Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilsergänzung; keine Umdeutung eines Beschlusses in ein Urteil
Leitsatz (NV)
- Das FG muss über einen Antrag auf Urteilsergänzung auch dann durch Urteil entscheiden, wenn der Antrag auf nachträgliche Ergänzung des Urteils tatsächlich auf eine Änderung des Entscheidungstenors gerichtet ist und deshalb abgelehnt werden müsste.
- Die Umdeutung eines Beschlusses in ein Urteil kommt auch bei einem Verzicht auf mündliche Verhandlung nicht in Betracht, da die ehrenamtlichen Richter nicht an der Entscheidung mitgewirkt haben.
Normenkette
FGO § 109
Tatbestand
I. Auf Grund einer Prüfung der Steuerfahndung hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) die gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für die Jahre 1979 bis 1984 ergangenen Gewerbesteuermessbescheide sowie den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1979 geändert. Mit der hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger die Nichtigkeit verschiedener Maßnahmen der Fahndungsprüfung und hinsichtlich sämtlicher Feststellungen ein Verwertungsverbot geltend gemacht. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage hinsichtlich der Streitjahre 1979 und 1980 stattgegeben. Hinsichtlich der Jahre 1981 bis 1984 war sie nach Auffassung des FG nur teilweise begründet. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Wegen der Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Außerdem hat er die Berichtigung des FG-Urteils nach § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Berichtigung des Tatbestands nach § 108 FGO sowie die nachträgliche Ergänzung des FG-Urteils nach § 109 FGO beantragt. Das FG hat das Urteil mit Beschluss vom 30. Juli 2002 hinsichtlich eines falsch angegebenen Aktenzeichens berichtigt, im Übrigen die Anträge auf Berichtigung des Urteils bzw. des Tatbestands und auf Ergänzung der Entscheidung abgewiesen. Hinsichtlich des Antrags auf nachträgliche Ergänzung des Urteils sei keine erneute mündliche Verhandlung durchzuführen, denn der Antrag sei tatsächlich nicht auf eine Ergänzung des Urteils, sondern auf eine Änderung des Entscheidungstenors einschließlich der Kostenentscheidung gerichtet. Eine Ergänzung des Urteils komme nach § 109 FGO nur in Betracht, wenn das FG über einen oder mehrere Anträge im Urteil nicht entschieden habe; da der Senat jedoch über alle in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge entschieden habe, sei dem tatsächlichen Begehren des Klägers entsprechend nicht durch Ergänzungsurteil zu entscheiden.
Gegen die Abweisung des Antrags auf Urteilsergänzung legte der Kläger Beschwerde ein, der das FG nicht abgeholfen hat. Im Beschwerdeverfahren beantragt der Kläger, die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 1981, 1982 und 1984 auf 0 DM und den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1983 auf 295 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist begründet.
Der angefochtene Beschluss ist rechtswidrig, soweit darin die Ergänzung des Urteils vom 25. Februar 2002 abgelehnt wird, und deshalb insoweit aufzuheben. Das FG hätte über den Antrag auf Urteilsergänzung nicht durch Beschluss, sondern durch Urteil entscheiden müssen, auch wenn der Antrag auf nachträgliche Ergänzung des Urteils tatsächlich auf eine Änderung des Entscheidungstenors gerichtet war und deshalb hätte abgelehnt werden müssen.
Die Entscheidung über einen Antrag gemäß § 109 FGO hat nicht durch Beschluss, sondern durch Urteil zu erfolgen. Dies ergibt sich aus § 109 Abs. 2 FGO, wonach die mündliche Verhandlung nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand hat. Nach einhelliger Meinung gilt dies unabhängig davon, ob dem Antrag stattgegeben oder ob er abgelehnt wird (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 6. September 1991 VI B 60/91, BFH/NV 1992, 186; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 109 Rz. 4; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 109 FGO Rz. 5; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 109 FGO Anm. 32).
Der angefochtene Beschluss kann auch nicht in ein Urteil umgedeutet werden, da im Streitfall nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet war und selbst bei einem Verzicht auf mündliche Verhandlung die ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung hätten mitwirken müssen. Auch kommt die Umdeutung in einen Gerichtsbescheid nach § 90a FGO angesichts der eindeutigen Willensbekundung des FG nicht in Betracht.
Fundstellen