Leitsatz (amtlich)
Der Abwicklungsschein, mit dem die Voraussetzungen gemäß Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbK nachzuweisen sind (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 NATO-ZAbK-UStDV i. d. F. vom 20. Dezember 1967), kann als Bestandteil des buchmäßigen Nachweises noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG über eine Klage gegen die erstmalige endgültige Steuerfestsetzung oder den Berichtigungsbescheid vorgelegt werden.
Normenkette
NATO-ZAbK Art. 67 Abs. 3; NATO-ZAbK-UStDV § 1 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt das Fliesenlegerhandwerk. Er verlegte aufgrund eines ihm von einer amtlichen Beschaffungsstelle jeweils erteilten Auftrages im Jahre 1969 für US-Dienststellen der NATO-Stationierungskräfte in F Fliesen zum Preis von 12 289,42 DM und von 29 796,70 DM. Entsprechend den Angaben des Klägers in seiner Umsatzsteuererklärung für 1969 und den entsprechenden Aufzeichnungen in seinen Geschäftsunterlagen ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) diese vom Kläger erklärten Umsätze als solche i. S. des Art. 67 Abs. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (NATO-ZAbK) umsatzsteuerfrei.
Aufgrund einer nachfolgenden Umsatzsteuerprüfung hat das FA durch Berichtigungsbescheid (§ 222 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung - AO -) die Umsatzsteuerschuld des Klägers unter Versagung der Steuerbefreiung für die beiden erwähnten Umsätze auf 33 113,04 DM festgesetzt; nach den getroffenen Feststellungen lagen für die beiden Aufträge die erforderlichen Abwicklungsscheine nicht vor.
Mit der Klage hat der Kläger die beiden - am 21. August 1972 von der zuständigen amtlichen Beschaffungsstelle ordnungsgemäß ausgefüllten - Abwicklungsscheine für die beiden oben erwähnten Leistungen vorgelegt. Nach den Abwicklungsscheinen sind die Leistungen des Klägers für die Truppe erbracht und die Zahlungen aus einem Konto der amtlichen Beschaffungsstelle bei der Amexco-Bank in Frankfurt geleistet worden.
Nach Auffassung des Klägers ist der angefochtene und ursprünglich rechtmäßige Umsatzsteuerberichtigungsbescheid vom 9. Oktober 1972 im Hinblick auf die Nachreichung der Abwicklungsscheine rechtswidrig geworden, da das Gesetz einen bestimmten Zeitpunkt für deren Vorlage nicht vorschreibe.
Der Kläger hat beantragt, den Berichtigungsbescheid aufzuheben.
Das FA vertritt dagegen zum Nachweis der begehrten Steuerbefreiung den Standpunkt, die Abwicklungsscheine hätten wie Belege für die Ausfuhr spätestens bei der Umsatzsteuerprüfung vorliegen müssen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung die Auffassung vertreten, die Vorlage der Abwicklungsscheine erst nach Durchführung des Einspruchsverfahrens gegen den Berichtigungsbescheid könne keine materiell-rechtlichen Wirkungen mehr haben.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Berichtigungsbescheides weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet, weil der Kläger die beiden fehlenden Abwicklungsscheine rechtzeitig vorgelegt hat.
Die vom Kläger in Anspruch genommene Steuerbefreiung gemäß Art. 67 Abs. 3 Buchst. a NATO-ZAbK setzt u. a. voraus, daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen den zuständigen deutschen Behörden nachgewiesen werden. Nach Buchst. c a. a. O. wird die Art dieses Nachweises durch Vereinbarung zwischen den deutschen Behörden und den Behörden des betreffenden Entsendestaates festgelegt. Der Nachweis ist durch einen Abwicklungsschein zu führen (vgl. Erlaß des Bundesministers der Finanzen - BdF - vom 15. Dezember 1969 IV A/3 - S 7492 - 31/69, Abschn.C Nr. 5 Abs. 1 und Anlg. 3, BStBl I 1970, 150, 157).
Aufgrund des § 9 des Truppenzollgesetzes vom 17. Januar 1963 - TrZG 1962 - (BGBl I 1963, 51) hat die Bundesregierung ergänzend die Verordnung zur Durchführung der umsatzsteuerlichen Vorschriften des Zusatzabkommens vom 3. August 1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen - NATO-Truppenstatut - vom 30. September 1963 - NATO-ZAbK-UStDV - (BGBl I 1963, 769) i. d. F. vom 20. Dezember 1967 (BGBl I 1961, 1296) erlassen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dieser Verordnung hat der Unternehmer, der für seine Lieferungen oder Leistungen an NATO-Truppendienststellen Steuerbefreiung in Anspruch nehmen möchte, die Voraussetzungen durch einen ordnungsgemäß ausgefüllten Abwicklungsschein nach vorgeschriebenem Muster nachzuweisen und die für den Nachweis erforderlichen Aufzeichnungen zu machen.
In dieser Verordnung ist nicht geregelt, wann dieser Abwicklungsschein vorzuliegen hat und die entsprechenden Aufzeichnungen vorgenommen sein müssen. Wie sich insbesondere aus § 1 Abs. 2 NATO-ZAbK-UStDV ergibt, handelt es sich bei dem vom NATO-Zusatzabkommen und der NATO-ZAbK-UStDV geforderten Nachweis um eine kombinierte Beleg- und Buchnachweisregelung (vgl. BFH-Beschluß vom 25. Oktober 1979 V B 5/79, BFHE 129, 226, BStBl II 1980, 110). Auf diese können angesichts des Fehlens besonderer Vorschriften die zu § 4 Nr. 1 und § 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967) entwickelten Grundsätze zum Zeitpunkt des Buchnachweises entsprechend angewendet werden. Denn der Abwicklungsschein nimmt in einem wesentlichen Punkt im Nachweisverfahren eine dem Ausfuhrnachweis vergleichbare Stellung ein; er dient dem Nachweis, daß der gelieferte Gegenstand den Bereich der inländischen Wirtschaft verlassen und den ausländischen Bereich der NATO-Stationierungsstreitkräfte erreicht hat. Wie der Senat mit Urteil vom 28. Februar 1980 V R 118/76 (BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415) erkannt hat, kann der buchmäßige Nachweis und der Ausfuhrnachweis als Bestandteil desselben noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG über eine Klage gegen die erstmalige endgültige Steuerfestsetzung oder den Berichtigungsbescheid geführt werden.
Der Kläger konnte demgemäß noch nach Ergehen des Berichtigungsbescheides den gesetzlichen Anforderungen genügen und damit dem Berichtigungsbescheid den Boden entziehen. Dies hat er durch Vorlage der Abwicklungsscheine getan. Nach den Feststellungen des FG lagen die entsprechenden Aufzeichnungen bei Beginn der Prüfung vor. Daß der Kläger das Fehlen der Abwicklungsscheine bei der Abgabe der Steuererklärung nicht offengelegt hat, ist jedenfalls für die Gewährung der begehrten Steuerbefreiung ohne Bedeutung (vgl. Abs. 5 der Gründe des Urteils in BFHE 130, 118).
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Auf die Klage waren die Einspruchsentscheidung und der angefochtene Berichtigungsbescheid ersatzlos aufzuheben, da die erhöhte Festsetzung nur die beiden Leistungen des Klägers betrifft, für die er zwischenzeitlich die Abwicklungsscheine vorgelegt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 425999 |
BStBl II 1981, 542 |
BFHE 133, 103 |
BFHE 1981, 103 |