Leitsatz (amtlich)
Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme einbringungsgeborener Anteile i. S. von § 18 Abs. 1 UmwStG 1969 (§ 21 Abs. 1 UmwStG 1977) unterliegen nicht der Gewerbesteuer, wenn die Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, durch dessen Einlage die Anteile erworben wurden, beim Einbringenden nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.
Normenkette
UmwStG 1969 § 18 Abs. 1, § 17; GewStG § 7
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft; einzige Komplementärin ist eine GmbH, Kommanditisten sind mehrere natürliche Personen.
Bis zum Jahre 1972 betrieb die Klägerin eine Brauerei und Mälzerei. Außerdem war sie Eigentümerin mehrerer Gaststätten, die sie verpachtet hatte. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1972 brachte die Klägerin ihren Teilbetrieb "Brauerei und Mälzerei" gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die B-AG (B) ein. Die Verpachtung der Gaststätten setzte die Klägerin fort. Die B führte die Buchwerte des von der Klägerin eingebrachten Teilbetriebs gemäß § 17 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG) 1969 fort. Die Klägerin wies die erhaltenen, zu ihrem Gesellschaftsvermögen gehörigen B-Aktien in ihren Bilanzen mit Anschaffungskosten in Höhe der von der B fortgeführten Buchwerte des Teilbetriebs aus.
Im Jahre 1974 übereignete die Klägerin an eine ihrer Kommanditistinnen, Frau F, 50 Stück der durch die Teilbetriebseinbringung erlangten B-Aktien (nominal insgesamt 2 500 DM), und zwar mit der Maßgabe, daß der Kommanditistin der Buchwert der Aktien (2 890 DM) auf Entnahmekonto als Übernahmewert belastet wurde. Die Aktien wurden bei Frau F Privatvermögen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) vertrat bei der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags der Klägerin für 1974 unter Berufung auf eine allgemeine Verwaltungsanweisung - I 1 Abs. 3 - (BStBl I 1973, 638) die Auffassung, daß die Aktien entnommen worden seien und dadurch ein bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigender Entnahmegewinn in Höhe von 21 060 DM (Kurswert der Aktien bei Übereignung 23 950 DM abzüglich Buchwert 2 890 DM) entstanden sei (Gewerbesteuermeßbescheid vom 14. Januar 1977).
Die Sprungklage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, ein Gewinn aus der Veräußerung oder Entnahme der Anteile sei weder nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften noch nach den Vorschriften der §§ 17, 18 UmwStG 1969 gewerbesteuerpflichtig, weil es sich der Art nach um einen allgemein nicht von der Gewerbesteuer erfaßten Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebs handele. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1979, 194 veröffentlicht.
Mit der Revision, die das FG zugelassen hat, beantragt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FA rügt Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Senat pflichtet der Vorentscheidung darin bei, daß ein Gewinn aus der Veräußerung oder Entnahme einbringungsgeborener Anteile i. S. von § 18 UmwStG 1969 (§ 21 UmwStG 1977) grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
1. Gemäß § 7 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge.
a) Betreibt eine Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen i. S. von § 15 (Abs. 1) Nr. 1 EStG, sind für die Ermittlung des Gewinns aus dem Gewerbebetrieb die Vorschriften des § 5 i. V. m. § 4 Abs. 1 EStG maßgebend. Danach ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisenden Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem entsprechenden Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.
Gehörten am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu dem nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisenden Betriebsvermögen einer Personengesellschaft Anteile an einer Kapitalgesellschaft und werden diese während des Wirtschaftsjahres zu einem Zeitpunkt, zu dem ihr Teilwert höher ist als ihr Buchwert, entnommen, oder zu einem Preis, der höher ist als der Buchwert an einen Dritten oder an einen Mitunternehmer veräußert, so entsteht nach den zitierten Vorschriften (evtl. in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) ein Gewinn, der Teil des Gewinns aus Gewerbebetrieb und damit grundsätzlich auch Teil des Gewerbeertrags der Personengesellschaft ist.
In bestimmten Ausnahmefällen ist allerdings ein Gewinn nicht Teil des Gewerbeertrags. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) folgt aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer, daß Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 und Abs. 3 EStG bei einem Einzelgewerbetreibenden oder einer Personengesellschaft i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG - anders als z. B. bei einer Kapitalgesellschaft i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG - nicht zum Gewerbeertrag gehören (vgl. z. B. Urteile vom 1. Februar 1979 IV R 219/75 BFHE 127, 410/413, BStBl II 1979, 444; vom 17. Dezember 1975 I R 29/74, BFHE 117, 483/484, BStBl II 1976, 224, mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Urteil vom 2. Juli 1981 IV R 136/79, BFHE 134, 23/25, BStBl II 1981, 798; ferner Abschn. 39 Abs. 3 und Abschn. 40 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien -GewStR-).
b) Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft, so unterliegen die Anteile an der Kapitalgesellschaft, die der Einbringende durch die Sacheinlage erworben hat, bei diesem den allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Rechtsgrundsätzen. Nach diesen bestimmt sich insbesondere, ob die Anteile Betriebsvermögen i. S. von § 4 Abs. 1 i. V. m. § 5 EStG oder Privatvermögen sind (BFH-Urteil vom 19. März 1981 IV R 167/80, BFHE 133, 54, BStBl II 1981, 527). Sind die Anteile danach Betriebsvermögen und werden sie entnommen oder veräußert, so ist ein hierbei entstehender Buchgewinn Teil des nach den Vorschriften des EStG ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb und damit auch Bestandteil des Gewerbeertrags. Dies gilt jedoch insoweit nicht, als den Vorschriften des UmwStG über die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (§§ 17 bis 20 UmwStG 1969; §§ 20 bis 23 UmwStG 1977) etwas anderes zu entnehmen ist.
c) Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, darf die Kapitalgesellschaft gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1969 (§ 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1977) das eingebrachte Betriebsvermögen grundsätzlich mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert, höchstens mit dem Teilwert ansetzen. Der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt für den Einbringenden sowohl als Veräußerungspreis für den eingebrachten Betrieb usw. als auch als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (§ 17 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1969; § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1977). Werden die durch Sacheinlage erworbenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft (sog. einbringungsgeborene Anteile) veräußert, so gilt gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1969 (§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1977) der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten i. S. von § 17 Abs. 4 UmwStG 1969 (§ 20 Abs. 4 UmwStG 1977) übersteigt, als Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 EStG, es sei denn, daß die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Teilwert angesetzt hat (§ 18 Abs. 4 UmwStG 1969; § 21 Abs. 4 UmwStG 1977).
d) Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, daß Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme einbringungsgeborener Anteile i. S. von § 18 UmwStG 1969 (§ 21 UmwStG 1977), die zu einem Betriebsvermögen gehören, nicht der Gewerbesteuer unterliegen, wenn die Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, durch dessen Sacheinlage die einbringungsgeborenen Anteile erworben wurden, beim Einbringenden entsprechend den oben zu a) dargestellten Rechtsgrundsätzen nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre (Hübl in Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, UmwStG 1969 § 18 Anm. 12; Loos, Umwandlungssteuergesetz 1969, 2. Aufl., Rz. 1044; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., Rz. 7450 bis 7452; anderer Ansicht offenbar Würdinger/Eder, Steuererleichterung bei Änderung der Unternehmensform, 2. Aufl., Rz. 130).
Dieser im Schrifttum vorherrschenden Rechtsansicht, auf der alternativ auch die Vorentscheidung beruht, schließt sich der Senat an. Dabei kann offenbleiben, ob bereits aus der Vorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1969 (§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1977), daß Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile als Veräußerungsgewinn i. S. von § 16 EStG gelten, gewerbesteuerrechtlich zu folgern ist, die Gewinne seien - ebenso wie sonst Veräußerungsgewinne i. S. von § 16 EStG - (abgesehen von Gewinnen aus der Veräußerung einer zum Betriebsvermögen gehörigen hundertprozentigen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; dazu BFH-Urteil vom 27. Oktober 1977 IV R 60/74, BFHE 123, 553/555, BStBl II 1978, 100, mit weiteren Nachweisen) nicht Teil des Gewerbeertrags (so offenbar Widmann/Mayer, a. a. O.). Entscheidend erscheint dem Senat die Zielsetzung der Vorschriften des UmwStG über die Sacheinlage. Diese bezwecken, wie die Vorentscheidung zu Recht betont, die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen in Kapitalgesellschaften ertragsteuerrechtlich zu erleichtern, und zwar in der Weise, daß die Besteuerung der im eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven in der Person des Einbringenden in die Zukunft verlagert wird. Die Besteuerung in der Person des Einbringenden wird dabei in der Weise hinausgeschoben, daß die stillen Reserven mit Hilfe der Vorschriften über die Steuerbefangenheit der einbringungsgeborenen Anteile und deren Anschaffungskosten auf die einbringungsgeborenen Anteile übertragen werden (Hübl, a. a. O., UmwStG 1969 § 18 Anm. 1). Eine solche Übertragung wäre aber insoweit nicht sachgerecht, als die stillen Reserven, wären sie bei der Einbringung des Betriebs usw. realisiert worden, nicht der Gewerbesteuer unterlegen hätten, weil sie als Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs usw. nicht Teil des Gewerbeertrags gewesen wären. Daraus folgt für einbringungsgeborene Anteile i. S. von § 18 Abs. 1 UmwStG 1969 (§ 21 Abs. 1 UmwStG 1977), daß ihre Veräußerung oder Entnahme nicht gewerbesteuerpflichtig ist, sofern die Veräußerung des eingebrachten Betriebs usw. beim Einbringenden keine Gewerbesteuer ausgelöst hätte. Dies muß um so mehr gelten, als das UmwStG den Aufschub der Besteuerung in der Person des Einbringenden durch Übertragung der stillen Reserven auf die einbringungsgeborenen Anteile davon abhängig macht, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens fortführt; damit werden die stillen Reserven grundsätzlich verdoppelt. Diese Verdoppelung der stillen Reserven ist zwar offensichtlich vom Gesetz gewollt, soweit Einkommensteuer und Körperschaftsteuer in Frage stehen (zur rechtspolitischen Kontroverse vgl. z. B. Hübl, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1973/1974, 130). Dem Gesetz läßt sich aber nicht unterstellen, daß es sich für Fälle, in denen die stillen Reserven, wären sie bei der Einbringung des Betriebs usw. realisiert worden, von der Gewerbesteuer überhaupt nicht erfaßt worden wären, nicht damit begnügte, die stillen Reserven bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft in Zukunft ausnahmslos, also in weiterem Umfange als bisher, beim Einbringenden der Gewerbesteuer zu unterwerfen, sondern diese gar noch verdoppeln wollte.
Der Senat verkennt nicht die Konsequenzen seiner Rechtsauffassung, die darin bestehen, daß beim Einbringenden nicht nur die im Zeitpunkt der Einbringung vorhandenen, sondern auch die später bei den Anteilen anwachsenden stillen Reserven von der Gewerbesteuer freigestellt bleiben. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch im Hinblick darauf, daß die stillen Reserven jedenfalls bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewerbesteuerrechtlich voll erfaßt werden, das von der Revision befürwortete Gesetzesverständnis nicht rechtfertigen. Entsprechendes gilt für die Erwägung, daß nur die gleichzeitige Veräußerung oder Entnahme aller einbringungsgeborenen Anteile, nicht aber die Veräußerung oder Entnahme nur eines Teils dieser Anteile einer Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs gleichwertig sei (vgl. insoweit ausdrücklich Loos, a. a. O.).
2. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall führt zu dem von der Vorentscheidung für richtig befundenen Ergebnis. Denn die von der Klägerin veräußerten oder entnommenen Anteile waren einbringungsgeborene Anteile i. S. von § 18 UmwStG 1969; auch wäre bei der Klägerin keine Gewerbesteuer angefallen, wenn sie den in die B eingebrachten Teilbetrieb seinerzeit veräußert hätte, da die Klägerin eine Personengesellschaft ist.
Fundstellen
Haufe-Index 74382 |
BStBl II 1982, 738 |
BFHE 136, 129 |
BFHE 1983, 129 |