Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahl der Schätzungsmethode durch das FG; widersprüchliche Feststellungen
Leitsatz (NV)
1. Sowohl die Geldverkehrsrechnung als auch die Nachkalkulation sind Schätzungsmethoden, die die Beweiskraft einer formell ordnungsmäßigen Buchführung widerlegen und in Höhe der errechneten Beträge nicht verbuchte Betriebseinnahmen nachweisen können; das FG darf in Ausübung der ihm zustehenden Schätzungsbefugnis die Methode wählen.
2. Feststellungen des FG sind widersprüchlich und deshalb nicht bindend, wenn die gewählte Schätzungsmethode für mehrere Streitjahre den Schluß auf eine Verkürzung der Betriebseinnahmen erlaubt und das FG die Verkürzung für einzelne Jahre bejaht und für andere Jahre verneint, ohne weitere, nachvollziehbare Feststellungen zu treffen.
Normenkette
AO 1977 §§ 158, 162 Abs. 2 S. 2; FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 118 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und Herr A sind ... meister. Sie betrieben in den Streitjahren 1971 bis 1982 in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der sie je zur Hälfte beteiligt waren, einen Gewerbebetrieb.
Am 2. Januar 1984 wurde gegen den Kläger ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet. Im Rahmen der am selben Tage bei dem Kläger und der GbR begonnenen Steuerfahndungsprüfungen stellte der Prüfer fest, daß der Kläger in den Streitjahren in erheblichem Umfang Bareinzahlungen auf Bankkonten geleistet und Sparkassenbriefe bar angeschafft hatte. Aufgrund einer für den privaten Vermögensbereich erstellten Geldverkehrsrechnung und eines -- ergänzenden -- äußeren Betriebsvergleiches gelangte der Prüfer zu der Auffassung, daß die ungeklärten Ausgabenüberschüsse im wesentlichen aus dem Betrieb herrührten. Er rechnete die den Gewinnen zuzuschätzenden (Netto-)Beträge i. H. von 20 000 DM (1971), 45 945 DM (1972), 12 072 DM (1973), 49 549 DM (1974), 104 954 DM (1975), 81 531 DM (1976), 44 684 DM (1977), 66 785 DM (1978), 23 822 DM (1979), 56 460 DM (1980), 25 663 DM (1981) und 38 495 DM (1982) -- jeweils unter Berücksichtigung erhöhter Gewerbesteuerrückstellungen -- ausschließlich dem Kläger zu, da entsprechende Feststellungen in bezug auf Herrn A nicht hätten getroffen werden können.
Der Kläger erhob gegen die vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt -- FA --) entsprechend geänderten, auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ge stützten Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre vom 7. April 1986 nach erfolglosem Einspruch Klage.
Der Kläger wurde vom Vorwurf der Steuerhinterziehung für die Streitjahre rechtskräftig freigesprochen. Einwendungen gegen die Verwertung der strafgerichtlichen Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren erhoben die Beteiligten nicht.
Das Finanzgericht (FG) holte ein Gutachten des FG-Prüfers ein und vernahm Herrn A als Zeugen. Der FG-Prüfer hielt die Geldverkehrsrechnung des Fahndungsprüfers für zutreffend und ermittelte durch eine Nachkalkulation Kalkulationsdifferenzen (netto) i. H. von 25 005 DM (1971), 15 034 DM (1972), 35 464 DM (1973), 14 915 DM (1974), 24 486 DM (1975), 95 579 DM (1976), 38 087 DM (1977), 47 090 DM (1978), 5 493 DM (1979), 8 732 DM (1980), 31 750 DM (1981) und 0 DM (1982).
Das FG gab der Klage für die Jahre 1971 bis 1977 und 1982 in vollem Umfang und für die Jahre 1978 bis 1981 teilweise statt. Es stellte fest, daß für die Jahre 1971 bis 1979 die Feststellungserklärungen -- abgesehen von der 1974 abgegebenen Erklärung für 1972 -- in dem auf den jeweiligen auf den Feststellungszeitraum folgenden Jahr und die Einkommensteuererklärungen des Klägers für 1971, 1973, 1975 bis 1977 in dem ersten und die übrigen in dem zweiten auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum folgenden Jahr abgegeben worden sind. Es führte aus:
Für die Jahre 1971 bis 1977 sei der Erlaß geänderter Bescheide nur bei Eingreifen der zehnjährigen Verjährungsfrist, die eine Steuerhinterziehung voraussetze, möglich. Eine Steuerhinterziehung könne das Ge richt nur feststellen, wenn es von ihrem Vorliegen überzeugt sei. Dem Steuerpflichtigen könne nicht angelastet werden, daß er bei der Aufklärung des Sachverhalts nicht mitwirke. Das Beweismaß werde allein durch § 96 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) bestimmt. Eine Minderung dieses Beweismaßes verbunden mit einer Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO) trete in diesem Fall nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. August 1991 X R 86/88 (BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128, 131), das im Einklang mit dem Beschluß des Großen Senats vom 5. März 1979 GrS 5/77 (BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570) stehe, nicht ein. Nach diesen Grundsätzen ergäben sich aus den strafgerichtlichen Feststellungen und dem Gutachten zwar etliche Anhaltspunkte für die Annahme, daß Be triebseinnahmen verkürzt seien; zahlreiche andere Umstände begründeten indes -- entsprechend der Würdigung des Strafgerichts -- letztlich nicht behebbare Zweifel.
Für die Jahre 1979 bis 1982 seien die Bescheide noch vor Ablauf der normalen Feststellungsfrist ergangen. Für das Jahr 1978 habe trotz Ablaufs der Feststellungsfrist nach § 181 Abs. 5 AO 1977 ein Bescheid ergehen dürfen, da die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer des Klägers wegen der nach § 171 Abs. 4 AO 1977 eingetretenen Hemmung noch nicht abgelaufen gewesen sei. Da die Geldverkehrsrechnung zutreffend sei und der Kläger die Herkunft der Mittel trotz der ihn treffenden Feststellungslast nicht aufgeklärt habe, be rechtigten die festgestellten Ausgabenüberschüsse ungeachtet der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung die Zuschätzungen. Die weitere Voraussetzung, daß höhere als die erklärten Gewinne erzielt werden konnten, sei durch das Gutachten belegt. Allerdings seien die Hinzuschätzungen entsprechend der Nachkalkulation des FG-Prüfers zu beschränken. Hierzu sei das FG nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO befugt. Die Bedenken der Beteiligten gegen die Zuverlässigkeit der Nachkalkulation seien nicht durchgreifend. Für 1982 entfalle die Hinzuschätzung. Für 1978 bis 1981 könnten die Kal kulationsdifferenzen nur zur Hälfte dem Kläger zugerechnet werden, da kaum vorstellbar erscheine, daß allein der Kläger -- unbemerkt vom Zeugen A -- nicht verbuchte Einnahmen entnommen habe; der Gewinnanteil des Mitgesellschafters bleibe unverändert.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil die auf den Feststellungen des FG be ruhenden Schlußfolgerungen in sich widersprüchlich sind. Für die Streitjahre 1971 bis 1977 konnte das FG nicht das Vorliegen einer Steuerhinterziehung verneinen, die es ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse für die Folgejahre bejahte.
1. Streitjahre 1971 bis 1977
a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Rechtmäßigkeit der geänderten Feststellungsbescheide vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung abhing.
Die Änderung von Gewinnfeststellungsbescheiden ist unzulässig, wenn die vor dem 1. Januar 1977 entstandenen Steueransprüche, die an die festgestellten Besteuerungsgrundlagen anknüpfen, verjährt sind oder für nach dem 1. Januar 1977 liegende Veranlagungszeiträume die Feststellungsverjährung eingetreten ist (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer 1971 bis 1976 beträgt fünf Jahre, bei hinterzogenen Beträgen zehn Jahre (Art. 97 § 10 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung -- EGAO 1977 --; § 144 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung -- AO --), die Feststellungsfrist für Veranlagungszeiträume ab 1977 grundsätzlich vier Jahre sowie fünf oder zehn Jahre, soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt worden oder hinterzogen ist (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO 1977). Ausgehend von dem Beginn der Verjährung mit Ab lauf der Jahre, in denen die Einkommensteuererklärungen des Klägers 1971 bis 1976 und die Feststellungserklärung 1977 abgegeben wurden (§ 145 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977), konnten die im Januar 1984 begonnenen Steuerfahndungsprüfungen nach § 146 a Abs. 3 AO, § 171 Abs. 4 AO 1977 nur bei Eingreifen der zehnjährigen Verjährungsfristen eine Ablaufhemmung bewirken. Die Rechtmäßigkeit der Bescheide hing demzufolge davon ab, daß der Kläger den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt hat (§ 392 Abs. 1 AO, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977).
b) Zu Unrecht hat das FG Steuerhinterziehungen verneint.
aa) Hängt die Rechtmäßigkeit eines Bescheids davon ab, daß der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung begangen hat, müssen die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung, für deren Vorliegen die Finanzbehörde die objektive Feststellungslast trägt, erfüllt sein (BFH-Beschluß in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570; BFH-Urteile vom 21. Oktober 1988 III R 194/84, BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216; vom 27. August 1991 VIII R 84/89, BFHE 165, 330, BStBl II 1992, 9; vom 12. März 1992 IV R 29/91, BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36). Das Gericht entscheidet hierüber nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz FGO); es ist an die Beurteilung des Strafgerichts nicht gebunden, darf aber dessen Feststellungen, soweit die Beteiligten hiergegen keine (substantiierten) Einwendungen erheben, verwerten (z. B. BFH-Urteil vom 21. Juni 1988 VII R 135/85, BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841).
Obwohl auch im finanzgerichtlichen Verfahren der strafverfahrensrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" zu beachten ist, ist das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung nicht nach der Strafprozeßordnung (StPO), sondern nach den Vorschriften der AO 1977 und der FGO zu beurteilen (BFH-Beschluß in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570 unter C I. 2. a). Deshalb ist für die Feststellung einer Steuerhinterziehung, die nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 5 FGO von Amts wegen zu treffen ist, kein höherer Grad von Gewißheit erforderlich, als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das FA die Feststellungslast trägt (BFH-Entscheidungen in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570; in BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216; in BFHE 165, 330, BStBl II 1992, 9; in BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36).
Von diesen anerkannten Grundsätzen ausgehend hat der BFH mit Urteil in BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128 entschieden, daß das FG die Überzeugung vom Vorliegen einer Steuerverkürzung gewinnen müsse und sich dabei nicht über Zweifel, die auf Unzulänglichkeiten und Widersprüchen einer Geldverkehrsrechnung beruhten, aufgrund von bloßen Wahrscheinlichkeitserwägungen und einer Reduzierung des Beweismaßes hinwegsetzen dürfe.
bb) Im Streitfall hat das FG aus den festgestellten Tatsachen (dem Umstand, daß auch relativ hohe Beträge in einem Notizbuch des Klägers eingetragen und auf Bankkonten eingezahlt worden sind, den zum Teil erheblichen Abweichungen der jährlichen Zugänge zum Kapitalvermögen, der Bekundung des vom Strafgericht vernommenen Zeugen B, der Kläger habe von etwa 1976 bis 1980 mehrmals jährlich italienische Lira i. H. von umgerechnet ca. ... DM umgetauscht, den sonstigen vom Strafgericht festgestellten finanziellen Verbindungen des Klägers zum Ausland sowie insbesondere der Bekundung des Zeugen A, weder er noch der Kläger hätten Schwarzgelder entnommen) den Schluß gezogen, es könne wegen verbleibender Zweifel nicht die Überzeugung gewinnen, daß die für die Streitjahre 1971 bis 1977 hinzugeschätzten Beträge aus dem Betrieb der GbR herrührten.
Diese Feststellung liegt auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung. Nach § 118 Abs. 2 FGO ist der BFH an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, daß in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Zu den der Bindung unterliegenden Feststellungen gehören neben den eigentlichen für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen auch die Schlußfolgerungen tatsächlicher Art, die das FG aufgrund des festgestellten Sachverhalts im Rahmen der ihm obliegenden Tatsachenwürdigung (Beweiswürdigung) zieht. Die Bindung entfällt aber dann, wenn die Folgerungen mit den Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen unvereinbar oder in sich widersprüchlich sind (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 1973 II R 34/66, BFHE 109, 472, BStBl II 1973, 707). Gleiches gilt, wenn aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Tatsachen das FG eine Schlußfolgerung tatsächlicher Art ableitet (BFH-Urteil vom 10. September 1986 II R 81/84, BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80).
cc) Hiernach ist die Würdigung des FG zu beanstanden, weil sie den für die übrigen Streitjahre gezogenen Schlußfolgerungen widerspricht.
Die Annahme des FG, daß die Geldverkehrsrechnung für sämtliche Streitjahre nicht geeignet war, eine Verkürzung von Betriebseinnahmen nachzuweisen, ist zwar möglich.
Die Geldverkehrsrechnung ist eine Schätzungsmethode, die -- richtig angewendet -- so zuverlässig ist, daß sie die Beweiskraft einer formell ordnungsmäßigen Buchführung widerlegen (§ 217 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 208 AO; § 162 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 158 AO 1977) und in Höhe der errechneten Fehlbeträge nicht verbuchte Be triebseinnahmen nachweisen kann (z. B. BFH-Urteil vom 8. November 1989 X R 178/87, BFHE 159, 20, BStBl II 1990, 268, 270 m. w. N.). Gleichwohl mußte das FG sämtliche Anhaltspunkte dafür würdigen, daß die Beträge aus anderen Quellen stammen könnten, denn ein Nachweis nicht verbuchter Betriebseinnahmen wird selbst durch eine ordnungsgemäße Geldverkehrsrechnung nicht erbracht, wenn die Fehlbeträge aus anderen (steuerpflichtigen oder -freien) Quellen stammen oder stammen können (BFH-Urteil vom 1. Juli 1987 I R 284-286/83, BFH/NV 1988, 12). Dementsprechend läßt auch ein in einer Geldverkehrsrechnung errechneter, ungeklärter Fehlbetrag nur dann einen zuverlässigen Schluß auf entsprechend hohe Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu, wenn das FG zu der Überzeugung gelangt, daß der Gewerbebetrieb Betriebseinnahmen und Gewinne in der angenommenen Höhe abwerfen konnte; hierbei steht es dem FG frei, sich an einem inneren Betriebsvergleich oder -- wie der Steuerfahndungsprüfer -- an einem äußeren Be triebsvergleich zu orientieren (BFH-Urteil in BFH/NV 1988, 12 unter 4.).
Im Streitfall wurden indes die für die Annahme von Steuerverkürzungen sprechenden Umstände durch den inneren Betriebsvergleich in Gestalt der Nachkalkulation erhärtet. Der FG-Prüfer hat aufgrund der -- vom FG als zutreffend angesehenen -- Nachkalkulation auch für die Streitjahre 1971 bis 1977 Kalkulationsdifferenzen ermittelt, die für die Jahre 1971, 1973 und 1976 die hinzugeschätzten Beträge sogar überstiegen. Die Schlußfolgerung, daß Steuern für die Streitjahre 1971 bis 1977 nicht verkürzt worden sind, widerspricht der Feststellung des FG, die Kalkulationsdifferenzen seien geeignet, für die Streitjahre 1978 bis 1981 nicht verbuchte Betriebseinnahmen nachzuweisen. Tatsachen, die diese unterschiedliche Würdigung der Kalkulationsdifferenzen rechtfertigen könnten, sind aus den Gründen des FG-Urteils nicht ersichtlich. Aus den vom FG herangezogenen Feststellungen des Strafgerichts ergeben sich zwar Anhaltspunke dafür, daß zumindest ein Teil der Beträge aus anderen Quellen stammen könnte. Diese Feststellungen betreffen aber gleichermaßen die Streitjahre 1978 bis 1982; sie erlaubten demnach nicht die der Würdigung des FG für diese Jahre widersprechende Annahme, daß die für die Streitjahre 1971 bis 1977 hinzugeschätzten Beträge -- mit einer vernünftige Zweifel begründenden Wahrscheinlichkeit -- in vollem Umfang nicht aus dem Betrieb herrührten. Nichts anderes folgt auch aus der Bekundung des Zeugen A, weder er noch der Kläger hätten Schwarzgelder entnommen. Das FG ist für die Streitjahre 1978 bis 1981 von dieser Bekundung im Hinblick auf die Kalkulationsdifferenzen abgewichen; unter diesen Umständen ist nicht nachvollziehbar, warum es die Bekundung für die Streitjahre 1971 bis 1977 als glaubhaft ansah.
2. Streitjahre 1978 bis 1982
Entgegen der Auffassung der Revision war das FG in Ausübung der ihm zustehenden Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO i. V. m. § 162 AO 1977) grundsätzlich berechtigt, sich bei der Schätzung auf die Nachkalkulation des FG-Prüfers zu stützen und die Zuschätzungen entsprechend zu beschränken. Die Nachkalkulation ist eine anerkannte Schätzungsmethode, die -- richtig angewendet -- so zuverlässig ist, daß sie die Beweiskraft einer formell ordnungsmäßigen Buchführung widerlegen und in Höhe der errechneten Beträge nicht verbuchte Betriebseinnahmen nachweisen kann (z. B. BFH-Urteil vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, 435 m. w. N.).
Eine andere Frage ist, ob die Nachkalkulation für die Streitjahre 1978 bis 1982 -- wie das FG angenommen hat -- den an sie zu stellenden Anforderungen genügte. Diese Frage kann indessen offenbleiben. Denn die Feststellungen des FG sind schon deshalb nicht bindend, weil sie seiner Würdigung der Kalkulationsdifferenzen für die Streitjahre 1971 bis 1977 widersprechen.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat für sämtliche Streitjahre keine bindenden Feststellungen getroffen, die dem Senat eine abschließende Entscheidung darüber ermöglichen, ob und in welchem Umfang Zuschätzungen berechtigt sind. Die Sache war deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Der Senat weist darauf hin, daß das FG zu Recht die Notwendigkeit einer Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) des Gesellschafters A verneint hat, weil ihm in den angefochtenen Änderungsbescheiden keine höheren Gewinnanteile zugerechnet worden sind und er demzufolge vom Ausgang des Rechtsstreits, der die Gewinnverteilung nicht betraf, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt berührt wurde (vgl. BFH- Urteil vom 21. Mai 1987 IV R 283/84, BFHE 149, 523, BStBl II 1987, 601 m. w. N.). Das FG hat im ersten Rechtsgang angenommen, das FA habe zu Recht zugeschätzte Beträge dem Kläger nur zur Hälfte anrechnen dürfen. Das FA kann deshalb eine Beiladung des Gesellschafters A nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 beantragen, um ihm gegenüber aus dem möglicherweise irrig beurteilten Sachverhalt die richtigen steuerlichen Folgerungen ziehen zu können (§ 174 Abs. 4 AO 1977).
Fundstellen