Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Leasing-Gegenständen - Gewerbliche Tätigkeit nur bei Gewinnerzielungsabsicht
Leitsatz (NV)
1. Auch bei einem Finanzierungs-Leasing kommt eine Zurechnung des Leasing-Gegenstands beim Leasing-Nehmer nicht in Betracht, wenn diesem kein Optionsrecht zusteht und es sich um ein Leasing-Objekt handelt, das seiner Art nach für einen Verkauf nach Ablauf der Mietzeit geeignet ist.
2. Eine Personengesellschaft ist nur dann mit Gewinnabsicht - und damit als gewerbliches Unternehmen - tätig, wenn sie eine Vermehrung ihres Betriebsvermögens im Sinne eines betrieblichen Totalgewinns anstrebt. Auch bei Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht steht noch nicht fest, daß alle Gesellschafter auch Mitunternehmer waren; das hierfür erforderliche Unternehmerrisiko setzt die objektive Möglichkeit einer Teilhabe an der von der Personengesellschaft erstrebten Vermögensmehrung voraus.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 15 (nunmehr: Abs. 2)
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Beurteilung von Geschäften streitig, die zwischen einer KG (A-GmbH & Co. KG) und einer GmbH (B-GmbH, Klägerin und Revisionsklägerin - Klägerin zu 2. -) getätigt wurden. Gesellschafter der GmbH waren drei Freiberufler. Die GmbH war auch Komplementärin der KG; Kommanditisten waren die Ehefrauen der Freiberufler mit insgesamt . . . DM Kapitalanteil und drei weitere Personen mit insgesamt . . . DM Kapitalanteil. Die Kommanditisten waren auch atypisch stille Gesellschafter der GmbH. Die KG ist inzwischen in Konkurs geraten und beendet.
Die Freiberufler wollten Kleinkühlschränke (Minibars) an Hotels vermieten. In diesem Geschäft war die C-AG, . . ./Schweiz tätig. Sie stellte die Minibars in Deutschland etwa 170 bis 180 Hotels zwecks Verwendung in den Gästezimmern zur Verfügung. Sie verlangte eine jährliche Nutzungsgebühr von 10 bis 30 DM je Minibar, verpflichtete die Hotels aber zusätzlich, in den Minibars nur die Produkte bestimmter, von ihr benannter Lieferanten anzubieten. Für dieses Belieferungsrecht zahlten die Lieferanten jährlich bis zu 130 DM je Minibar. Im Dezember 1974 gab die AG ihr deutsches Geschäft ab; dabei trat als Verkäuferin eine angeblich in . . . ansässige Firma D-S.A. auf.
Über diese Firma erwarb die KG 9 746 Minibars zum Einzelpreis von . . . sfrs. für insgesamt . . . sfrs. Hiervon wurden . . . sfrs durch Barzahlung, der Rest durch Übernahme von Verbindlichkeiten beglichen. Die Vertragsrechte mit den Lieferanten und den Hotels erwarb die GmbH zum Preise von . . . sfrs. Darüber hinaus schlossen die KG, die GmbH, die AG und D eine weitere Vereinbarung, nach der die AG bis zur Abwicklung des Kaufvertrags treuhänderisch für die KG und die GmbH tätig sein sollte; in dieser Vereinbarung wurden die drei Verträge als Einheit bezeichnet, die nur miteinander Bestand haben sollten. Im Jahre 1975 gewährte D eine als Schadensersatz bezeichnete Kaufpreisminderung von . . . sfrs.; hiervon wurden . . . sfrs. der KG, der Rest der GmbH zugerechnet.
Im Anschluß an den Erwerb vermietete die KG die Minibars an die GmbH auf die Dauer von vier Jahren zu einem jährlichen Mietzins von 25 v. H. der Anschaffungskosten. Nach Ablauf der Mietzeit sollten die Beteiligten eine Verlängerung des Mietvertrages anstreben; sollte eine Einigung nicht erzielt werden, hatte die GmbH die Minibars an die KG zurückzugeben. Im Jahre 1975 beschaffte die KG weitere 2 236 Minibars, die sie zu den genannten Bedingungen ebenfalls der GmbH überließ. Im Jahre 1975 leistete die GmbH an die KG zusätzlich eine Sonderzahlung, da der Mietzins nicht ausreiche, um den Kapitaleinsatz und die geschäftlichen Risiken der KG abzudecken.
Im Dezember 1975 veräußerten die Gesellschafter ihre Anteile an der KG an die E-GmbH & Co. KG. Später, aber ebenfalls im Dezember 1975, veräußerte die KG die Minibars an eine andere Personenhandelsgesellschaft, die F-KG, die auch die Anteile an der GmbH und die Anteile der atypisch stillen Gesellschafter erwarb.
In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1974 setzte die KG die Anschaffungskosten der Minibars gemäß § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in voller Höhe als Betriebsausgabe ab; ebenso verfuhr sie mit den Anschaffungskosten für die im Jahre 1975 angeschafften Minibars. Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) davon aus, daß der Kaufpreis für die 1974 erworbenen Minibars nach Abzug von Zinsanteilen in den übernommenen Schulden nur . . . DM ausgemacht habe; im Hinblick auf ihren Verkehrswert entfielen davon nur . . . DM auf die Kühlschränke, während der Mehrbetrag für die Übernahme geschäftswertähnlicher Wirtschaftsgüter aufgewendet worden sei. Darüber hinaus nahm das FA an, daß die KG die Minibars der GmbH im Wege eines sog. Spezialleasing überlassen habe, weil die Kühlschränke nur für die Zwecke der GmbH wirtschaftlich sinnvoll nutzbar seien; die Minibars müßten daher der GmbH als wirtschaftlicher Eigentümerin zugerechnet werden. Das FA aktivierte deswegen die Forderungen aus dem Mietvertrag als Ansprüche auf Ratenzahlungen bei der KG und ging davon aus, daß in ihnen ein Zinsanteil enthalten sei. Das FA nahm an, daß die Minibars auch nach Ablauf der vier Jahre der GmbH verblieben wären. Als Gesamtmietzeit setzte das FA sechs Jahre an und als zusätzlichen Mietzins . . . DM für den Altbestand und . . . DM für die Neuzugänge aus 1975. Auf dieser Grundlage ergingen Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1974 und 1975, die den ehemaligen Gesellschaftern der KG bekanntgegeben wurden.
Gegen diese Bescheide haben eine Kommanditistin (Klägerin und Revisionsklägerin - Klägerin zu 1. -) und die GmbH Klage erhoben; sie erstrebten die Zurechnung der Minibars bei der KG. Das Finanzgericht (FG) wies ihre Klage jedoch ab.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Klägerinnen, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision der Klägerinnen muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden.
1. Das FG ist mit dem FA davon ausgegangen, daß die KG die Kühlschränke der GmbH im Wege des Finanzierungsleasings überlassen habe und daß sie bei der GmbH als Leasingnehmerin zu aktivieren sei. Dem ist nicht zu folgen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. Urteile vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, BFHE 97, 466, BStBl II 1970, 264; vom 30. Mai 1984 I R 146/81, BFHE 141, 509, BStBl II 1984, 825) kommt eine Aktivierung beim Leasingnehmer vor allem dann in Betracht, wenn
a) der Leasinggegenstand speziell auf die Verhältnisse des Leasingnehmers zugeschnitten ist und nach Ablauf der Grundmietzeit nur noch bei ihm sinnvolle Verwendung finden kann, oder
b) die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstands und die Grundmietzeit annähernd übereinstimmen, oder
c) die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zwar erheblich länger als die Grundmietzeit ist, jedoch dem Leasingnehmer ein Recht auf Mietverlängerung oder Kauf zusteht, bei dessen Ausübung nur ein geringer Mietzins oder Kaufpreis zu entrichten ist.
Für eine von einem normalen Mietvertrag abweichende Gestaltung und damit für die Annahme eines Leasingverhältnisses spricht im Streitfall, daß die KG keine Gewährleistung für die Mietsache übernommen hat, daß die Gewährleistungsansprüche für neuangeschaffte Kühlschränke der GmbH zustehen sollten und daß die GmbH auch das Risiko des zufälligen Untergangs trug.
Das FA hat einen Fall des sog. Spezialleasing (Variante a) angenommen. Dies würde voraussetzen, daß der Leasinggegenstand in einem solchen Maße auf die speziellen Anforderungen und Verhältnisse des Leasingnehmers zugeschnitten ist, daß eine wirtschaftlich sinnvolle anderweitige Nutzung oder Verwertung nicht möglich erscheint (BFH in BFHE 97, 466, BStBl II 1970, 264, 273). Das läßt sich aber von den strittigen Kühlschränken nicht sagen, die lediglich etwas kleiner als die Haushaltskühlschränke sind und vielfältig eingesetzt werden können. Ob die Sonderbehandlung des Spezialleasing überhaupt gerechtfertigt ist (dazu Bordewin, Leasing im Steuerrecht, 3. Aufl., S. 56 ff.) und ob für die Zurechnung beim Leasingnehmer mit dem Senatsurteil (a. a. O.) nicht zusätzlich ein Optionsrecht verlangt werden muß, kann daher dahingestellt bleiben.
Das FG hat demgegenüber die Voraussetzungen der Variante c für erfüllt erachtet, obwohl die Beteiligten der GmbH bewußt kein Optionsrecht eingeräumt haben. Das FG hat dies für unerheblich gehalten, weil darin ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts liege, der nach § 6 des Steueranspassungsgesetzes (StAnpG) außer Betracht bleiben müsse; bei einer angemessenen rechtlichen Gestaltung wäre das Optionsrecht vereinbart worden, von seinem Vorhandensein müsse daher ausgegangen werden. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung liegt ein Rechtsmißbrauch i. S. von § 6 StAnpG bzw. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem wirtschaftlichen Ziel unangemessen, also ungewöhnlich ist, der Steuerminderung dienen soll und nicht durch erwerbswirtschaftliche oder andere beachtliche Gründe zu rechtfertigen ist (vgl. BFH-Urteile vom 16. März 1988 X R 27/86, BFHE 153, 46, BStBl II 1988, 629, vom 1. Februar 1989 I R 2/85, BFHE 155, 150, BStBl II 1989, 473 mit weiteren Nachweisen). Dagegen darf das wirtschaftliche Verhalten der Beteiligten nicht auf seine Angemessenheit beurteilt werden (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 42 AO 1977 Anm. 12). Dies aber hat das FG getan, indem es den Beteiligten des Mietvertrages die Vereinbarung einer Verlängerungsoption unterstellte; hierdurch würde die wirtschaftliche Situation von Mieter und Vermieter entscheidend verändert. Das FG hat zum Inhalt der Mietverlängerungsoption auch lediglich Vermutungen anstellen können, indem es die Vereinbarung einer Anerkennungsgebühr zwischen 5 und 10 v. H. der bisherigen Miete annahm. Demgegenüber ist das FA in seiner Berechnung von erheblich höheren Beträgen ausgegangen, als es für die von der C-AG übernommenen Kühlschränke zusätzliche Zahlungen in der verlängerten Mietdauer und für die 1975 angeschafften Geräte ansetzte. Auch dieser Vermutung fehlt jegliche Grundlage. Sie hatte auch Bedeutung für den Gewinn der KG. Das FA hat nämlich die erwarteten Anschlußzahlungen als Forderungen der KG betrachtet und sie um einen Zinsanteil abgezinst; hieraus folgte, daß die im Jahre 1975 vereinnahmten Mietzahlungen einen höheren, erfolgswirksamen Zinsanteil und einen niedrigeren, erfolgsneutralen Tilgungsanteil enthielten.
Die vom FA und vom FG angestellten Vermutungen sind rechtlich nicht zulässig. Vielmehr ist mit dem Senatsurteil in BFHE 97, 466, BStBl II 1970, 264, 272 davon auszugehen, daß auch bei einem echten Finanzierungsleasing eine Zurechnung des Leasinggegenstands beim Leasingnehmer nicht in Betracht kommt, wenn diesem kein Optionsrecht zusteht und es sich um Leasingobjekte handelt, die ihrer Art nach für einen Verkauf nach Ablauf der Mietzeit geeignet sind. Dies aber trifft für die strittigen Kühlschränke zu.
2. Das FG hat - von seinem Standpunkt zu Recht - die Frage offengelassen, ob die KG und ihre Gesellschafter überhaupt in Gewinnerzielungsabsicht oder nur zur Erzielung steuerlicher Vorteile tätig gewesen sind. Diese Frage erlangt nunmehr Bedeutung.
Hierzu hat der Große Senat des BFH in seiner Entscheidung vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 765) ausgeführt, daß eine Personengesellschaft nur dann mit Gewinnabsicht und damit als gewerbliches Unternehmen i. S. von § 15 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG 1971 tätig ist, wenn sie eine Mehrung ihres Betriebsvermögens im Sinne eines betrieblichen Totalgewinns anstrebt. Im Streitfall erscheint zunächst klärungsbedürftig, für welchen Zeitraum die KG überhaupt bestehen sollte und ob die Veräußerung ihrer Betriebsgrundlagen in Gestalt der Minibars bereits im Jahre 1975 von vornherein eingeplant war. Danach wird festzustellen sein, ob die Gesellschafter für die Dauer des Geschäftsbetriebs realistischerweise mit einer Vermehrung des Vermögens der KG rechnen konnten und gerechnet haben. Hierbei wird bedeutsam sein, daß die KG aus dem Mietvertrag mit der GmbH zwar die Anschaffungskosten der gebraucht übernommenen Minibars in voller Höhe und der hinzugekauften Minibars zu einem Teil erlangen konnte, daß damit aber noch nicht die zusätzlichen Kosten der KG (insbesondere in Gestalt der Finanzierungskosten) und ein Gewinn der Gesellschaft gesichtert waren; hierauf geht ersichtlich die vertraglich nicht vorgesehene und daher außer Betracht zu lassende Sonderzahlung der GmbH im Jahre 1975 zurück. In diesem Zusammenhang wird auch zu klären sein, ob der schließlich bei Veräußerung der Minibars erzielte Kaufpreis im normalen Geschäftsverkehr zustande gekommen oder von Beziehungen der Gesellschafter zu der übernehmenden Personengesellschaft beeinflußt ist.
Selbst wenn danach Gewinnerzielungsabsicht und ein Gewerbebetrieb für die KG anzunehmen sind, steht damit noch nicht fest, daß alle Gesellschafter auch Mitunternehmer waren. Das hierfür erforderliche Unternehmerrisiko setzt die objektive Möglichkeit der Teilhabe an der von der Personengesellschaft erstrebten Vermögensmehrung voraus. Wie der Große Senat ausgeführt hat, muß bei einer rechtlich oder tatsächlich zeitlich begrenzten Zugehörigkeit zur Gesellschaft für den betroffenen Gesellschafter während dieser Zeit ein entnahmefähiger laufender Gewinn oder ein die Einlage übersteigendes Abfindungsguthaben entstehen; Gewinn aus dem Wegfall eines durch Verlustzuweisung negativ gewordenen Kapitalkontos müssen dabei außer Betracht bleiben. Berücksichtigt werden kann auch ein erwarteter Gewinn aus der Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung; auch in diesem Zusammenhang wird jedoch zu prüfen sein, welche Motive für die Höhe des von den Gesellschaftern anläßlich der Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile erzielten Gewinns maßgebend waren.
Fundstellen