Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein gewillkürtes Betriebsvermögen bei Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen - Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter bzw. erhöhte Absetzungen nach § 82a EStDV bei Gewinnermittlung nach § 13a EStG nicht möglich
Leitsatz (amtlich)
Bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen kann gewillkürtes Betriebsvermögen nicht gebildet werden.
Orientierungssatz
Auch wenn in einem bestimmten Sachzusammenhang die Gewinnermittlung nach § 13a EStG als der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG rechtssystematisch gleichgestellt bezeichnet worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 16.2.1989 IV R 64/87), knüpft sie grundsätzlich nicht an die Technik des Betriebsvermögensvergleichs, sondern mit bestimmten Maßgaben an den Vergleichswert der landwirtschaftlichen Nutzung nach § 41 BewG und damit an den gewöhnlich nachhaltig erzielbaren Reingewinn an. Folglich sind insoweit die Vorschriften des EStG über den Gewinn grundsätzlich suspendiert. Diese rechtliche Beurteilung, hat z.B. zur Folge, daß die Möglichkeit der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter nicht gegeben ist und daß auch erhöhte Absetzungen nach § 82a EStDV nicht zulässig sind (Festhaltung an BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, §§ 6b, 6c, 13, 13a, 6 Abs. 2; EStDV § 82a
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war in den Streitjahren (1981 und 1982) nichtselbständig tätig. Außerdem erzielte er Einkünfte aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Die Einkünfte daraus wurden gemäß § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Durchschnittssätzen ermittelt. Das Wirtschaftsjahr umfaßte den Zeitraum vom 1.Juli bis zum 30.Juni.
Im Wirtschaftsjahr 1979/80 erzielte der Kläger einen Gewinn aus der Veräußerung von Grundstücken seines landwirtschaftlichen Betriebs. Dafür wurde ein Abzug nach § 6c EStG in Höhe von 106 570 DM vorgenommen. Ein Teil des Abzugsbetrags wurde von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anderer Wirtschaftsgüter abgezogen, davon 9 514 DM von den Anschaffungskosten eines PKW im Wirtschaftsjahr 1980/81. Vom verbleibenden Abzugsbetrag zog der Kläger unter Berufung auf § 13a Abs.8 EStG einen Betrag von 3 000 DM ab und erfaßte den so sich ergebenden Betrag von 70 197 DM im Wirtschaftsjahr 1981/82 gewinnerhöhend als Betriebseinnahme (Zuschlag).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) ließ den Abzug von den Anschaffungskosten des PKW entsprechend einem angenommenen betrieblichen Nutzungsanteil von 20 v.H. nur in Höhe von 1 902 DM zu, lehnte die Gewährung eines Freibetrags nach § 13a Abs.8 EStG ab und erfaßte außerdem einen Zuschlag nach § 6b Abs.6 EStG in Höhe von jeweils 6 v.H. von 77 809 DM für die Wirtschaftsjahre 1980/81 und 1981/82. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nachdem das FA zuvor einen entsprechenden Hinweis gegeben hatte, ließ es den Abzug von den Anschaffungskosten des PKW nunmehr auch in Höhe des betrieblichen Nutzungsanteils nicht mehr zu und setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre entsprechend höher fest.
Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, der PKW gehöre zum gewillkürten Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs, ließ den Abzug von den gesamten Anschaffungskosten des PKW zu, gewährte unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 17.September 1987 IV R 8/86 (BFHE 151, 139, BStBl II 1988, 55) einen Freibetrag nach § 13a Abs.8 EStG in Höhe von 3 000 DM und erfaßte mit der Begründung, die Vorschrift des § 6b Abs.6 EStG sei erstmals für das Wirtschaftsjahr 1981/82 anzuwenden, einen Zuschlag nur für dieses Wirtschaftsjahr.
Dagegen richtet sich die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassene Revision des FA, die sich ausschließlich gegen die Auffassung des FG wendet, der PKW gehöre zum gewillkürten Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur anderweitigen Festsetzung der Einkommensteuer für die Streitjahre (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO).
1. Nach § 6c Abs.1 EStG ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG die Vorschrift des § 6b EStG mit Ausnahme des § 6b Abs.4 Nr.1 EStG mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Abzug nach § 6b Abs.1 und 3 EStG nur zulässig ist, wenn der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden, Gebäuden oder Aufwuchs auf oder Anlagen im Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden entstanden ist. Der Abzug ist nach § 6b Abs.1 Satz 2 Nr.1 EStG auch bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Anlagegütern zulässig. Voraussetzung ist u.a., daß die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehören (§ 6b Abs.4 Satz 1 Nr.3 EStG). Zum Anlagevermögen gehören bei Gewerbetreibenden die Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter), die bestimmt sind, dauernd dem Betrieb zu dienen (vgl. § 152 Abs.1 Satz 1 des Aktiengesetzes ―AktG― 1965 und jetzt § 247 Abs.2 des Handelsgesetzbuches ―HGB―). Zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (§ 13 EStG) gehören demzufolge die Wirtschaftsgüter, die bestimmt sind, dauernd dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen (vgl. Leingärtner/Zaisch, Die Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2.Aufl. 1990, Rz.1130).
2. Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie überwiegend, d.h. zu mehr als 50 v.H. eigenbetrieblich genutzt werden (vgl. Senatsurteil vom 13.März 1964 IV 158/61 S, BFHE 79, 605, BStBl III 1964, 455). Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die, wenn auch nicht zu mehr als der Hälfte, so doch in nicht unbedeutendem Umfange betrieblich genutzt werden, können von Gewerbetreibenden und Freiberuflern, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs.1 oder § 5 EStG ermitteln, als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgewiesen werden (Urteil in BFHE 79, 605, BStBl III 1964, 455). Entsprechendes gilt bei Land- und Forstwirten mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs.1 EStG. Auch für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft ist anerkannt, daß die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens in Betracht kommt (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 30.Juli 1964 IV 20/63 U, BFHE 80, 274, BStBl III 1964, 574). Dabei sind allerdings ebenso wie bei Freiberuflern gewisse Einschränkungen zu beachten, die sich aus den Besonderheiten der Einkunftsart ergeben (BFH-Entscheidungen vom 19.Januar 1982 VIII B 57/80, BFHE 135, 440, BStBl II 1982, 526, und vom 28.Oktober 1982 IV R 73/81, BFHE 137, 32, BStBl II 1983, 106). Bei abnutzbaren beweglichen Anlagegütern, die teilweise eigenbetrieblich, teilweise für private Zwecke genutzt werden, gibt es jedoch keine Besonderheiten, die in der Frage der Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen eine unterschiedliche Behandlung der einzelnen betrieblichen Einkunftsarten rechtfertigen könnten. Demzufolge kann auch ein Land- und Forstwirt mit Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs.1 EStG abnutzbare bewegliche Anlagegüter, die in nicht unerheblichem Umfange eigenbetrieblich genutzt werden, seinem gewillkürten Betriebsvermögen zuordnen.
3. Hieraus ergibt sich entgegen der Auffassung des FG jedoch nicht, daß auch bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden könnte. Zwar ist in einem bestimmten Sachzusammenhang die Gewinnermittlung nach § 13a EStG als der Gewinnermittlung nach § 4 Abs.1 EStG rechtssystematisch gleichgestellt bezeichnet worden (vgl. Senatsurteil vom 16.Februar 1989 IV R 64/87, BFHE 157, 44, BStBl II 1989, 708). Im Urteil in BFHE 157, 44, BStBl II 1989, 708 ist nämlich entschieden worden, daß ein Land- und Forstwirt beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Überschußrechnung nach § 4 Abs.3 EStG einen Übergangsgewinn ermitteln muß, weil er gleichzeitig das Gewinnermittlungssystem wechselt, nämlich von den Grundsätzen des Bestandsvergleichs nach § 4 Abs.1 EStG zum Zu- und Abflußprinzip des § 4 Abs.3 EStG übergehe. Der Senat hat jedoch in anderem Zusammenhang ausgeführt, die Gewinnermittlung nach § 13a EStG knüpfe grundsätzlich nicht an die Technik des Betriebsvermögensvergleichs, sondern mit bestimmten Maßgaben an den Vergleichswert der landwirtschaftlichen Nutzung nach § 41 des Bewertungsgesetzes (BewG) und damit an den gewöhnlich nachhaltig erzielbaren Reingewinn an (Urteil vom 17.März 1988 IV R 82/87, BFHE 153, 333, BStBl II 1988, 770). Folglich seien insoweit die Vorschriften des EStG über den Gewinn grundsätzlich suspendiert. Diese rechtliche Beurteilung, an der festzuhalten ist, hat z.B. zur Folge, daß die Möglichkeit der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs.2 EStG) nicht gegeben und ohne rechtlichen Belang ist (Urteil in BFHE 153, 333, BStBl II 1988, 770) und daß auch erhöhte Absetzungen nach § 82a der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) nicht zulässig sind (vgl. Senatsurteil vom 7.Juni 1984 IV R 276/83, BFHE 141, 276, BStBl II 1984, 663). Zu den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung in diesem Sinne gehören auch die Rechtsgrundsätze über die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens, und zwar auch bei abnutzbaren beweglichen Anlagegütern, die teilweise, jedoch zu nicht mehr als 50 v.H. betrieblich genutzt werden. Die gewinnmäßigen Auswirkungen, die sich aus dem betrieblichen Einsatz dieser Wirtschaftsgüter ergeben, insbesondere die anteiligen Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf solche Wirtschaftsgüter, sind durch den Ansatz des Grundbetrags nach § 13a Abs.4 EStG ebenso abgegolten wie bei zu mehr als 50 v.H. betrieblich genutzten und deshalb zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern. Schon aus diesem Grunde, also unabhängig davon, daß ein buchmäßiger Ausweis im Rahmen einer ordnungsmäßigen Buchführung als Voraussetzung für die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens entfällt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 15.Juli 1960 VI 10/60 S, BFHE 71, 625, BStBl III 1960, 484), können solche Wirtschaftsgüter auch nicht mit der Folge, daß anteilige AfA und sonstige Aufwendungen nach § 13a Abs.8 Nr.3 EStG vom Grundbetrag abzuziehen wären, als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgewiesen werden.
Damit erweist sich die Revision des FA, die sich nur gegen die Behandlung des PKW als gewillkürtes Betriebsvermögen richtet, in vollem Umfang als begründet. Da der Senat über das Revisionsbegehren nicht hinausgehen darf, ist für die Entscheidung unerheblich, ob der Auffassung des FG zum zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift des § 6b Abs.6 EStG gefolgt werden könnte.
Das FG-Urteil war danach teilweise, nämlich insoweit, wie es auf dem Abzug eines Betrags von 9 514 DM von den Anschaffungskosten eines PKW im Wirtschaftsjahr 1980/81 beruht, aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Einkommensteuer für die Streitjahre wird auf die Beträge festgesetzt, die sich ohne Abzug des Betrags von 9 514 DM ergeben. Die Steuerfestsetzung wird gemäß Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit dem FA übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 63967 |
BFH/NV 1991, 63 |
BStBl II 1991, 798 |
BFHE 164, 537 |
BFHE 1992, 537 |
BB 1991, 1830 |
BB 1991, 1830 (LT) |
DB 1991, 2223 (L) |
DStR 1991, 1216 (KT) |
DStZ 1991, 665 (KT) |
HFR 1991, 654 (LT) |
StE 1991, 322 (K) |