Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Gewinnverteilung bei partiarischem Darlehen oder typisch stiller Gesellschaft
Leitsatz (NV)
- Die Angemessenheit des Gewinnanteils eines partiarischen Darlehensgebers oder typischen stillen Gesellschafters ist an der Höhe des Nennwerts des zur Verfügung gestellten Kapitals zu orientieren.
- Bei der Angemessenheitsprüfung ist auf den (fiktiven) Durchschnittsgewinn abzustellen, der nach den zum Zeitpunkt der Gewinnverteilungsvereinbarung bekannten Umständen und der sich aus ihnen ergebenden tatsächlichen Entwicklung zu erwarten ist.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (EFG 2000, 808) |
Tatbestand
I. Die Sache befindet sich im 2. Rechtsgang.
W war an der WV-KG als Kommanditist in Höhe von nominal 2 150 000 DM (= 75 v.H. des Gesellschaftskapitals der KG) beteiligt. Nach seinem notariellen Testament hatte er die W-Stiftung zur Alleinerbin eingesetzt. Darüber hinaus hatte er angeordnet, dass seine Kommanditbeteiligung an der WV-KG "auf eine―-unverzüglich nach meinem Ableben zu errichtende GmbH übertragen werden" soll, und zwar nach der Maßgabe, "dass zuvor ein Betrag bis zu 50% des Gesellschaftskapitals der WV-KG … als partiarisches Darlehen abgespalten wird, auf welches ein entsprechender Anteil des mir als Kommanditisten dieser Kommanditgesellschaft zustehenden Gewinns entfällt. Das partiarische Darlehen verbleibt bei meinem Erben. Der auf das partiarische Darlehen entfallende Gewinnanteil ist zugunsten des verbleibenden Gewinnanteils entsprechend zu ermäßigen, wenn anderenfalls die Anerkennung des partiarischen Darlehens als steuerlich unschädliche Vermögensverwaltung i. S. d. Abgabenordnung gefährdet ist".
Nach dem Tode von W wurde dessen letztwillige Verfügung nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) in der Weise umgesetzt, dass die W-Stiftung am 15. Juli 1983 eine GmbH, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), mit einem Stammkapital von zunächst 50 000 DM gründete. Dieses Stammkapital, das die Gründungsgesellschafterin übernahm und in bar einzahlte, wurde durch Beschluss vom 29. Dezember 1983 mit Wirkung ab 1. Januar 1984 durch Ausgabe eines neuen Geschäftsanteils von 500 DM auf 50 500 DM erhöht. Die W-Stiftung übertrug im Gegenzug hierzu mit Einbringungsvertrag vom 29./30. Dezember 1983 ihre Kommanditeinlage an der WV-KG in Höhe von nominal 2 150 000 DM zum "Annahmewert" von 1 075 500 DM auf die Klägerin als Sacheinlage; die bisherigen Buchwerte wurden fortgeführt. Die Klägerin räumte der W-Stiftung sodann eine "partiarische Darlehensforderung" in Höhe der Hälfte der eingebrachten Kommanditbeteiligung, also in Höhe von 1 075 000 DM, ein und vereinbarte "als partiarische Verzinsung … die Hälfte des sich ohne Berücksichtigung der partiarischen Verzinsung ergebenden Bilanzgewinns" der Klägerin. Soweit der Nennwert des eingebrachten Kommanditanteils den Nennwert der übernommenen neuen Stammeinlage und die partiarische Darlehensverbindlichkeit gegenüber der W-Stiftung überstieg, sollte er in eine Rücklage eingestellt werden. - Entsprechend diesen Vereinbarungen wurde in den Streitjahren 1984 bis 1987 verfahren.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) behandelte das partiarische Darlehen demgegenüber steuerlich als typische stille Gesellschaft, deren Kapital unangemessen hoch verzinst werde. Soweit die von der Klägerin an die W-Stiftung ausgezahlten Darlehenszinsen eine als angemessen angesehene Verzinsung von 8,5 v.H. überstiegen, seien sie deshalb als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) anzusehen.
Die gegen die für die Streitjahre ergangenen Körperschaftsteuerbescheide gerichtete Klage wies das FG im Wesentlichen als unbegründet ab. Es gab ihr lediglich insoweit statt, als die streitgegenständlichen Zinsen in den Streitjahren tatsächlich noch nicht ausbezahlt worden waren und hierfür deshalb keine Ausschüttungsbelastung gemäß §§ 27 ff. des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) herzustellen war. - Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 808 abgedruckt.
Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.
Das FA hat unter dem 31. Juli 2000 die angefochtenen Steuerbescheide erneut geändert, ohne dass ―wie zwischen den Beteiligten einvernehmlich ist― hierdurch die streitgegenständlichen Fragen berührt wären. Die Änderungsbescheide wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1984 bis 1987 unter Änderung der geänderten Bescheide vom 31. Juli 2000 auf … DM (1984), … DM (1985), … DM (1986) und … DM (1987) festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dessen tatrichterliche Feststellungen reichen nicht aus, um die Angemessenheit der Gewinnbeteiligung der W-Stiftung abschließend zu beurteilen.
1. Die Beteiligten gehen zwischenzeitlich ―im 2. Rechtsgang― übereinstimmend davon aus, dass die Verzinsung des testamentarisch verfügten "partiarischen Darlehens" ―gleichviel, ob es tatsächlich ein solches ist oder aber eine typische stille Beteiligung― in dem vom FA berechneten Umfang überhöht und unangemessen sein kann, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass bei der eingebrachten Kommanditbeteiligung auf den tatsächlichen Unternehmenswert abgestellt wird, bei dem "Darlehensbetrag" hingegen auf den Nominalwert. Über diese Voraussetzung sind die Beteiligten indes uneins. Abweichend vom FA vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die Festlegung des "Darlehens" auf den hälftigen Nominalwert der Kommanditbeteiligung eher "zufällig" sei und letztlich nur mit der Buchwertverknüpfung der eingebrachten Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes zusammenhänge. Der "wahre" Wert des "Darlehens" liege beträchtlich höher. An diesem "wahren" Wert sei die "Darlehensverzinsung" zu messen, wobei im Streitfall die Besonderheit bestehe, dass die Einräumung der Darlehensforderung die schuldrechtliche Gegenleistung für die Hingabe der hälftigen Kommanditbeteiligung sei. Es sei einerlei, ob die Beteiligten sich auf eine höhere, am Verkehrswert der Kommanditbeteiligung orientierte Darlehensforderung mit niedrigem Zins oder aber auf eine Darlehensforderung zum Nennwert der Kommanditbeteiligung mit hohem Zins verständigten.
a) Der Senat stimmt dieser Auffassung der Klägerin nicht zu. Sie hat zwar darin Recht, dass W in seiner letztwilligen Verfügung eine Bewertungskorrespondenz zwischen den zugrunde zu legenden Werten der auf die Klägerin zu "übertragenden" Kommanditbeteiligung auf der einen Seite und des "zuvor abzuspaltenden" partiarischen Darlehens auf der anderen Seite im Auge gehabt haben dürfte. Nur so erklärt sich der jeweils hälftige Gewinnanteil, der hiernach für die W-Stiftung und für die neu zu errichtende GmbH, die Klägerin, vorgesehen war. Diese testamentarischen Vorgaben sind tatsächlich so nicht umgesetzt worden. Nach den den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) tatrichterlichen Feststellungen, die durch die in den Akten befindlichen Vertragsvorgänge gestützt werden und die nicht durch Verfahrensrügen angegriffen worden sind, ist dies vielmehr in der Weise geschehen, dass die Kommanditbeteiligung des W insgesamt ―also ohne zuvorige "Abspaltung" der "Darlehensverbindlichkeit"― unter Fortführung der Buchwerte zu einem "Annahmewert" von 1 075 500 DM als Sacheinlage in die Klägerin eingebracht worden ist. Zur "Abspaltung" des "Darlehens" kam es erst nach der Einbringung, indem der "Annahmewert" mit 500 DM auf die übernommene Stammeinlage und mit 1 075 000 DM auf die Darlehensverbindlichkeit verrechnet wurde (vgl. §§ 1 und 2 des "Einbringungsvertrages" vom 29./30. Dezember 1983; Ziff. 3 des Gesellschafterbeschlusses vom 29. Dezember 1983). Das wiederum hat zur Folge, dass das als Fremdkapital gewährte "partiarische Darlehen" gemessen an dem tatsächlichen Wert des als Eigenkapital eingebrachten Kommanditanteils zu "gering" dimensioniert worden ist, um eine hierauf zu leistende hälftige Gewinnbeteiligung zu rechtfertigen.
Diesem Resultat lassen sich nicht irgendwelche wirtschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Überlegungen entgegenhalten. Es ist ebenfalls unbeachtlich, dass die Vorgaben aufgrund der letztwilligen Verfügung des W die Klägerin möglicherweise hätten veranlassen können, der W-Stiftung eine höhere Darlehensverbindlichkeit einzuräumen, u.U. auch, wie die Klägerin vorbringt, im schuldrechtlichen "Tausch" ―als gleichsam stehengelassener Kaufpreis― gegen einen von der Kommanditbeteiligung vor deren nur hälftiger Einbringung entsprechend abgespaltenen Teil. Die Klägerin hätte auch ganz oder zum Teil auf die Buchwertfortführung verzichten können. So wurde aber nicht verfahren. Maßgeblich für die steuerliche Beurteilung sind jedoch allein tatsächlich verwirklichte, nicht gewollte oder gedachte Sachverhalte.
b) Aus diesem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt haben das FA und das FG dem Grunde nach die richtigen steuerlichen Konsequenzen gezogen:
Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer, an dessen Verhalten die steuerliche Beurteilung im Rahmen des Fremdvergleichs zu messen ist, hätte für ein partiarisches Darlehen oder eine stille Beteiligung nicht "abstrakt" eine Gewinnbeteiligung von 50 v.H. eingeräumt. Er hätte sich vielmehr an der Höhe des Darlehens oder der Beteiligung und am Umfang der daraus erwachsenden Forderung des Gläubigers orientiert. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Klägerin ohne die Gewährung des 50 %igen Gewinnanteils an die W-Stiftung im Rahmen ihrer "Erstausstattung" nach Maßgabe des Testaments nicht in den "Vorteil" der Einbringung des Kommanditanteils gelangt wäre. Die Verknüpfung zwischen Einbringung und Gewinnbeteiligung steht außer Frage. Dennoch waren die Beteiligten nicht gezwungen, so vorzugehen wie geschehen. Insofern bleibt es dabei, dass die ―gesellschaftlich bedingte― Einbringung ebenso wie die steuerrechtlich zulässige Buchwertfortführung von der ―schuldrechtlichen― Einräumung des "Darlehens" zu unterscheiden sind. Gleichermaßen wirkt es sich auf den Wert des "Darlehens" nicht aus, dass der Wert der Anteile an der Klägerin durch die Einbringung des Kommanditanteils erhöht wurde; das "Darlehen" ist nach wie vor nur mit seinem Nennwert auszuweisen.
2. Daran bemisst sich auch die Angemessenheit der Gewinnbeteiligung (Senatsurteile vom 9. Juli 1969 I R 78/67, BFHE 96, 351, BStBl II 1969, 649; vom 14. Februar 1973 I R 131/70, BFHE 108, 527, BStBl II 1973, 395; Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 27. September 1973 IV R 33/71, BFHE 110, 357, BStBl II 1974, 51; vom 9. Juni 1994 IV R 47, 48/92, BFH/NV 1995, 103). Allerdings lässt sich die Angemessenheitsprüfung hierbei nicht auf die Errechnung des verhältnismäßigen Anteils des Nennwerts der partiarischen oder stillen Beteiligung am tatsächlichen Wert des Eigenkapitals verkürzen. Vielmehr ist auf den (fiktiven) Durchschnittsgewinn abzustellen, der nach den zum Zeitpunkt der Gewinnverteilungsvereinbarung bekannten Umständen für die Zukunft (in der Regel die nächsten fünf Jahre) zu erwarten ist (BFH-Beschluss vom 29. Mai 1972 GrS 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5; Urteil in BFH/NV 1995, 103). Geht man demnach mit dem erkennenden Senat davon aus, dass die für die Gewährung eines partiarischen Darlehens oder der stillen Beteiligung vereinbarte Gewinnbeteiligung 25 v.H. des Nennwerts der Darlehenssumme oder der Beteiligung nicht überschreiten darf (Senatsurteil in BFHE 96, 351, BStBl II 1969, 649), so ist eine Gewinnverteilung als angemessen anzusehen, die unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erwarteten Gewinne eine Rendite von 25 v.H. nicht überschreitet. Die so bestimmte Gewinnverteilung kann grundsätzlich in den Folgejahren beibehalten werden, auch wenn sie im Einzelfall eine Rendite von 25 v.H. überschreitet. Im Einzelnen ist, um Wiederholungen zu vermeiden, insbesondere auf das BFH-Urteil in BFH/NV 1995, 103 zu verweisen. Nur im Umfang der über diesen Anteil hinaus geleisteten "Darlehensverzinsung" handelt es sich um eine vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).
3. Das FG hat keine hinreichenden Feststellungen getroffen, die es ermöglichen würden, die Angemessenheitsprüfung nach den vorstehenden Maßstäben vorzunehmen. Diese Feststellungen werden nachzuholen sein. Zu diesem Zweck war das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und war die Sache erneut an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 675893 |
BFH/NV 2002, 537 |
HFR 2002, 432 |