Entscheidungsstichwort (Thema)
Direktversicherungen zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten/Fahrten zwischen zwei Betriebstätten
Leitsatz (NV)
1. Zur betrieblichen Veranlassung von Direktversicherungsbeiträgen zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten.
2. Aufwendungen für Fahrten zwischen zwei Betriebstätten sind nur mit 0,36 Pfennigen je Entfernungskilometer als Betriebsausgaben abzusetzen, wenn sich eine Betriebstätte in der Wohnung des Gewerbetreibenden befindet und wenn dieser Teil der Wohnung von der übrigen Wohnung baulich nicht getrennt ist und keine in sich geschlossene Einheit bildet (Anschluß an BFH-Urteil vom 15. Juli 1986 VIII R 134/83, BFHE 147, 169, BStBl II 1986, 744).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, 5 Nr. 6, § 9 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt einen Obst- und Gemüsehandel.
In seiner Wohnung in D befindet sich ein Büro, von dem aus der Kläger die meisten Umsätze tätigt, insbesondere die Abwicklung des Geschäftsverkehrs mit seinen wichtigsten Kunden. Im Großmarkt K unterhält er eine Betriebstätte, in der er Waren an Einzelunternehmer verkauft. In den Streitjahren fuhr er an Werktagen täglich von seinem Büro in D zur Verkaufsstelle in K. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte in den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermeßbescheiden 1978 bis 1980 nicht die tatsächlichen Fahrtkosten, sondern nur 0,36 DM je Entfernungskilometer als Betriebsausgaben an.
Ab April 1979 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 200 DM monatlich für eine Direktversicherung zugunsten seiner Ehefrau, die aufgrund eines vom FA ertragsteuerrechtlich anerkannten Arbeitsvertrags im Betrieb mitarbeitete, als Betriebsausgaben geltend. Die wöchentliche Arbeitszeit der Ehefrau betrug etwa 70 Stunden. Sie bezog ein Gehalt von 42 743 DM im Jahre 1979 und von 44 788 DM im Jahre 1980; außerdem bestand für sie die übliche Angestelltenversicherung. Ferner beschäftigte der Kläger noch den Angestellten S, der im Jahr 1979 einen Jahreslohn von 21 800 DM und im Jahre 1980 einen Jahreslohn von 24 912 DM bezog. S und weitere im Betrieb nicht ganzjährig tätige Aushilfskräfte - jährlich etwa 11 bis 12 Arbeitnehmer - erhielten keine zusätzliche Altersversorgung. Das FA versagte den Abzug der monatlichen Zahlung aufgrund der zugunsten seiner Ehefrau abgeschlossenen Direktversicherung in den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermeßbescheiden 1979 und 1980 als Betriebsausgaben.
Die Einsprüche und die Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) entschied, daß die Fahrtkosten zwischen den Betriebstätten in D und K gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur in Höhe von 0,36 DM pro Entfernungskilometer als Betriebsausgaben berücksichtigt werden könnten; da der Kläger in D Wohnung und Büro unterhalte, seien die Fahrtkosten zur Betriebstätte in K den Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gleichzusetzen. Die Zahlungen für die Direktversicherung der Ehefrau seien keine Betriebsausgaben, weil sie nicht betrieblich veranlaßt seien; denn der Kläger habe dem Angestellten S keine Zusatzversicherung angeboten, obwohl seine Tätigkeit im Betrieb der seiner Ehefrau vergleichbar sei.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide in der Weise abzuändern, daß die tatsächlichen Fahrtkosten zwischen beiden Betriebstätten und die Zahlungen für die Direktversicherung seiner Ehefrau als Betriebsausgaben anerkannt würden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
1. Zahlungen aufgrund einer Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten sind nur Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 EStG, wenn sie betrieblich veranlaßt sind. Dafür ist zunächst erforderlich, daß ein ertragsteuerlich zu beachtendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer-Ehegatten und dem Arbeitgeber-Ehegatten besteht (s. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Oktober 1986 I R 220/82, BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205). Die betriebliche Veranlassung setzt, wenn die Beträge für die Direktversicherung bei unverändertem Arbeitsentgelt zusätzlich geleistet werden, weiter voraus, daß sie auch den anderen Arbeitnehmern des Betriebs, deren Tätigkeit der des Arbeitnehmer-Ehegatten vergleichbar ist, eingeräumt oder zumindest ernsthaft angeboten worden ist (s. z. B. BFH-Urteil vom 30. März 1983 I R 209/81, BFHE 138, 536, BStBl II 1983, 664).
Der Kläger hat dem Angestellten S kein Angebot, mit ihm eine Direktversicherung abzuschließen, gemacht. Das FG hat weiter festgestellt, daß die Tätigkeit der Ehefrau des Klägers mit der des S vergleichbar sei. Es hat dazu ausgeführt, daß die Ehefrau des Klägers in dem kleinen Betrieb im Verkauf tätig gewesen sei und keine ins Gewicht fallende leitende Funktionen innegehabt habe und daß deshalb ihre Tätigkeit im Hinblick auf die Gewährung einer Direktversicherung nicht anders als die des Angestellten S beurteilt werden könne. Soweit das Gehalt des S geringer als das der Ehefrau des Klägers gewesen sei, hätte er für S von einer geringeren Direktversicherung ausgehen können.
An diese Feststellungen und die vom FG vorgenommene Würdigung dieser Feststellungen ist der Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden. Der Kläger hat auch hiergegen keine revisionsrechtlich beachtlichen Rügen erhoben. Insbesondere hat er in der Revisionsbegründung nicht dargetan, daß die Schlußfolgerungen des FG aus den getroffenen Feststellungen gegen Denkgesetze verstoßen und zwingend falsch sind. Sein Vortrag, daß seine Ehefrau als Bürogehilfin ausgebildet sei und sämtliche Buchführungs- und Kassengeschäfte erledigt habe, während S ein ungelernter Arbeiter gewesen sei, der die Lagerarbeiten und in Ausnahmefällen die Auslieferung von Waren im firmeneigenen Fahrzeug übernommen habe, kann dem Revisionsbegehren nicht zum Erfolg verhelfen. Für die zur Prüfung der betrieblichen Veranlassung der Direktversicherung erforderliche Vergleichbarkeit der Tätigkeitsbereiche des Arbeitnehmer-Ehegatten mit denen der fremden Arbeitnehmer kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeiten ihrer Art nach ähnlich sind, sondern allein darauf, ob sich eine Tätigkeit in ihrer Wertigkeit und Bedeutung für den Betrieb von der anderen Tätigkeit deutlich abhebt. Dies hat das FG im Streitfall zu Recht nicht angenommen.
Die Revision kann deshalb nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, daß die Zahlungen für die zugunsten der Ehefrau abgeschlossene Direktversicherung bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt worden sind.
2. Anders verhält es sich mit den Rügen des Klägers hinsichtlich seiner Aufwendungen für die Fahrten zwischen dem Büro in D und der Betriebstätte in K.
Nach der Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen für Fahrten eines Unternehmers mit dem betriebseigenen Pkw zwischen mehreren Betriebstätten seines Unternehmens in der Regel in vollem Umfang als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abzugsfähig, und zwar auch dann, wenn sich eine Betriebstätte und die Wohnung des Unternehmers auf demselben Grundstück oder in demselben Gebäude befinden (Urteile vom 31. Mai 1978 I R 69/76, BFHE 125, 381, BStBl II 1978, 564; vom 29. März 1979 IV R 137/77, BFHE 128, 196, BStBl II 1979, 700, und vom 4. November 1986 VIII R 1/84, BFHE 148, 446, BStBl II 1987, 259). Hiervon gilt jedoch nach der neueren Rechtsprechung des BFH eine Ausnahme. Nach dem Urteil vom 15. Juli 1986 VIII R 134/83 (BFHE 147, 169, BStBl II 1986, 744) können Aufwendungen für die Fahrten zwischen zwei Betriebstätten nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur mit 0,36 DM je Entfernungskilometer als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sich eine Betriebstätte in der Wohnung des Steuerpflichtigen befindet und wenn dieser Teil der Wohnung von der übrigen Wohnung baulich nicht getrennt ist und keine in sich geschlossene Einheit bildet. In dem Urteilsfall betrieb der Steuerpflichtige eine gewerbliche Zimmervermietung in gemieteten Räumen; in dem von ihm und seiner Familie bewohnten Einfamilienhaus unterhielt er in einem Teil seines Wohnzimmers eine Büroecke mit Schreibtisch und Aktenschrank, wo er die Büroarbeiten erledigte.
Das FG hat diese Rechtsgrundsätze in dem angefochtenen Urteil nicht beachtet. Es hat keine Feststellungen getroffen, ob das Büro des Klägers von der Wohnung räumlich getrennt ist und eine in sich geschlossene Einheit bildet. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Da der Senat die fehlenden Tatsachenfeststellungen nicht nachholen kann, war die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 415503 |
BFH/NV 1988, 357 |