Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch der Käuferin an HZA hinsichtlich gezahlter, aber beim Erzeuger nicht erhobener Milch-Garantiemengenabgabe
Leitsatz (NV)
1. Die Käuferin der Milch ist nicht zur Zahlung der nachgemeldeten, beim Erzeuger aber nicht erhobenen Milch-Garantiemengenabgabe an das HZA verpflichtet.
2. Zur Frage, ob die Käuferin auf eigene oder fremde Rechnung gezahlt hat.
Normenkette
EWGV 856/84 Art. 5c; EWGV 1546/88 Art. 15 Abs. 4; AO 1977 § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2, §§ 47, 48 Abs. 1; MOG § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 12 Abs. 1, 3; MGV §§ 3, 11
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb unter der Bezeichnung A eine Molkerei, die u. a. von den Landwirten W und P beliefert wurde. Im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme bei der Molkerei (Käuferin) wurde festgestellt, daß der Erzeuger W seit 1985 die Anlieferungsreferenzmenge (ARM) des Landwirts P ausgenutzt und die Milch auf die ARM des P geliefert hatte.
Mit Schreiben vom 14. September 1990 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt -- HZA --) die Käuferin darauf hin, daß die dort in den Zwölfmonatszeit räumen 1985/1986 bis 1989/1990 auf den Namen des P verbuchte Milch nicht in dessen Betrieb, sondern im Betrieb des W erzeugt worden sei. Die beiden Landwirte hätten die Feststellungen der Prüfer inzwischen schriftlich bestätigt.
Unter Berechnung im einzelnen wurde die Käuferin aufgefordert, neue Abrechnungen zu erstellen und eine berichtigte Abgabeanmeldung für eine Milch-Garantiemengenabgabe des Erzeugers W in Höhe von ... DM zu übersenden. Die durch die Käuferin berichtigten Anmeldungen gingen am 30. Oktober 1990 beim HZA ein. Die nachgeforderte Milch-Garantiemengenabgabe zahlte die Klägerin im Januar 1991 an die Bundeskasse X.
Mit Vertrag vom 28. Januar 1991 verkaufte die Klägerin mit Wirkung zum 1. Februar 1991 das zu A gehörige Anlage- und Umlaufvermögen an Y. Dem HZA wurde dies mitgeteilt. Am 3./5. Juli 1991 beantragte die Klägerin beim HZA die Rückzahlung des Betrages von ... DM wegen rechtsgrundloser Zahlung. Die Prüfung ihrer Rechtsabteilung habe ergeben, daß die an das HZA geleistete Milch-Garantiemengenabgabe in dieser Höhe ohne rechtlichen Grund gezahlt worden und daher zu erstatten sei. Seit dem Verkauf der Molkerei sei es der Klägerin unmöglich, die für W gezahlte Summe von laufenden Milchgeldrechnungen einzubehalten. Das HZA lehnte dies ab. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 1055 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 11 der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) sowie von § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 48 der Abgabenordnung (AO 1977). Als Käuferin sei die Klägerin Entrichtungsschuldnerin i. S. des § 33 Abs. 1 AO 1977 gewesen. Sie habe die Milch-Garantiemengenabgaben ihrer Erzeuger für deren Rechnung einzubehalten und abzuführen gehabt. Als Entrichtungsschuldnerin habe die Klägerin von vornherein nicht Dritte i. S. von § 48 Abs. 1 AO 1977 sein können. Es sei zwar richtig, daß Erstattungsberechtigter im Rahmen des § 37 Abs. 2 AO 1977 auch bei Abzugsteuern grundsätzlich der Abgabenschuldner sei. Die Rechtsprechung sei aber von diesem Prinzip in Sonderfällen, vor allem im Lohnsteuerrecht, immer wieder abgewichen. Auch hier gehe es um einen Sonderfall. Das HZA habe die Klägerin als vermeintliche Entrichtungsschuldnerin in Anspruch genommen. Tatsächlich bestehe eine Entrichtungsschuld der Klägerin im vorliegenden Fall aber nicht. Eine Entrichtungsschuld sei gemäß § 11 MGV und § 33 Abs. 1 AO 1977 davon abhängig, daß die Klägerin die Abgabe zuvor einbehalten gehabt hätte. Dies sei aber unstreitig nicht der Fall gewesen. Auf nachträgliche Verrechnungsmöglichkeiten der Klägerin gegenüber dem Erzeuger W komme es nicht an. Die Klägerin sei keine Haftungsschuldnerin. Ihr könne daher auch das wirtschaftliche Risiko einer etwaigen späteren Verrechnung gegenüber dem Erzeuger W nicht auferlegt werden. Im übrigen habe sie auch nicht mehr die Möglichkeit, die nachgeforderten Abgaben gegenüber dem Erzeuger W zu verrechnen. Es könne der Klägerin auch nicht angelastet werden, daß sie A veräußert habe.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Bescheid des HZA vom 20. August 1991 und die Einspruchsentscheidung des HZA vom 8. Oktober 1992 aufzuheben sowie das HZA zu verpflichten, dem Antrag der Klägerin vom 3. Juli 1991 auf Erstattung des Betrages von ... DM stattzugeben.
Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es ist der Auffassung, das FG habe in der angefochtenen Vorentscheidung richtig ausgeführt, daß entgegen der Auffassung der Klägerin weder das Gemeinschaftsrecht noch die nationale MGV eine Vorschrift enthalte, nach der die Entrichtungspflicht des Käufers unter der Bedingung stehe, daß er in der Lage sei und bleibe, die Abgaben vom laufenden Milchgeld des die Abgaben schuldenden Milcherzeugers in Zukunft einzubehalten. Die Entrichtungspflicht des Käufers bestehe auch, wenn der Abgabebetrag nicht vom laufenden Milchgeld des Erzeugers eingezogen worden sei, weil die Käuferin nach dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 (VO Nr. 1546/88) der Kommission vom 3. Juni 1988 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -- ABlEG -- Nr. L 139/12), jetzt Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 536/92 (VO Nr. 536/92) der Kommission vom 9. März 1993 (ABlEG Nr. L 57/12) nicht den einbehaltenen, sondern den geschuldeten Betrag der Abgabe zu zahlen habe. Damit könne nur eine Zahlungspflicht aus dem eigenen Vermögen des Käufers gemeint sein, ohne daß dieser indes Haftungsschuldner werde. Entscheidend sei, daß die Klägerin nicht ohne Rechtsgrund gezahlt habe. Die Zahlungsverpflichtung der Klägerin habe ihren Rechtsgrund in der Abgabenschuld des Milcherzeugers W gehabt. Daß sich die Klägerin durch die Veräußerung von A die Möglichkeit der Verrechnung gegenüber dem Erzeuger W genommen habe, sei ihrem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Verwaltungsentscheidungen sowie zur Verpflichtung des HZA, dem Erstattungsantrag der Klägerin zu entsprechen. Im Gegensatz zur Vorinstanz ist der Senat wegen der für die Erhebung dieser Abgabe getroffenen besonderen Regelungen der Auffassung, daß die Klägerin die Milch-Garantiemengenabgabe ohne rechtlichen Grund und für eigene Rechnung an das HZA entrichtet und deshalb einen Erstattungsanspruch in dieser Höhe gegen das HZA hat.
1. Zutreffend hat das FG ausgeführt, daß die Anspruchsgrundlage der Klägerin für die Erstattung der von ihr entrichteten Milch-Garantiemengenabgabe sich im Streitfall aus der entsprechenden Anwendung des § 37 Abs. 2 AO 1977 ergibt. Dies wird von den Beteiligten auch nicht in Abrede gestellt.
Nach § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) finden auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen i. S. des Art. 1 Abs. 2 MOG hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, die Vorschriften der AO 1977 entsprechende Anwendung. Um eine der in § 1 Abs. 2 Nr. 3 MOG genannten Regelungen handelt es sich bei derjenigen über die Erhebung der Zusatzabgabe Milch aufgrund von Art. 5 c, der durch die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 (VO Nr. 856/84) des Rates vom 31. März 1984 (ABlEG Nr. L 90/10) in die Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (VO Nr. 804/68) des Rates vom 27. Juni 1968 (ABlEG Nr. L 148/13) eingefügt worden ist. Zwar gilt § 37 Abs. 2 AO 1977 im Marktordnungsrecht grundsätzlich nicht für die Rückforderung etwaiger von der Verwaltung an einen Beteiligten gezahlter Beträge, weil insoweit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG die für diesen Fall geltenden spezielleren Regeln des § 10 MOG und des § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) die Anwendung des § 37 Abs. 2 AO 1977 ausschließen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Oktober 1992 VII R 46/92, BFHE 169, 570). Da solche speziellen Regelungen im Falle der von der Klägerin begehrten Erstattung der gezahlten Milch-Garantiemengenabgabe nicht bestehen, kommt als Rechtsgrundlage für den von ihr geltend gemachten Erstattungsanspruch allein § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i. V. m. § 37 Abs. 2 AO 1977 in Betracht. Die zivilrechtlichen Vorschriften -- §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die ungerechtfertigte Bereicherung -- sind daneben -- wie vom FG ebenfalls zutreffend ausgeführt -- nicht anzuwenden (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. Dezember 1988 VII R 206/83, BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223).
2. Nach § 37 Abs. 2 AO 1977 hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Zahlung ohne rechtlichen Grund bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages.
a) Die Klägerin hat die Milch-Garantiemengenabgabe ohne rechtlichen Grund an das HZA gezahlt. Durch die als Abgabenfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkenden berichtigten Anmeldungen der Klägerin (BFH-Urteile vom 10. November 1992 VII R 52/92, BFHE 170, 193, und vom 17. August 1993 VII R 123/92, BFHE 172, 558) wurde im Streitfall nur W zur Zahlung der Milch-Garantiemengenabgabe verpflichtet, der die in seinem Betrieb erzeugte Milch an die Käuferin geliefert hat. Die Festsetzung der Milch-Garantiemengenabgabe wirkt gegenüber dem Erzeuger der Milch (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Juli 1985 VII B 53/85, BFHE 143, 523, BStBl II 1985, 553, und Urteil in BFHE 172, 558), der Schuldner der Milch-Garantiemengenabgabe ist (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -- EuGH -- vom 14. Juli 1994 C-352/92, EuGHE 1994, I-3400).
Dem W gegenüber als Erzeuger der Milch ist die Klägerin als Käuferin zwar aufgrund der Abgabenfestsetzung zum sofortigen Abzug der Milch-Garantiemengenabgabe von dem ihm geschuldeten Milchentgelt berechtigt worden. Sie ist aufgrund der durch ihre berichtigten Anmeldungen bewirkten Festsetzungen der Milch-Garantiemengenabgabe aber nicht verpflichtet worden, die zwar fälligen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 172, 558), aber bei W nicht erhobenen Abgaben an das HZA abzuführen. Die Abgabenfestsetzung wirkt gegenüber der Klägerin als anmeldende Käuferin allenfalls in der Weise, daß sie die vom Milchgeld einbehaltene Abgabe an das HZA abführen muß. Sie wird durch die Festsetzung der Abgabe aber nicht zur Leistung der fälligen Milch-Garantiemengenabgabe, unabhängig von deren vorheriger Erhebung, aus ihrem Vermögen verpflichtet. Das folgt aus den Vorschriften über die Erhebung der Milch-Garantiemengenabgabe.
Zwar hat die Käuferin nach Art. 15 Abs. 4 VO Nr. 1546/88 den geschuldeten Betrag der Abgabe an die zuständige Stelle abzuführen. Damit kann aber nur der angemeldete und bereits beim Erzeuger erhobene Betrag gemeint sein. Denn als Durchführungsregelung zu den grundlegenden Regelungen in Art. 5 c Abs. 1 VO Nr. 804/68 und Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 (VO Nr. 857/84) des Rates vom 31. März 1984 (ABlEG Nr. L 90/13), nach denen die Abgabe bei Anwendung der Formel A -- die in der Bundesrepublik Deutschland angewandt wird (§ 3 MGV) -- bei der Käuferin zu erheben ist, kann sie keine selbständige Schuldverpflichtung der Käuferin neben der des Abgabenschuldners schaffen.
Dies erhellt auch aus § 11 MGV. Darin geht auch der nationale Verordnungsgeber in Übereinstimmung mit § 3 MGV davon aus, daß mit dem von der Käuferin abzuführenden "geschuldeten Betrag" nur der angemeldete und erhobene Betrag der Abgabe gemeint ist. Nach dem Normzusammenhang des § 11 MGV ist die Abgabe für den abgelaufenen Zwölfmonatszeitraum zunächst von der Käuferin beim Abgabenschuldner, dem Erzeuger, zu erheben (§ 11 Abs. 1 und 2 MGV) und erst anschließend an das HZA abzuführen (§ 11 Abs. 3 MGV). Neben dieser für den Normalfall der Abgabenerhebung und -entrichtung geltenden Vorschrift besteht keine, die den Fall einer erforderlichen Berichtigung der Anmeldung und der Abgabenfestsetzung sowie der daraus etwa folgenden Nacherhebung und Nachentrichtung der Milch-Garantiemengenabgabe regelt.
Trotz Fehlens einer entsprechenden Vorschrift ist auch auf diesen Fall die Grundregel anzuwenden, daß die Käuferin die Milch-Garantiemengenabgabe zunächst vom Erzeuger erhebt, bevor sie sie an das HZA abführen kann und muß. Die Annahme einer vom vorherigen Einbehalt der Milch-Garantiemengenabgabe losgelösten Leistungspflicht der Käuferin ist nicht mit dem Grundsatz zu vereinbaren, daß die Käuferin nicht Schuldnerin der Abgabe ist (EuGH-Urteil in EuGHE 1994, I-3400) und auch nicht für deren Entrichtung haftet.
Anders als bei Abzugsteuern üblich (vgl. dazu Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 43 AO 1977 Rz. 9) haftet die Käuferin nach nationalem Recht nicht für die Entrichtung der Milch-Garantiemengenabgabe. Dafür fehlt in der die Erhebung der Milch-Garantiemengenabgabe regelnden MGV eine die Haftung der Käuferin begründende Norm, obwohl der Verordnungsgeber zu deren Schaffung nach § 12 Abs. 3 letzter Satz MOG jedenfalls formell ermächtigt gewesen wäre. Das im Streitfall anzuwendende Gemeinschaftsrecht sieht eine solche Haftung der Käuferin ebenfalls nicht vor (vgl. Schrömbges in Dorsch, Kommentar Zollrecht, G II 1, Rz. 151). Art. 15 Abs. 4 VO Nr. 1546/88 begründet -- wie bereits ausgeführt -- nur eine Pflicht zur Abführung der vom Erzeuger geschuldeten und bei ihm erhobenen, nicht aber zur Zahlung einer nichterhobenen Milch-Garantiemengenabgabe für den Erzeuger durch die Käuferin. Die Klägerin war danach nicht zur Zahlung der nachgemeldeten, bei W aber nicht erhobenen Milch-Garantiemengenabgabe an das HZA verpflichtet.
b) Die Klägerin hat die Milch-Garantiemengenabgabe -- anders als das FG meint -- auf eigene Rechnung an das HZA gezahlt. Für die Frage, ob der Leistende für eigene oder fremde Rechnung gezahlt hat, ist nicht entscheidend, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt wurde, sondern wessen Schuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Zahlungsempfänger gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte (BFH- Urteil vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41; Boeker, a. a. O., § 37 AO 1977 Rz. 37). Nach den Umständen des Streitfalls kann nicht zweifelhaft sein, daß die Klägerin die Schuld des W nicht als Dritte i. S. des § 48 Abs. 1 AO 1977 beglichen hat. Denn als Dritte im Sinne dieser Vorschrift ist nur anzusehen, wer an dem Steuerschuldverhältnis nicht selbst beteiligt ist (Boeker, a. a. O., § 48 AO 1977 Rz. 3). Nach der Regelung des Erhebungsverfahrens für die Milch-Garantiemengenabgabe ist die Käuferin aber jedenfalls in der Weise an dem Abgabenschuldverhältnis selbst beteiligt (§ 33 Abs. 1 AO 1977), daß sie zur Erhebung dieser Abgabe und zur Abführung der erhobenen Abgabe verpflichtet ist (§ 11 Abs. 3 MGV).
Die Pflicht zur Abführung stellt eine eigenständige Verpflichtung der Käuferin dar. Das ergibt sich aus der besonderen Stellung, die die Käuferin gewissermaßen als "Inkassobüro" für das HZA einnimmt (vgl. Beschluß in BFHE 143, 523, BStBl II 1985, 553; Schrömbges, a. a. O., Rz. 151). Aufgrund dieser Stellung bewirkt bereits der Einbehalt der Milch-Garantiemengenabgabe durch die Käuferin das Erlöschen der Milch-Garantiemengenabgabe gegenüber dem HZA nach § 47 AO 1977 (vgl. Schrömbges, a. a. O., Rz. 160). Die Käuferin führt nach der Regelung des Erhebungsverfahrens den einbehaltenen Betrag nicht auf eine Abgabenschuld des Erzeugers -- für dessen Rechnung -- ab, sondern kommt einer eigenen Abführungsverpflichtung gegenüber dem HZA nach, die mit dem Abzug der Milch-Garantiemengenabgabe vom Milchentgelt des Erzeugers entsteht. Sie hat damit die einbehaltene Milch-Garantiemengenabgabe für eigene Rechnung abzuführen (vgl. auch Schrömbges, a. a. O., Rz. 161 für die Regelung nach Art. 3 Abs. 4 VO Nr. 536/93, die an die Stelle der im Streitfall noch geltenden Regelung nach Art. 15 Abs. 4 VO Nr. 1546/88 getreten ist).
Allein aus dem Umstand, daß die Klägerin im Streitfall einen Betrag in Höhe der vom Erzeuger geschuldeten Abgabe gezahlt hat, ohne daß sie zur Zahlung des Betrages verpflichtet war, läßt sich nicht entnehmen, daß sie nicht für eigene, sondern für Rechnung des Erzeugers W gehandelt und dessen noch offene Abgabenschuld beglichen hat. Um den dafür erforderlichen Willen zu einem von dem geregelten Erhebungsverfahren abweichenden Verhalten annehmen zu können, müßten Umstände vorliegen, die erkennen ließen, daß die Zahlung nicht nur auf einem Fehlverhalten der Klägerin beruht. Für derartige Umstände sind jedoch im Streitfall Anhaltspunkte nicht vorhanden.
Fundstellen