Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung als Steuerbevollmächtigter
Leitsatz (NV)
Die Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach § 70 StBerO/DDR i.V.m. Abschn. 2 Abs. 2 der MdF-AnO vom 7.2. 1990 setzt u.a. praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der ehemaligen DDR voraus.
Normenkette
StBerO DDR § 19; StBerO DDR § 70; MdF-AnO vom 7.2. 1990; Einigungsvertrag Anl. I Kap. IV Sachgebiet B Abschn. II Nrn. 8-9
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat seit Mai 1990 seinen ersten Wohnsitz in dem Gebiet der ehemaligen DDR; im August 1990 erwarb er die Staatsbürgerschaft der DDR. Seine Berufsausbildung und seine bisherige berufliche Tätigkeit bis zur Wohnsitznahme in der DDR absolvierte er ausschließlich in den alten Bundesländern. Im Dezember 1990 nahm der Kläger an einer schriftlichen Prüfung für Steuerbevollmächtigte teil, die er nicht bestand. Seine Klage gegen die Prüfungsentscheidung und gegen die Ablehnung der Zulassung zu einer Wiederholungsprüfung, mit der der Kläger beantragte, ihn unter Aufhebung der ergangenen Verwaltungsentscheidungen prüfungsfrei zum Steuerbevollmächtigten zu bestellen, hilfsweise, ihn zu einer erneuten Prüfung bzw. zu einer Wiederholungsprüfung zuzulassen, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:
Der Hauptantrag des Klägers sei unbegründet. Der Kläger habe weder nach dem seit dem 1. Januar 1991 auch im Beitrittsgebiet geltenden Steuerberatungsgesetz (StBerG) noch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entsprechend der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden früheren Rechtslage einen Anspruch auf die Bestellung als Steuerbevollmächtigter. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehe, daß die Verordnung über die Hilfeleistung in Steuersachen (Steuerberatungsordnung DDR) vom 27. Juni 1990 (Gesetzblatt - GBl. - DDR vom 27. Juli 1990, Sonderdruck Nr. 1455) i.V.m. der Anordnung über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern (MdF-AnO) vom 7. Februar 1990 (GBl. DDR I Nr. 12 S. 93) auf das Verpflichtungsbegehren noch anwendbar sei, könne der Klage nicht entsprochen werden. Der Kläger erfülle nicht die Zulassungsvoraussetzungen für Steuerbevollmächtigte nach § 19 Steuerberatungsordnung DDR. Auch die Qualifikationsanforderungen für eine Bestellung nach der MdF-AnO, die gemäß § 70 Steuerberatungsordnung DDR für die Prüfung und Bestellung von Steuerbevollmächtigten bis zum 31. Dezember 1990 weiterhin Anwendung finde, lägen nicht vor.
Gemäß § 2 Abs. 2 Buchst. a der MdF-AnO hätten als Voraussetzung für die Erteilung der Zulassung praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts vorliegen müssen. Diese Erfahrungen müßten auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR gewonnen worden sein. Erfahrungen im Bereich des bundesdeutschen Steuerrechts - wie sie der Kläger vorweisen könne - fielen nicht darunter. Es könne nicht angenommen werden, daß der DDR-Gesetzgeber eine Erfahrung seiner Bürger im Bereich eines damals noch fremden Steuerrechts als ausreichend angesehen hätte.
Da die MdF-AnO nach dem Inkrafttreten der Steuerberatungsordnung DDR über § 70 Steuerberatungsordnung DDR nur noch im Rahmen des § 19 Steuerberatungsordnung DDR gelten solle, werde sie durch die Vorschriften der Steuerberatungsordnung DDR konkretisiert. Angesichts der ausdrücklichen Beschränkung des Anwendungsbereichs der Steuerberatungsordnung DDR auf ... Angelegenheiten, die die in Rechtsvorschriften der DDR geregelten Steuern und Abgaben betreffen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) könne auch die in der MdF-AnO geforderte praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts sich verständigerweise nur auf das Steuerrecht der DDR bezogen haben. Zudem seien die in der Steuerberatungsordnung DDR geschaffenen Möglichkeiten der Zulassung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter nur Bürgern der DDR eröffnet gewesen (§§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1, 19 Abs. 3, 70 Abs. 1 Steuerberatungsordnung DDR). Bei diesen hätten aber in der Regel nur Erfahrungen auf dem Gebiet des eigenen Steuerrechts erwartet werden können.
Mit den im Jahre 1990 in Erwartung der Übernahme des bundesdeutschen Steuerrechts erlassenen Vorschriften des Steuerberatungsrechts der DDR hätten im Wege der Besitzstandswahrung DDR-Bürgern, die dort auf dem Gebiet der Steuerberatung bereits tätig gewesen seien, die Möglichkeit eingeräumt werden sollen, die bisher ausgeübte Tätigkeit forzuführen. Daneben seien nach § 68 Steuerberatungsordnung DDR Bundesbürger, die nach dem StBerG zur Steuerberatung befugt und zugelassen seien, mit Wirkung ab Errichtung der Währungsunion ermächtigt worden, ihre Tätigkeit auch in der DDR auszuüben. Die Übergangsregelung des § 70 Steuerberatungsordnung DDR habe jedoch nicht dazu führen sollen, Personen aus der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik), die bisher die Voraussetzung für eine Zulassung nicht besaßen, eine erleichterte Zugangsmöglichkeit zu einem steuerberatenden Beruf zu verschaffen.
Die in § 2 Abs. 2 MdF-AnO geforderte praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts werde ferner konkretisiert durch § 15 Abs. 2 Steuerberatungsordnung DDR. Aus der dortigen Aufzählung der Personen, die die für die Zulassung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter vorausgesetzte hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens ausüben, folge, daß sich die erforderliche Erfahrung nur auf den Bereich des Steuerrechts der DDR beziehen könne. Es sei unerheblich, ob der Kläger gleiche oder umfangreichere Kenntnisse im Steuerrecht aufweise, als es für eine Zulassung nach der Steuerberatungsordnung DDR erforderlich sei. § 15 Abs. 2 Steuerberatungsordnung DDR fordere nicht eine tatsächlich vorhandene Qualifikation, sondern orientiere sich an formalen Kriterien. Vorausgesetzt sei lediglich, daß der Antragsteller zu dem im Gesetz ausdrücklich genannten Personenkreis gehöre. Eine solche Auslegung sei auch unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 des Grundgesetzes (GG) und des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3 GG verfassungsgemäß.
Die Hilfsanträge, mit denen der Kläger eine erneute oder wiederholte Zulassung zur Prüfung begehre, seien unzulässig. Insoweit fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis und damit eine Prozeßvoraussetzung für seine Klage. Er habe kein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichts, denn die begehrte Prüfungszulassung wäre im Hinblick auf das letztlich mit der Klage erstrebte Ziel für ihn ohne Nutzen. Der Kläger wolle zu der Eignungsprüfung zugelassen werden, um danach als Steuerbevollmächtigter nach den Vorschriften der Steuerberatungordnung DDR bestellt zu werden. Selbst bei bestandener Prüfung hätte er jedoch keinen Anspruch auf eine solche Bestellung, da ihm - wie vorstehend ausgeführt - die fachliche Qualifikation - praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR - fehle, die neben einer bestandenen Prüfung als weitere Voraussetzung für die Bestellung zum Steuerbevoll- mächtigten gefordert werde.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, für die von ihm begehrte Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach den §§ 19, 70 Steuerberatungsordnung DDR i.V.m. der MdF-AnO, die hier nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu seinen Gunsten anzuwenden seien, bedürfe es nicht der praktischen Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR. Im Hinblick darauf, daß bei Erlaß der vorstehenden Vorschriften die Übernahme des bundesdeutschen Steuerrechts beabsichtigt gewesen sei, sei es widersinnig, darauf abzustellen, daß nur die praktische Erfahrung mit einem abzuschaffenden Steuerrecht zähle und nicht die Erfahrung mit dem Steuerrecht, das kurzfristig übernommen werden solle. § 2 Abs. 2 MdF-AnO dürfe nicht im Lichte des § 15 Abs. 2 Steuerberatungsordnung DDR ausgelegt werden, da es sich um Vorschriften mit unterschiedlichen Voraussetzungen handele. Die notwendige Abgrenzung des hiernach begünstigten Personenkreises von Bewerbern aus den alten Bundesländern erfolgte allein über das Tatbestandsmerkmal der Staatsbürgerschaft der DDR, das von ihm erfüllt werde.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. a) Wie das FG zutreffend ausgeführt hat und vom Kläger nicht in Zweifel gezogen wird, läßt das am 1. Januar 1991 auch in den neuen Bundesländern in Kraft getretene StBerG (vgl. Anl. I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 9 des Einigungsvertrages, BGBl II 1990, 885ff.) eine Neuzulassung von Steuerbevollmächtigten nicht zu (vgl. die durch Zeitablauf gegenstandslos gewordene Übergangsvorschrift des § 156 StBerG). Da bei der Verpflichtungsklage auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der FG-Entscheidung abzustellen ist (Urteil des Senats vom 17. Mai 1977 VII R 101/76, BFHE 122, 376, BStBl II 1977, 706) konnte demnach die Vorinstanz dem Begehren des Klägers auf Bestellung als Steuerbevollmächtigter nicht entsprechen.
b) Das Klagebegehren hätte allenfalls dann Erfolg haben können, wenn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben das im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1990 fortgeltende Steuerberatungsrecht der DDR, auf das sich der Kläger beruft, als das für den Bewerber günstigere alte Recht ausnahmsweise deshalb der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen wäre, weil der Antrag des Klägers bei der gebotenen rechtzeitigen und materiell richtigen Bearbeitung durch die Behörde noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts in seinem Sinne hätte beschieden werden müssen (vgl. Urteil des Senats vom 22. März 1966 VII 265/63, BFHE 85, 239, BStBl III 1966, 296). Insoweit wird zur näheren Begründung auf die Vorentscheidung sowie auf die dort zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Bezug genommen.
Es kann dahinstehen, ob im Streitfall aus rechtsstaatlichen Gründen im Hinblick auf den Vertrauensschutz des Klägers über dessen Verpflichtungsbegehren nach der Rechtslage zu entscheiden wäre, die im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1990 in Kraft war. Die Klage ist jedenfalls deshalb zu Recht abgewiesen worden, weil auch die bis zu diesem Zeitpunkt fortgeltende Steuerberatungsordnung DDR (Anl. I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 8 des Einigungsvertrages), die insoweit als partielles Bundesrecht der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Mai 1993 II R 29/92, BFHE 171, 351, BStBl II 1993, 630), eine Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter nicht zuließ.
2. a) Nach § 19 Abs. 1 Steuerberatungsordnung DDR ist Steuerbevollmächtigter, wer nach den Abs. 2 und 3 als solcher bestellt ist. Unter bestimmten dort näher aufgeführten Vorausetzungen waren dies kraft Gesetzes (Abs. 2) die Helfer in Steuersachen, die über eine Zulassung gemäß § 107a der Abgabenordnung 1970 der DDR verfügten, bzw. konnten nach Abs. 3 als Steuerbevollmächtigte bestellt werden die ehemaligen verantwortlichen Leiter und leitenden Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane. Der Kläger, der nicht in der DDR als Helfer in Steuersachen zugelassen war und der seine berufliche Tätigkeit vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik in dem Gebiet der alten Bundesländer ausgeübt hat, fällt nicht unter den vorgenannten Personenkreis. Eine Zulassung als Steuerbevollmächtigter in unmittelbarer Anwendung des § 19 Steuerberatungsordnung DDR kam somit für ihn nicht in Betracht.
b) Nach § 70 Abs. 1 Steuerberatungsordnung DDR findet ferner die Anordnung des Ministers der Finanzen vom 7. Februar 1990 über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen ... (MdF-AnO) bis zum 31. Dezember 1990 für die Prüfung und Bestellung von Steuerbevollmächtigten gemäß § 19 dieser Verordnung weiterhin Anwendung. Die in der MdF-AnO getroffenen Regelungen sind nur für Bürger der DDR anzuwenden (Satz 2). Mit dieser Übergangsregelung sollte dem Personenkreis, der bis zum Außerkrafttreten der Abgabenordnung 1970 der DDR am 1. Juli 1990 (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung der DDR vom 22. Juni 1990, GBl. DDR, Sonderdruck Nr. 1428) die Voraussetzungen für den Zugang zum Beruf des Helfers in Steuersachen nach der MdF-AnO erfüllte, bis zum 31. Dezember 1990 die Möglichkeit eröffnet werden, noch zu Bedingungen, die für die Zulassung als Helfer in Steuersachen nach § 2 Abs. 2 der MdF-AnO galten - ggf. nach Abnahme einer Eignungsprüfung - als Steuerbevollmächtigter bestellt zu werden (vgl. Dürr, Die Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach früherem DDR-Steuerberatungsrecht, Die Information über Steuer und Wirtschaft - Inf - 1992, 121, 122). Sollte der in § 70 Abs. 1 Steuerberatungsordnung DDR enthaltene Hinweis auf § 19 dieser Verordnung auch eine Beschränkung auf den in dieser Vorschrift genannten Personenkreis beinhalten (so Dürr, INF 1992, 122, 123), so wäre eine Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter auch nach dieser Übergangsvorschrift schon deshalb nicht möglich gewesen, weil er - wie oben ausgeführt - nicht Helfer in Steuersachen bzw. Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung oder der Finanzorgane der DDR gewesen ist.
Diese Frage kann aber - wie es auch das FG getan hat - unentschieden bleiben. Für die Erteilung der Zulassung nach § 70 Abs. 1 Steuerberatungsordnung DDR i.V.m. § 2 Abs. 2 der MdF-AnO fehlt es jedenfalls an der Eignungsprüfung. Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger die Prüfung nicht bestanden. Von der Eignungsprüfung hätte nur die Prüfungskommission den Bewerber bei nachgewiesener fachlicher Eignung befreien können (§ 2 Abs. 2 Buchst. b der MdF-AnO). Aber auch bei erfolgreicher Ablegung der Eignungsprüfung (etwa im Wege der Wiederholung) hätte der Kläger nach diesen Vorschriften - wie das FG zutreffend entschieden hat - keinen Anspruch auf Bestellung als Steuerbevollmächtigter, weil ihm die (neben der Prüfung) nachzuweisende praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts fehlt.
3. Gemäß § 2 Abs. 2 Buchst. a der MdF-AnO war für die Erteilung der Zulassung - zusätzlich zur Ablegung einer Eignungsprüfung (Buchst. b) - als fachliche Qualifikation neben dem Hoch- oder Fachschulabschluß auf dem Gebiet der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften eine mehrjährige (mindestens zwei Jahre) praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts nachzuweisen. Das FG hat § 70 Steuerberatungsordnung DDR i.V.m. § 2 Abs. 2 Buchst. a der MdF-AnO unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Normen und entsprechend ihrem Sinn und Zweck zutreffend dahin ausgelegt, daß diese praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der ehemaligen DDR gewonnen sein muß.
a) Dies folgt zunächst daraus, daß es sich bei den vorstehenden Bestimmungen um Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR handelt, die auf die Rechts- und Wirtschaftsordnung der DDR zugeschnitten waren und ausschließlich für Bürger der DDR eine Berufszulassung auf dem Gebiet der Steuerberatung regeln wollen (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 2, ebenso § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 15 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 3 Satz 1 Steuerberatungsordnung DDR). Es ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber der DDR und der dortige Minister der Finanzen bei der Bestimmung des vorstehenden Tatbestandsmerkmals allein das Steuerrecht der DDR im Auge hatten, zumal bei dem begünstigten Personenkreis der DDR-Bürger das Vorhandensein praktischer Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts anderer Staaten, einschließlich des Rechts der Bundesrepublik kaum erwartet werden konnte.
Wie das FG ausgeführt hat, erstreckte sich auch die Hilfeleistung in Steuersachen nach der Steuerberatungsordnung DDR, für die die streitige Berufszulassung erteilt werden sollte, im Zeitpunkt des Erlasses der maßgebenden Vorschriften auf Angelegenheiten, die die in Rechtsvorschriften der DDR geregelten Steuern und Abgaben betreffen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Steuerberatungsordnung DDR), so daß es naheliegend war, für die Zulassung als Steuerbevollmächtigter oder Steuerberater praktische Erfahrungen auf diesem speziellen Rechtsgebiet zu verlangen. Mit Recht hat das FG in seiner Auslegung des § 2 Abs. 2 Buchst. a der MdF-AnO auch die sonstigen Vorschriften über die Berufszulassung nach der Steuerberatungsordnung DDR mit einbezogen, denn die MdF-AnO findet für den hier maßgebenden Zeitraum allenfalls Anwendung über die Übergangsregelung des § 70 Steuerberatungsordnung DDR, die ausdrücklich § 19 Steuerberatungsordnung DDR in Bezug nimmt. Aus den Zulassungsregelungen für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte (§§ 14, 15, 19 Steuerberatungsordnung DDR) ergibt sich, daß diese - neben der ausdrücklichen Beschränkung auf Bürger der DDR - auf einen Personenkreis zugeschnitten sind, der die geforderte praktische Berufserfahrung - wie die abschließende Aufzählung der hauptberuflichen Tätigkeiten auf dem Gebiet des Steuerwesens in § 15 Abs. 2 Steuerberatungsordnung DDR zeigt - im Rahmen bestimmter Berufstätigkeiten in der DDR und damit in der Beschäftigung mit dem Steuerrecht der DDR gewonnen haben muß.
Der vorstehenden Auslegung steht nicht entgegen, daß bereits bei Neuregelung des Steuerberatungsrechts der DDR im Jahre 1990 - wie das FG ausführt - die Übernahme des bundesdeutschen Steuerrechts beabsichtigt gewesen sein mag. Mit den Berufszulassungsregelungen der Steuerberatungsordnung DDR sowie der MdF-AnO sollte dennoch DDR-Bürgern, die dort bereits auf dem Gebiet der Steuerberatung oder in ähnlichen Berufen tätig und mit dem dort geltenden Steuerrecht befaßt waren, die Möglichkeit eingeräumt werden, auch bei Einführung (Übernahme) eines anderen Steuerrechts weiterhin steuerberatend tätig zu sein. Bei diesem Personenkreis konnte der dortige Gesetzgeber den Nachweis praktischer Erfahrungen nur für das Steuerrecht der DDR verlangen. Da der Kreis der Begünstigten auf DDR-Bürger mit bestimmten Berufen, die sich nur dort entwickelt hatten, zugeschnitten war, ist es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht widersinnig, die vorgeschriebene praktische Erfahrung auch dann auf das dortige Steuerrecht zu beziehen, wenn mit dessen alsbaldiger Abschaffung gerechnet werden mußte.
Damit waren indes Personen, die schon in den alten Bundesländern im Bereich der Steuerberatung tätig waren und praktische Berufserfahrungen in dem hier - und jetzt im gesamten Bundesgebiet - geltenden Steuerrecht erlangt hatten, nicht von vornherein von der Hilfeleistung in Steuersachen in der DDR ausgeschlossen. Nach § 68 Steuerberatungsordnung DDR waren sie berechtigt, mit Wirkung ab Errichtung der Währungsunion ihre Tätigkeit auch in der DDR auszuüben, sofern sie nach dem StBerG zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt waren. Mit den Berufszulassungsregelungen der Steuerberatungsordnung DDR und der MdF-AnO sollte aber nicht Personen aus der Bundesrepublik, die - wie der Kläger - nicht die Voraussetzungen für eine Zulassung nach dem StBerG erfüllen, eine erleichterte Zugangsmöglichkeit zu einem steuerberatenden Beruf verschafft werden, zumal der Zugang zu dem hier streitigen Beruf des Steuerbevollmächtigten nach dem StBerG bereits seit Jahren geschlossen war. Da Bewerber aus den alten Bundesländern nicht zu dem begünstigten Personenkreis gehören, der seine praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts im Rahmen bestimmter auf die Verhältnisse der DDR zugeschnittenen Berufstätigkeiten gewonnen haben muß, kommt es auf ihre tatsächliche Qualifikation für den Beruf des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten im Vergleich zu den Bewerbern aus der DDR nicht an.
Wegen der Anknüpfung der Berufszulassungsregelungen an besondere, dem Steuerrecht verbundene Berufsbilder, wie sie sich nur in der DDR entwickelt haben (vgl. §§ 15 Abs. 2, 19, 70 Abs. 1 Steuerberatungsordnung DDR i.V.m. § 2 der MdF-AnO), neben der Staatsbürgerschaft der DDR als Zulassungsvoraussetzung kann die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gegenüber Bewerbern aus dem Gebiet der alten Bundesländer nicht - wie der Kläger meint - allein über das Tatbestandsmerkmal der DDR-Staatsbürgerschaft erfolgen, die der Kläger im August 1990 noch erworben hat. Da der Kläger keine mindestens zweijährige berufspraktische Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR vorzuweisen hat, kann ihm die Zulassung als Steuerbevollmächtigter nach § 70 Steuerberatungsordnung DDR i.V.m. § 2 der MdF-AnO nicht erteilt werden.
b) Der erkennende Senat hat in seinem Beschluß vom 20. Dezember 1990 VII B 255/90 (BFHE 163, 397, BStBl II 1991, 267) die Beschränkung der (prüfungsfreien) Bestellung zum Steuerberater im Beitrittsgebiet auf Personen, die in der ehemaligen DDR bereits steuerberatend oder auf ähnlichem Gebiet beruflich tätig waren, für sachlich gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Dasselbe gilt auch für die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten nach §§ 19, 70 Steuerberatungsordnung DDR, § 2 MdF-AnO (vgl. Urteil des Senats vom 11. Mai 1993 VII R 98/92, BFH/NV 1994, 194). Wegen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit (Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG) der streitigen Zulassungsbestimmungen im Lichte der vorstehenden Auslegung verweist der Senat im übrigen auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des FG.
4. Die Hilfsanträge, mit denen der Kläger seine Zulassung zu einer erneuten Prüfung bzw. Wiederholungsprüfung zum Steuerbevollmächtigten begehrt, hat das FG zu Recht als unzulässig angesehen. Da der Kläger auch bei Ablegung der Eignungsprüfung nach § 70 Steuerberatungsordnung DDR i.V.m. § 2 Abs. 2 der MdF-AnO wegen Fehlens der vorgeschriebenen praktischen Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR als weitere Zulassungsvoraussetzung sein Rechtsschutzziel - die Bestellung als Steuerbevollmächtigter - nicht erreichen könnte, fehlt es für den Verpflichtungsantrag auf erneute Zulassung zur Prüfung am Rechtsschutzinteresse.
Fundstellen
Haufe-Index 423252 |
BFH/NV 1994, 663 |