Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Werbungskostenabzugs bei teilweise unentgeltlicher Wohnungsüberlassung; Versteuerung des Nutzungswerts beim teilweise unentgeltlich Nutzenden
Leitsatz (NV)
1. Eine teilweise unentgeltliche Nutzungsüberlassung einer Wohnung mit der Folge, daß eine dem Einnahmeverzicht entsprechende Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen ist, liegt vor, wenn die vereinbarte und gezahlte Miete erheblich niedriger als die ortsübliche Marktmiete ist (Anschluß an BFH-Urteil vom 4. Juni 1986 IX R 80/85, BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839). Dies ist für Veranlagungszeiträume vor 1987 stets anzunehmen, wenn die ortsübliche Marktmiete um mehr als ein Drittel unterschritten wird. Die Entscheidung kann anhand des örtlichen Mietspiegels getroffen werden.
2. § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1987 ist auf Veranlagungszeiträume vor 1987 nicht anwendbar.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1, 2 Alt. 2, § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist Eigentümer einer Dreizimmerwohnung. Er hat in den Streitjahren 1983 und 1984 diese Eigentumswohnung (Wohnfläche 76 qm) mit schriftlichem Mietvertrag zu einem Quadratmeterpreis von 4 DM (monatliche Kaltmiete: 304 DM) an seine Tochter vermietet. Dieser Mietzins lag im Jahre 1983 um 40,12 v. H. und im Jahre 1984 um 45,21 v. H. unter dem ortsüblichen Mietzins laut Mietspiegel von 6,68 DM pro qm (1983) bzw. von 7,30 DM pro qm (1984).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kürzte im Einspruchsverfahren bei der geänderten Einkommensteuerfestsetzung 1983 die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für 1983 um 7940 DM (40,12 v. H. von - unstreitig - 19791,70 DM) und 1984 um 10654 DM (45,21 v. H. von - unstreitig - 23569,01 DM) mit der Begründung, die Wohnung werde teilweise unentgeltlich aufgrund einer gesicherten Rechtsposition (Mietvertrag) einer nahen Angehörigen überlassen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Senatsurteil vom 4. Juni 1986 IX R 80/85, BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839) könnten Werbungskosten deshalb nur in dem Verhältnis abgezogen werden, in dem die Überlassung der Wohnung entgeltlich erfolgt sei.
Das FA hat während des Klageverfahrens für die Streitjahre zwei hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages vorläufige Änderungsbescheide erlassen und darin die erhöhten Kinderfreibeträge gemäß § 32 Abs. 8 EStG 1983 i. d. F des Art. 1 Nr. 18 des Steueränderungsgesetzes 1991 berücksichtigt. Die Kläger haben diese Bescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.
Die Kläger rügen mit ihrer vom FG zugelassenen Revision die Verletzung von §§ 2 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 Nr. 2, 9, 21 Abs. 2 EStG.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Zutreffend hat das FA und das FG den Teil der Aufwendungen, der auf den unentgeltlich überlassenen Teil der Wohnung entfällt (1983 40,12 v. H., 1984 45,21 v. H.) nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Kläger abgezogen.
Nun folgen mit Ziff. II 1.-2. der Gründe des Urteils vom gleichen Tage IX R 72/89 (BFH/NV 1993, 521) nahezu wörtlich übereinstimmende Ausführungen.
3. Zutreffend ist auch die Rechtsansicht des FA und des FG, daß im Streitfall § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1987 nicht anwendbar ist. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen unter 3. in seiner Entscheidung vom heutigen Tag IX R 13/90 (BFHE 170, 162). Die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für den Streitfall.
4. Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht den weiteren Werbungskostenabzug verneint. Im Streitfall steht fest, daß die Tochter der Kläger die Wohnung aufgrund einer gesicherten Rechtsposition (Mietvertrag) in Höhe von 40,12 v. H. (1983) und 45,21 v. H. (1984) der ortsüblichen Miete unentgeltlich genutzt hat. Zutreffend hat sich das FA und ihm folgend das FG auch bei der Ermittlung der ortsüblichen mittleren Netto-Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte am örtlichen Mietspiegel orientiert (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Dezember 1983 VIII R 17/82, BFHE 140, 234, BStBl II 1984, 368; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuer, Kommentar, 7. Aufl., § 21 Anm. 11c). Dementsprechend waren die vom Kläger getragenen Aufwendungen einschließlich der Absetzungen für Abnutzung im Streitjahr 1983 um 7940 DM (40,12 v. H. von 19791,70 DM) und im Streitjahr 1984 um 10654 DM (45,21 v. H. von 23569,01 DM) zu kürzen.
Fundstellen
Haufe-Index 418911 |
BFH/NV 1993, 523 |