Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Rechtsfortbildung; Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; Ferien- oder Wochenendwohnung i.S. des EigZulG
Leitsatz (NV)
- Anspruch auf Eigenheimzulage besteht für eine in einem Sondernutzungsgebiet errichtete Wohnung nur, wenn die zuständige Behörde die Dauernutzung genehmigt hat.
- Enthält die Genehmigung für den Bau eines Hauses in einem Wochenendhausgebiet weder eine Nutzungseinschränkung noch einen Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans, liegt darin zugleich eine Genehmigung zur Dauernutzung des Gebäudes. Die Genehmigung eines Bauvorhabens als Wochenendhaus lässt dagegen baurechtlich eine Nutzung zum dauernden Wohnen nicht zu.
Normenkette
BauNVO § 10; EigZulG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 10e Abs. 1 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 26.11.2002; Aktenzeichen 12 K 279/02) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist darzulegen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217).
b) Die Kläger formulieren bereits die von ihnen als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage nicht mit Bezug auf den hier anzuwendenden § 2 Abs. 1 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG), sondern nur mit Bezug auf den im Streitfall nicht anwendbaren § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Zu § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG ist indes geklärt, dass unter Ferien- und Wochenendwohnungen solche Wohnungen zu verstehen sind, die baurechtlich nicht ganzjährig bewohnt werden dürfen oder sich aufgrund ihrer Bauweise nicht zum dauernden Bewohnen eignen (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1998 X R 110/95, BFHE 187, 488, BStBl II 1999, 225; vom 14. November 2001 X R 24/00, BFHE 197, 301, BStBl II 2002, 514, jeweils m.w.N.). Da in einem Sondernutzungsgebiet i.S. von § 10 der Baunutzungsverordnung ―BauNVO― (Wochenend-, Ferienhaus- oder Campingplatzgebiet) das ganzjährige Wohnen baurechtlich grundsätzlich nicht gestattet ist, ist eine in einem Sondernutzungsgebiet errichtete Wohnung nur nach § 10e EStG begünstigt, wenn die zuständige Behörde die Dauernutzung genehmigt hat. Eine solche Genehmigung liegt in der Erteilung einer Baugenehmigung, die weder eine Nutzungseinschränkung noch einen Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans enthält (BFH-Urteil in BFHE 197, 301, BStBl II 2002, 514). Denn mit der Baugenehmigung wird nicht nur die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit dem öffentlichen Baurecht festgestellt, sondern auch der Bau zur Nutzung freigegeben. Ist dagegen ―wie im Streitfall― nur die Errichtung eines Wochenendhauses genehmigt worden, ist baurechtlich eine ganzjährige Nutzung nicht erlaubt (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2000 X B 71/00, BFH/NV 2001, 772). Aus der Zweckbestimmung eines solchen Gebäudes ergibt sich, dass es nur zum zeitlich begrenzten Aufenthalt dient. Es ist daher baurechtlich keine Dauerwohnstätte, auch wenn sie tatsächlich zum dauernden Wohnen geeignet ist. Die Genehmigung eines Bauvorhabens als Wochenendhaus lässt baurechtlich eine Nutzung zu Dauerwohnzwecken nicht zu (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 18. Januar 1991 8 C 63.89, BVerwGE 87, 299, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1991, 2658; Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 10. Aufl., § 10 Rz. 23).
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es somit für die Entscheidung, ob eine nicht begünstigte Ferien- oder Wochenendwohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG vorliegt, maßgebend auf den Inhalt der Baugenehmigung an. An diese zu § 10e EStG ergangene Rechtsprechung ist auch bei Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 EigZulG in Übereinstimmung mit der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift anzuknüpfen (vgl. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 2 Rz. 36). Die Finanzverwaltung (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190, Tz. 17) hat sich dieser Rechtsprechung ebenfalls angeschlossen.
Die Kläger setzen sich mit dieser gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung weder auseinander noch legen sie substantiiert einen erneuten oder weiteren Klärungsbedarf dar. Der bloße Hinweis auf die bei Schmidt/Drenseck (Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 10e Rz. 11) zitierte Rechtsprechung der Instanzgerichte macht eine Auseinandersetzung mit der ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung indes nicht entbehrlich (vgl. auch Beschluss des BFH vom 30. April 2002 X B 207/01, BFH/NV 2002, 1313).
2. Ebenso wenig legen die Kläger die Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. und 2. Alternative FGO hinreichend dar.
a) Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und wenn die Frage nach dem "Ob" und ggf. "Wie" der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist. Insoweit gelten die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung entwickelten höchstrichterlichen Darlegungsanforderungen unverändert fort.
Indes haben die Kläger einen weiteren bzw. erneuten Klärungsbedarf, wie ausgeführt, nicht dargetan.
b) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das ist der Fall, wenn das Urteil des Finanzgerichts (FG) von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht oder willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474).
Die Kläger haben nicht dargelegt, dass das FG einen von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BFH abweichenden eigenen Rechtssatz aufgestellt habe. In dem Urteil des BFH in BFHE 197, 301, BStBl II 2002, 514 wurde ein Wohnblockhaus ohne Nutzungseinschränkung genehmigt. Im Streitfall ist aber ausdrücklich nur ein Wochenendhaus genehmigt worden.
Die Kläger haben schließlich auch keinen qualifizierten Fehler des angefochtenen Urteils vorgetragen, der eine korrigierende Entscheidung des BFH notwendig macht.
3. Von einer Darstellung des Tatbestands und einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen
BFH/NV 2004, 166 |
HFR 2004, 98 |