Entscheidungsstichwort (Thema)
Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 5 EStG
Leitsatz (amtlich)
Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs.5 EStG 1981 sind keine erhöhten Absetzungen i.S. des § 52 Abs.21 Satz 4 EStG 1987.
Normenkette
EStG 1981 § 7 Abs. 5; EStG 1987 § 52 Abs. 21 S. 4
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eigentümer eines Zweifamilienhauses. Die Hauptwohnung nutzen sie zu eigenen Wohnzwecken, die Einliegerwohnung ist vermietet. Die Herstellungskosten des seit Mai 1981 bezugsfertigen Gebäudes betrugen 1 055 168 DM.
In den Jahren 1981 bis 1986 nahmen die Kläger bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jeweils Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs.5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1981 in Höhe von 3,5 v.H. der Herstellungskosten in Anspruch. Für das Streitjahr 1987 beantragten die Kläger gemäß § 52 Abs.21 Satz 3 EStG 1987, den Nutzungswert der eigengenutzten Wohnung nicht mehr zu besteuern.
In dem --aufgrund einer Außenprüfung nach § 164 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten-- Einkommensteuerbescheid 1987 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur noch für die Einliegerwohnung an. Bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigte das FA anteilige AfA nach § 7 Abs.5 EStG 1981 in Höhe von 5 540 DM. Einen Abzug der auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden AfA nach § 52 Abs.21 Satz 4 EStG 1987 lehnte das FA ab, weil die AfA nach § 7 Abs.5 EStG keine erhöhten Absetzungen im Sinne dieser Vorschrift seien. Der Einspruch der Kläger war erfolglos.
Mit der Klage beantragten die Kläger, die auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden AfA nach § 7 Abs.5 EStG zum Abzug zuzulassen, hilfsweise, erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG 1981 zu gewähren.
Das Finanzgericht (FG) ließ einen den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG 1981 entsprechenden, auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Betrag von 4 460 DM (Höchstbetrag von 10 000 DM abzüglich des für die Einliegerwohnung bereits berücksichtigten Betrags von 5 540 DM) zum Abzug wie Sonderausgaben zu (§ 52 Abs.21 Satz 4 EStG 1987). Im übrigen wies es die Klage ab.
Mit der Revision tragen die Kläger vor: Die "normale, grundsätzliche Abschreibung" für Gebäude sei die lineare AfA nach § 7 Abs.4 EStG. Die degressive AfA nach § 7 Abs.5 EStG, die schon immer den Zweck gehabt habe, die Bauwirtschaft und die Bauherren zu fördern, sei dagegen eine erhöhte Absetzung. Dies ergebe sich auch aus § 21a Abs.3 EStG; dort sei nachträglich geregelt worden, daß AfA nach § 7 Abs.5 EStG nicht vom Grundbetrag abgezogen werden dürfen. Würde es sich nicht um erhöhte Absetzungen handeln, hätte deren Nichtabziehbarkeit nicht besonders erwähnt werden müssen.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1987 die Einkommensteuer auf 76 498 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat das FG die von den Klägern in Anspruch genommenen AfA nach § 7 Abs.5 EStG 1981 nicht als erhöhte Absetzungen i.S. des § 52 Abs.21 Satz 4 EStG 1987 beurteilt.
Hat der Steuerpflichtige --wie im Streitfall die Kläger-- gemäß § 52 Abs.21 Satz 3 EStG 1987 auf die Besteuerung des Nutzungswerts der eigengenutzten Wohnung verzichtet, kann er für diese Wohnung mangels Einkünfteerzielung keine AfA mehr als Werbungskosten abziehen. Haben im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen vorgelegen, können aber die den erhöhten Absetzungen entsprechenden Beträge wie Sonderausgaben berücksichtigt werden bis einschließlich des Veranlagungszeitraums, in dem der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen letztmals hätte in Anspruch nehmen können (§ 52 Abs.21 Satz 4 EStG 1987).
Der Begriff "erhöhte Absetzungen" ist gesetzlich nicht definiert. Nach den für den Streitfall geltenden einkommensteuerrechtlichen Vorschriften konnten die Kläger für das Zweifamilienhaus "als Absetzung für Abnutzung" entweder jährlich 2 v.H. der Herstellungskosten bis zur vollen Absetzung (sog. lineare AfA nach § 7 Abs.4 Nr.1 EStG 1981) oder in den ersten zwölf Jahren jeweils 3,5 v.H., in den darauffolgenden 20 Jahren jeweils 2 v.H. und in den darauffolgenden 18 Jahren jeweils 1 v.H. der Herstellungskosten (sog. degressive AfA nach § 7 Abs.5 Satz 1 EStG 1981) in Anspruch nehmen. Die Kläger haben sich für die degressive AfA entschieden. Abweichend von § 7 Abs.4 und 5 EStG 1981 hätten sie aber auch acht Jahre lang 5 v.H. der Herstellungskosten absetzen und nach Ablauf dieser acht Jahre als AfA bis zur vollen Absetzung jährlich 2,5 v.H. des Restwerts abziehen können (§ 7b EStG 1981).
Die Überschriften zu § 7 und § 7b EStG --einerseits "Absetzung für Abnutzung", andererseits "erhöhte Absetzungen"-- legen den Schluß nahe, daß erhöhte Absetzungen nur anzunehmen sind, wenn sie im Gesetz als solche bezeichnet werden. Rechnerisch könnten die degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG 1981 zwar in den ersten zwölf Jahren des Abzugszeitraums als erhöhte Absetzung angesehen werden, weil die Absetzungsbeträge in diesem Zeitraum die linearen Absetzungsbeträge von 2 v.H. übersteigen. Jedoch ergibt sich aus § 7 Abs.5 Satz 2 EStG 1981, daß der Gesetzgeber die degressive Gebäude-AfA nicht als erhöhte Absetzung ansieht; sonst hätte er sie hier nicht gesondert neben den erhöhten Absetzungen genannt. Bereits vor Einfügung des § 7 Abs.5 Satz 2 EStG durch das Steueränderungsgesetz 1979 hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 27.Juni 1978 VIII R 136/74 (BFHE 126, 15, 17, BStBl II 1979, 8) sowohl die lineare AfA nach § 7 Abs.4 EStG als auch die degressive AfA nach § 7 Abs.5 EStG im Gegensatz zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG als "die normalen AfA für Gebäude" bezeichnet.
Ob es sich bei den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG um erhöhte Absetzungen handelt, war bereits im Rahmen der Nutzungswertbesteuerung der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus von Bedeutung. Nach § 21a Abs.3 EStG 1981 durften vom Grundbetrag nur Schuldzinsen bis zur Höhe des Grundbetrags und erhöhte Absetzungen abgezogen werden. Nachdem durch das 2.Haushaltsstrukturgesetz vom 22.Dezember 1981 (BGBl I 1981, 1523, BStBl I 1982, 235) die degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG für die ersten acht Jahre des Abzugszeitraums auf 5 v.H. erhöht wurden, wurde im Schrifttum die Auffassung vertreten, die degressiven AfA seien erhöhte Absetzungen und somit vom Grundbetrag absetzbar (z.B. Söffing, Finanz-Rundschau --FR-- 1982, 421; Brosch, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1982, 433, 436). Der Gesetzgeber fügte daraufhin durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20.Dezember 1982 (BGBl I 1982, 1857, BStBl I 1982, 972) dem § 21a Abs.3 Nr.2 EStG den Zusatz an, daß AfA nach § 7 Abs.5 EStG nicht vom Grundbetrag abgezogen werden dürfen. Entgegen der Meinung der Kläger kann aus diesem Zusatz nicht geschlossen werden, es handle sich bei den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG 1981 um erhöhte Absetzungen, weil der Ausschluß des Abzugs dieser AfA andernfalls nicht besonders hätte geregelt werden müssen. Denn in der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen (BT-Drucks 9/2024, S.66), durch den Zusatz werde die bisherige Rechtslage nicht geändert, sondern nur klargestellt, daß es sich bei den AfA nach § 7 Abs.5 EStG nicht um erhöhte Absetzungen handle; die Klarstellung sei erforderlich geworden, weil im Schrifttum zunehmend die nicht der Absicht des Gesetzgebers entsprechende gegenteilige Auffassung vertreten worden sei.
Daß degressive AfA nach § 7 Abs.5 EStG 1981 nicht unter den Begriff erhöhte Absetzungen i.S. des § 52 Abs.21 Satz 4 EStG 1987 fallen, ergibt sich auch aus dem Zweck der Vorschrift. Die Übergangsregelung soll sicherstellen, daß der Steuerpflichtige die Steuervergünstigungen, die ihm bei der pauschalen Nutzungswertbesteuerung zustanden, dem Umfang nach entsprechend den für ihn bisher geltenden Vorschriften bis zum Ablauf des Begünstigungszeitraums (wie Sonderausgaben) abziehen kann (BT-Drucks 10/3633, S.17). Lineare und degressive AfA waren aber anders als erhöhte Absetzungen mit dem bei der pauschalierten Nutzungswertbesteuerung anzusetzenden Grundbetrag (§ 21a Abs.1 Satz 4 EStG i.d.F. bis 1986) abgegolten. Hinsichtlich der degressiven AfA verliert der Steuerpflichtige durch die Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung somit keine Steuervorteile, derentwegen eine Übergangsregelung zur Wahrung seines Besitzstands erforderlich wäre.
Die Kläger haben zwar vor 1987 den Nutzungswert der eigengenutzten Wohnung durch Überschußrechnung ermittelt, so daß sich die degressiven AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in voller Höhe als Werbungskosten ausgewirkt haben. Die Kläger hätten die degressiven AfA auch über 1986 hinaus als Werbungskosten abziehen können, wenn sie die Nutzungswertbesteuerung --wie es das Gesetz für den Regelfall vorsieht (§ 52 Abs.21 Satz 2 EStG 1987)-- beibehalten hätten. Da sie aber gemäß § 52 Abs.21 Satz 3 EStG 1987 auf die Nutzungswertbesteuerung verzichtet haben, wird ihre eigengenutzte Wohnung steuerlich den Wohnungen gleichgestellt, deren Nutzungswert im Veranlagungszeitraum 1986 nach § 21a EStG 1986 pauschal zu ermitteln war mit der Folge, daß die den degressiven AfA entsprechenden Beträge nicht wie Sonderausgaben abgezogen werden dürfen.
Fundstellen
Haufe-Index 64650 |
BFH/NV 1994, 34 |
BStBl II 1994, 322 |
BFHE 173, 323 |
BFHE 1994, 323 |
BB 1994, 712 |
BB 1994, 712 (L) |
DB 1994, 916-917 (LT) |
HFR 1994, 313-314 (LT) |
StE 1994, 198 (K) |