Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grundsätzliche Bedeutung bei Einwendungen gegen die Besteuerung einer Grundstücksentnahme im Wege vorweggenommener Erbfolge vor dem 1.1.1994
Leitsatz (NV)
Die Beschwerdeschrift wirft keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf, wenn sie nicht erkennen läßt, aufgrund welcher ‐ gesetzlichen oder dem Gesetz vorgehenden ‐ Rechtssätze, die Besteuerung der unentgeltlichen Übertragung eines vermieteten Grundstücks durch die Eltern an die Tochter (als Grundstücksentnahme nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG1993, § 15a UStG 1993) im Jahre 1993 vermieden werden könnte.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 1a, § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 15a
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) übertrugen im Streitjahr (1993) im Wege vorweggenommener Erbfolge ein Grundstück auf ihre Tochter, die dort eine Tierarztpraxis betrieb.
Das Grundstück hatte schon einmal der Tochter gehört. Im Jahre 1990 hatte sie es den Klägern veräußert und für den als Tierarztpraxis genutzten Teil gesondert Umsatzsteuer ausgewiesen. Die Kläger hatten insoweit den Vorsteuerabzug geltend gemacht und das Grundstück an die Tochter zurückvermietet, wobei sie für den Praxisanteil Umsatzsteuer gesondert auswiesen.
Aufgrund einer Betriebsprüfung beurteilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) die Übertragung des Grundstücks von den Klägern an die Tochter als steuerfreie Entnahme (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes ―UStG 1993―) und berichtigte bei den Klägern den Vorsteuerabzug unter Berufung auf die Vorschrift des § 15a UStG 1993.
Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Grundstücksübertragung durch das FA. Es sah in der vorweggenommenen und der gewillkürten Erbfolge unterschiedliche Sachverhalte, deren unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung ―falls eine solche überhaupt vorliege― zu keiner Verletzung des Gleichheitssatzes führe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision haben die Kläger Beschwerde eingelegt, mit der sie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen. Nach Auffassung der Kläger stellen sich im vorliegenden Verfahren die beiden folgenden Rechtsfragen:
"1. Ist die Differenzierung zwischen einer vorweggenommenen Erbfolge und dem Erbfall gerechtfertigt, weil die vorweggenommene Erbfolge als Einzelrechtsnachfolge auf einer willentlichen Handlung des Übergebers beruht und rechtfertigt dieses Kriterium eine Systemwidrigkeit der Umsatzbesteuerung?
2. Wenn diese Systemwidrigkeit vom Gesetzgeber erkannt und durch eine Gesetzesänderung beseitigt wurde, kann sich dann der Steuerpflichtige auf die rückwirkende Anwendung dieser neuen Rechtslage zu seinen Gunsten berufen?"
Sie meinen, bei der Übertragung des Grundstücks handele es sich um eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1 a UStG 1993 in der ab 1994 geltenden Fassung. Aus der Zusammenschau der vorgenannten Rechtsfragen ergebe sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muß sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handeln, die im Revisionsverfahren geklärt werden kann (vgl. BFH-Beschluß vom 24. Juli 1997 V B 115/96, BFH/NV 1998, 227).
Das FG hat im einzelnen begründet, weshalb seines Erachtens die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15a UStG 1993 für die umstrittene Vorsteuerberichtigung gegeben waren. Insoweit wird die Entscheidung von den Klägern nicht in Frage gestellt. Diese räumen auch ein, daß die Vorschrift des § 1 Abs. 1 a UStG 1993 erst mit Wirkung ab dem 1. Januar 1994 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 34 des Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21. Dezember 1993, BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50).
Unter diesen Umständen kann der Beschwerdeschrift nicht entnommen werden, warum die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen trotz der von den Klägern eingeräumten Gesetzeslage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnten. Es fehlen Ausführungen dazu, aufgrund welcher ―gesetzlichen oder dem Gesetz vorgehenden― Rechtssätze die von den Klägern als systemwidrig empfundene Besteuerung vermieden werden könnte.
Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen
Haufe-Index 302227 |
BFH/NV 1999, 1497 |