Leitsatz (amtlich)
Bei Übertragung aller Anteile an einer Gesellschaft, der Grundbesitz gehört, durch einen Organträger auf eine Organgesellschaft entsteht Grunderwerbsteuer aus § 1 Abs.3 Nr.3, 4 GrEStG.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 3 Fassung: 1940-03-29, Nr. 4 Fassung: 1940-03-29; GrEStG BW § 1 Abs. 3 Nr. 3; GrEStG BW § 1 Abs. 3 Nr. 4
Tatbestand
Der A AG standen 1974 alle Anteile an der B-GmbH zu. Sie war außerdem an der C AG zu 100 % beteiligt, deren Gesamtrechtsnachfolgerin im Wege der Verschmelzung die Klägerin ist. Im Zuge einer Kapitalerhöhung brachte die A AG alle Anteile an der B GmbH in die C AG als Sacheinlage ein. Zwischen der A AG und der C AG bestand Organschaft. Die C AG war darüberhinaus in die A AG eingegliedert i.S. der §§ 319 ff. des Aktiengesetzes (AktG).
Das beklagte Finanzamt (FA) sah in der eingegangenen Verpflichtung zur Einbringung der Anteile an der B-GmbH in die C AG ein Rechtsgeschäft i.S. des § 1 Abs.3 Nr.3 des früheren baden-württembergischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) und setzte mit vorläufigem Steuerbescheid vom 22.Februar 1978 wegen der in Baden-Württemberg belegenen Grundstücke der B GmbH gegen die C AG Grunderwerbsteuer fest, die es im Einspruchswege ermäßigte.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, wegen der eingegangenen Verpflichtung der A AG zur Übertragung der Anteile an der B GmbH auf die C AG dürfe eine Grunderwerbsteuer nicht festgesetzt werden. Denn die rechtliche Zuordnung dieser Anteile habe sich i.S. des § 1 Abs.3 GrEStG nicht geändert. Die A AG habe nach wie vor die Anteile an der B GmbH (nunmehr allerdings über die C AG) gehalten.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Dadurch, daß sich die A AG verpflichtete, alle Anteile an der B GmbH als Sacheinlage in die C AG, die Rechtsvorgängerin der Klägerin, einzubringen, wurde der Tatbestand des § 1 Abs.3 Nr.3 GrEStG verwirklicht. Denn die C AG erlangte einen Anspruch auf Übertragung aller Anteile an der B GmbH, der in Baden-Württemberg Grundstücke gehören. Dadurch wurden diese Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich nunmehr der C AG zugeordnet. Sie galten als durch diese Gesellschaft erworben.
Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt nichts anderes daraus, daß die A AG Organträger der C AG war. Zwar wird durch § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG in seiner zweiten Alternative die Vereinigung von Anteilen in der Hand mehrerer Gesellschaften eines Organkreises einer Anteilsvereinigung in einer Hand gleichgestellt. Dadurch wird bei Vorliegen einer Organschaft der Tatbestand der Anteilsvereinigung über den Regelfall hinaus erweitert. Der Gesetzgeber hielt diese Erweiterung, die 1940 in das Grunderwerbsteuerrecht eingeführt wurde, deshalb für notwendig, "weil größere Unternehmen mit weitgehender gesellschaftlicher Verschachtelung die Entstehung der Steuer bisher dadurch umgehen konnten, daß sie die Anteile in der Hand mehrerer abhängiger Unternehmen oder in der Hand des herrschenden und eines abhängigen Unternehmens vereinigten" (Abs.24 der Begründung zu § 1 GrEStG, RStBl 1940, 387, 392). Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß die zu einem Organkreis gehörenden Gesellschaften zu einer grunderwerbsteuerrechtlichen Einheit in dem Sinne werden sollten, daß die Übertragung aller Anteile von einer Gesellschaft des Organkreises auf eine andere Gesellschaft des Organkreises entgegen dem Wortlaut des § 1 Abs.3 Nr.3, 4 GrEStG nicht mehr der Grunderwerbsteuer unterliegen sollte.
Eine Einschränkung der Steuerpflicht kann allenfalls insoweit angenommen werden, als bei Vereinigung aller Anteile über mehrere Gesellschaften des Organkreises die Verschiebung einzelner dieser Anteile auf andere Gesellschaften des Organkreises zu keiner erneuten Steuerpflicht wegen Anteilsvereinigung im Organkreis führt. Werden aber alle Anteile von einer Gesellschaft des Organkreises auf eine andere Gesellschaft des Organkreises übertragen, so bleibt es bei der Steuerpflicht aus § 1 Abs.3 Nr.3 GrEStG.
Sollte wegen der Grundstücke der B GmbH bereits im Zeitpunkt des Erwerbes aller Anteile an dieser Gesellschaft durch die A AG in ihrer Person eine Grunderwerbsteuer aus § 1 Abs.3 Nr.1 oder 2 GrEStG entstanden sein, so ändert dies nichts daran, daß die Anteilsübertragung auf die C AG erneut Grunderwerbsteuer auslöst. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Anteile an der B GmbH der A AG trotz Übertragung auf die C AG weiterhin mittelbar zugeordnet blieben. Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs.3 Nr.3 GrEStG setzt nicht voraus, daß die Beziehungen der bisherigen Anteilsinhaberin zu dem Grundstück infolge der Anteilsübertragung gänzlich gelöst werden. Dies zeigt bereits der Fall der Übertragung von Anteilen seitens eines Treugebers auf einen Treuhänder. Auch in diesem Fall entsteht Grunderwerbsteuer durch die Anteilsübertragung auf den Treuhänder.
Fundstellen
Haufe-Index 62281 |
BStBl II 1988, 682 |
BFHE 153, 239 |
BFHE 1989, 239 |
BB 1988, 1656-1657 (LT1) |
DB 1988, 1681-1681 (ST) |
DStR 1988, 581 (ST1) |
HFR 1988, 522 (LT1) |