Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung
Leitsatz (amtlich)
Der Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung liegt auch dann vor, wenn sich die Gewinnänderung im Rahmen der Bilanzberichtigung aus der Nicht- oder der fehlerhaften Verbuchung von Entnahmen und Einlagen ergibt (entgegen Schreiben des BMF vom 18. Mai 2000, BStBl I 2000, 587).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2 Sätze 1-2; StBereinG 1999
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 11.03.2004; Aktenzeichen 16 K 12740/99) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren (1994 und 1995) als Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger unterhält einen buchführungspflichtigen landwirtschaftlichen Betrieb, den er im Jahre 1991 von seinem Vater übernommen hat. Er ermittelt seinen Gewinn für das Normalwirtschaftsjahr.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kläger zur Einkommensteuer der Streitjahre, wobei er zunächst von den erklärten Gewinnen aus Landwirtschaft ausging. Die Bescheide standen gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Aufgrund einer Betriebsprüfung, die auch die Streitjahre umfasste, ermittelte die Betriebsprüferin Gewinnänderungen. Diese beruhten im Wirtschaftsjahr 1994/95 auf Korrekturen der Bilanzansätze des Grund und Bodens, auf geänderten Anschaffungskosten eines Grundstücks und der Nichtberücksichtigung der Entnahme von Grund und Boden seitens des Rechtsvorgängers des Klägers sowie der Veränderung des Viehbestandes. Des Weiteren hatte der Kläger bereits in der Eröffnungsbilanz überhöhte Herstellungswerte für Gebäude und bauliche Anlagen angesetzt. Die Betriebsprüferin verminderte die jeweiligen Buchwerte des Grund und Bodens sowie der baulichen Anlagen und des Viehbestandes in der Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1994/95 um 40 637,38 DM. Außerdem verminderte sie unter Durchbrechung des Bilanzenzusammenhangs das Kapital um 39 450,38 DM. Im Übrigen resultiert die Gewinnänderung aus der Nichterfassung von Entnahmen sowie der Bilanzierung von nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern und der Erfassung auf sie entfallender Aufwendungen in der Buchführung als Betriebsausgaben. Insgesamt erhöhte die Betriebsprüferin den Gewinn im Wirtschaftsjahr 1994/95 um 28 691,72 DM.
Der Kläger begehrte daher am 31. März 1999 für das Wirtschaftsjahr 1994/95 die Berücksichtigung einer Sonderabschreibung gemäß § 7d des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 30 000 DM für einen in 1985 fertig gestellten Güllekeller als Betriebsvorrichtung im Rahmen einer Bilanzänderung.
Das FA erließ am 11. August 1999 Änderungsbescheide, ohne die vom Kläger begehrte Sonderabschreibung zu gewähren, und setzte die Einkommensteuer den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend fest.
Der Einspruch, mit dem die Kläger auch die Bescheinigung gemäß § 7d Abs. 2 Nr. 2 EStG, datierend vom 19. April 1999, beibrachten, und die Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass die Bilanzänderung aufgrund der vom Kläger --nunmehr nur noch in Höhe von 28 691 DM-- begehrten Sonderabschreibung rechtlich unzulässig sei, da die Gewinnerhöhung ausschließlich auf Entnahmen des Klägers beruhe.
Mit ihrer dagegen gerichteten Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 11. März 2004 16 K 12740/99 sowie die Einspruchsentscheidung betreffend die Streitjahre 1994 und 1995 vom 2. Dezember 1999 aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung der Änderungsbescheide vom 11. August 1999 dahin gehend abzuändern, dass für das Wirtschaftsjahr 1994/95 eine Sonderabschreibung in Höhe von 28 691 DM im Wege der Bilanzänderung berücksichtigt wird.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten.
In seiner Stellungnahme führt es unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 18. Mai 2000 IV C 2 ‐S 2141- 15/00 (BStBl I 2000, 587) aus, dass eine Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nur (noch) möglich sei, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung stehe. Eine Bilanzberichtigung beschränke sich jedoch auf den unrichtigen Ansatz von Wirtschaftsgütern, Schulden, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten dem Grunde oder der Höhe nach. Änderungen, die sich nur innerhalb des Bilanzpostens Eigenkapital auswirkten, seien ohne Bedeutung. Das Kapital sei eine Rechenposition aus den in der Bilanz gemäß § 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) auszuweisenden Posten. Entnahmen und Einlagen seien davon nicht umfasst. Die häufig in den Bilanzen dargestellte Kapitalkontenentwicklung sei nicht durch § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG vorgegeben. Sie diene vielmehr nur der Erläuterung des Bilanzpostens Kapital und könnte ebenso im Anhang der Bilanz vorgenommen werden. Der Abschluss der auf den Privatkonten gebuchten Einlagen und Entnahmen über das Kapitalkonto führe grundsätzlich wegen der damit verbundenen Gewinnerhöhung oder -minderung nicht zu einer Änderung des Bilanzpostens Kapital.
Im Streitfall hätten die Gewinnerhöhungen nach der Betriebsprüfung nur auf einer Erhöhung der Privatentnahmen und der Minderung der Einlagen des Klägers beruht. Die Bilanz sei daher richtig. Für eine Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG sei mithin kein Raum.
Die Gegenmeinung missachte den Zweck der Bilanzberichtigung, der ausschließlich darin bestehe, eine Korrektur falscher Bilanzansätze zu ermöglichen und damit sicherzustellen, dass die der Besteuerung zugrunde gelegte Bilanz richtig sei. Demgegenüber solle dem Steuerpflichtigen kein Spielraum für Bilanzänderungen eingeräumt werden, um Steuernachzahlungen infolge von Betriebsprüfungen zu vermeiden.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Voraussetzungen für eine Bilanzänderung gemäß §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 9 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) liegen vor.
a) Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht ist § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 aufgrund der Regelung des § 52 Abs. 9 EStG nicht nur auf Zeiträume ab dem Inkrafttreten des StBereinG 1999, mithin ab dem 1. Januar 2000 anzuwenden (so aber Stapperfend, Finanz-Rundschau --FR-- 2001, 329, 332 f.). Vielmehr gilt die Vorschrift entsprechend dem Wortlaut des § 52 Abs. 9 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 auch für Veranlagungszeiträume vor 1999. Sie ersetzt die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 --BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304-- (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 2000 VIII R 10/99, BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282, unter II.B.4. der Gründe; vom 25. März 2004 IV R 2/02, BFHE 206, 21, BStBl II 2004, 728, und aus jüngerer Zeit BFH-Urteil vom 5. April 2006 I R 46/04, BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688, unter II.3.c der Gründe; vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 587, wonach die Neuregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG für alle noch offenen Fälle gilt, in denen Bilanzänderungsanträge bei den Finanzämtern nach dem 31. Dezember 1998 eingegangen sind; Oberfinanzdirektion --OFD-- München, Verfügung vom 10. Februar 2000 S 2141 - 4 St 427, FR 2000, 342; Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Aufl., § 4 Rz 751).
b) Zwar ist der zeitliche Anwendungsbereich der §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 9 EStG verfassungskonform dahin gehend einzuschränken, dass die durch diese Vorschriften geänderte Rechtslage bei noch offener oder wieder offener Einkommensteuerveranlagung nur dann anzuwenden ist, wenn sie sich --insbesondere durch den Wegfall der Zustimmungsbedürftigkeit der Bilanzänderung seitens des FA-- zugunsten des Steuerpflichtigen auswirkt oder die Rechtsfolgen der Bilanzänderung wegen fehlender Ausübung des Wahlrechts, (spätestens) am 31. März 1999, dem Tag der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG), noch nicht eingetreten waren. In allen anderen Fällen bleibt es danach bis zum 31. Dezember 1998 bei der Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. der FGO vom 6. Oktober 1965 (BGBl I 1965, 1477, 1506, BStBl I 1965, 564, 593 --EStG a.F.--, dazu BFH-Urteil in BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282, unter II.B.4.b der Gründe). Dies führt auch im Streitfall zur Anwendung der §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 9 EStG, da die Rechtsfolgen der Bilanzänderung aufgrund des erstmaligen Begehrens der Sonderabschreibung nach § 7d Abs. 1 EStG am 31. März 1999 mangels Vorlage der nach § 7d Abs. 2 Nr. 2 EStG erforderlichen Bescheinigung (s. dazu nachfolgend II.1.c) noch nicht eingetreten waren.
c) Die Kläger konnten auch nicht auf die Möglichkeit der Durchführung einer Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. vertrauen. Zwar begehrten sie am 31. März 1999 gegenüber dem FA, eine Sonderabschreibung gemäß § 7d Abs. 1 EStG im Rahmen einer Bilanzänderung zu berücksichtigen. Jedoch brachten sie zu diesem Zeitpunkt nicht die stets notwendige Bescheinigung i.S. des § 7d Abs. 2 Nr. 2 EStG bei. Diese ist gemäß § 7d Abs. 1 Satz 1 EStG konstitutiv für die begehrte Sonderabschreibung und Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) für die jeweiligen Einkommensteuerbescheide (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758, unter 2.b der Gründe). Die Bescheinigung, datierend vom 19. April 1999, legten die Kläger vielmehr erst im Einspruchsverfahren vor und damit zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG am 31. März 1999 im BGBl I 1999, 402. Zu diesem Zeitpunkt mussten die Kläger aber jedenfalls damit rechnen, dass entsprechend dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 eine Bilanzänderung über eine Bilanzberichtigung hinaus unzulässig ist. Somit hat sich die rechtliche Lage durch die Neuregelung der §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 9 EStG für sie dahin gehend verbessert, dass nunmehr eine Bilanzänderung --wenn auch eingeschränkt-- wieder zulässig ist.
d) Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist die von den Klägern begehrte Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.
aa) Der Senat geht dabei mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 587 davon aus, dass ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen einer Bilanzberichtigung und einer Bilanzänderung jedenfalls dann zu bejahen ist, wenn --wie im Streitfall-- sich die Maßnahmen auf dieselbe Bilanz beziehen und die Änderung der Bilanz unverzüglich nach der Bilanzberichtigung begehrt wird. Lehnt das FA --wie im Streitfall-- die begehrte Bilanzänderung ab, so ist der Kläger allerdings nicht verpflichtet, schon mit der Beantragung der Bilanzänderung auch eine geänderte bzw. berichtigte Bilanz einzureichen, wenn er Streitfragen die Voraussetzungen der Bilanzberichtigung betreffend zunächst gerichtlich klären lässt (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1999 IV R 70/98, BFHE 190, 404, BStBl II 2000, 129, und vom 26. Januar 1995 IV R 54/93, BFHE 177, 18, BStBl II 1995, 473; Stapperfend in Herrmann/Heuer/ Raupach --HHR--, § 4 EStG Rz 466). Denn soweit das Gericht die vom Kläger begehrte Bilanzänderung für zulässig erachtet, ist dieser mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung verpflichtet, die Berichtigung der Bilanz entsprechend durchzuführen.
bb) Entgegen der im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 587 und der vom FG vertretenen Rechtsansicht besteht ein Zusammenhang der durch den Kläger begehrten Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht nur dann, wenn ein unrichtiger Ansatz einer Bilanzposition dem Grund oder der Höhe nach gegeben ist (gl.A. im Ergebnis auch Urteile des FG Münster vom 24. März 2004 10 K 704/02 E, G, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 774, nicht rechtskräftig; des FG des Landes Brandenburg vom 17. August 2005 2 K 113/04, EFG 2006, 873, nicht rechtskräftig, und des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 2. März 2006 1 K 30482/02, EFG 2006, 1040, nicht rechtskräftig; a.A. Urteil des FG Münster vom 27. Januar 2005 12 K 4155/03 E, G, EFG 2006, 1654, nicht rechtskräftig). Eine Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG liegt vielmehr auch dann vor, wenn sich die Gewinnänderung auf die Nicht- oder die fehlerhafte Verbuchung von Entnahmen und Einlagen bezieht. Denn in diesen Fällen wird eine sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ergebende und der Ermittlung des Gewinns dienende Position des Eigenkapitals verändert (vgl. BFH-Urteile vom 11. Februar 1988 IV R 19/87, BFHE 153, 26, BStBl II 1988, 825, und vom 28. Januar 1992 VIII R 28/90, BFHE 168, 30, BStBl II 1992, 881, unter 4. der Gründe; Bordewin, Rechts- und Wirtschafts-Praxis --RWP-- 1988, SG 1.3., 2648 f.; Mathiak, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1992, 1601, 1606; a.A. Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 696; Meurer in Lademann, EStG, § 4 EStG Rz 806). Das Eigenkapital stellt einen Bilanzposten dar, welcher sich aus verschiedenen Teilbeträgen bzw. Eigenkapitalposten, im Streitfall dem Saldovortrag, den Einlagen und den Entnahmen sowie der Gewinngutschrift bzw. der Verlustkürzung zusammensetzt (vgl. zu dem Erfordernis der Aufgliederung des Kapitals auch die handelsrechtlichen Regelungen in den §§ 247 Abs. 1 und 266 Abs. 3 HGB). Die Veränderung bei den Einlagen und Entnahmen wirkt sich zwar wegen der damit gleichzeitig verbundenen Gewinnerhöhung oder -minderung per Saldo nicht auf die Höhe des Eigenkapitals aus. Gleichwohl wird durch die Veränderung der einzelnen Teilbeträge des Kapitals bzw. der Eigenkapitalposten die Zusammensetzung des Eigenkapitals geändert. Die damit einhergehende Veränderung des Gewinns i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG rechtfertigt deshalb die Annahme, dass auch die per Saldo ergebnisneutrale Änderung der Eigenkapitalposten eine Berichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellt (so auch Bischof/Börner, Steuer- und Bilanzpraxis --StuB-- 2000, 593, 595; Falterbaum/Bolk/Reiß/ Eberhart, Buchführung und Bilanz, 20. Aufl., Achim 2007, S. 1091; Fink, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- Fach 17, 2019, 2024 f.; Schoor, Betrieb und Wirtschaft --BuW-- 2000, 169, 171; HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 398). Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG schon aufgrund ihrer gesetzessystematischen Einordnung in enger Beziehung zu der Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG steht. Dass die Veränderung der Eigenkapitalposten Entnahme und Einlage durch die Gewinnänderung kompensiert wird und allein deswegen auf den technischen Vorgang einer Bilanzberichtigung verzichtet werden kann, darf letztlich nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen gereichen.
Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch die Gesetzgebungshistorie. Bereits § 5 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. vom 24. Oktober 1934 (RGBl I 1934, 1005, 1007) --EStG 1934-- sah (erstmals) eine Regelung betreffend die Bilanzberichtigung vor, die Einlagen und Entnahmen durch eine Verweisung auf § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG 1934 ausdrücklich erwähnte; der Gesetzgeber wollte durch die ihrem Wortlaut nach noch heute gültige Änderung des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. vom 6. Februar 1938 (RGBl I 1938, 121, 123) lediglich erreichen, dass die Vorschrift nicht nur auf die nach § 5 Abs. 1 EStG 1934 buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen Anwendung findet; eine inhaltliche Änderung wollte er damit nicht vollziehen (vgl. HHR/ Stapperfend, § 4 EStG Rz 351 und 398).
Das gefundene Auslegungsergebnis ist nicht zuletzt auch durch eine verfassungskonforme Auslegung geboten. Denn durch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG sind ausschließlich die bilanzierenden Steuerpflichtigen in der Ausübung ihrer Wahlrechte eingeschränkt; nicht hingegen Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln. Letztere können die Wahlrechte weiterhin bis zum Eintritt der Bestandskraft der Bescheide bzw. der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen ausüben. Dies führt für die bilanzierenden Steuerpflichtigen zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung (ebenso Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 1024; Kanzler, FR 1999, 833 und 2002, 579). Im Lichte des Art. 3 GG ist daher der erweiternden Auslegung der Vorrang vor einer von dem FA und dem BMF vertretenen und ebenfalls möglichen restriktiveren Auslegung einzuräumen.
e) Im Streitfall ist zudem zu berücksichtigen, dass entgegen der rechtlichen Würdigung des FG die Gewinnerhöhung in Höhe von 28 691,72 DM nur insoweit aus Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG resultiert, als der Kläger Wirtschaftsgüter dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke entnommen hat. Dies setzt eine betriebliche Verknüpfung des Wirtschaftsgutes voraus, die nicht vorliegt, wenn das Wirtschaftsgut zum notwendigen Privatvermögen gehört und die bilanzielle Erfassung deswegen korrigiert wird. Allerdings ist auch im letzteren Fall eine Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG gegeben, da die Vermögensübersicht, die notwendiges Privatvermögen als Betriebsvermögen ausweist, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht (BFH-Urteile vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315, unter II.2.a bb der Gründe, und vom 8. März 1990 IV R 60/89, BFHE 160, 443, BStBl II 1994, 559, unter 4. der Gründe). Bei der zu Unrecht erfolgten Bilanzierung von Wirtschaftsgütern des notwendigen Privatvermögens erfolgt jedoch nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig eine erfolgsneutrale Ausbuchung unter Beachtung des formellen Bilanzenzusammenhangs (vgl. BFH-Urteile vom 16. März 1983 IV R 36/79, BFHE 138, 223, BStBl II 1983, 459, unter 4.b der Gründe, und vom 21. Juni 1972 I R 189/69, BFHE 106, 422, BStBl II 1972, 874, unter 3.b der Gründe).
2. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Sie wird daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
a) Das FG hat zum einen keine Feststellungen dazu getroffen, ob das FA im Rahmen der zu Unrecht erfolgten Bilanzierung von Wirtschaftsgütern des notwendigen Privatvermögens deren Ausbuchung entsprechend der Rechtsprechung des BFH --auch unter Beachtung des formellen Bilanzenzusammenhangs-- erfolgsneutral vorgenommen oder diese als Entnahmen erfasst hat. Wäre Letzteres der Fall, so wäre der vom FA zugrunde gelegte Mehrgewinn entsprechend zu mindern.
b) Zum anderen hat das FG --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger im Wirtschaftsjahr 1994/95 berechtigt war, eine Sonderabschreibung gemäß § 7d Abs. 1 EStG für den Güllekeller vorzunehmen. Dies wird es nachzuholen haben. Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass die Sonderabschreibung sowohl dem Grunde nach als auch soweit die Auswirkung der Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG auf die Gewinnerhöhung reicht, zu gewähren ist, so ist die Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG in diesem Umfange zulässig.
Das FG erhält damit Gelegenheit, die noch fehlenden Feststellungen nachzuholen. Bei dieser Sachlage bedürfen die weiteren Rügen der Kläger keiner Erörterung.
Fundstellen
Haufe-Index 1797985 |
BFH/NV 2007, 1973 |
BStBl II 2008, 665 |
BFHE 2008, 188 |
BFHE 218, 188 |
BB 2007, 2339 |
BB 2008, 42 |
DB 2007, 2065 |
DB 2007, 309 |
DStR 2007, 1665 |
DStRE 2007, 1279 |
HFR 2007, 1088 |