Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der "nahestehenden Person" bei der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage; grundsätzliche Bedeutung; Divergenz
Leitsatz (NV)
1. Das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage allein begründet noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
2. Eine GmbH ist als "nahestehende Person" anzusehen, wenn der die Lieferung ausführende Einzelunternehmer zu 2/3 am Kapital der die Lieferung empfangenen GmbH beteiligt und damit deren Mehrheitsgesellschafter ist.
3. Eine Divergenz ist nicht gegeben, wenn im FG-Urteil nicht über dieselbe Rechtsfrage wie in der genannten Divergenzentscheidung befunden wurde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; UStG § 10 Abs. 5 Nr. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und des Erfordernisses einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) muss der Beschwerdeführer schlüssig und substantiiert vortragen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. August 2003 VII B 260/02, BFH/NV 2004, 69, und vom 13. Juni 2005 I B 239/04, BFH/NV 2005, 1840, beide jeweils m.w.N.).
a) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) trägt zunächst vor, dass es zur Definition des Begriffs der "nahestehenden Person" in § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) unmittelbar keine Entscheidung des BFH gebe.
Abgesehen davon, dass das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage allein noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründet (z.B. BFH-Beschluss vom 18. April 2005 II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310, m.w.N.), vertritt der BFH die Auffassung, dass eine GmbH im Verhältnis zu einem Einzelunternehmer dann als "nahestehende Person" anzusehen ist, wenn deren Gesellschafter je zur Hälfte der volljährige Sohn und die Ehefrau des Einzelunternehmers sind (BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1995 XI R 8/86, BFHE 179, 457; vgl. auch Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 445). Damit ist "erst recht" geklärt, dass eine GmbH als "nahestehende Person" in diesem Sinne anzusehen ist, wenn der die Lieferung ausführende Einzelunternehmer wie im Streitfall zu 2/3 am Kapital der die Lieferung empfangenden GmbH beteiligt und damit deren Mehrheitsgesellschafter ist. Denn bei einer Personenidentität des Einzelunternehmers und des Mehrheitsgesellschafters der GmbH ist von einem Gleichklang der Interessenlagen der an der Lieferung beteiligten Unternehmen auszugehen.
b) Soweit der Kläger ergänzend ausführt, dass zum Begriff der "nahestehenden Person" in § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG die zur verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) ergangene Rechtsprechung des BFH maßgeblich sei, ist damit ein weiterer Klärungsbedarf nicht nahegelegt. Denn der Kläger hat nicht dargetan, dass eine derartige Rechtsauffassung in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) oder in der Literatur vertreten wird und damit die in dem hier angefochtenen Urteil vertretene Auffassung des FG umstritten ist. Soweit der Kläger geltend macht, in der Kommentierung von Bunjes/Geist (UStG, 6. Aufl., § 1 Rz 119) werde die Auffassung vertreten, die Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung sei auch für die Anwendung von § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG maßgebend, ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsansicht in der neuesten, der 8. Aufl., nicht mehr vertreten wird.
2. Auch die vom Kläger behauptete Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist nicht gegeben.
Die Zulassung der Revision wegen einer Abweichung setzt voraus, dass im Urteil des FG über dieselbe Rechtsfrage wie in der Divergenzentscheidung entschieden wurde (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48). Das ist hier nicht der Fall. Denn der Kläger verweist ausschließlich auf höchstrichterliche Rechtsprechung, die zur verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und zum übrigen Ertragsteuerrecht --zur steuerrechtlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen und den Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung-- ergangen ist. Diese Rechtsprechung betrifft nicht den schon anderslautenden Begriff der "nahestehenden Person" i.S. von § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG und damit nicht dieselbe Rechtsfrage.
Fundstellen
Haufe-Index 1985490 |
BFH/NV 2008, 1217 |