Entscheidungsstichwort (Thema)
Pensionszusage; Wettbewerbsverbot; zivilrechtlich unwirksamer Kauf der Einzelfirma des beherrschenden Gesellschafters durch die Kapitalgesellschaft
Leitsatz (NV)
1) Die Erdienbarkeit einer Pensionszusage ist grundsätzlich zu verneinen, sobald der Geschäftsführer das 60 Lebensjahr überschritten hat.
2) Übte ein (späterer) Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Gründung der Kapitalgesellschaft bereits eine konkurrierende Tätigkeit aus und war dies allen Gründungsgesellschaftern von vornherein bekannt, so ist in Anlehnung an die Wertung des § 112 Abs. 2 HGB von einer stillschweigenden Einwilligung aller Mitgesellschafter in die Fortführung dieser Konkurrenztätigkeit regelmäßig jedenfalls dann auszugehen, wenn der Gesellschaftsvertrag und der Anstellungsvertrag weder ein ausdrückliches (allgemeines) Wettbewerbsverbot vorsehen noch eine spezielle Regelung zu der bisherigen wirtschaftlichen Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers treffen.
3) Die zivilrechtliche Unwirksamkeit eines (Kauf-) Vertrages zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter indiziert im allgemeinen eine mangelnde Ernsthaftigkeit schuldrechtlicher Leistungsverpflichtungen. In einem solchen Fall führt die Zahlung bzw. Passivierung des 'Kaufpreises' durch die Kapitalgesellschaft zu einer verdeckten Gewinnausschüttung und die Übertragung der Wirtschaftsgüter durch den Gesellschafter zu einer Einlage.
Normenkette
EStDV § 7 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 5; KStG § 8 Abs. 3 S. 2, § 27 Abs. 3 S. 2; HGB § 112 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Revisionsklägerin ist Konkursverwalterin über das Vermögen der X-Werbegesellschaft mbH (Gemeinschuldnerin). Sie hat das zuvor von der Gemeinschuldnerin geführte Revisionsverfahren aufgenommen.
Die Gemeinschuldnerin betrieb in den Streitjahren 1984 bis 1986 eine Werbeagentur. An ihr waren seit einer Kapitalerhöhung vom 22. November 1984 A zu 95 v.H. (zuvor 75 v.H.) und seine Ehefrau zu 5 v.H. (zuvor 25 v.H.) beteiligt. Bereits mit Gründung der Gesellschaft im Jahre 1972 war A zum Geschäftsführer bestellt und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit worden. Außerdem betrieb er seit dem Jahre 1966 unter der Firma X-Werbestudio eine Werbeagentur als Einzelunternehmen.
Am 1. Oktober 1979 schlossen die Gemeinschuldnerin und A einen Geschäftsführervertrag, der u.a. dem am 28. Mai 1920 geborenen Geschäftsführer eine Altersversorgung in Aussicht stellte und für den Erwerb eines anderen Unternehmens die vorherige Genehmigung der Gesellschafterversammlung vorschrieb. Mit Datum vom 5. Dezember 1980 sagte die Gemeinschuldnerin A eine Rente in Höhe von 4 000 DM ab dem Erreichen des 70. Lebensjahrs zu. In den Streitjahren wies sie in ihren Bilanzen für diese Pensionszusage Rückstellungen in Höhe von 209 206 DM (1984, davon Zuführung 25 049 DM), 236 712 DM (1985) und 267 130 DM (1986) aus.
Am 1. Oktober 1984 schloß die Gemeinschuldnerin mit A einen Kaufvertrag über dessen Einzelunternehmen. Den Vertrag unterzeichnete ausschließlich A. Der Kaufpreis von insgesamt 359 473 DM -sinngemäß- zuzüglich Umsatzsteuer wurde im Jahre 1984 gezahlt und sollte nach der Vereinbarung auf verschiedene materielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (insgesamt 224 322,60 DM zuzüglich Umsatzsteuer) und auf einen Firmenwert (135 150,40 DM zuzüglich Umsatzsteuer) entfallen. Die Gemeinschuldnerin aktivierte diese Wirtschaftsgüter, kürzte den im Vertrag bezifferten Firmenwert jedoch zugunsten eines Garagenumbaus um 20 000 DM, nahm in den Streitjahren auf die körperlichen Gegenstände Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 53 219,60 DM (1984), 82 282,29 DM (1985) sowie 61 439 DM (1986) vor und berücksichtigte im Jahre 1985 Abgänge in Höhe von 1 154,71 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) erkannte im Anschluß an eine Außenprüfung die Pensionszusage nicht an, weil der Geschäftsführer A sie nicht mehr habe erdienen können. Er löste die zum 31. Dezember 1984 passivierte Pensionsrückstellung in voller Höhe erfolgswirksam auf und erhöhte den Gewinn der Jahre 1985 und 1986 um die jeweilige Zuführung zur Pensionsrückstellung. Ferner war das FA der Ansicht, A unterliege einem Wettbewerbsverbot und habe dieses durch seine Betätigung als Einzelunternehmer verletzt. Das FA buchte deshalb den aktivierten Firmenwert in Höhe von 115 150 DM erfolgswirksam aus und nahm in gleicher Höhe zuzüglich des von dem Einzelunternehmen erzielten Gewinns von 7 712 DM für das Jahr 1984 eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG an.
Einspruch und Klage der Gemeinschuldnerin gegen die entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1984 bis 1986 hatten keinen Erfolg.
Mit ihrer Revision rügt die Revisionsklägerin Verfahrensfehler und Verletzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 sowie des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG.
Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und entsprechend dem im Klageverfahren gestellten Antrag zu entscheiden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
1. Das FG hat die Pensionszusage gegenüber A dem Grunde nach zutreffend als vGA beurteilt. Dieser konnte die ihm zugesagte Pension nicht mehr erdienen. Der Höhe nach sind die Gewinne der Streitjahre jedoch nur um die in diesen Jahren erfolgswirksam vorgenommenen Zuführungen zur Pensionsrückstellung zu korrigieren.
a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Urteil vom 12. Juni 1997 I R 14/96, BFHE 183, 459, Betriebs-Berater -BB- 1997, 1829).
Bei der Frage, ob einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer eine Pension zugesagt worden wäre, spielt neben anderen Kriterien eine wesentliche Rolle, ob der Geschäftsführer die Pension noch erdienen kann. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Erdienbarkeit grundsätzlich verneint, sobald der Geschäftsführer das 60. Lebensjahr überschritten hat (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 1996 I R 41/95, BFHE 180, 272, BStBl II 1997, 440, m.w.N.). Daran hält der Senat fest. Ob eine Pensionszusage gleichwohl ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen ist, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsführer aus einer früheren nichtselbständigen Tätigkeit ein Pensionsanspruch zusteht und sich die Pensionszusage nur als Abdeckung einer verbleibenden Lücke in der Altersversorgung darstellt (offen gelassen im Senatsurteil vom 21. Dezember 1994 I R 98/93, BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Im Streitfall hatte A im Zeitpunkt der maßgebenden Pensionszusage vom 5. Dezember 1980 das 60. Lebensjahr bereits vollendet. Entgegen der Ansicht der Revisionsklägerin kann nicht auf den vorhergehenden Geschäftsführervertrag vom 1. Oktober 1979 abgestellt werden. Steuerrechtlich sind nur klare und eindeutige Vereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter A zu berücksichtigen. Der Geschäftsführervertrag stellte diesem zwar bereits eine Altersversorgung in Aussicht, bestimmte jedoch weder deren Art noch deren Beginn und Höhe. Allein der pauschale Hinweis der Revisionsklägerin, A beziehe eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, genügt auch nicht für die Annahme, daß die von der Gemeinschuldnerin zugesagte Pension lediglich eine verbleibende Lücke in der Altersversorgung des A schloß.
b) Zu Unrecht ist das FG jedoch davon ausgegangen, die Annahme einer vGA führe zu einem fehlerhaften Bilanzansatz und rechtfertige eine Berichtigung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der zum 31. Dezember 1984 aufgestellten Steuerbilanz der Gemeinschuldnerin. Die zivilrechtlich wirksame Pensionszusage löste unabhängig davon, ob eine vGA vorliegt, Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin aus, die sowohl in deren Handelsbilanz, wie -nach Maßgabe des § 6a EStG- in der Steuerbilanz passiviert werden durften. Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erschöpft sich in einer Gewinnkorrektur außerhalb der Steuerbilanz (Senatsurteil vom 29. Juni 1994 I R 137/93, BFHE 175, 347, BB 1994, 2319; Senatsbeschluß vom 5. Juni 1996 I B 105/95, BFH/NV 1996, 932). Im Streitfall war somit für den Veranlagungszeitraum 1984 keine erfolgswirksame Bilanzberichtigung in Höhe von 209 206 DM, sondern lediglich eine Gewinnkorrektur in Höhe der Zuführungen zur Pensionsrückstellung (25 049 DM) zulässig. Für die Jahre 1985 und 1986 ist die Einkommensermittlung durch das FA bezogen auf die streitige Pensionszusage im Ergebnis zutreffend.
2. In Höhe des Gewinns der Einzelfirma im Jahre 1984 liegt weder eine vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG noch eine andere Ausschüttung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG vor.
a) Eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft zugleich eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG, wenn die der Vermögensminderung entsprechenden Mittel bei der Kapitalgesellschaft tatsächlich abfließen bzw. sich die Nichtrealisierung der Vermögensmehrung konkretisiert hat (Senatsurteile vom 28. November 1991 I R 34-35/90, BFH/NV 1992, 560; vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301). Für die Frage, ob eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) vorliegt und ob diese durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, gelten für beide Normen dieselben Grundsätze (Senatsurteil vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198).
b) Der Gemeinschuldnerin stand gegenüber A kein Rechtsanspruch auf Überlassung des von diesem mit seinem Einzelunternehmen erzielten Gewinns zu.
Die Annahme eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Vorteilsherausgabe und/oder auf Schadensersatz der Gemeinschuldnerin wegen eines Verstoßes ihres Gesellschafter-Geschäftsführers gegen ein Wettbewerbsverbot setzt die Existenz eines solchen voraus. Der im Einvernehmen mit allen Gesellschaftern handelnde Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegt keinem Wettbewerbsverbot, sofern er nicht der Kapitalgesellschaft Vermögen entzieht, das zur Deckung des Stammkapitals benötigt wird (Urteile des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 28. September 1992 II ZR 299/91, BGHZ 119, 257, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1993, 193, und vom 10. Mai 1993 II ZR 74/92, BGHZ 122, 333, GmbH-Rundschau -GmbHR- 1993, 427). Übte ein (späterer) Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Gründung der Kapitalgesellschaft bereits eine konkurrierende Tätigkeit aus und war dies allen Gründungsgesellschaftern von vornherein bekannt, so ist in Anlehnung an die Wertung des § 112 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) von einer stillschweigenden Einwilligung aller Mitgesellschafter in die Fortführung dieser Konkurrenztätigkeit regelmäßig jedenfalls dann auszugehen, wenn der Gesellschaftsvertrag und der Anstellungsvertrag weder ein ausdrückliches (allgemeines) Wettbewerbsverbot vorsehen noch eine spezielle Regelung zu der bisherigen wirtschaftlichen Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers treffen (ebenso Pelka/Wüst, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1991, 578, 580; Röhricht, Die Wirtschaftsprüfung 1992, 766, 779; Knobbe-Keuk, GmbHR 1992, 333, 335; Schwedhelm, DStR 1993, 245, 247; einschränkend Buyer, GmbHR 1996, 98; vgl. auch BGH-Urteil vom 9. März 1987 II ZR 215/86, GmbHR 1987, 302).
Ausgehend von diesen Grundsätzen verstieß A durch den Betrieb seiner Werbeagentur nicht gegen ein Wettbewerbsverbot. Sein Einzelunternehmen bestand im Zeitpunkt der Gründung der Gemeinschulderin bereits. Obwohl dies beiden Gründungsgesellschaftern bekannt war, wurde dem A weder im Gesellschaftsvertrag noch im Anstellungsvertrag die konkurrierende Tätigkeit untersagt. § 7 des Geschäftsführervertrages sah lediglich ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach der Beendigung des Anstellungsvertrags gegen Entschädigungszahlungen vor. Dementsprechend ist anzunehmen, daß A seine Werbeagentur im Einvernehmen mit seiner Ehefrau, der einzigen Mitgesellschafterin, fortgeführt hat. Dieser Schlußfolgerung steht die Nichtvorlage der behaupteten schriftlichen Dispenserteilung nicht entgegen. Für die Beurteilung zivilrechtlicher Ansprüche gilt das rein steuerrechtliche Kriterium einer klaren und eindeutigen Vereinbarung nicht (Senatsurteil vom 30. August 1995 I R 155/94, BFHE 178, 371, Der Betrieb -DB- 1995, 2451).
c) Eine vGA und eine andere Ausschüttung können allerdings auch unabhängig von zivilrechtlichen Ansprüchen auf Vorteilsherausgabe und/oder Schadensersatz anzunehmen sein, wenn der Gesellschafter Informationen oder Geschäftschancen der GmbH (teil-) unentgeltlich nutzt, für deren Überlassung ein fremder Dritter ein (höheres) Entgelt gezahlt haben würde (Senatsurteile in BFHE 178, 371, DB 1995, 2451; vom 22. November 1995 I R 45/95, BFH/NV 1996, 645; vom 18. Dezember 1996 I R 26/95, BFHE 182, 190, BB 1997, 779). Im Streitfall bestehen dafür jedoch nach Aktenlage und dem Beteiligtenvorbringen keine Anhaltspunkte.
3. Ausgehend von den (bisherigen) Feststellungen des FG ist der Vertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und A über den Erwerb der Einzelfirma zivilrechtlich unwirksam. Dies führt in Höhe des "Nettokaufpreises" zu einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, zu einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG im Zeitpunkt der Zahlung desselben sowie zu einer Einlage der bislang der Einzelfirma des A und nunmehr der Gemeinschuldnerin zuzurechnenden Wirtschaftsgüter. Die Vorentscheidung ermöglicht dem Senat jedoch keine abschließende Beurteilung, mit welchen Werten die eingelegten Wirtschaftsgüter anzusetzen und in welcher Höhe hierauf AfA vorzunehmen sind.
a) Für die Beurteilung, ob Gewinnausschüttungen oder Leistungen aufgrund schuldrechtlicher Verpflichtungen vorliegen, ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten maßgebend; einzelnen dieser Gegebenheiten kann als Beweisanzeichen eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit eines Vertrages zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter indiziert im allgemeinen eine mangelnde Ernsthaftigkeit schuldrechtlicher Leistungsverpflichtungen. Von diesem Grundsatz kann nur ausnahmsweise in Einzelfällen abgewichen werden, in denen im Zuwendungszeitpunkt an der Ernsthaftigkeit der Verpflichtungen trotz (endgültiger oder zu diesem Zeitpunkt noch schwebender) zivilrechtlicher Unwirksamkeit der Vereinbarungen keine Zweifel bestehen können (Senatsurteile vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, DStR 1996, 1969; vom 15. Oktober 1997 I R 19/97, BFH/NV 1998, 746). Der Senat hat dies vor allem dann angenommen, wenn die maßgebliche Zivilrechtslage im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ungeklärt gewesen ist, sich erst nach diesem Zeitpunkt die Auslegung der einschlägigen bürgerlich-rechtlichen Rechtsnormen geändert hat (vgl. Senatsurteile vom 17. September 1992 I R 89-98/91, BFHE 169, 171, BStBl II 1993, 141; vom 31. Mai 1995 I R 64/94, BFHE 178, 321, BStBl II 1996, 246; vom 30. August 1995 I R 128/94, BFH/NV 1996, 363) oder eine im Zuwendungszeitpunkt klare und eindeutige, aber zivilrechtlich schwebend unwirksame vertragliche Abrede im Einklang mit den zivilrechtlichen Vorgaben -etwa durch eine Genehmigung nach § 184 BGB- rückwirkend Wirksamkeit erlangt (Senatsurteile in BFHE 181, 328, DStR 1996, 1969, in BFH/NV 1998, 746, und vom 11. Februar 1997 I R 58/96, BFH/NV 1997, 803).
b) Im Streitfall ist die Annahme des FG, der Kaufvertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und A betreffend dessen Einzelfirma sei zivilrechtlich unwirksam und die Leistungen der Gemeinschuldnerin seien deshalb insoweit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zum Abschluß dieses Vertrages namens der Gemeinschuldnerin bedurfte A gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. d des Geschäftsführervertrages der "vorherigen Genehmigung" der Gesellschafterversammlung. Eine gegen diese Einschränkung verstoßende Willenserklärung des A bei einem Insichgeschäft war mangels Vertretungsmacht (schwebend) unwirksam (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbH- Gesetz, 16. Aufl., § 37 Rn. 29; Schneider in Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 8. Aufl., § 35 Anm. 26 f.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG lag die erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung zum Erwerb des Einzelunternehmens nicht vor. An diesen festgestellten Sachverhalt ist der erkennende Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Die Revisionsklägerin hat zwar insoweit eine unzureichende Sachaufklärung gerügt, jedoch keine Tatsachen bezeichnet, die einen derartigen Verfahrensmangel ergeben (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sie den im Revisionsverfahren eingereichten Gesellschafterbeschluß betreffend den Erwerb des Einzelunternehmens vom 12. Dezember 1983 nicht von sich aus spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vorgelegt hat.
c) Der Annahme einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG steht nicht entgegen, daß die Gemeinschuldnerin von ihrem Gesellschafter Wirtschaftsgüter gegen "Entgelt" dergestalt erwarb, daß diese nunmehr (wirtschaftlich) zu ihrem Vermögen zählten. Fehlt es -wie im Streitfall- an ernsthaften schuldrechtlichen Leistungsverpflichtungen, ist die Übertragung der Wirtschaftsgüter kein (schuldrechtlicher) Vorteilsausgleich, sondern eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Einlage. Die Zahlung bzw. Passivierung des "Kaufpreises" führt -ausgehend von einer von vornherein richtigen Erfassung des Geschäftsvorfalls- zu einem sofort abziehbaren Aufwand, soweit ersterem kein Anspruch auf Abzug eines Vorsteuerbetrags (§ 15 des Umsatzsteuergesetzes) gegenübersteht. Die hierdurch eintretende Minderung des Betriebsvermögens und des Bilanzgewinns wird durch Hinzurechnung einer vGA in derselben Höhe ausgeglichen. Da die Gemeinschuldnerin jedoch unzutreffend von einem steuerlich anzuerkennenden Kaufvertrag ausgegangen ist, ändert sich im Ergebnis das von ihr erklärte Einkommen nur, wenn und soweit eine AfA-Korrektur geboten ist, weil die zu Unrecht angenommenen "Anschaffungskosten" nicht dem Wert entsprechen, mit dem die Einlage anzusetzen ist. Unabhängig davon ist in Höhe der abgeflossenen Vermögensminderung, d.h. in Höhe des gezahlten Nettokaufpreises, eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG zu berücksichtigen.
d) Die bisherigen Feststellungen des FG ermöglichen dem Senat keine abschließende Entscheidung, ob hinsichtlich der von A eingelegten Wirtschaftsgüter eine AfA-Korrektur geboten ist. Die Gemeinschuldnerin hatte diese Wirtschaftsgüter in ihrer Steuerbilanz mit dem Teilwert anzusetzen (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ist nicht anzuwenden. Nach den Feststellungen des FG war der vereinbarte "Nettokaufpreis" überhöht. Von einer abschließenden betragsmäßigen Bezifferung des Werts der von der Gemeinschuldnerin aktivierten materiellen Wirtschaftsgüter hat es jedoch -ausgehend von seiner Rechtsansicht zur Auflösung der Pensionsrückstellung- unter Hinweis auf das Verböserungsverbot abgesehen.
4. Bei dieser Sachlage war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide unter dem Gesichtspunkt des Verböserungsverbots bereits deshalb nicht abschließend prüfen, weil das FG die für die Ausschüttungsbelastung maßgebenden Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nicht festgestellt hat (vgl. Senatsurteil vom 1. Februar 1989 I R 73/85, BFHE 156, 155, BStBl II 1989, 522). Dies ist im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Außerdem wird das FG -soweit nicht das Verböserungsverbot eingreift- den Wert der eingelegten materiellen Wirtschaftsgüter festzustellen, die zutreffenden AfA-Beträge zu ermitteln und abschließend zu prüfen haben, ob ein eventueller Verlust des Streitjahres 1984 zurückzutragen oder vorzutragen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 55319 |
BFH/NV 1999, 1125 |
DStZ 1999, 618 |
HFR 1999, 655 |
NJW 1999, 3070 |
GmbHR 1999, 667 |