Leitsatz (amtlich)
Der einem Vermittler erteilte Auftrag zum Verkauf eines Gegenstandes im Namen und für Rechnung des Auftraggebers umfaßt grundsätzlich nicht die Berechtigung des Vermittlers, dem Käufer namens des Auftraggebers eine Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis zu erteilen.
Normenkette
UStG 1967 § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1980 § 14 Abs. 1, 4; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Arbeitnehmer. Er gab dem Autohändler W. am 15. Oktober 1973 den Auftrag zur Vermittlung des Verkaufs seines Gebrauchtwagens. Nach dem unterschriebenen Vermittlungsvertragsformular, das der Händler gestellt hatte, war dieser als Vermittler beauftragt und ermächtigt, das Fahrzeug "im Namen und für Rechnung" des Klägers zu verkaufen und zu übereignen (Abschn. I Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Der Kläger (als Auftraggeber) ist in dem Formular lediglich mit Namen und Adresse aufgeführt; eine Berufsangabe bzw. eine auf eine unternehmerische Tätigkeit hinweisende Bezeichnung fehlt. In den Vertragsbedingungen war u. a. folgendes vorgesehen:
Abschn. II Nr. 1:
"Für den Verkauf durch den Vermittler wird zwischen den Parteien eine untere Preisgrenze von 14 000 DM ohne Mehrwertsteuer vereinbart. Diese Preisgrenze darf vom Vermittler ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Auftraggebers nicht unterschritten werden."
Abschn. II Nr. 4:
"Der Vermittler ist bevollmächtigt, den Preis im Namen und für Rechnung des Auftraggebers einzuziehen, davon Instandsetzungsbeträge, seine Provision und die darauf entfallende Mehrwertsteuer abzuziehen, sowie mit etwaigen sonstigen Forderungen an den Auftraggeber aufzurechnen."
Der Kläger überließ dem Autohändler den Pkw und die Fahrzeugpapiere. Dieser verkaufte den Wagen am 16. Oktober 1973 im Namen und für Rechnung des Klägers an K. zum Preise von 14 500 DM. Hierüber erteilte der Autohändler dem Kläger am 17. Oktober 1973 eine Agenturabrechnung, in der er nach Abzug einer ihm zustehenden Vermittlungsprovision von 500 DM dem Kläger 14 000 DM gutschrieb. Aus der Abrechnung ergab sich nicht, daß dem Käufer des Wagens eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erteilt worden ist.
Durch eine bei K. im Jahre 1978 durchgeführte Betriebsprüfung wurde bekannt, daß der Autohändler dem Käufer unter dem Namen des Klägers am 16. Oktober 1973 eine Rechnung erteilt hatte, in der der Kaufpreis wie folgt aufgeteilt war:
"1 Mercedes 230/8 ... 13 063,06 DM
11 % Mwst 1 436,94 DM
14 500,- DM "
Diese Rechnung trug die Unterschrift "i. V. M. R."; dieser war ein Angestellter des Autohändlers.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nahm den Kläger mit Umsatzsteuerbescheid vom 24. April 1978 für eine Umsatzsteuerschuld in Höhe von 1 436,90 DM unter Berufung auf § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) - UStG 1967 - in Anspruch. Der Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, die Rechnung mit dem gesonderten Steuerausweis sei vom Autohändler ohne sein Wissen und ohne seine Ermächtigung ausgestellt worden, blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 370 = Umsatzsteuer-Rundschau - UStR - 1981, 271). Der vom Händler im Namen des Klägers vorgenommene gesonderte Steuerausweis müsse dem Kläger zugerechnet werden, da er den Händler beauftragt habe, den Wagen in seinem Namen und für seine Rechnung zu verkaufen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben. Er rügt die Verletzung des § 14 Abs. 3 UStG 1967.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet.
1. Nach § 14 Abs. 3 - Zweite Alternative - UStG 1967 schuldet jemand, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, diesen ausgewiesenen Betrag, auch wenn er nicht Unternehmer ist. Der Verkauf des Gebrauchtwagens durch den Kläger an den Schmiedemeister K. unter Einschaltung des Autohändlers ist kein Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967, denn der Kläger ist mit dem einmaligen Verkauf eines Gebrauchtwagens nicht als Unternehmer im Rahmen eines Unternehmens tätig geworden. Als Nichtunternehmer war der Kläger weder berechtigt noch verpflichtet, eine Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis vorzunehmen. Dennoch schuldet der Kläger den in der Rechnung vom 16. Oktober 1973 gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag nicht nach § 14 Abs. 3 - Zweite Alternative - UStG 1967; denn weder hat er den gesonderten Steuerausweis selbst vorgenommen noch kann ihm dieser durch den Angestellten des Autohändlers unter seinem Namen vorgenommene gesonderte Steuerausweis zugerechnet werden.
2. Zur Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis ist nach § 14 Abs. 1 UStG 1967 i. V. mit § 1 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) - 1. UStDV - nicht nur der leistende Unternehmer berechtigt und verpflichtet, sondern auch ein in seinem Auftrag tätig werdender Dritter (vgl. auch § 14 Abs. 1 und 4 UStG 1980). Beauftragt oder ermächtigt der Unternehmer einen Dritten zu einer solchen Rechnungserteilung, bleibt gleichwohl der Unternehmer, über dessen Leistung abgerechnet wird, der für den Rechnungsinhalt verantwortliche Aussteller der Rechnung. An einer solchen Ermächtigung fehlt es hier.
3. Zivilrechtlich umfaßt der Auftrag an einen Dritten, eine Ware im Namen und für Rechnung des Auftraggebers zu verkaufen, die Erteilung der Vollmacht, im Namen des Auftraggebers einen schuldrechtlichen Vertrag über die Lieferung der Ware zu den vereinbarten Bedingungen mit einem Kaufinteressenten abzuschließen und diesen Vertrag zu erfüllen. Dazu gehört auch, obgleich dies gesetzlich nicht geregelt ist, daß der Verkäufer dem Käufer auf Verlangen eine im Geschäftsverkehr übliche Rechnung erteilt. In einer solchen Rechnung wird üblicherweise neben dem Verkäufer die Ware bezeichnet sowie der Preis und die vereinbarten Zahlungsbedingungen angegeben. In einer solchen Rechnung, deren Erteilung zivilrechtlich eine ungeschriebene Nebenverpflichtung des Verkäufers ist, werden also keine rechtserheblichen Willenserklärungen abgegeben und im Regelfall keine Rechtsfolgen ausgelöst, sondern lediglich dem Käufer gegenüber bereits bekannte Fakten festgehalten und mitgeteilt. Einer solchen Rechnung fehlt jeder rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Charakter, weil der Aussteller keinen auf die Herbeiführung eines Rechtserfolgs gerichteten Willen hat und eine solche Rechnung weder zivilrechtliche noch andere Rechtsfolgen auslöst (vgl. Urteil des Senats vom 4. März 1982 V R 107/79).
4. Ist der Leistende sowohl Unternehmer als auch zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt und verpflichtet, dann umfaßt die von ihm auf Verlangen des Vertragspartners vorzunehmende Preisberechnung die Pflicht zur Aufteilung des zivilrechtlichen Kaufpreises in ein Nettoentgelt und in den auf dieses Entgelt entfallenden Steuerbetrag (§ 14 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 UStG 1967). Es handelt sich hierbei um eine zivilrechtliche, durch § 14 Abs. 1 UStG 1967 angeordnete Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis (vgl. Urteil vom 4. März 1982 V R 107/79). Den Nichtunternehmer trifft eine solche Pflicht nicht; eine Preisberechnung mit gesondertem Steuerausweis ist ihm vielmehr - wenn auch inzidenter - durch § 14 Abs. 1 UStG 1967 umsatzsteuerrechtlich untersagt und steht unter der Androhung der Rechtsfolgen aus der Zweiten Alternative des § 14 Abs. 3 UStG 1967.
Wegen dieser unterschiedlichen Rechtslage und Rechtsfolgen kann die mit dem Auftrag, einen Gegenstand im Namen und für Rechnung des Auftraggebers zu verkaufen, abgegebene Willenserklärung vom Vermittler (als ihrem Empfänger) in keinem Falle ohne weiteres dahin verstanden werden, er sei auch berechtigt, gegenüber dem Vertragspartner des Auftraggebers eine Preisberechnung mit gesondertem Steuerausweis vorzunehmen. Ergeben die Gesamtumstände, unter denen die Willenserklärung des Auftraggebers abgegeben wurde, nicht zweifelsfrei, daß es sich bei ihm um einen regelversteuernden Unternehmer handelt, muß der Vermittler davon ausgehen, daß er ohne ausdrückliche Ermächtigung nicht zur Preisberechnung unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt ist. Ob die von einem regelversteuernden Unternehmer abgegebene Willenserklärung, die einen anderen ermächtigt, im Namen und für Rechnung des Vollmachtgebers tätig zu werden, gegebenenfalls auch ohne ausdrückliche diesbezügliche Erklärung als eine Ermächtigung zum gesonderten Steuerausweis aufgefaßt werden kann, kann hier dahinstehen. Über den Fall, daß ein Nichtunternehmer oder ein Kleinunternehmer die ausdrückliche individuelle Ermächtigung gibt, eine Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis zu erteilen, hat der Senat hier nicht zu entscheiden.
5. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen läßt sich aus dem vom Autohändler verwendeten Formular "Auftrag zur Vermittlung eines Fahrzeugs-Verkaufs" auch im Wege der Auslegung nicht herleiten, daß der Autohändler vom Kläger ausdrücklich ermächtigt gewesen wäre, dem Käufer des zur Vermittlung überlassenen Kraftfahrzeugs eine Preisberechnung unter gesondertem Steuerausweis zu erteilen. Der Kläger ist in dem Vermittlungsformular lediglich mit Namen und Adresse aufgeführt; jeglicher Hinweis auf die Art und Weise seiner Betätigung fehlt. Damit war für den Vermittler nicht erkennbar, ob sein Auftraggeber ein regelversteuernder Unternehmer war. Es verbietet sich schon deshalb, den erteilten Auftrag dahin auszulegen, daß er eine Ermächtigung zur Preisberechnung unter gesondertem Steuerausweis enthalte.
Mithin ist der Annahme des FG, der Kläger habe unter Einschaltung eines beauftragten Dritten (Autohändler) als Nichtunternehmer eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erteilt, der Boden entzogen. Dieses Abrechnungspapier ist nicht dem Kläger, sondern dem Autohändler als Aussteller zuzurechnen. Die Inanspruchnahme des Klägers gemäß § 14 Abs. 3 - Zweite Alternative - UStG 1967 ist daher rechtswidrig.
Das FG-Urteil und die Bescheide des FA waren daher aufzuheben.
Fundstellen
BStBl II 1982, 315 |
BFHE 1982, 130 |