Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung einer Abweichung und an eine Sachaufklärungsrüge
Leitsatz (NV)
1. Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Abweichung setzt voraus, dass das FG einen abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem ebenso abstrakten und tragenden Rechtssatz in der Entscheidung eines anderen Gerichts divergiert. Dabei müssen das angefochtene Urteil und die (vorgebliche) Divergenzentscheidung des anderen Gerichts dieselbe (identische) Rechtsfrage entschieden haben.
2. Macht der Beschwerdeführer geltend, dass das FG Beweisanträge übergangen oder aber gegen seine Verpflichtung verstoßen habe, den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantrag von Amts wegen aufzuklären, so muss er u.a. substantiiert vortragen, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des vom FG eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (Urteil vom 25.05.2005; Aktenzeichen 3 K 155/03) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) ist entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) nicht von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. April 2005 IV R 17/04 (BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606) abgewichen (unten 1.). Die vom Kläger erhobene Sachaufklärungsrüge (vgl. § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (unten 2.).
1. Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Abweichung setzt voraus, dass das FG einen abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem ebenso abstrakten und tragenden Rechtssatz in der Entscheidung eines anderen Gerichts divergiert. Dabei müssen das angefochtene Urteil und die (vorgebliche) Divergenzentscheidung des anderen Gerichts --hier: des BFH-- dieselbe (identische) Rechtsfrage entschieden haben (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 48). Letzteres trifft im vorliegenden Streitfall nicht zu.
a) Der Kläger trägt vor, dass das FG seine Auffassung, er habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, insbesondere darauf gestützt habe, dass zwar die Veräußerung der Objekte 2 bis 5 nicht innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren geschehen sei, die sich dadurch abschwächende Indizwirkung des zeitlichen Zusammenhangs der einzelnen Veräußerungen jedoch durch die Umstände hinsichtlich der Veräußerung der Objekte 4 und 5 "mehr als kompensiert" werde. Dabei habe das FG zu Unrecht allein darauf abgestellt, dass "im Zeitpunkt der Fertigstellung" der Objekte 4 und 5 jeweils eine unbedingte Veräußerungsabsicht bestanden habe, die bereits durch den Abschluss entsprechender Kaufverträge dokumentiert worden sei. Das FG stelle hier erkennbar ausschließlich auf eine nach Auffassung des Gerichts vorliegende Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Fertigstellung ab.
Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil in BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606) komme es jedoch für die Beantwortung der Frage, wann eine unbedingte Veräußerungsabsicht vorliegen müsse, regelmäßig nicht auf den Beginn der eigentlichen Bautätigkeit (und erst recht nicht auf den Zeitpunkt der Fertigstellung), sondern auf den (früheren) Abschluss der auf die Bebauung gerichteten Verträge an. Zu diesem, für die Beurteilung allein maßgeblichen Zeitpunkt habe aber weder eine unbedingte noch eine bedingte Veräußerungsabsicht vorgelegen. Hätte das FG die zitierte Entscheidung des BFH berücksichtigt, wäre es zu einem anderen Ergebnis gelangt.
b) Die vom FG im angefochtenen Urteil entschiedene Rechtsfrage ist mit der vom BFH im Urteil in BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606 beantworteten Rechtsfrage nicht identisch. In dem der genannten BFH-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der BFH die Frage zu beurteilen, ob die Veräußerung eines einzigen Objekts --eines größeren Bürogebäudes-- als gewerblicher Grundstückshandel gewertet werden konnte. Dabei bestand die Besonderheit, dass der dortige Kläger zunächst --durch den Abschluss eines langfristigen, mindestes zehn Jahre währenden Mietvertrages-- dokumentiert hatte, das Objekt dauerhaft im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten --also im Wege der privaten Vermögensverwaltung-- nutzen zu wollen. Damit war aber im dortigen Streitfall das Indiz, welches bei der Anschaffung bzw. Errichtung eines Objekts und dessen Veräußerung innerhalb von fünf Jahren auf eine schon von Anfang an bestehende --zumindest bedingte-- Veräußerungsabsicht des Steuerpflichtigen hinweist, entkräftet. Allein aufgrund dieser Besonderheiten, die darin bestanden, dass der Steuerpflichtige im dortigen Streitfall ursprünglich nicht einmal eine bedingte Veräußerungsabsicht besaß, sondern fest zu einer langfristigen Nutzung des Objekts durch Fruchtziehung entschlossen war und sich erst später ein Ereignis einstellte, welches die ursprünglich vorhandene Absicht der langfristigen Vermietung vereitelte und den Verkauf des Grundbesitzes notwendig machte, sind die vom Kläger zitierten rechtlichen Aussagen in diesem BFH-Urteil zu interpretieren.
Im hier zu beurteilenden Streitfall bestanden solche Besonderheiten hingegen nicht. Fünf der in Rede stehenden sechs Objekte wurden innerhalb einer Frist von (weniger als) fünf Jahren nach der Anschaffung bzw. Errichtung veräußert. In diesen fünf Fällen hat das FG ohne Rechtsirrtum angenommen, dass der Kläger das von den einzelnen Veräußerungen innerhalb der Fünf-Jahres-Frist ausgehende Indiz für das Vorliegen einer von Anfang an bestehenden, zumindest bedingten Veräußerungsabsicht nicht entkräftet habe. Ferner hat der Kläger nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des FG namentlich in keinem einzigen Fall einen langfristigen (d.h. über fünf Jahre währenden) Mietvertrag nachgewiesen. Unter diesen Umständen widerspricht es nicht nur nicht der Rechtsprechung des BFH, sondern stimmt mit deren Wertungen überein, wenn das FG die Tatsache, dass der Kläger die Objekte 4 und 5 bereits vor deren Fertigstellung (Bezugsfertigkeit) verkauft hatte, im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ergänzend zur Rechtfertigung dafür herangezogen hat, weshalb trotz Überschreitens eines fünfjährigen (aber Einhaltung eines zehnjährigen) Verwertungszeitraums zwischen der ersten Veräußerung (Objekt 1) und der letzten Veräußerung (Objekt 6) von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen sei (vgl. hierzu z.B. Senatsurteile vom 18. September 2002 X R 183/96, BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238, unter II. 3. a, vorletzter Absatz; vom 18. September 2002 X R 5/00, BFHE 200, 512, BStBl II 2003, 286, unter II. 1. c, letzter Absatz; vom 18. September 2002 X R 108/96, BFH/NV 2003, 455, unter II. 2. c, zweiter Absatz; Senatsbeschluss vom 16. Juli 2003 X B 7/03, BFH/NV 2003, 1423, unter 2.).
2. Die vom Kläger erhobene Sachaufklärungsrüge genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
a) Macht der Beschwerdeführer geltend, dass das FG Beweisanträge übergangen habe oder aber gegen seine Verpflichtung verstoßen habe, den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen weiter aufzuklären, so muss er u.a. substantiiert vortragen, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des vom FG eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 69 und 70).
b) Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger hat nicht ansatzweise dargelegt, welche entscheidungserheblichen und bislang nicht berücksichtigten Tatsachen dem FG bei der von ihm --dem Kläger-- als unterlassen beanstandeten Hinzuziehung der Akten betreffend den beim Landgericht H anhängigen Schadensersatzprozess gegen seinen ehemaligen Steuerberater bekannt geworden wären und dass diese Tatsachen die Entscheidung des FG unter Zugrundelegung dessen Rechtsauffassung hätten beeinflussen können.
3. Die weitere Begründung des Klägers im Schriftsatz vom 14. November 2005 ist verspätet, weil sie nicht innerhalb der --am 22. September 2005 abgelaufenen-- Beschwerdebegründungsfrist eingegangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung grundsätzlich nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen des fristgemäßen Vorbringens-- nicht zu berücksichtigen (Senatsentscheidung vom 29. September 2000 X B 23/00, BFH/NV 2001, 437; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 22).
Fundstellen