Entscheidungsstichwort (Thema)
Ableitung des Teilwerts von Wirtschaftsgütern aus dem Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil - entgeltlicher Erwerb eines Mitunternehmeranteils als Anschaffung von Anteilen an zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern - Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG bei Erwerb eines Mitunternehmeranteils
Leitsatz (amtlich)
Ist der Kaufpreis für den Gesellschaftsanteil an einer KG durch die ungünstigen Geschäftsaussichten beeinträchtigt, läßt sich daraus nicht auf einen verminderten Teilwert der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens schließen.
Orientierungssatz
1. Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft ist einkommensteuerrechtlich nicht als Erwerb eines Gesellschaftsanteils als besonderes Wirtschaftsgut, vergleichbar der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, zu werten, sondern als entgeltliche Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG findet auch bei Erwerb eines Mitunternehmeranteils Anwendung (vgl. BFH-Urteil vom 19.2.1981 IV R 41/78).
Normenkette
EStG 1981 § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2, 7
Tatbestand
Die Beigeladene (KG) betreibt einen Großhandel. An ihrem Festkapital von 4,6 Mio DM waren zu Beginn des Streitjahres 1981 als Komplementäre die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mit 2,3 Mio DM (50 v.H.) und K mit 1,15 Mio DM (25 v.H.) sowie als Kommanditisten die beiden Kinder des K, HK und RK mit je 460 000 DM (10 v.H.) sowie J mit 230 000 DM (5 v.H.) beteiligt. Die Klägerin hatte ihren Anteil zum 1. Januar 1976 erworben und in einer Ergänzungsbilanz in Höhe der Differenz zwischen Anschaffungspreis und Buchwert des übergegangenen Kapitalkontos Aufstockungen (2,2 Mio DM) auf die Buchwerte von Wirtschaftsgütern der KG vorgenommen; zum 31. Dezember 1980 verblieben Aufstockungen in Höhe von insgesamt 1 801 950 DM (Grundstücke 411 637 DM, Gebäude 1 390 313 DM).
Mit Vertrag vom Dezember 1981 veräußerten HK und RK ihre Kommanditanteile, die sich nach dem Tode ihres Vaters (1981) aufgrund eines Vermächtnisses auf einen Nennwert von 1 159 200 DM (25,2 v.H. für HK) und 910 800 DM (19,8 v.H. für RK) erhöht hatten, zum 30. Juni 1981 an die Klägerin; die Kaufpreise entsprachen den Buchwerten der übergehenden Kapitalkonten. Die Klägerin erwarb ferner mit Vertrag vom März 1982 (zum 1. März 1982) den Kommanditanteil des J.
In der Erklärung zur einheitlichen Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1981 wurde der Restbetrag der Aufstockungen zum 31. Dezember 1980 (1 801 950 DM) als Sonderbetriebsausgaben der Klägerin geltend gemacht. Im Anschluß an eine Außenprüfung ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) diesen Verlust unberücksichtigt. Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA in der Einspruchsentscheidung hinsichtlich der verbliebenen Aufstockungen für Gebäude Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 57 014 DM gewährte.
Die Klägerin vertrat mit ihrer Klage die Auffassung, die Teilwerte der 1976 erworbenen Anteile an den Wirtschaftsgütern müßten den Anschaffungskosten für die 1981 erworbenen Anteile und folglich den anteiligen Buchwerten in der Gesellschaftsbilanz entsprechen. Hilfsweise begehrte sie eine Teilwertabschreibung in Höhe von 1 Mio DM mit der Begründung, der Teilwert für die Liegenschaft A-Straße/B-Straße sei zum 31. Dezember 1981 auf höchstens 3,2 Mio DM gesunken. Mit diesem Wert sei die Liegenschaft 1988 in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingebracht worden; der 1989 vereinbarte Kaufpreis von 3,5 Mio DM sei von der GbR unter erlössenkenden Umständen (zinslose Stundung des Kaufpreises, Zusage einer Beteiligung an einer etwaigen Altlastensanierung) erzielt worden.
Aufgrund einer tatsächlichen Verständigung in einem Erörterungstermin, die die Beteiligten über eine "Teilwertabschreibung auf den Gebäudekomplex A-Straße/B-Straße" trafen, erhöhte das FA in dem geänderten Feststellungsbescheid vom 18. März 1992 den Verlustanteil der Klägerin um 550 000 DM. Der Bescheid wurde auf Antrag der Klägerin zum Gegenstand des Verfahrens.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus: Die begehrte Teilwertabschreibung könne aus dem Erwerb von Kommanditanteilen im Jahre 1981 jedenfalls deshalb nicht hergeleitet werden, weil es sich nicht um einen Erwerb unter fremden Dritten gehandelt habe. Die Klägerin sei an der KG bereits mit 50 v.H. beteiligt gewesen und habe zudem enge wirtschaftliche Beziehungen zur KG unterhalten; dies ergebe sich aus hohen Verbindlichkeiten der KG gegenüber der Klägerin. Es könne nicht angenommen werden, daß die Teilwerte der in der Ergänzungsbilanz zum 31. Dezember 1980 enthaltenen Positionen auf null DM gesunken seien. Hinsichtlich des Grundstücks "A-Straße/B-Straße" spreche dagegen, daß dieses für 3,5 Mio DM unter allerdings ertragssenkenden Umständen verkauft worden sei. Im übrigen habe das FA insoweit aufgrund der tatsächlichen Verständigung eine "jedenfalls als ausreichend erscheinende" Teilwertabschreibung gewährt. Die Frage, ob eine Teilwertabschreibung einheitlich für die Gesellschafts- und Ergänzungsbilanz vorzunehmen sei, könne offenbleiben; denn mit dem Erwerb der zweiten Hälfte der Anteile (der Kommanditanteil von 5 v.H. sei insbesondere wegen der insoweit bestehenden Beschränkungen wirtschaftlich unbedeutend) sei das Erfordernis einer Ergänzungsbilanz entfallen. Eine Abschreibung auf einen Geschäftswert komme schon deshalb nicht in Betracht, weil ein solcher nicht bilanziert worden sei. Zudem sei eine nachhaltige Unrentabilität der KG nicht erkennbar.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
FA und FG haben den streitigen Verlust zu Recht nicht anerkannt.
1. Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft ist einkommensteuerrechtlich nicht als Erwerb eines Gesellschaftsanteils als besonderes Wirtschaftsgut, vergleichbar der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, zu werten, sondern als entgeltliche Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern (z.B. Senatsurteile vom 25. April 1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350; vom 7. November 1985 IV R 7/83, BFHE 145, 194, BStBl II 1986, 176; Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, 19, BStBl II 1991, 691, 700).
Aufwendungen des Erwerbers, die den Betrag des übergehenden Kapitalkontos in der Steuerbilanz der Personengesellschaft übersteigen, sind demzufolge in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren, soweit sie als Anschaffungskosten für die Anteile an den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens anzusehen sind (Senatsurteile vom 26. Januar 1978 IV R 97/76, BFHE 124, 516, BStBl II 1978, 368 m.w.N.; in BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350). Beim Erwerb eines Gesellschaftsanteils gegen Zahlung eines Entgelts, das den Betrag des übergehenden Kapitalkontos übersteigt, spricht nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine widerlegbare Vermutung dafür, daß in den Buchwerten des betrieblichen Gesellschaftsvermögens der Personengesellschaft stille Reserven enthalten sind, daß nicht bilanzierte immaterielle Einzelwirtschaftsgüter und/oder ein originärer und deshalb nicht bilanzierter Geschäftswert vorhanden waren, und daß es sich demzufolge bei dem Mehrbetrag um Anschaffungskosten für den anteiligen Erwerb dieser Werte handelte (z.B. Senatsurteil vom 18. Februar 1993 IV R 40/92, BFHE 171, 422, BStBl II 1994, 224 m.w.N.).
Liegt der Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil unter dem Betrag des zugehörigen positiven Kapitalkontos, müssen die auf den Erwerber entfallenden Buchwerte der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens in der Ergänzungsbilanz durch Korrekturen herabgesetzt werden, die in der Folge entsprechend dem Verbrauch der Wirtschaftsgüter gewinnerhöhend aufgelöst werden (z.B. Senatsurteil vom 21. April 1994 IV R 70/92, BFHE 174, 413, BStBl II 1994, 745 unter 5 a, m.w.N.).
Der von der Klägerin bei Erwerb des ersten Gesellschaftsanteils entrichtete Kaufpreis überstieg das auf sie übergehende Kapitalkonto des Verkäufers. Der Mehrbetrag ist in einer Ergänzungsbilanz der Klägerin zutreffend als zusätzliche Anschaffungskosten für Anteile an den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens behandelt worden. Der spätere Kauf eines weiteren Gesellschaftsanteils, bei dem nur der Buchwert des Kapitalkontos vergütet wurde, bietet keinen Anlaß, hinsichtlich der Aufstockungsbeträge eine Teilwertabschreibung vorzunehmen.
2. Für die Bewertung in der Ergänzungsbilanz gelten die Bewertungsvorschriften des § 6 EStG. Danach können abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit dem Teilwert angesetzt werden, wenn dieser niedriger ist als die um die AfA verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Entsprechendes gilt für Grund und Boden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG). Als Teilwert ist der Betrag anzunehmen, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Ein Betriebserwerber würde sich im Falle von betriebsnotwendigen Wirtschaftsgütern an den Wiederbeschaffungskosten, bei entbehrlichen Wirtschaftsgütern am Einzelveräußerungspreis orientieren (BFH-Urteil vom 25. August 1983 IV R 218/80, BFHE 129, 268, BStBl II 1984, 33 m.w.N.). Es besteht eine tatsächliche Vermutung, daß die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts seinem Teilwert im Zeitpunkt des Erwerbs entsprechen (BFH-Entscheidung vom 13. April 1988 I R 104/86, BFHE 153, 340, BStBl II 1988, 892, ständige Rechtsprechung). Auf diese Vermutung beruft sich die Klägerin. Sie ist bei Erwerb eines Unternehmens oder eines Mitunternehmeranteils aber nicht ohne weiteres anwendbar.
In diesem Fall ist Gegenstand der Preisvereinbarung das Unternehmen als ganzes, das sich aus einer Vielzahl von Wirtschaftsgütern, Verbindlichkeiten, Erwerbschancen und anderen Verhältnissen zusammensetzt. Die Anschaffungskosten der einzelnen Wirtschaftsgüter lassen sich aus dem Kaufpreis für das Unternehmen nicht unmittelbar ableiten. § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG sieht deshalb vor, daß die Wirtschaftsgüter in erster Linie mit dem Teilwert zu bewerten sind, der in diesem Fall aus den Wiederbeschaffungskosten oder dem Einzelveräußerungspreis abzuleiten ist. Doch bilden die Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter auch hier den Höchstwert, zu dessen Ermittlung neben dem Unternehmenskaufpreis auch die übernommenen Schulden heranzuziehen sind.
Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die auch bei Erwerb eines Mitunternehmeranteils Anwendung findet (BFH-Urteil vom 19. Februar 1981 IV R 41/78, BFHE 133, 510, BStBl II 1981, 730), macht deutlich, daß der Teilwert eines Wirtschaftsguts bei Erwerb eines Betriebes auch über den Anschaffungskosten liegen kann und deshalb nicht zu vermuten ist, daß der Teilwert mit den Anschaffungskosten übereinstimmt. Zu einer derartigen Abweichung kommt es, wenn ungünstige Ertragsaussichten den Unternehmenswert mindern und er deshalb hinter der Summe der Teilwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter abzüglich der übernommenen Verbindlichkeiten zurückbleibt. So liegt es auch im Streitfall, da sich der geringere Kaufpreis für den im Jahre 1981 erworbenen Gesellschaftsanteil aus den verschlechterten Geschäftsaussichten der KG erklärt. Mag sich hieraus ein geringerer (anteiliger) Kaufpreis für die Gebäude und Grundflächen ergeben, so folgt daraus noch nicht die Minderung ihres Teilwerts. Der Unternehmenswert hat für den Teilwert der vorhandenen Wirtschaftsgüter --mit Ausnahme eines positiven Geschäftswerts-- keine Bedeutung. Er entspricht im Falle betriebsnotwendiger Wirtschaftsgüter den Wiederbeschaffungskosten und sinkt erst dann auf den Einzelveräußerungspreis, wenn das Unternehmen konkrete Maßnahmen zur Liquidierung oder Stillegung trifft (BFH-Urteile vom 2. März 1973 III R 88/69, BFHE 109, 63, BStBl II 1973, 475; vom 20. September 1989 II R 96/86, BFHE 159, 95, BStBl II 1990, 206).
Demgemäß bestehen auch im Streitfall keine Anhaltspunkte, daß der Teilwert der Gebäude und Grundflächen unter ihren sich unter Einbeziehung der Ergänzungsbilanz ergebenden Buchwerten lag.
3. Hinsichtlich des Gebäudekomplexes A-Straße/B-Straße lagen besondere Verhältnisse vor. Insoweit ist es zu einer Teilwertabschreibung auf der Grundlage einer tatsächlichen Verständigung zwischen den Beteiligten gekommen. Die Verständigung betraf Unklarheiten auf tatsächlichem Gebiet; sie war folglich zulässig und auch für die Klägerin bindend (BFH-Urteil vom 6. Februar 1991 I R 13/86, BFHE 164, 168, BStBl II 1991, 673 m.w.N.). Weitergehende Abschreibungen hat das FG daher zu Recht versagt.
Fundstellen
Haufe-Index 65674 |
BFH/NV 1995, 90 |
BFHE 178, 176 |
BFHE 1996, 176 |
BB 1995, 2208 |
BB 1995, 2208-2209 (LT) |
DB 1995, 2198-2199 (LT) |
DStR 1995, 1705-1706 (KT) |
DStZ 1996, 44 (KT) |
HFR 1995, 707-708 (LT) |
StE 1995, 670 (K) |