Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist durch Anfechtung eines nichtigen Bescheids
Leitsatz (NV)
1. Ein nichtiger Bescheid wahrt die Fest setzungsfrist nicht. Eine Ablaufhemmung kann sich deshalb weder aus der Anfechtung eines solchen Bescheids noch aus seiner "Aufhebung" durch das Gericht ergeben (Anschluß an BFH-Urteil vom 11. Oktober 1989 X R 31/86, BFHE 158, 491).
2. Die Rechtskraftwirkung der "Aufhebung" bindet auch den Richter in einem späteren Verfahren über einen Änderungsbescheid.
3. In einem auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheid können auch mittelbare, bilanzrechtlich zwingende Folgerungen aus der irrigen Beurteilung eines Sachverhalts berücksichtigt werden.
Normenkette
AO 1977 § 171 Abs. 3 Sätze 2-3, § 174 Abs. 4; FGO § 110 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren Gesellschafter die Beigeladenen sind. Für das Streitjahr 1982 gab die Klägerin im folgenden Jahr die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte ab. Im Anschluß an eine 1985 abgeschlossene Außenprüfung änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) den zunächst erklärungsgemäß erlassenen Feststellungsbescheid. Dabei ging das FA davon aus, daß zwischen der Klägerin und ihrem Hauptdarlehensgeber S-AG im Streitjahr eine Innengesellschaft entstanden war. Außerdem wurden die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten gewinnerhöhend aufgelöst. Den Bescheid vom 11. August 1986 übersandte das FA der Steuerberatungsgesellschaft "für Firma B GmbH & Co. KG". Im weiteren Inhalt des Bescheids waren die Beigeladenen sowie die S-AG als Feststellungsbeteiligte aufgeführt. Nachdem im Einspruchsverfahren das FA in einem Schreiben an den Bevollmächtigten der Klägerin den Bescheid gegenüber der S-AG aufgehoben hatte, weil eine Mitunternehmerschaft der S-AG in jenem Verfahren nicht festzustellen sei, hob das Finanzgericht (FG) auf die Anfechtungsklage der Klägerin den Bescheid auf. In den Entscheidungsgründen führte das FG aus, der Bescheid sei hinsichtlich der Adressaten zu unbestimmt und deshalb nichtig und unwirksam. Gegen den zugleich angefochtenen Änderungsbescheid für 1981 hatte die Klage insoweit Erfolg, als der Verlust um 83 750 DM erhöht und dieser Betrag dem Beigeladenen zu 1 zugerechnet wurde. Das am 22. November 1994 verkündete Urteil wurde rechtskräftig, dem FA gegenüber am 30. Januar 1995.
Kurz zuvor, am 20. Januar 1995, erließ das FA erneut einen Gewinnfeststellungsbescheid für 1982, ohne dabei die S-AG als Mitunternehmerin und Feststellungsbeteiligte zu berücksichtigen.
Die nach erfolglosem Einspruch dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG hob auch diesen Bescheid auf (Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 730). Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG im wesentlichen aus, die Feststellungsverjährung sei bei Erlaß des Bescheids bereits abgelaufen gewesen. Weder nach § 171 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) noch nach § 174 Abs. 4 AO 1977 sei durch Anfechtung des ursprünglichen Bescheids eine Ablaufhemmung eingetreten, denn jener Bescheid sei unwirksam gewesen und habe deshalb die Feststellungsfrist nicht wahren können.
Mit der Revision macht das FA geltend, auch für nichtige Verwaltungsakte gelte die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO 1977 dann, wenn mit einer Anfechtungsklage vorgegangen werde. Die Ablaufhemmung greife ein, wenn vor Ablauf der Frist ein Regelungsbedarf erkannt und geltend gemacht werde. Außerdem sei der Ursprungsbescheid nicht nichtig gewesen. Das FG sei nicht an die Feststellungen des ersten FG- Urteils gebunden, weil der neue Bescheid noch vor Rechtskraft des Urteils ergangen sei. Die Adressaten des Bescheids seien eindeutig bestimmt gewesen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise Zurückverweisung an das FG.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanz gerichtsordnung -- FGO --). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß eine Gewinnfeststellung wegen Ablaufs der Feststellungsfrist in vollem Umfang nicht mehr möglich war.
1. Nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nicht mehr zulässig, wenn die Feststellungsfrist abgelaufen ist. Die Frist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977) war für den Feststellungszeitraum 1982 auch unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977) im Januar 1995 abgelaufen, wenn nicht eine Ablaufhemmung eingegriffen hat.
2. Zu Recht hat das FG erkannt, daß sich eine Ablaufhemmung für die Feststellungsfrist nicht aus §§ 171 Abs. 3, 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ergeben hat.
a) Nach § 171 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Satz 2 AO 1977 läuft die Feststellungsfrist nicht ab, bevor über einen Rechtsbehelf gegen einen vor Ablauf der regelmäßigen Feststellungsfrist erlassenen Feststellungsbescheid unanfechtbar entschieden worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wahrt nur ein wirksamer Feststellungsbescheid, der zumindest einem Feststellungsbeteiligten bekanntgegeben worden ist, die Feststellungsfrist mit der Folge, daß durch einen Rechtsbehelf die Ablaufhemmung eintreten kann (BFH-Urteile vom 11. Oktober 1989 X R 31/86, BFHE 158, 491, 498; vom 16. Mai 1990 X R 147/87, BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942; vom 14. November 1990 II R 255/85, BFHE 162, 380, BStBl II 1991, 49; vom 12. Mai 1993 XI R 47/91, BFH/NV 1994, 77; vom 27. April 1993 VIII R 27/92, BFHE 171, 392, BStBl II 1994, 3; vom 16. Februar 1994 XI R 108/90, BFH/NV 1994, 759; vom 13. September 1994, IX R 89/90, BFHE 175, 323, BStBl II 1995, 39). Ein nichtiger Feststellungsbescheid ist unwirksam (§ 124 Abs. 3 AO 1977) und kann deshalb nicht die Wahrung der Feststellungsfrist bewirken; ein gegen ihn gerichteter Rechtsbehelf führt nicht zu einer Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 3 AO 1977 (BFH in BFHE 158, 491, 498).
Das gilt auch, wenn -- wie im Streitfall -- die Aufhebung des nichtigen Bescheids begehrt wird. Die Zulassung der Anfechtungsklage anstelle der Feststellungsklage nach § 41 FGO rechtfertigt sich aus dem Interesse des Betroffenen an der Beseitigung des Rechtsscheins, der von einem nichtigen Verwaltungsakt ausgeht. Die Unsicherheit, ob der Bescheid nur rechtsfehlerhaft oder aber nichtig ist, soll nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen (BFH-Urteil vom 7. August 1985 I R 309/82, BFHE 145, 7, BStBl II 1986, 42). Das ändert aber nichts daran, daß der nichtige Verwaltungsakt keinerlei Rechtswirkungen äußert und deshalb auch ein auf seine "Aufhebung" gerichteter Rechtsbehelf keine Ablaufhemmung auslösen kann (BFH in BFHE 158, 491, 498, und in BFH/NV 1994, 77; a. A. Schrage, Deutsche Steuer-Zeitung -- DStZ -- 1997, 46).
Diese Rechtsfolge gilt nicht nur im Hinblick auf Satz 2 des § 171 Abs. 3 AO 1977, sondern auch in bezug auf Satz 3 der Vorschrift, der nämlich eine vorherige Anfechtung im Sinne des Satzes 2 voraussetzt. Ist die Frist nicht durch den Rechtsbehelf gehemmt, kommt auch keine Verlängerung der Hemmung im Zusammenhang mit der gerichtlichen Entscheidung in Betracht.
Der Senat kann dem FA nicht in seiner Auffassung folgen, dem Gesetz liege die Vorstellung zugrunde, jeder während des Laufs der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist durch Erlaß eines Verwaltungsakts von der Finanzbehörde aufgegriffene Lebenssachverhalt müsse am Ende wirksam geregelt werden können. Vielmehr zeigen die Regelungen der §§ 169 ff. AO 1977, daß der Gesetzgeber nach Ablauf bestimmter Fristen dem Prinzip der Rechtssicherheit den Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit eingeräumt hat, und zwar unabhängig von Art und Umfang des Tätigwerdens der Behörden. So wird auch nach einer Außenprüfung der Erlaß von Verwaltungsakten nur innerhalb einer gewissen Zeit gestattet (§ 171 Abs. 4 AO 1977), selbst wenn es sich um erstmalige Steuerbescheide handeln sollte. Nichts anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des FA aus § 171 Abs. 14 AO 1977. Dieser Vorschrift kann zwar ggf. die Durchbrechung des beschriebenen Prinzips der Festsetzungsverjährung entnommen werden; das vom FA angenommene gegenteilige Prinzip liegt ihr aber nicht zugrunde. Denn die Ablaufhemmung ist in ihrem Umfang begrenzt auf den Teil des Steueranspruchs, der dem Betrag des Erstattungsanspruchs entspricht (vgl. Ruban in Hübsch mann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 171 AO 1977 Rz. 131; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 171 AO 1977 Tz. 36). Träfe die Annahme des FA zu, so müßte aber nach unwirksamem Bescheid in vollem Umfang eine Ablaufhemmung eintreten, um den noch bestehenden Regelungsbedarf befriedigen zu können.
Nicht nachvollziehbar ist der Einwand des FA, dem Steuerpflichtigen werde durch die Gestattung einer Anfechtungsklage gegen nichtige Verwaltungsakte ohne gleichzeitige Auslösung einer Ablaufhemmung ein "Steuervermeidungsinstrumentarium" an die Hand gegeben (ebenso Schrage, DStZ 1997, 46, 48). Kommt das Gericht zu der Auffassung, der Bescheid sei nichtig, tritt dieselbe Rechtsfolge wie bei einer Feststellungsklage nach § 41 FGO ein: eine Ablaufhemmung hat nicht stattgefunden. Erachtet das Gericht den Bescheid jedoch als wirksam, aber fehlerhaft, so greift die Ablaufhemmung und gestattet bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung den Erlaß eines Änderungsbescheids. Der Behörde entsteht insofern kein Nachteil. Sie hat die Möglichkeit, während der regulären Festsetzungsfrist bezüglich desselben Regelungsgegenstands einen weiteren Verwaltungsakt zu erlassen, der im Fall seiner Wirksamkeit die Frist wahren kann. Daß bis zum Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung dieser Zeitraum verstrichen sein kann, ist unvermeidlich und liegt in der Risikosphäre der Behörde, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Lage sein sollte, wirksame Verwaltungsakte innerhalb der regulären Festsetzungsfrist zu erlassen.
b) Der Feststellungsbescheid vom 11. August 1986 in Gestalt der Einspruchsentscheidung war nichtig. Das folgt aus der Rechtskraftwirkung des FG-Urteils vom 22. November 1994, das nicht angefochten und deshalb formell rechtskräftig geworden ist. Nach § 110 Abs. 1 Nr. 1 FGO binden formell rechtskräftige Urteile die Beteiligten materiell, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Neben dem Tenor der Entscheidung geben dabei auch die Entscheidungsgründe Aufschluß darüber, wie weit die Entscheidung über den Streitgegenstand reicht (BFH-Urteil vom 7. Februar 1990 I R 145/87, BFHE 161, 387, BStBl II 1990, 1032). Im Streitfall ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, aber doch aus den Entscheidungsgründen unzweideutig, daß das FG den Gewinnfeststellungsbescheid wegen mangelhafter Bestimmtheit als nichtig angesehen und ihn deshalb zur Beseitigung des Rechtsscheins aufgehoben hat. An diese Beurteilung hat sich die Vorentscheidung zu Recht gebunden gesehen, die Bindung gilt auch für den erkennenden Senat. Denn die Rechtskraftwirkung bewirkt auch eine Bindung des Richters in einem nachfolgenden Verfahren, wenn -- wie im Streitfall -- die im ersten Prozeß rechtskräftig festgestellte Rechtsfolge eine präjudizielle Voraussetzung für das im zweiten Verfahren verfolgte Klageziel ist (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 110 Anm. 21).
c) Für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, daß das FA den vorliegend angefochtenen Bescheid vor Eintritt der formellen Rechtskraft des FG-Urteils vom 22. November 1994 erlassen hat. Einerseits war in diesem Zeitpunkt die Feststellungsverjährung mangels Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 3 AO 1977 insoweit bereits abgelaufen. Andererseits hat der Eintritt der formellen Rechtskraft die materiellen Rechtskraftwirkungen des Urteils mit bindender Wirkung für das vorliegende Verfahren entstehen lassen. Wenn das FA den Eintritt der Bindungswirkung hätte verhindern wollen, hätte es die formelle Rechtskraft nicht eintreten lassen dürfen. In einem Rechtsmittelverfahren hätte sich dann die Frage gestellt, ob der neue Bescheid an die Stelle des nichtigen Bescheids treten konnte.
3. Zu Unrecht ist das FG aber davon ausgegangen, daß der Ablauf der Feststellungsfrist auch einem auf § 174 Abs. 4 AO 1977 zu stützenden Bescheid entgegenstand.
a) Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist nach § 174 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 unbeachtlich, wenn innerhalb eines Jahres seit Änderung eines Steuerbescheids aufgrund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen die richtigen steuerlichen Folgen aus der Änderung gezogen werden. Der geänderte Steuerbescheid bzw. Feststellungsbescheid (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) muß aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ergangen sein; der neu ergehende erstmalige oder geänderte Bescheid muß die richtigen steuerlichen Konsequenzen aus dem Sachverhalt ziehen.
b) Diese Voraussetzungen liegen allerdings nicht im Verhältnis des durch Urteil vom 22. November 1994 aufgehobenen Gewinnfeststellungsbescheids zu dem vorliegend streitigen Bescheid vor. Denn wie § 171 Abs. 3 AO 1977 setzt auch § 174 Abs. 4 AO 1977 einen fehlerhaften, aber zunächst wirksam gewordenen Steuerbescheid voraus (BFH in BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942, 944). Der aufgehobene Gewinnfeststellungsbescheid 1982 war nach den vorstehenden Erwägungen jedoch nichtig und damit unwirksam.
c) Anders verhält es sich jedoch mit dem Gewinnfeststellungsbescheid 1981, der ebenfalls Gegenstand des FG-Urteils vom 22. November 1994 war. Dieser Bescheid war wirksam, denn das FG hat ihn nicht aufgehoben, sondern lediglich abgeändert.
Das FG hat nicht beachtet, daß auch im Zusammenhang mit diesem Bescheid die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 insoweit erfüllt sein können, als sich die Auflösung der negativen Kapitalkonten als Folgewirkung aus dem Urteil vom 22. November 1994 darstellt, mit dem der Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1981 stattgegeben und das negative Kapitalkonto des Beigeladenen zu 1 um einen Verlustanteil von 83 750 DM erhöht worden ist.
Ob mit dem streitigen Bescheid richtige steuerliche Folgerungen aus der irrigen Beurteilung im aufgehobenen Gewinnfeststellungsbescheid 1981 gezogen worden sind, kann der erkennende Senat in Ermangelung entsprechender Feststellungen durch das FG nicht abschließend beurteilen. Es ist nämlich nicht festgestellt, welcher Sach verhalt der Erhöhung des Verlustanteils zugrunde liegt und inwieweit mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid die Gewinnauswirkung aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos des Beigeladenen zu 1 erfaßt worden ist. Soweit die Auflösung auch den Verlustanteil von 83 750 DM aus 1981 betreffen sollte, würde es sich allerdings um das Ziehen richtiger steuerlicher Folgen aus der zunächst irrigen Behandlung im Jahr 1981 handeln, wobei unbeachtlich ist, ob der Irrtum auf einer falschen rechtlichen oder tatsächlichen Beurteilung beruht (BFH-Urteil vom 8. April 1992 X R 213/87, BFH/NV 1993, 406; ebenso für § 174 Abs. 3 AO 1977 Senatsurteil vom 27. Mai 1993 IV R 65/91, BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76). Zwar stellt es keine unmittelbare Folge des zu einem bestimmten Gewinn oder Verlust führenden Lebensvorgangs dar, in welcher Höhe das Kapitalkonto eines Kommanditisten in einem späteren Feststellungszeitraum aufzulösen ist. Vielmehr handelt es sich um eine mittelbare, bilanzrechtlich zwingende Folgerung aus der unrichtigen Beurteilung des Sachverhalts, wenn der Gewinn- oder Verlustanteil das Kapitalkonto des Kommanditisten im Folgejahr verändert. Auch ein solcher mittel barer Zusammenhang reicht aber für die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO 1977 aus (vgl. BFH-Urteile vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392; in BFH/NV 1993, 406; vom 15. März 1994 XI R 45/93, BFHE 174, 290, BStBl II 1994, 600; vom 10. Mai 1995 IX R 68/93, BFH/NV 1995, 1056; a. A. Tipke/Kruse, a. a. O., 16. Aufl., § 174 AO 1977 Tz. 16 a).
4. Die Sache ist nicht entscheidungsreif und geht an das FG zurück, weil für die Prüfung der Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO 1977 weitere Feststellungen zu treffen sind, und zwar neben den erwähnten Feststellungen zum irrig beurteilten Sachverhalt und der Richtigstellung auch zum Lauf der für diesen Feststellungszeitraum geltenden Feststellungsfrist. Sollte das FG zu dem Ergebnis kommen, daß der Gewinnfeststellungsbescheid 1982 teilweise auf § 174 Abs. 4 AO 1977 gestützt werden konnte, wird es sich weiter mit der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheids auseinandersetzen müssen. Im übrigen wird über die Auflösung der negativen Kapitalkonten ggf. in einem späteren Feststellungszeitraum zu befinden sein (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1993 VIII R 86/90, BFHE 172, 388, BStBl II 1994, 174).
Fundstellen