Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung der Zinsen von Darlehen für die Errichtung eines Gebäudes mit einer fremdvermieteten und einer selbst genutzten Eigentumswohnung
Leitsatz (NV)
Finanziert der Steuerpflichtige die Errichtung von Eigentumswohnungen, von denen eine dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und die andere der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung dient, mit Eigenmitteln und Darlehen, die er einem gemeinsamen Konto gutschreiben lässt, von dem er alle Gebäudeerrichtungskosten bezahlt, sind die Darlehenszinsen nur anteilig (im Verhältnis der selbstgenutzten Wohn-/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Einkünfteerzielung dienen) als Werbungskosten abziehbar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1, § 21 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (EFG 2000, 735) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, erwarben im Jahre 1993 gemeinsam ein unbebautes Grundstück. Im Februar 1994 stellten sie einen Bauantrag zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer Arztpraxis im Untergeschoss und zwei Doppelgaragen. Durch notariell beurkundete Teilungserklärung vom Mai 1994 begründeten die Kläger an dem Grundstück Wohnungs- und Teileigentum; die Klägerin wurde dadurch zu 34/100 und der Kläger (einschließlich der Praxis) zu 66/100 Sondereigentümer in Bruchteilsgemeinschaft. Die Arztpraxis, deren Herstellungskosten bis Ende des Streitjahres (1995) 357 780 DM betrugen, vermietete der Kläger an die Klägerin.
Bereits vor Baubeginn hatte der Kläger mit seiner Bank ―neben der Finanzierung des Wohnhauses― eine gesonderte Finanzierung für die Arztpraxis ausgehandelt und vereinbart, dass die gesamten Herstellungskosten des Gebäudes (Wohnhaus und Arztpraxis) über ein Baukonto (Kontokorrent-Konto) abzuwickeln seien. In der Folgezeit rief er die vereinbarten Darlehen in ―dem Baufortschritt entsprechenden― Raten zur Zahlung auf das Baukonto ab (bis April 1996 insgesamt 375 000 DM). Im gleichen Zeitraum wurden diesem Konto auch ein von der Klägerin aufgenommenes Darlehen (Auszahlung 286 000 DM), Mittel aus der Arztpraxis (233 700 DM), Eigenmittel des Klägers (167 200 DM) sowie ein Guthaben aus der Bauwesenversicherung (27 748 DM) gutgeschrieben. Die für Wohnhaus und Arztpraxis insgesamt angefallenen Herstellungskosten wurden ―vereinbarungsgemäß― über das Baukonto gezahlt.
In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres machten die Kläger die Aufwendungen für das die Arztpraxis betreffende Darlehen des Klägers als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend; diese ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) nur mit dem auf die Fläche der Praxisräume im Verhältnis zur gesamten Fläche des Hauses entfallenden Anteil zum Abzug zu.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die tatsächliche Verwendung des vom Kläger für die Finanzierung der Herstellungskosten der Arztpraxis aufgenommenen Darlehens sei nicht nachgewiesen, da es ―ebenso wie die Darlehen für die Wohnräume und die Eigenmittel― dem einheitlichen Baukonto gutgeschrieben und über dieses Konto die gesamte Baufinanzierung abgewickelt worden sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 735 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―).
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und unter Berücksichtigung von weiteren Schuldzinsen von 13 315 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Einkommensteuer des Streitjahres 1995 auf 5 066 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat die zusätzlich geltend gemachten Aufwendungen zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beurteilt.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften ―im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung― verwendet worden ist. Der wirtschaftliche Zusammenhang kann nicht durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden. Dient ein Gebäude ―wie hier― nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung, und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 16. April 2002 IX R 65/98, BFH/NV 2002, 1154, m.w.N.). In vollem Umfang sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige die Herstellungskosten den eigenständige Wirtschaftsgüter bildenden Gebäudeteilen zuordnet und diese gesondert zugeordneten Herstellungskosten (Entgelte für Lieferungen und Leistungen) ―objektiv nachprüfbar― auch tatsächlich mit Darlehensmitteln bezahlt (z.B. Urteil in BFH/NV 2002, 1154, m.w.N.). Finanziert der Steuerpflichtige dagegen die Errichtung eines (bereits vor Baubeginn in Eigentumswohnungen aufgeteilten) Gebäudes und rechnet er die Herstellungskosten einheitlich ab, ohne die auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Kosten gesondert auszuweisen, sind die Darlehenszinsen nur nach dem Verhältnis der selbstgenutzten Wohn-/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Einkünfteerzielung dienen, abziehbar (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 29/96, BFHE 187, 284, BStBl II 1999, 680).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Revision keinen Erfolg. Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) haben die Kläger zwar an dem Grundstück vor Baubeginn Wohnungs- und Teileigentum begründet und zur Finanzierung der Herstellungskosten des Wohnhauses und der Arztpraxis u.a. gesonderte Darlehen aufgenommen. Die ausgezahlte Darlehensvaluta haben sie jedoch jeweils dem gemeinsamen Baukonto gutschreiben lassen und von diesem die gesamten Baukosten bezahlt. Die Kläger haben damit ―wie das FG zutreffend festgestellt hat― die Kosten der Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet und nicht das vom Kläger gesondert aufgenommene Darlehen zur Finanzierung der Kosten der Herstellung der Arztpraxis tatsächlich verwendet.
Dass die ―mangels konkreter Zuordenbarkeit zum vermieteten Gebäudeteil notwendige― schätzungsweise Aufteilung der Eigen- und Fremdmittel nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, ist nicht ersichtlich. Die Kläger haben insoweit auch keine Einwendungen erhoben.
Fundstellen
Haufe-Index 943244 |
BFH/NV 2003, 1049 |
DStRE 2003, 911 |