Entscheidungsstichwort (Thema)
Stille Gesellschaft des Alleingesellschafters an seiner GmbH
Leitsatz (NV)
1. Die stille Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters an dem Unternehmen der GmbH wird der Besteuerung nur zugrundegelegt, wenn ein solches Gesellschaftsverhältnis klar und eindeutig vereinbart ist und die Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden.
2. Die Vereinbarungen müssen von vornherein erkennen lassen, nach welcher Bemessungsgrundlage die Vergütung errechnet werden soll.
3. Die Vereinbarung einer Höchstbegrenzung - 100 v. H. der Einlage als maximale Vergütung - genügt nicht diesen Erfordernissen.
Normenkette
KStG 1977 § 8 Abs. 3; HGB § 231 (§ 336 a.F.)
Tatbestand
Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer B der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beteiligte sich mit schriftlichem Vertrag vom 18. November 1975 als stiller Gesellschafter an der Klägerin. Nach § 1 des Vertrages hatte B eine Einlage von 100 000,- DM zu leisten, die aus den ausgeschütteten Gewinnanteilen der Klägerin an den Gesellschafter erbracht werden sollten; dafür erhielt er eine Gewinnbeteiligung von 60 v. H. In Abänderung dieser Vereinbarung kamen die Klägerin und der stille Gesellschafter B am 19. November 1975 schriftlich überein, daß er für seine Einlage einen den Umständen nach angemessenen Anteil am Gewinn erhalte, der 100 v. H. der Einlage nicht übersteigen dürfe (§ 3 des Vertrages). Am Verlust sollte der stille Gesellschafter in gleicher Weise beteiligt sein wie am Gewinn. Die Gewinnausschüttungen der Klägerin für 1974 in Höhe von 68 453,- DM wurden am 31. Dezember 1976 und 31 547,- DM für 1975 im Mai 1978 auf die Einlage des stillen Gesellschafters verbucht.
In den Körperschaftsteuererklärungen 1975 und 1976 behandelte die Klägerin die Gewinnzuweisungen an den stillen Gesellschafter als Betriebsausgaben und erklärte - nach Abzug der Zahlungen an den stillen Gesellschafter (1975: 50 000,- DM; 1976: 43 085,- DM) - für 1975 einen Gewinn in Höhe von 222 930,- DM und für 1976 in Höhe von 92 390,- DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah darin verdeckte Gewinnausschüttungen und erließ entsprechende Körperschaftsteuerbescheide 1975 und 1976 am 11. August 1977.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die Formulierung der Vereinbarung habe zum Ziel gehabt, den Anforderungen der Rechtsprechung an einer im vorhinein klaren und eindeutigen Vereinbarung in bezug auf die künftigen besonderen Verhältnisse der Einzelfälle gerecht zu werden. Mit der Formulierung sei die Klägerin auch wegen § 336 des Handelsgesetzbuches i. d. F. vom 10. Mai 1987 - HGB a. F. - (BGBl 219) vertraglich daran gehindert, den zur Besteuerung heranzuziehenden Anteil nach Belieben zu schmälern. Das Finanzgericht (FG) habe zudem, ohne näher darauf einzugehen, eine Rückwirkung angenommen, so daß eine Begründung i. S. des § 96 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorliege.
Eine betragsmäßige Festschreibung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters gewährleiste nicht die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, vielmehr sei es angemessener, jeweils im Einzelfall zu entscheiden, wie hoch der Anteil sein solle. Dies entspreche § 336 HGB a. F.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Körperschaftsteuerbescheide unter Anerkennung der an den stillen Gesellschafter vorgenommenen Gewinnzuweisungen entsprechend zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach seiner Rechtsauffassung ist die vertragliche Gewinnverteilung aufgrund der Vorschrift des § 336 Abs. 1 HGB a. F. keine klare und eindeutige Vereinbarung. Eine Rückwirkung sei gegeben, weil sich B als stiller Gesellschafter nach Ablauf des Geschäftsjahres und, nachdem der Gewinn für das betreffende Geschäftsjahr feststehe, einen Anteil am Gewinn bewilligen könne. Dem Alleingesellschafter einer GmbH, der zugleich stiller Gesellschafter sei, könne und dürfe es nicht bei der Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses überlassen bleiben, sich rückwirkend bis zu dem Höchstbetrag von 100 000,- DM eine Vergütung für die Kapitalüberlassung von 100 000,- DM zu bewilligen und dadurch Gewinne als Betriebsausgaben verschleiert auszuschütten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die aufgrund des Vertrages vom 18./19. November 1975 an den stillen Gesellschafter B gezahlten Gewinnanteile zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet.
1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1968) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sind, sich auf die Höhe des Einkommens auswirken und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung stehen. Bei einem beherrschenden Gesellschafter ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch dann anzunehmen, wenn es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt von der Kapitalgesellschaft gezahlt werden soll (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Oktober 1985 VIII R 284/83, BFHE 146, 108, BStBl III 1986, 481; vom 1. Oktober 1986 I R 54/83, BFHE 149, 33, BStBl II 1987, 459). Auch die stille Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters an dem Unternehmen der GmbH wird der Besteuerung nur zugrunde gelegt, wenn ein solches Gesellschaftsverhältnis klar und eindeutig vereinbart ist und die Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteile vom 9. Juli 1969 I R 188/67, BFHE 96, 397, BStBl II 1969, 155; vom 9. Dezember 1976 IV R 47/72, BFHE 120, 534, BStBl II 1977, 155; vom 6. Februar 1980 I R 50/76, BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477; vom 25. Mai 1988 I R 92/84, BFH/NV 1989, 258). Die Vereinbarung muß dem Grunde und der Höhe nach klar und eindeutig sein (vgl. BFH-Urteile vom 8. Januar 1969 I R 26/67, BFHE 95, 1, BStBl II 1969, 268; vom 23. September 1970 I R 116/66, BFHE 100, 364, BStBl II 1971, 64). Die Verträge - oder zusätzliche Vereinbarungen zu Beginn des jeweiligen Wirtschaftsjahres - müssen zumindest erkennen lassen, nach welcher Bemessungsgrundlage (Prozentsätze, Zuschläge, Höchst- und Mindestbeträge) die Vergütung errechnet werden soll (BFH-Beschluß vom 17. März 1976 I B 88/75, nicht veröffentlicht - NV -).
2. Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in einer den erkennenden Senat bindenden Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß B als beherrschender Gesellschafter eine Vereinbarung mit der Klägerin geschlossen hat, wonach B einen den Umständen nach angemessenen Anteil am Gewinn, begrenzt auf höchstens 100 v. H. der Einlage, erhalte. Diese Vereinbarung sollte bereits für das Kalenderjahr 1975 gültig sein.
3. Aus diesen Feststellungen des FG ergibt sich das Fehlen einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung. Mit Ausnahme der Höchstbegrenzung - 100 v. H. der Einlage - enthält die Vereinbarung vom 18./19. November 1975 keinen Hinweis, wieviel der stille Gesellschafter für sein Risiko erhalten soll. Im ersten Jahr (1975) wurden ihm bezogen auf seine Einlage 50 v. H., bezogen auf den Gewinn der Klägerin vor Abzug des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, 18,32 v. H. vergütet, im Jahre 1976 43,08 v. H. bzw. 31,80 v. H. gewährt; trotz Halbierung des Jahresgewinnes der Klägerin vor Abzug des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters (272 930,- DM in 1975; 135 475,- DM in 1976) erhielt der stille Gesellschafter damit 86,17 v. H. (50 000,- DM für 1975 bzw. 43 085,- DM für 1976) seines Vorjahresgewinnanteils.
Der Hinweis der Klägerin auf § 336 HGB a. F. (jetzt § 231 HGB) überzeugt nicht. Das Vertragsrecht geht von einer Gleichordnung und einem Ausgleich der Interessen der Vertragspartner aus. Es sieht daher bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung einen Anspruch in angemessener Höhe vor. Der steuerlichen Behandlung wird eine Interessenübereinstimmung zwischen der Klägerin und dem stillen Gesellschafter zugrunde gelegt. Die stille Gesellschaft kann daher für die Besteuerung nur maßgebend sein, wenn ausdrückliche Vereinbarungen vorliegen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 424351 |
BFH/NV 1990, 63 |