Entscheidungsstichwort (Thema)
Verklinkerung schadhafter Außenfassade - Erhaltungsaufwand
Leitsatz (NV)
Die Aufwendungen für die Erneuerung einer schadhaften Außenfassade durch eine andere als die bisherige Oberflächenbehandlung sind als Erhaltungsaufwand sofort abziehbare Werbungskosten, wenn das Gebäude nicht durch die Baumaßnahme wesentlich in seiner Substanz vermehrt, in seinem Wesen verändert oder - von der üblichen Modernisierung abgesehen - über seinen bisherigen Zustand hinaus verbessert wird.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind nichtselbständig tätig. In ihrer Einkommensteuererklärung 1983 begehrten sie u. a. Aufwendungen für die Außenfassade ihres 1966 erbauten Hauses als sofort abziehbare Werbungskosten zu behandeln. Auf Grund von Witterungseinflüssen hätten sich im Laufe der Jahre an der Wetterseite Haarrisse im Außenputz gebildet, durch die insbesondere bei längeren Regenperioden Feuchtigkeit in das Bimsmauerwerk eingedrungen sei. Der Kläger habe daraufhin in Eigenleistungen die Außenfassade mit Hartschaumplatten bedeckt und darauf Sparverblender angebracht.
Mit ihrer Klage gegen die Einspruchsentscheidung beantragten sie u. a. den hälftigen Ansatz der für die Neugestaltung der Außenfassade aufgewendeten Kosten in Höhe von (1/2 von . . . DM abzüglich vom Beklagten und Revisionsbeklagten - Finanzamt (FA) - bereits abgesetzter erhöhter Absetzungen von . . . DM =) . . . DM, die das FA unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Oktober 1981 VIII R 85/79 (BFHE 134, 301, BStBl II 1982, 64) als Herstellungskosten behandelt hatte.
Das Finanzgericht (FG) beurteilte die Verklinkerung der Außenfassade des Hauses der Kläger als Herstellungskosten und wies die Klage insoweit ab.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der Verletzung der §§ 7 und 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Aufwendungen der Kläger für die Erneuerung der schadhaft gewesenen Außenfassade sind als Erhaltungsaufwand sofort abziehbare Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Aufwendungen für die Erneuerung von Teilen eines Gebäudes stellen nur dann Herstellungskosten dar, wenn das Gebäude durch die Baumaßnahme wesentlich in seiner Substanz vermehrt, in seinem Wesen verändert oder - von der üblichen Modernisierung abgesehen - über seinen bisherigen Zustand hinaus verbessert wird (vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1979 VIII R 83/77, BFHE 127, 383, BStBl II 1979, 435).
Zur üblichen Funktion einer Wand gehört der Schall- und Wärmeschutz, zu der des Außenanstrichs u. a. auch der Schutz vor Feuchtigkeitseinwirkung. Dieser letztere Schutz ist im vorliegenden Fall zwar verstärkt worden. Die Sichtklinker und die damit verkleideten Hartschaumplatten erfüllen im Streitfall aber weitgehend lediglich in vergleichbarer Weise die bisherige Funktion des Schutzanstrichs für das Gebäude. Die Verbesserung des Zustandes des Gebäudes der Kläger ist jedenfalls nicht von so wesentlicher Bedeutung, daß sie für sich allein die Annahme von Herstellungskosten rechtfertigen könnte; die Arbeiten der Kläger haben vornehmlich Modernisierungscharakter.
Das Gebäude ist weder in seiner Substanz in der Weise vermehrt worden, daß Teile hinzugefügt worden sind, die sich als nachträgliche Herstellungsmaßnahme erweisen, noch ist die Wesensart des Gebäudes verändert worden oder hat eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes im Sinne einer Generalüberholung stattgefunden. Denn unstreitig ist der bisherige Kunststoffputz schadhaft gewesen und seine Funktion, die Außenwand zu schützen, durch das Anbringen der Hartschaumplatten und der Sparverblender wiederhergestellt worden. Dadurch haben die Kläger zwar eine andere als die bisherige Oberflächenbehandlung gewählt; die Isolierungsfunktion ist aber durch die Anbringung der Hartschaumplatten und der Sparverblender nur auf geänderte Weise erneuert worden.
Die Vorentscheidung, die davon ausgegangen ist, daß das Haus in seinem Wesen verändert worden sei, konnte rechtlich keinen Bestand haben. Sie war aufzuheben.
Der Senat vermag in der Sache selbst nicht zu erkennen; denn das FG hat - von seiner Rechtsansicht ausgehend zutreffend - keine Feststellungen darüber getroffen, in welchem Umfang die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich den Reparaturaufwendungen zuzurechnen sind. Das FG wird die erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachholen.
Fundstellen
Haufe-Index 63597 |
BFH/NV 1991, 812 |