Entscheidungsstichwort (Thema)
(Ermäßigter Steuersatz für Konzertveranstaltung durch Solisten)
Leitsatz (amtlich)
Veranstaltet ein Solist ein Konzert, unterliegen diese Umsätze dem ermäßigten Steuersatz.
Normenkette
UStG 1980 § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a
Verfahrensgang
FG München (Entscheidung vom 11.02.1993; Aktenzeichen 14 K 1584/88) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein Unterhaltungskünstler. Im Streitjahr (1985) trat er in zahlreichen Konzertveranstaltungen auf. Außerdem erbrachte er an verschiedenen Orten Gesangs- und Instrumentaldarbietungen als alleinauftretender Unterhaltungskünstler. Mit der Saalanmietung, Organisation, Werbung, Plakatierung, dem Kartenverkauf und ähnlichen Leistungen beauftragte er andere Unternehmen (in der Regel die Fa. S), die die Einnahmen mit dem Kläger nach den Veranstaltungen abrechneten.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unterwarf die Erlöse aus dem Kartenverkauf der Konzerte entsprechend der vom Kläger eingereichten Umsatzsteuer-Erklärung für 1985 dem allgemeinen Steuersatz.
Der Einspruch, mit dem der Kläger den ermäßigten Steuersatz geltend machte, hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 688 veröffentlicht ist, gab der daraufhin erhobenen Klage statt. Es setzte für die Umsätze des Klägers als alleinauftretender Unterhaltungskünstler die Umsatzsteuer nach dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- 1980) fest, da es den Kläger insoweit als Veranstalter von Konzerten ansah.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 unterscheide zwischen den Leistungen des darbietenden Künstlers einerseits und den Leistungen des Veranstalters von Theateraufführungen und Konzerten andererseits. Deshalb könne im Falle einer Veranstaltungsleistung der ermäßigte Steuersatz nur in Anspruch genommen werden, wenn der Veranstalter nicht gleichzeitig auch darbietender Künstler sei. Da die Umsätze von Solokünstlern nicht unter die Ermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 fielen, seien die Leistungen des Klägers dem Regelsteuersatz zu unterwerfen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Der Senat hat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden, ob die streitbefangenen Veranstaltungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG 1980 steuerfrei sind. Er ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt scheidet die Befreiung bereits mangels der im Gesetz genannten Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde aus. Die im Revisionsverfahren vorgelegte Bescheinigung der Regierung von Oberbayern vom 30. August 1993 kann in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden.
2. Das FG hat die genannten Veranstaltungen zu Recht mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 in der im Streitjahr geltenden Fassung ermäßigt sich die Steuer auf sieben vom Hundert für die Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer.
Der Tatbestand dieser Vorschrift ist erfüllt.
Der Kläger gehört nicht zu den in dieser Vorschrift genannten Institutionen (Theater, Orchester, Kammermusikensemble, Chor und Museum). Er ist ein anderer Unternehmer.
Bei den streitbefangenen Darbietungen handelt es sich um Konzerte. Entgegen dem ursprünglichen Wortsinn sind auch Solokonzerte "Konzerte" (Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl.).
Der Kläger hat diese Konzerte selbst veranstaltet, da er gegenüber den Konzertbesuchern als Veranstalter auftrat. Nach den Feststellungen des FG hat er sich der mit der Organisation beauftragten Konzertagenturen lediglich als selbständigen Vertreters oder Subunternehmers bedient. Er wurde nicht von den Konzertagenturen verpflichtet, vielmehr hat er die Konzertagenturen beauftragt.
Die Begünstigung der Konzertveranstaltung entspricht auch dem Sinn der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980. Mit der Einführung der Mehrwertsteuer hat der Gesetzgeber für bestimmte Bereiche, in denen die Anwendung des Normalsteuersatzes zu nicht zu verantwortenden Preiserhöhungen --oder, falls der Abnehmer erhöhte Preise nicht akzeptieren würde, zu einer nicht vertretbaren Gewinnschmälerung der Unternehmen-- führen müßte, einen begünstigten Steuersatz vorgesehen (schriftlicher Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages vom 30. März 1967 zu BTDrucks V/1581, unter 4 c). Hierzu gehören auch die in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 genannten Konzertveranstaltungen. Die Steuerbegünstigung soll in erster Linie dem Konzertbesucher zugute kommen, bei dem die Anwendung des Normalsteuersatzes zu einer nicht zu verantwortenden Preiserhöhung führen würde, falls die vom UStG grundsätzlich angestrebte Abwälzung der Umsatzsteuer gelingt. Diese Begünstigung des Konzertbesuchers muß unabhängig davon gelten, wie die Konzertveranstaltung organisiert ist. Wäre die Konzertagentur Veranstalterin der Konzerte des Klägers gewesen, wäre der Tatbestand des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1980 zweifelsohne erfüllt. Es besteht aber kein Grund, die Konzertbesucher mit einer höheren Steuer zu belasten, wenn der Kläger der Veranstalter seiner Konzerte ist.
Fundstellen
Haufe-Index 65603 |
BFH/NV 1995, 38 |
BStBl II 1995, 348 |
BFHE 176, 500 |
BFHE 1995, 500 |
BB 1995, 764 (L) |
DB 1995, 1112 (L) |
DStR 1995, 603 (KT) |
DStZ 1995, 413 (KT) |
HFR 1995, 340 (LT) |
StE 1995, 252 (K) |