Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansparrücklage für eine wesentliche Betriebsgrundlage eines erst zu eröffnenden Betriebs
Leitsatz (NV)
- Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass bei Einnahmeüberschussrechnung eine Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG für die Anschaffung einer wesentlichen Betriebsgrundlage eines erst zu eröffnenden Betriebs nur gebildet werden darf, wenn die Investitionsentscheidung ausreichend konkretisiert ist. Das setzt voraus, dass die wesentliche Betriebsgrundlage bis zum Ende des Gewinnermittlungszeitraums, für den die Rücklage gebildet werden soll, verbindlich bestellt worden ist. Die tatsächliche spätere Anschaffung ist für die Feststellung, ob im vorangegangenen Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen für eine vorgezogene Wirtschaftsförderung bestanden haben, unerheblich.
- Ist die Ansparrücklage mangels verbindlicher Bestellung zu versagen, kann dies bei Gewinnermittlungszeiträumen ab dem Jahr 2001 dazu führen, dass für eine tatsächlich angeschaffte wesentliche Betriebsgrundlage keine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG in Anspruch genommen werden kann, weil die Sonderabschreibung seit dem 1. Januar 2001 nach § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG davon abhängt, dass eine Ansparrücklage gebildet worden ist. Die Rechtsfrage, ob zur Vermeidung dieser Rechtsfolge § 7g Abs. 2 EStG einschränkend auszulegen ist, kann erst für den Gewinnermittlungszeitraum geklärt werden, für den die Sonderabschreibung geltend gemacht wird.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 1, 2 Nr. 3, Abs. 3; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 17.04.2003; Aktenzeichen 12 K 6558/02 E) |
Gründe
Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgesehen.
Es kann offen bleiben, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt haben. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Das Finanzgericht (FG) lehnte die von den Klägern für das Streitjahr 2001 geltend gemachte Ansparrücklage (§ 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) für eine Fotovoltaikanlage ab, weil die Kläger diese Anlage für ihren beabsichtigten Fotovoltaikbetrieb erst im Folgejahr (am 11. Juni 2002) verbindlich bestellt hatten. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH― (Urteile vom 25. April 2002 IV R 30/00, BFHE 199, 170, BFH/NV 2002, 1097, und vom 19. September 2002 X R 51/00, BFHE 200, 343, BFH/NV 2003, 250) aus, nur Betriebe seien zur Bildung der Ansparrücklage berechtigt, da sie den Gewinn mindere und demnach eine Betriebsausgabe darstelle. Für die Annahme eines Betriebes in diesem Sinne reiche nicht aus, wenn lediglich Vorbereitungshandlungen zur Betriebseröffnung getroffen worden seien. Um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der für bestehende oder zukünftige Betriebe vorgesehenen Förderung zu vermeiden, sei bei erst noch zu eröffnenden Betrieben zu verlangen, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert sei. Die Investitionsentscheidung müsse in einem derartigen Fall durch eine verbindliche Bestellung der betreffenden Anlagegüter manifestiert worden sein.
Die Kläger halten für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG für das Jahr vor der verbindlichen Bestellung des Wirtschaftsguts versagt werden dürfe, obwohl die Investition vor Abgabe der Einkommensteuererklärung tatsächlich vorgenommen worden sei und die Versagung zur Folge habe, dass Existenzgründern für Investitionen im Gründungsjahr die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG nicht zu gewähren sei, weil sie nach der seit 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage von der Bildung einer Ansparrücklage abhängig sei (§ 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG). Die vom FG zitierte Rechtsprechung, die zur Rechtslage vor dem 1. Januar 2001 ergangen sei, sei überholt.
Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Ansparrücklage für einen erst zu eröffnenden Betrieb nur gebildet werden darf, wenn die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert ist. Sollen wesentliche Betriebsgrundlagen angeschafft werden, setzt das ihre verbindliche Bestellung voraus (BFH-Urteil in BFHE 199, 170, BFH/NV 2002, 1097). Für die Prognoseentscheidung über künftiges Investitionsverhalten kommt es bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn ―wie im Streitfall― nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (vgl. § 7g Abs. 6 i.V.m. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG) auf die Sicht am Ende des Gewinnermittlungszeitraums an.
Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine Gründe für einen weiteren oder erneuten Klärungsbedarf.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine verfassungswidrige Benachteiligung neu zu gründender Betriebe gegenüber solchen, die schon seit längerem bestehen, vorliegen könnte, wenn die Investition (Anschaffung der Fotovoltaikanlage) zwar im Jahr der Bildung der Ansparrücklage noch nicht durch Bestellung konkretisiert, aber vor Abgabe der Einkommensteuererklärung tatsächlich vorgenommen worden ist. Auch stellt der von den Klägern hervorgehobene Umstand, die Entscheidung in BFHE 199, 170, BFH/NV 2002, 1097, die auf den Zeitpunkt der Bestellung des Wirtschaftsgutes abhebt, sei nicht einschlägig, weil dort die Investitionen nie vorgenommen worden seien, die Maßgeblichkeit der Entscheidung für den vorliegenden Sachverhalt nicht in Frage.
Der BFH stützt diese Entscheidung gerade nicht auf den Umstand, dass die Investition zu keinem Zeitpunkt verwirklicht worden ist. Vielmehr grenzt er unabhängig von der Betrachtungsweise ex post ab, von welchem Zeitpunkt an ein Betrieb besteht, der die mit der Ansparrücklage beabsichtigte Wirtschaftsförderung in Anspruch nehmen kann. Ausgehend von dem mit der Fördermaßnahme beabsichtigten Zweck, mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, im Vorgriff auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten zur Finanzierung künftiger Investitionen eine Rücklage zu bilden, dürfe die Bildung einer Ansparrücklage einerseits nicht vom Vorhandensein sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen abhängig gemacht werden, andererseits müsse jedoch ―um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der für bestehende oder zukünftige Betriebe vorgesehenen Förderung zu vermeiden― von erst noch zu eröffnenden Betrieben verlangt werden, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ―durch verbindliche Bestellung― ausreichend konkretisiert sei.
Das FG hat die Rechtsauffassung des BFH zutreffend auf den vorliegenden Fall angewendet, in dem es um die Anschaffung einer wesentlichen Grundlage (Fotovoltaikanlage) für den in Aussicht genommenen Betrieb geht. Unabhängig davon, ob die Anlage zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich angeschafft worden ist, kann Wirtschaftsförderung in einem Zeitpunkt, in dem Ausgaben für das anzuschaffende Wirtschaftsgut noch nicht angefallen sind, nur greifen, wenn in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Ansparrücklage sich steuermindernd auswirkt, sichergestellt ist, dass der Betrieb auch tatsächlich anlaufen wird. Ob im Zeitpunkt der Erstellung der Einnahmeüberschussrechnung oder der Abgabe der Einkommensteuererklärung feststeht, dass die wesentlichen Betriebseinrichtungen tatsächlich angeschafft worden sind, ist jedenfalls für die Feststellung, ob im ―davor liegenden― Veranlagungszeitraum Anlass zu einer vorgezogenen Wirtschaftsförderung nach § 7g EStG bestand, nicht entscheidungserheblich.
Auch das Vorbringen der Kläger, bei der Entscheidung in BFHE 199, 170, BFH/NV 2002, 1097 handele es sich um einen Sachverhalt vor dem Jahr 2001, in dem die Verknüpfung von Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG und Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG noch nicht bestanden habe, ergibt keinen erneuten Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, von welchem Zeitpunkt an für einen noch zu gründenden Betrieb eine Ansparrücklage gebildet werden darf. Zwar trifft es zu, dass die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG seit dem 1. Januar 2001 nur in Anspruch genommen werden kann, wenn für die Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes eine Anschaffungsrücklage nach § 7g Abs. 3 bis 7 EStG gebildet worden ist (§ 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG). Es ist aber nicht nachvollziehbar, wie diese Verknüpfung zu einer geänderten Beurteilung des Zeitpunkts führen könnte, zu dem ein Betrieb angenommen werden kann, für den eine Ansparrücklage gebildet werden darf. Denn bereits für vor dem 1. Januar 2001 zu bildende Ansparrücklagen mussten die betriebsbezogenen Voraussetzungen des § 7g Abs. 2 Nr. 1 und 2 EStG erfüllt, d.h. die wesentlichen Grundlagen eines Betriebes vorhanden sein (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1991 VIII R 126/86, BFHE 164, 565, BStBl II 1991, 840). Der zu dieser Rechtslage vertretenen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, aus Billigkeitsgründen eine Rücklage vor dem Abschluss der Betriebseröffnung zuzulassen, wenn das Wirtschaftsgut bis zum Ende des Veranlagungszeitraums der Rücklagenbildung verbindlich bestellt worden ist (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. Juni 1999, BStBl I 1999, 547), hat sich der BFH in BFHE 199, 170, BFH/NV 2002, 1097 angeschlossen.
Die Kläger kritisieren zwar zu Recht die sich aus § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG ergebende Rechtsfolge, dass bei Betriebsgründungen für die Anschaffung der wesentlichen Betriebsgrundlagen unter Umständen keine Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG in Anspruch genommen werden können, wenn Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 EStG mangels Konkretisierung der Investitionsabsicht vor Betriebseröffnung nicht zulässig sind. Diese Rechtsfolge kann jedoch nicht durch eine erweiternde Auslegung des § 7g Abs. 3 EStG, sondern allenfalls durch eine einschränkende Auslegung des § 7g Abs. 2 EStG vermieden werden (vgl. Schmidt/ Drenseck, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 7g Rz. 23). Für das Streitjahr 2001 ist diese Rechtsfrage aber nicht entscheidungserheblich. Sie kann nur im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Sonderabschreibung nach Betriebseröffnung geklärt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1119024 |
BFH/NV 2004, 632 |