Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerbefreiung für Pachtaufhebungsentschädigung nach dem Landbeschaffungsgesetz - Entschädigung als Tei des Aufgabegewinns - überlange Verfahrensdauer - Anwendbarkeit der Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nach der AO 1977 - Auslegung einer Rechtsnorm - Bindung an Zusage
Leitsatz (amtlich)
Der VIII.Senat schließt sich der Rechtsprechung des IV.Senats (Urteile vom 3. September 1964 IV 97/63 U, BFHE 80, 467, BStBl III 1964, 643, und vom 18. Februar 1971 IV R 206/67, BFHE 102, 49, BStBl II 1971, 485) an, daß § 71 Abs. 2 LBG vom 23. Februar 1957 (BGBl I 1957, 134) keine Befreiung von der Einkommensteuer enthält.
Orientierungssatz
1. Entschädigungsleistungen von dritter Seite gehören zum Aufgabegewinn, wenn das schädigende Ereignis der Auslöser für die Aufgabe des Betriebs war. Der Annahme einer Betriebsaufgabe steht nicht entgegen, daß sie letztlich von Dritten herbeigeführt worden ist.
2. Eine überlange Verfahrensdauer führt grundsätzlich nicht zur Verfassungswidrigkeit und Rechtswidrigkeit des Steuerbescheids selbst.
3. Die Vorschriften der AO 1977 über die Festsetzungsverjährung (bzw. Feststellungsverjährung) sind erstmals für die Festsetzung sowie für die Aufhebung und Änderung der Festsetzung von Steuern anzuwenden, die nach dem 31.12.1976 entstehen, anzuwenden. Für vorher entstandene Ansprüche gelten die Vorschriften der AO über die Verjährung weiter, soweit sie für die Festsetzung einer Steuer oder für die Aufhebung oder Änderung einer solchen Festsetzung von Bedeutung sind. Danach ist eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung grundsätzlich durchzuführen, solange sie sich bei einem Beteiligten noch auswirken konnte.
4. Auslegung bedeutet die Klarstellung einer Rechtsnorm. Eine solche Klarstellung ist erforderlich, weil die Wortfassung der Rechtsnorm oftmals den Inhalt des Gesetzes nur unvollkommen zum Ausdruck bringt.
5. Auch eine dem Gesetz widersprechende Zusage kann das FA binden, es sei denn, der Steuerpflichtige hat die Gesetzwidrigkeit erkannt oder hätte sie erkennen können (vgl. BFH-Urteil vom 13.12.1989 X R 208/87).
6. Die Verfassungsbeschwerde wurde gemäß §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluß vom 25.4.1996, Az. 2 BvR 347/96).
Normenkette
LBG § 71 Abs. 2; EStG § 16 Abs. 3; AO 1977 § 169; AO
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 25.04.1996) |
Tatbestand
I. Die am 22. Dezember 1991 verstorbene Klägerin und Rechtsvorgängerin des Revisionsbeklagten zu 1, der am 30. Januar 1988 verstorbene Rechtsvorgänger der Kläger und Revisionsbeklagten zu 2 bis 4 (Kläger zu 2 bis 4) sowie die Beigeladenen zu 1 und 2 waren neben dem am 16. April 1973 verstorbenen und von der Beigeladenen zu 2 im Wege der Nacherbschaft beerbten KR, Gesellschafter der OHG X, vormals Y-GmbH.
Gegenstand des Unternehmens war die Torfgewinnung sowie die Torfverarbeitung. Im März 1965 hatte die Y-GmbH ihr Vermögen unter Ausschluß der Abwicklung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes vom 12. November 1956 (BGBl I, 844) auf die gleichzeitig mit denselben Gesellschaftern errichtete OHG X übertragen. Die Umwandlung ist am 10. März 1965 in das Handelsregister eingetragen worden.
Wirtschaftliche Grundlage beider Gesellschaften waren verschiedene, mit der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) geschlossene Pachtverträge, die ihnen das Recht zur Abtorfung bis längstens 1976 einräumten. Die Pachtflächen lagen im Gebiet des Truppenübungsplatzes Z. Da die Bundeswehr bzw. NATO-Verbündeten die Fläche für militärische Zwecke benötigten und Ersatzflächen nicht bereitgestellt werden konnten, schwebten seit 1960 Verhandlungen über die Auflösung des Pachtverhältnisses und einen Ausgleich für die notwendig werdende Betriebsstillegung. Erst am 11. März 1966 einigten sich die Gesellschafter der OHG X und die Bundesrepublik über einen Verzicht auf die Nutzungsrechte gegen Zahlung von 2,5 Mio DM. Laut der vom Regierungspräsidenten als Enteignungsbehörde beurkundeten Verhandlungsniederschrift (Teil A) forderte die Antragsgegnerin (OHG) eine Entschädigung von 2,5 Mio DM, die Antragstellerin anerkannte eine Forderung von 1,3 Mio DM. Gemäß Buchst. B einigten sich die Vertragsparteien darauf, daß die Bundesrepublik zur Abgeltung aller der Antragsgegnerin und Dritter entstandenen und noch entstehenden Vermögensnachteile, Forderungen oder Ansprüche --gleich welcher Art-- aus den Pacht- und Nutzungsverhältnissen einen Betrag von 2,5 Mio DM zu leisten habe. Die OHG X hatte dafür u.a. die Torfwerbung sofort einzustellen, die Torfvorräte beschleunigt abzufahren, Gleisanlagen, Geräte und sonstige Einrichtungen abzutransportieren, sämtliche Gebäude und Baulichkeiten abzutragen, Bewohner dieser Gebäude auf eigene Kosten unterzubringen und evtl. Umzugskosten zu tragen. Der Betrag wurde noch im März 1966 ausbezahlt. Gleichzeitig wurde der Betrieb eingestellt. Der Regierungspräsident bestätigte mit Verfügung vom 6. November 1966, daß der Vertragsgegenstand der Deckung eines militärischen Bedarfes i.S. von § 71 des Gesetzes über die Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung (LBG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I, 134) gedient habe.
Im Zuge der Verhandlungen hatte der Ehemann der Klägerin zu 1 und Rechtsvorgängerin des Revisionsbeklagten zu 1, Rechtsanwalt und Notar B, bereits 1964 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) wegen der steuerlichen Behandlung der Pachtaufhebungsentschädigung angefragt. Das FA hatte daraufhin mit Schreiben vom 1. Juli und 12. August 1964 geantwortet.
In dem Schreiben vom 1. Juli 1964 heißt es wörtlich:
"Betreff: Y-GmbH; Ihr Schreiben vom 18. Juni 1964
Sehr geehrter Herr B]
Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß Entschädigungen, die im Rahmen des Landbeschaffungsgesetzes vom 23. Februar 1957 (BGBl 1957 Teil I Seite 134) gezahlt werden, nach den in diesem Gesetz enthaltenen steuerlichen Bestimmungen nicht zur Besteuerung heranzuziehen sind. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß nach § 71 Abs. 3 des Landbeschaffungsgesetzes die Enteignungsbehörde bestätigt, daß das Geschäft oder die Verhandlung, auf Grund dessen die Entschädigung gezahlt worden ist, der Durchführung der Landbeschaffung dient.
Hochachtungsvoll
Im Auftrag
gez. G"
In dem weiteren Schreiben vom 12. August 1964 führt das FA aus:
"Betreff: Y-GmbH; hier: Landbeschaffungsgesetz
Bezug: Meine Schreiben vom 1. und 16. Juli 1964
Sehr geehrter Herr B]
Aus gegebenem Anlaß halte ich es für notwendig, mein Bezugsschreiben (gemeint ist das Schreiben vom 01.07.1964 und ein weiteres Schreiben vom 16. Juli 1964) zu ergänzen, damit deren Inhalt nicht mißverstanden wird.
Der § 71 des Landbeschaffungsgesetzes sichert Steuerfreiheit für Geschäfte und Verhandlungen zu, die der Durchführung des Landbeschaffungsgesetzes dienen. Die Steuerfreiheit beschränkt sich aber nur auf diese Geschäfte und Verhandlungen und umfaßt nicht Folgen aus diesen Geschäften. So stellt z.B. die Veräußerung eines Grundstücks an den Bund oder die Aufgabe eines Rechtes an einem Grundstück für Zwecke, die in § 1 des Landbeschaffungsgesetzes genannt sind, ein Geschäft dar, das der Durchführung des Landbeschaffungsgesetzes dient. Wird durch dieses Geschäft auch gleichzeitig ein Steuertatbestand erfüllt, der nach dem allgemeinen Steuerrecht zu besteuern wäre, so ist er gemäß § 71 des Landbeschaffungsgesetzes steuerfrei, weil dieser Spezialvorschrift der Vorrang einzuräumen ist. Treten durch dieses Geschäft auch Folgewirkungen ein --werden z.B. stille Reserven aufgedeckt-- und erfüllen diese Folgewirkungen für sich allein ebenfalls einen Steuertatbestand, so fallen sie nicht mehr unter die Steuerfreiheit des § 71 des Landbeschaffungsgesetzes. Im Beispielsfalle müssen die realisierten stillen Reserven aufgrund der einschlägigen allgemeinen steuerlichen Bestimmungen zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer und auch zur Gewerbeertragsteuer herangezogen werden. (Vgl. auch Abschn. 132 Abs. 1 EStR 1962).
Hochachtungsvoll
i.A. gez. G"
Am 1. April 1966 beschlossen die Gesellschafter die Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft. Das Erlöschen der Firma wurde am 27. Februar 1974 in das Handelsregister eingetragen.
Eine Ende 1966/Anfang 1967 bei der Y-GmbH durchgeführte Außenprüfung war zu der Auffassung gelangt, aufgrund des Entschädigungsangebotes der Bundesrepublik im Jahr 1965 sei bereits in der Umwandlungsbilanz auf den 10. März 1965 die Pachtentschädigung in Höhe von 1,25 Mio DM zu aktivieren. Auf der Grundlage eines entsprechend erhöhten körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens erließ das FA gegen die früheren Gesellschafter der Y-GmbH Haftungsbescheide. Mit Urteil vom 24. Januar 1979 I R 202/75 (BFHE 128, 33, BStBl II 1979, 581) sah der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch die Entschädigung als im Jahr 1965 nicht aktivierungsfähig an.
In dem gemäß § 100 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufigen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1966 vom 15. September 1972 stellte das FA einen laufenden Gewinn von 4 284 DM und unter Ansatz zunächst der --halben-- Pachtentschädigung in Höhe von 1,25 Mio DM einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn von 1 365 836 DM fest und verteilte diesen in Teil B des Bescheides wie erklärt. Die Gesellschafter legten gesondert Einspruch u.a. mit der Begründung ein, die erhaltene Entschädigung sei gemäß § 71 Abs. 2 LBG steuerfrei. Mit Schreiben vom 14. Januar 1974 wies das FA die Einspruchsführer u.a. darauf hin, daß es die Entschädigung nunmehr in voller Höhe als steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn ansetzen werde.
In der gemäß § 225 AO endgültig erlassenen Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 1974 verteilte das FA den Gewinn wie folgt:
a) laufender Gewinn
Anteile KR Beige- Beige- Klägerin Rechts-
ladener ladene zu 1 vorgänger
zu 1 zu 2 der Kläger
zu 2 - 4
OHG-An-
teile 1 899 DM 61 DM 132 DM 1 071 DM 1 071 DM
(44,32 %) (1,42 %) (4,26 %) (25 %) (25 %)
lt. Son-
derbi-
lanz 222 DM - - 111 DM 111 DM
----------------------------------------------------
Summe 2 121 DM 61 DM 132 DM 1 182 DM 1 182 DM
----------------------------------------------------
b) Aufgabegewinn
Anteile KR Beige- Beige- Klägerin Rechtsvor-
ladener ladene zu 1 gänger der
zu 1 zu 2 Kläger
zu 2 - 4
DM DM DM DM DM
Entschä-
digung 1 108 000 35 500 106 500 625 000 625 000
(44,32 %) (1,42 %) (4,26 %) (25 %) (25 %)
Veräuße-
rung d.
Betriebs-
vermö-
gens 51 448 - 4 792 29 798 29 798
lt. Son-
derbilanz - - - ./. 111 ./.111
----------------------------------------------------
Summe 1 159 448 35 500 111 292 654 687 654 687
----------------------------------------------------
Mit der Klage machten die Klägerin zu 1 und Rechtsvorgängerin des Revisionsbeklagten zu 1 und der Rechtsvorgänger der Kläger zu 2 bis 4 geltend, die Entschädigung dürfe nicht besteuert werden. Erstens sei die Steuerforderung insoweit im Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung bereits verjährt gewesen. Zweitens sei die Entschädigung nach § 71 Abs. 2 LBG steuerfrei. Drittens habe das FA durch die Schreiben vom 1. Juli und 12. August 1964 die Steuerfreiheit zugesichert. Im Vertrauen auf diese Zusage habe man sich auf 2,5 Mio DM geeinigt. Wären sie nicht von der Steuerfreiheit dieses Betrages ausgegangen, so hätten sie an ihrer ursprünglichen Forderung von 4 Mio DM festgehalten.
Das Finanzgericht (FG) hat die Beigeladenen als ehemalige Gesellschafter bzw. Rechtsnachfolger gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluß vom 22. Mai 1990 notwendig zum Verfahren beigeladen. Es gab der Klage statt und änderte den Gewinnfeststellungsbescheid 1966 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 1974, indem es den laufenden Gewinn mit 4 728 DM bestätigte und einen Veräußerungsgewinn von 115 614 DM feststellte.
Im wesentlichen führte es zur Begründung aus, die Entschädigungsleistung sei nach § 71 Abs. 2 LBG steuerfrei. Das BFH-Urteil vom 3. September 1964 IV 97/63 (BFHE 80, 467, BStBl III 1964, 643) verstoße mit seiner eindeutigen einschränkenden Auslegung gegen Verfassungsrecht (Art. 1 Abs. 3, 2 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--). Unabhängig davon ergebe sich eine Steuerbefreiung auch aus dem Grundsatz vom Treu und Glauben. Das FA sei an seine Auskünfte in den Schreiben vom 1. Juli und 12. August 1964 gebunden.
Mit der vom FG --wegen Divergenz-- zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger zu 2 bis 4 beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 24. August 1995 10 VI 862/94 für die verstorbene Klägerin zu 1 nach Ausschlagung des Erbes durch die gesetzlichen Erben den Fiskus des Landes, vertreten durch den Regierungspräsidenten, als Erben festgestellt. Dieser hat sich zur Sache nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Zu Unrecht ist das FG von der Steuerfreiheit der im Streitjahr 1966 geleisteten Entschädigung in Höhe von 2,5 Mio DM nach § 71 Abs. 2 LBG bzw. aufgrund einer verbindlichen Auskunft des FA ausgegangen. Die Gewinnfeststellung ist auch nicht aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verwirkung zu beanstanden.
1. Der Senat braucht nicht abschließend zu klären, ob hinsichtlich einzelner Feststellungsbeteiligter der Einkommensteueranspruch verjährt ist. Die Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 1974 wäre selbst dann nicht rechtswidrig, wenn die Steueransprüche gegen die Beigeladenen zu 1 und 2 verjährt sein sollten.
Gemäß Art. 97 § 10 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) gilt im Streitfall noch der Rechtszustand vor Einführung der Abgabenordnung (AO 1977) am 1. Juli 1977. Danach sind die Vorschriften der AO 1977 über die Festsetzungsverjährung (bzw. Feststellungsverjährung) erstmals für die Festsetzung sowie für die Aufhebung und Änderung der Festsetzung von Steuern, die nach dem 31. Dezember 1976 entstehen, anzuwenden. Für vorher entstandene Ansprüche gelten die Vorschriften der AO über die Verjährung weiter, soweit sie für die Festsetzung einer Steuer oder für die Aufhebung oder Änderung einer solchen Festsetzung von Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 1990 X R 72/87, BFHE 161, 451, BStBl II 1990, 1044).
Danach war eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung grundsätzlich durchzuführen, solange sie sich bei einem Beteiligten noch auswirken konnte (BFH-Urteile vom 12. Juli 1974 III R 88/73, BFHE 113, 55, BStBl II 1974, 666; vom 7. April 1976 I R 75/73, BFHE 119, 146, BStBl II 1976, 557; vom 11. Februar 1988 IV R 19/87, BFHE 153, 26, BStBl II 1988, 825; vom 18. Juli 1990 I R 39/89, BFH/NV 1991, 498).
Die gesonderte Feststellung als solche unterlag indessen keiner selbständigen Verjährung (BFH-Urteil vom 31. Oktober 1969 III R 73/69, BFHE 97, 499, BStBl II 1970, 173).
Die 1966/1967 bei der Y-GmbH durchgeführte Außenprüfung erstreckte sich ausschließlich auf die Körperschaftsteuer des Jahres 1965 und entfaltete keine Ablaufhemmung hinsichtlich der Einkommensteueransprüche 1966 der OHG-Gesellschafter (§ 146a Abs. 3 AO; BFH-Urteil vom 6. Mai 1975 VII R 109/72, BFHE 116, 2, BStBl II 1975, 723).
2. Die Entschädigung gehört zu den gewerblichen Einkünften der OHG X.
a) Der Grund für die Entstehung des Entschädigungsanspruchs liegt im Bereich des von der OHG X betriebenen Unternehmens. Da die Aufgabe des Pachtverhältnisses einen betrieblichen Vorgang darstellt, fällt auch die Entschädigung hierfür in den betrieblichen Bereich (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1971 IV R 206/67, BFHE 102, 49, BStBl II 1971, 485, 489). Unerheblich ist, wofür die Entschädigung im einzelnen geleistet worden ist, nämlich für aus dem Betriebsvermögen ausscheidende Wirtschaftsgüter, nicht aktivierungsfähige obligatorische Besitz- und Nutzungsrechte (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. Juli 1986 III ZR 269/85, Wertermittlungsforum 1987, 70; vom 15. November 1971 III ZR 162/69, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1972, 528), den Wegfall künftiger gewerblicher Einnahmen (vgl. BFH-Urteile vom 7. November 1991 IV R 14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457; vom 21. September 1982 VIII R 140/79, BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289) oder schließlich als Ersatz für Betriebsausgaben (vgl. BFH-Urteile vom 11. März 1982 IV R 25/79, BFHE 136, 204, BStBl II 1982, 707; vom 17. Dezember 1975 I R 29/74, BFHE 117, 483, BStBl II 1976, 224).
Die Pachtaufhebungsentschädigung betraf hingegen nicht den zum Betriebsvermögen gehörenden Grund und Boden (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- 1965; BFH-Urteil vom 3. September 1964 IV 97/63 U, BFHE 80, 467, BStBl III 1964, 643). Die Befugnis zum Torfabbau im Rahmen des Pachtverhältnisses kann nicht dem Grund und Boden selber gleichgestellt werden.
Unerheblich ist weiterhin, ob tatsächlich eine Enteignung erfolgt ist oder zu ihrer Abwendung eine rechtsgeschäftliche Einigung stattgefunden hat (BFH-Urteile vom 25. November 1975 VIII R 262/72, BFHE 117, 534, BStBl II 1976, 293; vom 21. April 1966 VI 366/65, BFHE 85, 448, BStBl III 1966, 460).
b) Da sich die Beteiligten erst am 11. März 1966 über eine Entschädigung geeinigt haben, scheidet ein zeitlich früherer Ansatz des Entschädigungsanspruchs in der Handels- und Steuerbilanz der OHG aus (§ 5 Abs. 1 EStG; BFH-Urteil vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213; ferner Urteil vom 24. Januar 1979 I R 202/75, BFHE 128, 33, BStBl II 1979, 581).
3. Zu Unrecht leitet das FG aus § 71 Abs. 2 LBG ab, daß die gesamte Entschädigungsleistung von der Einkommensteuer befreit sei.
Der erkennende Senat schließt sich der durch den IV.Senat vorgenommenen Auslegung des § 71 Abs. 2 LBG an, wonach die in dieser Vorschrift enthaltenen Steuerbefreiungen nicht die Einkommensteuer umfassen (BFH-Urteil in BFHE 80, 467, BStBl III 1964, 643; bestätigt im Urteil vom 18. Februar 1971 IV R 206/67, BFHE 102, 49, BStBl II 1971, 485, 489).
§ 71 LBG lautet:
"...
(2) Geschäfte und Verhandlungen, die der Durchführung dieses Gesetzes dienen, einschließlich der Berichtigung der öffentlichen Bücher, sind frei von Gebühren, Steuern, Kosten und Abgaben, mit Ausnahme der in der Kostenordnung bestimmten Beurkundungs- und Beglaubigungskosten; hiervon unberührt bleiben Regelungen hinsichtlich der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, insbesondere der Grunderwerbsteuer, sowie hinsichtlich der Gebühren, Kosten und Abgaben, die auf landesrechtlichen Vorschriften beruhen.
(3) Die Gebühren-, Steuern-, Kosten- und Abgabenfreiheit ist von der zuständigen Behörde ohne Nachprüfung anzuerkennen, wenn die Enteignungsbehörde bestätigt, daß ein Geschäft oder eine Verhandlung der Durchführung der Landbeschaffung dient."
a) Auszulegen ist eine Norm anhand des Wortlauts, des Zusammenhangs, in welchem die Vorschrift steht, des Zweckes des Gesetzes und der Materialien sowie der Entstehungsgeschichte. Sämtliche Methoden ergänzen sich. Der Wille des Gesetzgebers muß freilich im Gesetz selber hinreichend Ausdruck gefunden haben (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17. Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, 129 f.; vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, 121; BFH-Urteile vom 14. Mai 1991 VIII R 111/86, BFHE 164, 526, 530 f.; VIII R 31/88, BFHE 164, 516, 525, ständige Rechtsprechung).
Eine solche nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers vorzunehmende Auslegung obliegt den Gerichten und verletzt insbesondere nicht deren Bindung an die Gesetze (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG; BVerfG-Beschluß vom 3. April 1990 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6, 12). Dem Richter ist von Verfassungs wegen lediglich verwehrt, eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen zu verändern (BVerfGE 82, 6, 12; ferner Nichtannahme-Beschluß des BVerfG vom 22. Dezember 1992 1 BvR 1333/89, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1993, 508).
Begünstigende Vorschriften sind in gleicher Weise auszulegen (BFH-Urteil vom 28. April 1970 II 119/65, BFHE 99, 402, BStBl II 1970, 670).
b) aa) Zu Unrecht geht das FG bereits von einer Eindeutigkeit des Gesetzeswortlauts in § 71 Abs. 2 LBG aus (vgl. ebenfalls Anmerkung von Vangerow in Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 13, Rechtsspruch 153; Anmerkung Hoffmann in Loepk; Danckelmann, Landbeschaffungsgesetz, 1959, § 71 Anm. 3). Auslegung bedeutet die Klarstellung des Sinnes einer Rechtsnorm. Eine solche Klarstellung ist erforderlich, weil die Wortfassung der Rechtsnorm oftmals --so auch im Streitfall-- den Inhalt des Gesetzes nur unvollkommen zum Ausdruck bringt (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 1971 VI R 96/70, BFHE 103, 506, BStBl II 1972, 134, 135). Was zu den der Durchführung des LBG dienenden Geschäften und Verhandlungen im einzelnen gehört und welcher Zusammenhang (unmittelbarer oder auch mittelbarer) insoweit notwendig ist, läßt sich dem bloßen Wortlaut des § 71 Abs. 2 Satz 1 LBG nicht ohne weiteres entnehmen. Dies muß folglich durch Auslegung ermittelt werden, ohne daß es der Schließung einer Gesetzeslücke bedürfte.
bb) Nach § 71 Abs. 2 Satz 1 LBG sind nur Durchführungsgeschäfte zum LBG steuerbefreit. Es handelt sich also um eine sachliche, nicht um eine persönliche Steuerbefreiung. Die Einkommensteuer wird indessen nicht unmittelbar von diesen Geschäften und Verhandlungen erhoben. Vielmehr handelt es sich um Gewinne aus diesen Rechtsgeschäften, die erst die Einkommensteuer auslösen.
cc) Bereits der IV.Senat hat zur Auslegung des § 71 Abs. 2 LBG das Verständnis gleichlautender Enteignungsgesetze mit herangezogen, nämlich § 29 des Reichssiedlungsgesetzes (RSiedlG) vom 11. August 1919, § 34 des Reichsheimstättengesetzes (RHeimStG) i.d.F. vom 25. November 1937, § 139 der Reichsumlegungsordnung und deren Nachfolgeregelung in § 108 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) vom 14. Juli 1953.
Zu sämtlichen Bestimmungen wurde die vorerwähnte Auffassung vertreten, die sachliche Steuerfreiheit erfasse nur Steuern, die unmittelbar von diesen Geschäften und Verhandlungen erhoben würden (vgl. Haack, Reichssiedlungsgesetz, § 29 Anm. 2 und 8; Ponfick-Wenzel, Reichssiedlungsgesetz, § 29 Anm. 2, 7; Wormit-Ehrenforth, Reichsheimstättengesetz, 3. Aufl., § 34 Anm. 2). Ebenso hatte der Reichsfinanzhof --RFH-- (Urteil vom 22. Dezember 1937 V 374/37, RStBl 1938, 831) zu der Vorgängerregelung zu § 71 Abs. 2 LBG in § 33 der Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Landbeschaffungsgesetzes vom 21. August 1935 (RGBl I, 1097, 1102) keine Bedenken, die zu den vergleichbaren Bestimmungen in § 29 RSiedlG und § 36 RHeimStG entwickelte Rechtsprechung anzuwenden.
dd) Schon in Abschn. 132 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1955 wird unter Hinweis auf die vom Bundesminister der Finanzen (BMF) mit Schreiben vom 6. August 1952 IV S 2151 - 5/52 aufgestellten Grundsätze ebenfalls klargestellt, daß Gesetze und Verordnungen, die die Deckung des Landbedarfs der öffentlichen Hand regelten und die diesbezüglichen Geschäfte und Verhandlungen befreiten, sich nicht auf die Einkommensteuer für Gewinne aus diesen Rechtsgeschäften erstreckten. Lediglich beispielhaft wird festgehalten, daß ein Veräußerungsgewinn bei dem Veräußerer der Einkommensteuer unterliege. Abschn. 132 Abs. 1 EStR 1965 enthielt überdies einen konkreten Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 80, 467, BStBl III 1964, 643.
ee) Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieser Auslegung vergleichbarer Enteignungsgesetze dennoch insoweit inhaltlich unverändert weitere Enteignungsgesetze erlassen (vgl. § 108 Abs. 1 FlurbG vom 14. Juli 1953 und § 71 Abs. 2 LBG vom 23. Februar 1957). Auch zu diesen Gesetzen wird ganz überwiegend die zuvor dargestellte Auslegung vertreten (vgl. BFH-Urteil vom 8. Oktober 1968 VII 86/65, BFHE 94, 38; Seehusen-Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 6. Aufl. --1992--, § 108 Rz. 3, 21 und ebenfalls bereits in der ersten Aufl. --1954--, Ziff.2 b und in der zweiten Aufl. Ziff.4; Steuer, Flurbereinigungsgesetz, 1956, § 108 Anm. 4; Schalburg, Landbeschaffungsgesetz, 1957, § 71 Ziff.1; zustimmend ebenfalls Vangerow, a.a.O., und Hoffmann, a.a.O.).
Lediglich Bauch/Schmidt (Landbeschaffungsgesetz, Kohlhammer-Verlag, § 71 Ziff.8 --ohne jede Begründung--) und Danckelmann (a.a.O, Ziff.3 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BTDrucks 1977 --2. WP--, S.24 zu § 30 des Gesetzentwurfs und erhebliche, allerdings nicht näher ausgeführte Zweifel) vertreten eine gegenteilige Ansicht.
ff) Trotz dieser Auslegung vergleichbarer Vorschriften in bereits zuvor erlassenen Enteignungsgesetzen und insbesondere den dazu verlautbarten Anwendungsvorgaben der Steuerverwaltung hat der Gesetzgeber auch in der Folgezeit keinen Anlaß gesehen, im LBG etwa ausdrücklich eine Befreiung auch von der Einkommensteuer zu bestimmen, um einen dahingehenden "wirklichen" gesetzgeberischen Willen zur Geltung zu bringen.
gg) Ein solches Auslegungsverständnis beeinträchtigt nicht den mit § 71 Abs. 2 LBG verfolgten Zweck, einen zügigen und unkomplizierten Erwerb der für die Verteidigung notwendigen Grundstücke bzw. der hiermit zusammenhängenden Rechte zu ermöglichen.
Nach der Zivil-Rechtsprechung sind einkommensteuerrechtliche Nachteile nicht als sog. Folgeschäden im Rahmen der Bemessung der Gesamtentschädigung auszugleichen (§ 19 LBG; BGH-Urteile vom 13. November 1975 III ZR 188/73, WM 1976, 98; vom 13. November 1975 III ZR 162/72, NJW 1976, 232; noch offen im Urteil vom 29. November 1965 III ZR 34/64, Der Betrieb --DB-- 1966, 107; kritisch hierzu Bublitz in Betriebs-Berater --BB-- 1982, 1869, 1875).
hh) Die so verstandene Steuerbefreiung läuft entgegen der Annahme des FG keineswegs leer. So hat die Rechtsprechung z.B. die Befreiung von der Beförderungsteuer gemäß § 108 Abs. 1 FlurbG (BFH-Urteil vom 24. Juni 1964 II 125/61 U, BFHE 79, 579, BStBl III 1964, 446) oder von Eingangsabgaben anerkannt (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1968 VII 86/65, BFHE 94, 38; ferner weitere Beispiele bei Seehusen-Schwede, a.a.O., § 108 Rz. 13 ff., wo u.a. die Versicherungsteuer aufgeführt wird, vgl. Rz. 20).
ii) Der Senat teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der Vorinstanz gegen die höchstrichterliche Auslegung nicht. Steuerfreiheit von der Einkommensteuer ist nicht im Hinblick auf den durch Art. 14 GG verbürgten Schutz des Eigentums von Verfassungs wegen geboten. Hiervon ist der Senat bereits stillschweigend im Urteil vom 22. April 1980 VIII R 120/76 (BFHE 130, 451, BStBl II 1980, 570, 571) ausgegangen.
Die Einkommensteuer erfaßt lediglich die Teile der Entschädigungsleistung, die --wenn auch möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt-- ohnehin steuerbar gewesen wären, nämlich die durch das Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen aufgedeckten stillen Reserven sowie die entgangenen bzw. entgehenden Einnahmen. Würde einem Steuerpflichtigen die Einkommensteuer entweder im Rahmen einer Folgeentschädigung ausgeglichen oder würden die an sich verwirklichten Gewinne steuerfrei gestellt, so führte dies zu einer gegenüber einem freiwillig Veräußernden zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Begünstigung. Eine solche Besserstellung widerspräche auch dem enteignungsrechtlichen Ausgleichsgedanken (vgl. Kreft, Beilage Nr. 6 zu WM 1985, 8). Art. 14 Abs. 3 GG verlangt nur eine angemessene Entschädigung (Schmidt/Aßmann, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, Bundesbaugesetzbuch, § 96 --Stand 1987--, Rz. 93).
Das Einkommensteuerrecht stellt überdies verschiedene Möglichkeiten bereit, die --vorzeitige-- Einkommensteuerbelastung abzumildern.
Der Steuerpflichtige kann die Versteuerung der vorzeitig aufgedeckten stillen Reserven durch Übertragung auf Ersatzwirtschaftsgüter (Abschn. 35 Abs. 1 und 2 EStR) oder durch Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung vermeiden (Abschn. 35 Abs. 4 EStR) oder von den Möglichkeiten des § 6b EStG Gebrauch machen (vgl. Aust/Jacobs, Die Enteignungsentschädigung, 3. Aufl. --1991--, S.35 ff.; Gelzer/Busse, Der Umfang des Entschädigungsanspruchs aus Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff, 2. Aufl. --1980--, Rz. 508 ff.). Die Entschädigung für entgangene und entgehende steuerbare Einnahmen ist darüber hinaus gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 a EStG tarifmäßig begünstigt. Führt die Enteignung zur Betriebsaufgabe, so greift neben dem Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG ebenfalls die Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG ein, wobei § 16 Abs. 3 EStG gegenüber § 24 Ziff.1 EStG ein Vorrang zukommt (BFH-Urteile vom 25. Juni 1975 I R 201/73, BFHE 116, 532, BStBl II 1975, 848; vom 26. Oktober 1961 IV 360/60 U, BFHE 74, 594, BStBl III 1962, 220, 222).
c) Die Bestätigung des Regierungspräsidenten vom 6. September 1966 nach § 71 Abs. 3 LBG band die Steuerverwaltung nur in tatsächlicher, nicht jedoch in rechtlicher Hinsicht (BFH-Urteile vom 2. November 1951 II 201/51 S, BFHE 55, 578, BStBl III 1951, 234 im Anschluß an die RFH-Rechtsprechung; in BFHE 80, 467, BStBl III 1964, 643 zu § 71 Abs. 3 LBG, und in BFHE 79, 579, BStBl III 1964, 446 zu § 108 Abs. 2 FlurbG).
Steuerverwaltung und FG sind danach zwar an die tatsächliche Zuordnung der Pachtaufhebungsentschädigung als Maßnahme nach dem LBG gebunden. Sie haben jedoch rechtlich eigenständig zu klären, ob insoweit auch Steuerfreiheit hinsichtlich der Einkommensteuer besteht.
4. Zu Unrecht hat das FG darüber hinaus angenommen, das FA sei aufgrund einer Zusicherung nach den auch im Steuerrecht geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, den nach dem EStG an sich entstandenen Steueranspruch geltend zu machen.
Unbeschadet der Frage, ob das FA durch das Schreiben vom 1. Juli 1964 an den Notar B überhaupt eine wirksame, auch zugunsten der OHG X wirkende Zusicherung erteilt hat, ist ein evtl. geschaffener Vertrauenstatbestand jedenfalls hinsichtlich der im Streit befindlichen Steueransprüche durch das Schreiben des FA vom 12. August 1964 wieder beseitigt worden. Dessen Inhalt hat das FG rechtsfehlerhaft ausgelegt.
a) Auf den Streitfall finden insoweit noch die Vorschriften der AO Anwendung (BFH-Urteile vom 27. Oktober 1989 III R 38/88, BFH/NV 1990, 369; vom 19. November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520). Im Geltungsbereich der AO wurde unter einer Zusage eine verpflichtende Erklärung des FA des Inhalts verstanden, einen bestimmten Steuerfall bei einer künftigen Veranlagung in einem bestimmten Sinne zu behandeln. Zusagen, die sich auf einen bei ihrer Erteilung noch nicht verwirklichten Sachverhalt beziehen und Grundlage für wirtschaftliche Dispositionen des Steuerpflichtigen geworden sind, konnten und können unter bestimmten Voraussetzungen für das FA bindend sein (grundlegend BFH-Urteil vom 4. August 1961 VI 269/60 S, BFHE 73, 813, BStBl III 1961, 562, ständige Rechtsprechung).
Hier konnte eine wirksame Zusicherung für die OHG X als Gesamtrechtsnachfolgerin ebenfalls Bindungswirkung entfalten, da diese in die verfahrensrechtliche Position der Y-GmbH als Rechtsvorgängerin in vollem Umfang eingetreten ist (Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., Vor § 204 AO 1977 Rz. 51, und § 206 1977 Rz. 23; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., Vor § 204 AO 1977 Tz.6).
Auch eine dem Gesetz widersprechende Zusage kann das FA binden, es sei denn, der Steuerpflichtige hat die Gesetzwidrigkeit erkannt oder hätte sie erkennen können (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1989 X R 208/87, BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274).
Andererseits konnte selbst ein durch eine wirksam erteilte Zusicherung geschaffener Vertrauenstatbestand bis zur Vornahme entsprechender wirtschaftlich erheblicher Handlungen des Steuerpflichtigen durch Erklärungen und Klarstellungen der Finanzbehörde wieder eingeschränkt oder vollständig beseitigt werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1990, 369, 371; ferner Thiel in DB 1988, 1343, 1349; Frotscher, Abgabenordnung, Vor §§ 204 bis 207, Rz. 11; Koch, Abgabenordnung 1977, 3. Aufl., § 207 Rz. 3; Woerner/Grube, Die Aufhebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten --AO 1977--, 8. Aufl., S.53; Sangmeister, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1987, 235, 238).
b) Ob die Würdigung des FG, das vom zuständigen Sachgebietsleiter des FA unterzeichnete Schreiben vom 1. Juli 1964 sei als verbindliche Zusicherung der Steuerfreiheit der Pachtaufhebungsentschädigung gegenüber der Y-GmbH zu qualifizieren, revisionsrechtlich standhält (zu den Voraussetzungen BFH-Urteil vom 11. Dezember 1987 III R 168/86, BFHE 152, 29, BStBl II 1988, 232; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 118 Anm. 17 m.w.N.), braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden.
Insbesondere kann der Senat die Frage offen lassen, ob und ggf. welche Dispositionen die OHG X im Vertrauen auf das Verhalten der Finanzbehörde getroffen hat. Die Zusage muß ursächlich für die bestimmte Sachverhaltsverwirklichung sein (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1990 III R 19/88, BFHE 162, 211, BStBl II 1991, 45, 46, ständige Rechtsprechung).
c) Das FA hat jedenfalls entgegen der Vorentscheidung einen evtl. geschaffenen Vertrauenstatbestand auf jeden Fall rechtzeitig und wirksam gegenüber demselben Adressaten durch das Schreiben vom 12. August 1964 wieder beseitigt.
Der Senat hat die Auslegung dieses Schreibens durch das FG auch daraufhin zu überprüfen, ob hierbei die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet worden sind. Das Revisionsgericht nimmt die Auslegung selber vor, wenn die Auslegung gegen diese Grundsätze verstößt und weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen (BFH-Urteile vom 28. November 1990 X R 109/89, BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327, 331; vom 5. Dezember 1990 I R 5/88, BFHE 163, 87, BStBl II 1991, 308; vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563; vom 11. Oktober 1983 VIII R 61/81, BFHE 140, 177, BStBl II 1984, 267). So liegt der Fall hier.
In dem Schreiben vom 12. August 1964 heißt es wörtlich: "Treten durch dieses Geschäft auch Folgewirkungen ein, werden z.B. stille Reserven aufgedeckt, und erfüllen diese Folgewirkungen für sich allein ebenfalls einen Steuertatbestand, so fallen sie nicht mehr unter die Steuerfreiheit des § 71 des LBG ... (vgl. auch Abschn. 132 Abs. 1 EStR 1962)". In Abschn. 132 Abs. 1 EStR 1962 wird u.a. ausgeführt, daß sich die Befreiung von Steuern nicht auf die Einkommensteuer für Gewinne aus diesen Rechtsgeschäften erstreckt, die der Durchführung der Landbeschaffung und der Landentschädigung nach den hierfür einschlägigen Gesetzen dienen.
Das FG verstößt gegen die anerkannten Auslegungsregeln, wenn es den weit gefaßten Inhalt des Schreibens mit der lediglich beispielhaft benannten Aufdeckung stiller Reserven allein auf diesen Sachverhalt bzw. vergleichbare Fälle begrenzt. Als steuerpflichtige Gewinne aus derartigen Durchführungsgeschäften waren vielmehr auch Ersatzleistungen für entgangene oder noch entgehende Einnahmen gemeint. Denn Entschädigungszahlungen führen zu Betriebseinnahmen, die wie betriebliche Einkünfte zu besteuern sind (BFH-Urteile vom 16. August 1978 I R 73/76, BFHE 126, 199, BStBl II 1979, 120; vom 27. Juli 1978 IV R 149/77, BFHE 126, 158, BStBl II 1979, 66, 68; vom 26. Oktober 1972 I R 229/70, BFHE 107, 265, BStBl II 1973, 121, 123).
Hat das FA somit über 18 Monate vor der endgültigen Einigung mit der Enteignungsbehörde in dieser Weise die Steuerbarkeit der Pachtaufhebungsentschädigung klargestellt, so können sich die OHG X bzw. deren ehemalige Gesellschafter nicht mehr auf einen durch die Finanzbehörde geschaffenen Vertrauenstatbestand berufen.
d) Für die Steuerverwaltung nicht bindend sind im übrigen Vereinbarungen mit anderen staatlichen Stellen bzw. Erklärungen, die möglicherweise Vertrauenstatbestände diesen gegenüber begründen können; denn insoweit fehlt es an einem konkreten Steuerrechtsverhältnis (§§ 33 ff. AO), in dessen Rahmen die Enteignungsverhandlungen stattgefunden haben (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, BStBl II 1989, 990, 992 m.w.N.).
e) Das FA war auch nicht aus einem anderen Gesichtspunkt des allgemeinen Rechtsprinzips von Treu und Glauben an der angefochtenen Gewinnfeststellung gehindert. Dies scheitert bereits daran, daß das FG nicht festgestellt hat (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), daß die steuerlich beratenen Kläger ursprünglich einen Betrag von 4 Mio DM als Enteignungsentschädigung gefordert und lediglich --entgegen dem klarstellenden Schreiben des FA vom 12. August 1964, dem darin in Bezug genommenen Abschn. 132 Abs. 1 EStR, den sowohl in Abschn. 132 Abs. 1 EStR 1965 und im Aussetzungsbeschluß des Niedersächsischen FG vom 3. September 1974 VIII 80/74 A erwähnten Erlaß des BMF vom 3. November 1964 VI B/6 - BL 1471 - 221/64 gegenüber B ebenfalls in Bezug genommenen BFH-Urteil in BFHE 80, 467, BStBl III 1964, 643-- allein im Vertrauen auf eine dem ursprünglichen Schreiben des FA vom 1. Juli 1964 entnommene Steuerfreiheit der Entschädigung, auf eine zumindest vorsorgliche Geltendmachung u.U. anfallender Einkommensteuer verzichtet hätten. In der beurkundeten Vereinbarung über die Enteignungsentschädigung vom 11. März 1966 findet sich im übrigen kein Hinweis auf einen solchen Verzicht, noch ein sonstiger Vorbehalt.
Die im Revisionsverfahren insoweit geltend gemachte Vertrauensfolge muß unberücksichtigt bleiben, weil dieser Sachvortrag neu ist und nicht in der Form einer zulässigen Verfahrensrüge vorgebracht worden ist (§ 118 Abs. 2 FGO; Urteil des erkennenden Senats vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, 483).
f) Die Gewinnfeststellung für das Streitjahr ist schließlich nicht wegen Verwirkung aufzuheben. Eine überlange Verfahrensdauer führt grundsätzlich nicht zur Verfassungs- und Rechtswidrigkeit des Steuerbescheides selbst (vgl. grundlegend BFH-Beschluß vom 13. September 1991 IV B 105/90, BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148, dazu Nichtannahme-Beschluß des BVerfG vom 25. Februar 1994 2 BvR 74, 75/92, nicht veröffentlicht --NV--; BFH-Beschluß vom 20. Mai 1994 XI B 63/93, BFH/NV 1994, 605).
Die Kläger haben die Voraussetzungen der Verwirkung (dazu Urteil des erkennenden Senats vom 19. Mai 1992 VIII R 37/90, BFH/NV 1993, 87, 91, mit umfangreichen Nachweisen) im übrigen nicht dadurch hinreichend substantiiert dargetan, daß sie lediglich auf die Gesamtdauer des Feststellungsverfahrens verweisen. Zu der behaupteten überlangen Verfahrensdauer ist es erst durch die späte Entscheidung über die Klage gekommen, die ihrerseits wesentlich von den Beteiligten als vorrangig angesehenen Verfahren wegen der Haftung der ehemaligen Gesellschafter der Y-GmbH für Körperschaftsteuer (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1979 I R 202/75) und wegen Umsatzsteuer 1965 (vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1986 V R 155/75) beeinflußt worden ist.
Das FA als Vertreter des Steuergläubigers hat auf den Verfahrensablauf indessen keinen unmittelbaren Einfluß. Es hat dem Klageantrag widersprochen und schon dadurch verhindert, daß die Kläger darauf vertrauen durften, die Steueransprüche würden nicht mehr geltend gemacht (vgl. auch BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148, 151). Die Frage, ob insoweit zumindest ein Erlaß der Aussetzungszinsen zu gewähren ist, betrifft einen anderen Streitgegenstand, über den im anhängigen Revisionsverfahren deshalb nicht zu entscheiden ist. Die Frage wird im übrigen von der Rechtsprechung verneint (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1991 V R 105/84, BFHE 163, 313, BStBl II 1991, 498; BFHE 165, 469, BStBl II 1992, 148, 151; BFH-Beschlüsse vom 31. März 1992 IV B 126/91, BFH/NV 1992, 440; vom 10. März 1993 X B 169/92, NV).
5. Die Sache ist spruchreif.
Das FA hat die Pachtaufhebungsentschädigung in der vollen Höhe von 2,5 Mio DM in der die ursprüngliche Gewinnfeststellung ändernden Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 1974 zutreffend als Betriebsaufgabegewinn erfaßt.
a) Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen einer Betriebsaufgabe nicht streitig. Entschädigungsleistungen von dritter Seite sind in den Gewinn einzubeziehen, wenn --wie im Streitfall-- das schädigende Ereignis der Auslöser für die Aufgabe des Betriebes war. Der Annahme einer Betriebsaufgabe steht nicht entgegen, daß sie letztlich von Dritten herbeigeführt worden ist (BFH-Urteil vom 3. Juli 1991 X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802, 803). Damit besteht der notwendige wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Beendigung des Betriebes und der Entschädigungsleistung (BFH-Urteile in BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457; vom 4. November 1980 VIII R 55/77, BFHE 132, 414, BStBl II 1981, 396; vom 17. Dezember 1975 I R 29/74, BFHE 117, 483, BStBl II 1976, 224; Reiss, in: Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 16 E 28).
b) Soweit die Kläger zu 2 bis 4 eine Minderung des anteilig auf sie entfallenden Aufgabegewinnes in Höhe von 129 368,45 DM geltend machen, weil dieser von der ... KG im Jahre 1960 einen Geschäftsanteil an der Y-GmbH im Nominalwert von 38 500 DM für einen Betrag von 167 868,45 DM erworben habe, kann dieser Vorgang nicht im Rahmen dieses Rechtsstreits, der die Gewinnfeststellung für 1966 betrifft, berücksichtigt werden.
Der Geschäftsanteil ist im Zuge der Umwandlung der Y-GmbH auf die OHG X im März 1965 untergegangen. Ein evtl. sich damit ergebender Verlust konnte allenfalls im Jahr 1965 berücksichtigt werden. Darüber hinaus beträfe der behauptete Mehrwert das Sonderbetriebsvermögen des Rechtsvorgängers der Kläger zu 2 bis 4, das indessen auch nicht im Streitjahr 1966 Streitgegenstand ist (vgl. zu den unterschiedlichen Streitgegenständen bei einheitlichen Feststellungsbescheiden Urteil des erkennenden Senats vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, 545, ständige Rechtsprechung). Schließlich handelt es sich um einen neuen Tatsachenvortrag, der wegen der Bindung des BFH (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) an die nicht mit ordnungsgemäßen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG, die im Wege der unbefristeten Gegenrüge vom Revisionsbeklagten noch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erhoben werden dürfen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., 3. Aufl., § 120 Rz. 42) nicht mehr berücksichtigt werden darf. Hierbei kann offen bleiben, ob im Rahmen der vom FA mangels einer ordnungsgemäßen Anfangsbilanz für das Streitjahr 1966 durchgeführten Schätzung der Besteuerungsgrundlagen entsprechend der von den Klägern erklärten überhaupt eine Korrektur einzelner Bilanzposten zulässig wäre.
c) Die OHG X hat im Streitjahr 1966 in der Schlußbilanz nicht für weitere, von den Klägern auch nicht geltend gemachte Aufwendungen im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe eine Rückstellung gebildet (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 205/85, BFHE 159, 523, BStBl II 1990, 537, 538).
Sofern dennoch weitere Aufwendungen in den Folgejahren angefallen sein sollten, käme eine Korrektur des Aufgabegewinnes nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 1/92, BFHE 172, 80, BStBl II 1993, 894) oder eine Berücksichtigung im Jahr der Zahlung als nachträgliche Betriebsausgaben nach § 24 Nr. 2 EStG in Betracht (Urteil des erkennenden Senats vom 21. Dezember 1993 VIII R 315/84, BFH/NV 1994, 626 zu beiden Alternativen).
Fundstellen
BFH/NV 1996, 32 |
BFH/NV 1996, 32-36 (LT) |
BStBl II 1996, 281 |
BFHE 179, 119 |
BFHE 1996, 119 |
BB 1996, 366 |
BB 1996, 366 (L) |
DB 1996, 458-459 (LT) |
DStR 1996, 780 (KT) |
DStZ 1996, 281-282 (KT) |
HFR 1996, 181-184 (L) |
StE 1996, 104 (K) |
StRK, BetrEinn. R.37 (LT, ST) |
FR 1996, 217-220 (KT) |
Information StW 1996, 218-219 (KT) |
LEXinform-Nr. 0132199 |