Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende des Wirtschaftsjahres einer Baumschule bei Einbringung in eine OHG
Leitsatz (NV)
- Verpachtet ein Einzelunternehmer seine Baumschule an eine OHG, an der er als Gesellschafter beteiligt ist, so stellt dies eine Einbringung zur Nutzung dar.
- Mit der Einbringung des Betriebs endet das Wirtschaftsjahr des Einzelunternehmens. Der verpachtete Betrieb hört auf, ein eigenständiger Betrieb zu sein.
- Das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens besteht nur noch als Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers fort.
Normenkette
EStG § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1, §§ 13, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1; EStDV § 8b S. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren (1994 bis 1996) als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betrieb eine Baumschule. Seinen Gewinn ermittelte er durch Bestandsvergleich. Das Wirtschaftsjahr lief vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des folgenden Jahres. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1996 verpachtete der Kläger seinen gesamten Betrieb an die Fa. X-OHG (OHG), an der er selbst beteiligt war. Für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1996 bildete er ein Rumpfwirtschaftsjahr und ermittelte einen Verlust in Höhe von … DM. Für das restliche Wirtschaftsjahr 1996/97 ―beginnend mit dem 1. Oktober 1996― ermittelte er durch Einnahmen-Überschussrechnung einen Gewinn in Höhe von … DM und berücksichtigte diesen zu einem Drittel in der Einkommensteuererklärung 1996.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) veranlagte die Kläger antragsgemäß; doch erging der Einkommensteuerbescheid 1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, der Kläger könne weder ein Rumpfwirtschaftsjahr bilden noch innerhalb eines Wirtschaftsjahres die Gewinnermittlungsart wechseln. Es erfasste daher u.a. die Einnahmen aus der Verpachtung des Betriebes in dem nach seiner Auffassung vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni 1997 laufenden Wirtschaftsjahr und änderte den Einkommensteuerbescheid 1996 entsprechend. Weiter machte das FA den im Einkommensteuerbescheid 1994 berücksichtigten Verlustabzug rückgängig. Die u.a. dagegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos.
Mit der Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung machten die Kläger u.a. geltend, die Buchführungspflicht sei zum 1. Oktober 1996 auf die Pächterin übergegangen. Der Kläger habe daher seinen Gewinn ab diesem Zeitpunkt nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermitteln können.
Das Finanzgericht (FG) wies mit dem in Deutsches Steuerrecht/ Entscheidungsdienst (DStRE) 2003, 711 veröffentlichten Urteil die Klage als unbegründet ab.
Mit der Revision machen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend.
Sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Begehren stattzugeben, dass im Veranlagungszeitraum 1996 insgesamt von zwei Rumpfwirtschaftsjahren auszugehen ist, einem Rumpfwirtschaftsjahr des Baumschulbetriebes für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 30. September 1996 und einem Rumpfwirtschaftsjahr der OHG vom 1. Oktober 1996 bis zum 30. Juni 1997, sowie die Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2001 dahin abzuändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Gewinne der Rumpfwirtschaftsjahre im Wirtschaftsjahr 1996/97 und der daraus entstehenden Verlustrückträge in die Kalenderjahre 1994 und 1995, und zwar in Höhe von 114 856 DM in den Veranlagungszeitraum 1994 und in Höhe von 16 771,48 DM in den Veranlagungszeitraum 1995, festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision mit der Einschränkung zurückzuweisen, dass die von der OHG gezahlten Pachtzinsen als Sonderbetriebseinnahmen des Klägers berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG hat verkannt, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb des Klägers als Sonderbetriebsvermögen bei der OHG zu erfassen war und damit nicht mehr als eigenständiger Betrieb fortbestand; mit der Folge, dass das Wirtschaftsjahr für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zum 30. September 1996 endete.
1. Wirtschaftsjahr ist bei Land- und Forstwirten zwar grundsätzlich der Zeitraum vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG). Das Wirtschaftsjahr darf aber nach § 8b Satz 2 Nr. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) auch einen kürzeren Zeitraum umfassen, wenn ein Betrieb eröffnet, erworben, aufgegeben oder veräußert wird.
Bringt ein Land- und Forstwirt seinen Betrieb in eine neu gegründete Personengesellschaft ein, so beginnt für diese mit der Einbringung das Wirtschaftsjahr neu (Senatsurteil vom 26. Mai 1994 IV R 34/92, BFHE 175, 105, BStBl II 1994, 891). Daraus folgt, dass gleichzeitig auch das Wirtschaftsjahr des Einbringenden endet, weil er keinen eigenen Betrieb mehr hat (vgl. Bauer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 4a EStG Anm. 29).
2. Im Streitfall hat der Kläger seine eigene betriebliche Tätigkeit als Einzelunternehmer zwar eingestellt, seinen gesamten landwirtschaftlichen Betrieb aber an die OHG verpachtet, an der er ―nach seinen eigenen Angaben in der Einkommensteuererklärung 1996― selbst als Gesellschafter beteiligt ist.
a) Die stillen Reserven seines Betriebs hat der Kläger nicht aufgedeckt; offenbar weil er von einer Betriebsverpachtung im Ganzen ausgegangen ist und ein sog. Verpächterwahlrecht angenommen hat.
Im Streitfall kommt es jedoch deshalb nicht zu einer Gewinnrealisierung, weil der Kläger seinen bisher als Einzelunternehmen geführten Betrieb in die OHG, an der er als Gesellschafter beteiligt ist, eingebracht hat, und zwar zur Nutzung (quoad usum; vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juli 1992 IV B 7/91, BFH/NV 1993, 43, Nr. 2 der Gründe). Denn selbst wenn der bisher als Einzelunternehmer tätige Land- und Forstwirt das Eigentum an seinen Wirtschaftsgütern, insbesondere seinem Grund und Boden, behält und sie der Mitunternehmerschaft ―wie hier― lediglich zur Bewirtschaftung und Nutzung überlässt, sind diese Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen bei der Mitunternehmerschaft zu erfassen (Senatsurteil vom 16. Februar 1995 IV R 62/94, BFHE 177, 100, BStBl II 1995, 592, m.w.N.).
b) Während im Fall der Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Ganzen (ohne Beteiligung am Pächterbetrieb) zwei Betriebe bestehen können, der nicht aufgegebene und ruhende Betrieb des Verpächters sowie der aktiv wirtschaftende des Pächters, ist das bei der Verpachtung an die Mitunternehmerschaft, zu der der Verpächter selbst als Mitunternehmer gehört, nicht möglich. Der bisher als Einzelunternehmen geführte Betrieb hört auf, ein eigenständiger Betrieb zu sein; er besteht nur noch in Form von Sonderbetriebsvermögen des zum Mitunternehmer gewordenen Einzelunternehmers fort (vgl. Senatsurteil in BFHE 177, 100, BStBl II 1995, 592). Die bisher zum Einzelunternehmen gehörenden Wirtschaftsgüter sind vollständig bei der Mitunternehmerschaft zu erfassen. Denn sie sind organisatorisch in den betrieblichen Organismus der Mitunternehmerschaft eingegliedert. Das Alleineigentum des einzelnen Mitunternehmers an den einzelnen Wirtschaftsgütern verliert insoweit seine Bedeutung als die erzeugten land- und forstwirtschaftlichen Produkte der Mitunternehmerschaft gehören (§ 956 des Bürgerlichen Gesetzbuches; vgl. auch Senatsurteil in BFHE 177, 100, BStBl II 1995, 592). Vollzieht sich die Überlassung der dem Mitunternehmer gehörenden Wirtschaftsgüter im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG, so treten die Grundsätze der Betriebsverpachtung zurück. Denn Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören und die von der Mitunternehmerschaft genutzt werden, können nicht mehr durch bloße Betriebsaufgabeerklärung Privatvermögen werden (vgl. Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl. 2003, § 16 Rz. 708); sie sind vielmehr Sonderbetriebsvermögen, das in der Sonderbilanz für den betreffenden Mitunternehmer zu erfassen ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 3. Februar 1994 III R 23/89, BFHE 174, 372, BStBl II 1994, 709). Für dieses Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer ist dann die Mitunternehmerschaft buchführungspflichtig (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401). Eine Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung wäre daher insoweit unzulässig. Ebenso wie im Fall einer Betriebsaufspaltung hätte auch ein vom Mitunternehmer eingebrachtes Einzelunternehmen als angeblich aufrechterhaltener Verpachtungsbetrieb kein Betriebsvermögen mehr, das dem Verpachtungsbetrieb zugeordnet werden könnte.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat ausgehend von seinem Standpunkt, das Wirtschaftsjahr für den als Einzelunternehmen geführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers ende nicht mit der Verpachtung, nicht geprüft, welchen Gewinn oder Verlust der Kläger bis zum 30. September 1996 erzielt hatte. Denn zu diesem Zeitpunkt endete das Wirtschaftsjahr des in die OHG eingebrachten Einzelunternehmens, so dass der bis zu diesem Zeitpunkt erzielte Gewinn oder Verlust zu ermitteln war. Mangels einer Aufgabe des Betriebs war eine normale Schlussbilanz aufzustellen. Mit den dort anzusetzenden Werten waren die bisher zum Einzelunternehmen gehörenden Wirtschaftsgüter zum 1. Oktober 1996 als Sonderbetriebsvermögen in der Buchführung der OHG zu erfassen. Entgegen der ursprünglichen Ansicht des Klägers gehörten deshalb seine Pachteinnahmen auch zu seinen Einkünften aus der OHG (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG).
Aus diesen Gründen kann hier dahinstehen, ob ein bereits begonnenes Wirtschaftsjahr bei einer Betriebsfortführung nach einer "normalen" Betriebsverpachtung fortläuft und ob innerhalb eines Wirtschaftsjahres ein Wechsel der Gewinnermittlungsart zulässig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1178758 |
BFH/NV 2004, 1247 |
DStRE 2004, 1197 |