches Versehen kann auch in der Erteilung einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung liegen (vgl. etwa BFH-Beschluß vom 7. Februar 1995 IX B 160/94, BFH/NV 1995, 723).
So liegen die Verhältnisse im Streitfall jedoch nicht. Das FG hatte den Kostenschuldner dahin belehrt, daß eine eventuelle Nichtzulassungsbeschwerde bei ihm, dem FG, einzulegen sei. Weiter ist in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen, daß der Vertretungszwang vor dem BFH "auch für die Einlegung der Revision sowie der Nichtzulassungsbeschwerde gelte". Diese Ausführungen entsprechen genau den gesetzlichen Vorgaben in § 115 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG.
Ebenso zutreffend und rechtmäßig hatte das FG, nachdem es der Beschwerde nicht abgeholfen hatte, diese dem BFH vorgelegt (s. § 130 Abs. 1 FGO). Dieser hatte sodann abschließend zu entscheiden (§ 115 Abs. 5 Satz 1 FGO).
2. Von der Erhebung der Kosten ist auch nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG wegen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse abzusehen. Wenn es in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils des FG heißt, der Vertretungszwang vor dem BFH gelte auch für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, durfte der Kostenschuldner aus dem Umstand, daß die Beschwerde beim FG einzulegen ist, nicht folgern, der Vertretungszwang vor dem BFH gelte nicht für die Einlegung der Beschwerde (vgl. hierzu auch den BFH-Beschluß vom 14. Oktober 1996 IX E 5/96, BFH/NV 1997, 520).
Hinzu kommt, daß der Kostenschuldner seine Beschwerde auch dann noch aufrechterhalten hatte, als ihm mitgeteilt worden war, daß die Streitsache dem BFH vorliege (vgl. hierzu auch den BFH-Beschluß vom 3. Juni 1997 VIII E 2/97, BFH/NV 1997, 891). Schließlich ist auch nichts dazu vorgetragen, aus welchen Umständen der Kostenschuldner meinte annehmen zu können, das FG müsse über seine Beschwerde abschließend entscheiden.
3. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei (§ 5 Abs. 6 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 171055 |
BFH/NV 1999, 1115 |