Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde: Grundsätzliche Bedeutung nach neuem Recht; unzutreffende Sachverhaltsermittlung allein ist kein Verfahrensmangel; gewerblicher Grundstückshandel
Leitsatz (NV)
- Es ist geklärt, dass der einen zeitlichen Zusammenhang von An- und Verkaufsgeschäften indizierende 5-Jahreszeitraum beim gewerblichen Grundstückshandel keine starre zeitliche Begrenzung markiert.
- Bezieht das Finanzgericht ein dem Steuerpflichtigen nicht gehörendes Grundstück in seine Überlegungen darüber ein, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, so liegt darin ein materiell-rechtlicher Fehler.
- Der sich aus einem solchen Fehler ergebende Widerspruch zwischen dem Urteil und dem tatsächlichen Sachverhalt begründet für sich allein keinen Verfahrensmangel wegen Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht.
- Die Annahme des Prozessbevollmächtigten, das Finanzgericht habe den Sachverhalt unzutreffend ermittelt, rechtfertigt das Unterlassen von Beweisanträgen nicht.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 15
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der im Besitz einer Reisegewerbekarte für Teppichhandel ist, verkaufte in einem Zeitraum von fünf Jahren und sieben Monaten unstreitig vier Mehrfamilienhäuser, die zwischen 2 ½ und 4 ½ Jahren sein Eigentum waren. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) behandelte den Kläger nach dem 4. Verkauf als gewerblichen Grundstückshändler.
Das Finanzgericht (FG) hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der 5-Jahreszeitraum sei keine absolute Grenze. Bei geringfügigem Überschreiten des 5-Jahreszeitraums könne auch berücksichtigt werden, dass der Kläger bereits im Jahre 1986 ein weiteres Mehrfamilienhaus bei einer Haltefrist von fünf Jahren und zwei Monaten verkauft habe.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger einen Verfahrensmangel, weil der Sachverhalt unvollständig ermittelt worden sei und ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorliege. Das FG habe erst in der mündlichen Verhandlung ein 5. Grundstück in seine Betrachtung einbezogen, obwohl Eigentümer dieses Grundstücks nicht der Kläger, sondern dessen gleichnamiger Onkel gewesen sei.
Die Revision sei auch wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führe erst die Veräußerung des 4. Grundstücks innerhalb von fünf Jahren zum gewerblichen Grundstückshandel. Das 4. Objekt sei eindeutig außerhalb des 5-Jahreszeitraums veräußert worden.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F. dargelegt.
1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO n.F. ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist (Gräber,Ruban Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 116 Rz. 32).
a) Soweit der Kläger der Ansicht ist, die Rechtssache habe im Hinblick auf Inhalt und Wirkung der 5-Jahres-Grenze grundsätzliche Bedeutung, verkennt er, dass durch die Rechtsprechung des BFH geklärt ist, dass der einen zeitlichen Zusammenhang von An- und Verkaufsgeschäften indizierende 5-Jahreszeitraum keine starre zeitliche Begrenzung markiert und dass eine geringfügige Überschreitung dieses Zeitraums steuerrechtlich unbeachtlich sein kann (BFH-Beschluss vom 26. März 1999 X B 155/98, BFH/NV 1999, 1209, sowie BFH-Urteile vom 5. September 1990
X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060, und vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135).
b) Insoweit weicht das angegriffene Urteil entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht von dem Urteil des BFH vom 7. Dezember 1995 IV R 78, 81/94 (BFH/NV 1996, 535) ab. In dieser Entscheidung stellte sich die Frage nicht, wie das Überschreiten der 5-Jahres-Grenze zu werten ist. Dagegen hat sich der 4. Senat des BFH im Beschluss vom 16. März 1999 IV B 2/98 (BFH/NV 1999, 1320) dahin geäußert, dass die Frage, ob eine Überschreitung der Fünfjahresfrist um fünf bis sieben Monate den engen zeitlichen Zusammenhang entfallen lässt, durch den BFH geklärt ist.
c) Zwar entfällt nach dem BFH-Urteil vom 14. November 1995 VIII R 16/93 (BFH/NV 1996, 466, unter 1. b., m.w.N.) nach Ablauf der ersten fünf Jahre die zwingende Indizwirkung allein aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs. Aber bei Hinzutreten weiterer Umstände kann auf eine von Anfang an bestehende Absicht der Gewinnerzielung durch Verkauf geschlossen werden, wie etwa bei zeitnahem Verkauf von mehr als vier Objekten oder Branchennähe des Steuerpflichtigen. Je größer der zeitliche Abstand ist, umso mehr schwächt sich dessen Indizwirkung ab und umso gewichtiger müssen die sonstigen Indizien sein, um Gewerblichkeit anzunehmen.
2. Soweit der Kläger rügt, dass das FG ein ihm nicht gehörendes Gründstück in seine Betrachtung einbezogen hat, macht er einen materiell-rechtlichen Fehler und keinen Verfahrensmangel geltend. Weil die Veräußerung dieses Grundstücks kein Grundstücksgeschäft des Klägers ist, kann darauf aus materiell-rechtlichen Gründen nicht die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels des Klägers gestützt werden, sollen damit doch nur die Gewinne aus Rechtsgeschäften über dem Steuerpflichtigen gehörende Grundstücke erfasst werden.
3. Um diesen Fehler des FG als einen Verfahrensmangel wegen mangelnder Sachaufklärung und Verletzung des sich aus § 76 Abs. 1 FGO ergebenden Amtsermittlungsgrundsatzes ansehen zu können, hätte der Kläger in der Beschwerdeschrift darlegen müssen, wie das FG diesen Fehlschluss hätte vermeiden können und warum der durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger nicht von sich aus einen Antrag gestellt hat, die Frage, wer Eigentümer des fraglichen Grundstücks war, durch weitere Nachforschungen zu klären, oder warum es sich für das FG hätte aufdrängen müssen, dieser Frage durch weitere Ermittlungen nachzugehen (Senatsbeschluss vom 7. Juli 1999 X R 52/96, BFH/NV 2000, 174, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 2000, 193).
a) An einer solchen Darlegung hat es der Kläger in der Beschwerdeschrift mangeln lassen. Denn für die Bezeichnung eines Verfahrensmangels genügt die Behauptung nicht, das Urteil widerspreche dem tatsächlichen Sachverhalt (vgl. BFH-Beschluss vom 31. August 2000 IX B 79/00, BFH/NV 2001, 456), selbst wenn dies der Fall ist.
b) Der Beschwerdeführer muss vortragen, dass er den Mangel entweder in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt hat bzw. warum er dies nicht hat rügen können.
Er hat in der Beschwerdeschrift zwar vorgebracht, dass er keine Notwendigkeit gesehen habe, über diese Frage Beweiserhebung zu verlangen, weil von der Fehlerfreiheit der Annahmen des FG ausgegangen werden dürfe. Aber diese Überlegung vermag sein Unterlassen nicht zu erklären. Von dem Zeitpunkt an, in dem das FG in der mündlichen Verhandlung den Verkauf dieses Grundstücks und dessen Bedeutung für die Entscheidung eingeführt hatte, hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers konkret und gezielt weitere Ermittlungen verlangen müssen und sich nicht mit der Annahme begnügen dürfen, das FG werde schon zutreffend ermittelt haben.
c) Der Kläger hat nicht vorgetragen, wieso sich dem FG auch ohne entsprechenden Antrag der Beteiligten eine weitere Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Lage der Akten hätte aufdrängen müssen (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 174, HFR 2000, 193).
4. Nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Nachforschungen über die Eigentumsverhältnisse an diesem Grundstück nicht hat aufdrängen müssen. Das FG konnte sich auf eine in der Steuerakte des Klägers befindliche Aufstellung des Finanzamts (FA) stützen, in der das fragliche Grundstück zusammen mit den weiteren Grundstücken des Klägers aufgeführt ist. Allein aus dem Umstand, dass dieses Grundstück im bisherigen Verfahren keine Rolle spielte, ergab sich für das FG kein Zwang, von sich aus durch Grundbucheinsicht oder Ähnliches die Frage zu klären, wer Eigentümer des Grundstücks ist. Es konnte auf unterschiedlichen Ursachen beruhen, weshalb das FA dieses Grundstück in seine Überlegungen nicht einbezogen hatte. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung offensichtlich keine Zweifel geltend gemacht.
5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F.)
Fundstellen