Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen einer Finanzbeamtin für ein Studium der Betriebswirtschaftslehre nicht als Werbungskosten abziehbar
Leitsatz (amtlich)
Die Aufwendungen einer Finanzbeamtin mit dem Grad einer Dipl.-Finanzwirtin (FH) für ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an einer Universität dienen der Berufsausbildung und sind deshalb nur als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs.1 Nr.7 Satz 1, 1.Alternative EStG und nicht als Werbungskosten abziehbar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 Alt. 1, § 19
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als Finanzbeamtin im gehobenen Dienst tätig. Sie legte im August des Streitjahres 1992 ihr Examen an der Fachhochschule für Finanzen ab und studiert seit Beginn des Wintersemesters 1992/93 neben ihrer Berufstätigkeit Betriebswirtschaft an einer Universität.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die für das Universitätsstudium angefallenen Aufwendungen nicht als Werbungskosten der Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, sondern nur mit dem Höchstbetrag von 900 DM als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs.1 Nr.7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es vertrat die Ansicht, es habe sich bei dem Betriebswirtschaftsstudium nicht um ein Aufbaustudium gehandelt, durch das die an der Fachhochschule erworbenen Kenntnisse ergänzt und vertieft würden. Darüber hinaus eröffne der Studienabschluß an der Universität der Klägerin die Möglichkeit eines Wechsels in eine andere Berufsart.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 9 EStG. Sie macht geltend, die Anrechnung von Prüfungsleistungen aus dem Fachhochschulstudium und vorhandene Grundkenntnisse würden absehbar zu einer erheblichen Verkürzung der Studienzeit führen. Die Andersartigkeit der Studiengänge lasse sich auch nicht mit der Möglichkeit des Wechsels in eine andere Berufsart begründen, da derartige Möglichkeiten durch die Nachfrage der Industrie und der steuerberatenden Berufe nach Finanzbeamten bereits im umfangreichen Maße bestünden.
Die Klägerin beantragt, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das FG hat ohne Rechtsverstoß entschieden, daß die Aufwendungen der Klägerin für das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität keine Werbungskosten (§ 9 Abs.1 EStG) bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs.1 Nr.1 EStG) als Beamtin des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung, sondern Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs.1 Nr.7 EStG sind.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium typisierend stets als Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs.1 Nr.7 EStG zu beurteilen. Dagegen können nach der neueren Rechtsprechung Aufwendungen für ein zweites Hochschulstudium unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten abziehbar sein. Nach den Senatsurteilen vom 14. Februar 1992 (VI R 26/90, BFHE 167, 127, BStBl II 1992, 556, und VI R 106/90, BFHE 167, 505, BStBl II 1992, 962, jeweils eine Lehrerin betreffend; VI R 69/90, BFHE 167, 502, BStBl II 1992, 961, betreffend einen Kirchenmusiker) muß das Erststudium zu einem Berufsabschluß geführt haben und das Zweitstudium ein Aufbaustudium sein, das nicht den Wechsel in eine andere Berufsart eröffnet. Weitergehend sind nach dem Urteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88 (BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965) die Aufwendungen eines approbierten Humanmediziners für das Studium der Zahnmedizin mit dem Ziel, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden, Fortbildungskosten. Der Senat hat dabei offengelassen, ob der Wechsel von der Humanmedizin zur Zahnmedizin als Wechsel der Berufsart zu beurteilen ist. Als ausschlaggebend ist gewertet worden, daß die Tätigkeit des Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen gegenüber der Tätigkeit eines Chirurgen eine Spezialisierung bedeutet.
Bei dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an einer Universität handelt es sich zwar um ein Zweitstudium der Klägerin, da sie im Rahmen ihres Ausbildungsdienstverhältnisses bei der Finanzverwaltung bereits ein Fachhochschulstudium abgeschlossen hat. Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des Senats Aufwendungen für ein Zweitstudium an einer Universität als Werbungskosten anerkannt werden können, liegen nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz im Streitfall aber nicht vor. Denn auch wenn die Möglichkeit der Anrechnung von Studienzeiten aus dem Erststudium an der Fachhochschule bestand, wird der Klägerin durch das Studium der Betriebswirtschaftslehre an einer Universität gegenüber ihrer abgeschlossenen Ausbildung als Finanzbeamtin des gehobenen Dienstes ein Wechsel der Berufsart eröffnet. Die Klägerin kann nach Beendigung ihres Universitätsstudiums der Betriebswirtschaftslehre in den verschiedensten Bereichen der privaten Wirtschaft tätig sein. Die sich ihr nach dem Universitätsstudium eröffnenden Tätigkeiten der unterschiedlichsten Art sind mit ihrem Beruf als Finanzbeamtin im gehobenen Dienst nicht vergleichbar.
Zwar ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung bei einem Zweitstudium, bei dem möglicherweise ein Wechsel in eine benachbarte Berufsart zu bejahen sein könnte, eine Fortbildung und keine Ausbildung anzunehmen, wenn sich das Zweitstudium als eine Spezialisierung auf einem Gebiet des breit angelegten Erststudiums darstellt. Auch hat der Senat bei einem Dipl.-Ingenieur die Aufwendungen für ein betriebswirtschaftliches Studium von drei Semestern zur Erlangung der Berufsbezeichnung "Dipl.-Wirtschaftsingenieur" als Werbungskosten anerkannt (Urteil vom 10. Juli 1992 VI R 19/91, BFHE 168, 341, BStBl II 1992, 966). Damit ist der Streitfall jedoch nicht vergleichbar. Denn das Studium der Klägerin war als Vollstudium ausgerichtet und die Zulassung hat nicht --wie im Fall des Betriebswirts, der in den USA den Grad eines "Masters of Business Administration" erwerben will (vgl. dazu das Senatsurteil vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360)-- den Abschluß eines anderen Studiums vorausgesetzt. Dementsprechend ist es nicht darauf ausgerichtet, im Wege einer Spezialisierung eine Vertiefung oder Ergänzung bisheriger Kenntnisse herbeizuführen, sondern es werden dadurch erstmals auf breiter Grundlage betriebswirtschaftliche Fachkenntnisse vermittelt.
Fundstellen
Haufe-Index 65793 |
BFH/NV 1996, 244 |
BStBl II 1996, 445 |
BFHE 180, 344 |
BFHE 1997, 344 |
BB 1996, 1546 |
BB 1996, 1546 (Leitsatz) |
DB 1996, 1603 (Leitsatz) |
DStR 1996, 1282 (Kurzwiedergabe) |
DStZ 1996, 561 (Kurzwiedergabe) |
HFR 1996, 581 (Leitsatz) |
StE 1996, 479 (Kurzwiedergabe) |
WPg 1996, 591 (Leitsatz) |
StRK, R.28 (Leitsatz und Gründe) |
FR 1996, 588 (Kurzwiedergabe) |
NJW 1996, 3294 |
GStB 1996, Beilage zur Nr 8 (Leitsatz) |
BFH/NV BFH/R 1996, 244 (Leitsatz und Gründe) |
EzB, (Leitsatz) |
EzB, (red. Leitsatz) |
NVwZ 1997, 520 |
NVwZ 1997, 520 (Leitsatz) |
GI 1996, 215 (red. Leitsatz) |
DBlR, 4292a KG/EStG/§ 9 (Leitsatz und Gründe) |