Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzungen des § 2 Satz 1 InvZulG 1991; Sachaufklärungspflicht des FG
Leitsatz (NV)
1. Der Übergang des zulagenbegünstigten Wirtschaftsguts in das Anlagevermögen eines anderen Betriebs oder einer anderen Betriebsstätte im Fördergebiet ist unschädlich. Die Wirtschaftsgüter müssen nur während des gesamten Dreijahreszeitraums ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören.
2. Ein bisher zum Anlagevermögen gehörendes Wirtschaftsgut ist nur dann dem Umlaufvermögen zuzuordnen, wenn der Unternehmer eindeutig nach außen erkennbar beschließt, es zu veräußern, indem er es z.B. einem Händler zur Veräußerung übergibt oder zur Versteigerung in den Versteigerungskatalog aufnehmen lässt.
3. Betriebe bzw. Betriebsstätten im Sinne des Investitionszulagenrechts liegen nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn sie aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen.
4. Können die Wirtschaftsgüter nicht während des gesamten Dreijahreszeitraums eingesetzt werden, ist dies nur dann ausnahmsweise unschädlich, wenn sie technisch abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht sind. Die Gründe für den wirtschaftlichen Verbrauch dürfen nicht darauf zurückzuführen sein, dass der Investor aus betriebswirtschaftlichen Gründen seinen Betrieb einstellt oder umstellt. Kein wirtschaftlicher Verbrauch liegt vor, wenn die Wirtschaftsgüter für Dritte noch einen Wert haben. Bei einem Veräußerungserlös von mehr als 10 % der ursprünglichen Anschaffungskosten ist davon auszugehen, dass die Wirtschaftsgüter noch einen wirtschaftlichen Wert besitzen.
5. Nach Beweislastregeln darf nur entschieden werden, wenn der Sachverhalt nach Ausschöpfung aller zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten nicht aufgeklärt werden kann.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1; InvZulG 1991 § 2 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Durch formwechselnde Umwandlung und Teilung gemäß §§ 23 ff. des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes entstanden 1991 aus der LPG A die A-AG und zahlreiche Beteiligungsgesellschaften. Gegenstand der A-AG war die Vermietung, Verpachtung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes sowie ggf. von Maschinen und landwirtschaftlichen Geräten vornehmlich an bzw. für Beteiligungsgesellschaften. Zu den Beteiligungsgesellschaften gehörten unter anderem die M-GmbH, die P-GmbH, die Z-GmbH und die S-GmbH (Klägerin) mit Betriebsstätten in D, A und P.
Die Klägerin schaffte im Kalenderjahr 1992 unter anderem am 31. Januar 1992 drei Güllebehälter an für insgesamt 174 634 DM sowie im weiteren Verlauf des Jahres Selbsttränken und eine Schweinestallausrüstung für insgesamt 369 749 DM. Außerdem kaufte sie Sauen und Eber hinzu.
Das Finanzamt R gewährte der Klägerin eine Investitionszulage für das Kalenderjahr 1992 in Höhe von 121 094 DM. Hiervon entfielen 64 438 DM auf die Güllebehälter, die Selbsttränken und die Schweinestallausrüstung. Die Investitionszulage wurde unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--) festgesetzt.
Am 14. September 1993 wurde in der Sauenanlage in D die Europäische Schweinepest amtlich festgestellt und der gesamte Bestand von 3 330 Tieren am 15./16. September 1993 getötet. Die Klägerin entließ daraufhin ihre Arbeitnehmer zum 15. Oktober 1993. Am 26. Oktober 1993 brach die Schweinepest auch im Maststall in P aus, so dass die 421 Tiere dieses Stalles am 27. Oktober 1993 ebenfalls getötet werden mussten. Wegen des Ausbruchs der Schweinepest ordnete das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Landkreises Sperrmaßnahmen für Hausschweine an, die es Ende November 1993 wieder aufhob.
Die nicht von der Schweinepest betroffenen Tiere des Maststalles in A verkaufte die Klägerin im Wesentlichen bis Ende 1993; die letzten Tiere wurden nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung im März 1994 veräußert. Die Verkäufe führten die Arbeitnehmer der M-GmbH durch.
Das bewegliche, in Betrieben der Schwestergesellschaften verwendbare Anlagevermögen verkaufte die Klägerin zum 30. November 1993 an die M-GmbH und die P-GmbH. Die fest installierten Wirtschaftsgüter (Güllebehälter, Selbsttränken, Schweinestallausrüstung) veräußerte die Klägerin laut Rechnung vom 31. Dezember 1993 an die A-AG für insgesamt 912 200 DM netto. Die A-AG aktivierte die Wirtschaftsgüter zum 31. Dezember 1993 und nahm auf die Güllebehälter zum 31. Dezember 1994 Teilwertabschreibungen vor.
Im Juli 1997 änderte die Klägerin ihre Firma sowie den Gesellschaftszweck und verlegte ihren Sitz von D nach K. Gegenstand ihrer Firma ist nunmehr die Entwicklung, der Handel und der Vertrieb von Informationsträgern für Werbe- und Verkehrstechnik.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der Klägerin in den Jahren 1998 und 1999 gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, die auf die Muttergesellschaft übertragenen Wirtschaftsgüter erfüllten nicht die Voraussetzungen des § 2 Satz 1 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991, da die AG diese Wirtschaftsgüter weder selbst genutzt noch verpachtet habe. Das FA änderte den Investitionszulagenbescheid für 1992 nach § 164 Abs. 2 AO 1977 und setzte die Investitionszulage um 64 439 DM herab. Der Einspruch der Klägerin war erfolglos.
Im finanzgerichtlichen Verfahren trug die Klägerin vor, sie habe die Güllebehälter ihren Tochtergesellschaften (P-GmbH und Z-GmbH) überlassen, welche die Güllebehälter an allen drei Standorten zur Zwischenlagerung der bei der Produktion und Zucht von Rindern anfallenden Gülle genutzt hätten. Zum Beweis berief sich die Klägerin auf das Zeugnis von HerrnG, dem alleinvertretungsberechtigten Vorstandsvorsitzenden der AG und Geschäftsführer der P-GmbH. Die Stallausrüstung und die Selbsttränken, die nur für die Schweinehaltung verwendbar gewesen seien, habe die AG vergeblich versucht zu verkaufen oder zu vermieten.
Auf Nachfrage des Finanzgerichts (FG), wo die P-GmbH und die Z-GmbH die Gülle vor Einstellung des Schweinezuchtbetriebs zwischengelagert hätten, erklärte die Klägerin, Ende 1994 bis Anfang 1995 seien in beiden Betrieben die Ställe umgebaut worden (Spaltenböden) und die Stallhaltung von der sog. Anbindehaltung auf einen sog. Boxenlaufstall mit Freilandhaltung umgestellt worden, weshalb erst ab diesem Zeitpunkt in größerem Umfang Gülle angefallen sei. Diese Gülle dürfe nur zu bestimmten Zeiten auf die Felder ausgebracht werden und müsse deshalb solange gelagert werden. Hierfür seien die Behälter genutzt worden.
Das FG wies die Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1389 abgedruckt. Das FG führte im Wesentlichen aus:
Die Voraussetzungen des § 2 Satz 1 InvZulG 1991 seien nicht erfüllt, weil die Schweinestallausrüstung sowie die Selbsttränken und Güllebehälter seit Ausbruch der Schweinepest nicht mehr zur Schweineproduktion eingesetzt worden seien. Es, das FG, sei nicht davon überzeugt, dass die AG die Güllebehälter ihren Tochtergesellschaften zur Nutzung überlassen habe und diese die Güllebehälter für eigene betriebliche Zwecke eingesetzt hätten. Die Richtigkeit des Vortrags der Klägerin lasse sich nicht feststellen, was nach allgemeinen Grundsätzen zu ihren Lasten gehe.
Schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ergäben sich erhebliche Zweifel. Wenn vor dem Umbau der Ställe 1994/1995 keine Gülle angefallen sei, hätte auch kein Bedarf für die Nutzung der Güllebehälter bestanden. Nach der Betriebsumstellung hätten aber die 1994/1995 fertig gestellten neuen Güllebehälter zur Verfügung gestanden. Selbst wenn man aber in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten von einem --wenn auch geringeren-- Gülleanfall ausgehe, müssten die Betriebe schon vor der Umstellung über Güllebehälter verfügt haben, weil sonst die Rinderhaltung vor Ende 1993 nicht möglich gewesen wäre. Ein vernünftiger Grund für den Gülletransport zu den einige Kilometer entfernten Güllebehältern sei unter diesen Umständen nicht ersichtlich. Wären die Güllebehälter tatsächlich genutzt worden, hätte die AG zudem keine Teilwertabschreibungen vornehmen dürfen. Gegen die Nutzung spreche auch, dass die Rinderbetriebe kein Entgelt an die AG bezahlt hätten. Die Konzernumlage habe nur Nutzungsentschädigungen für Grundstücke und Gebäude umfasst.
Eine weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Förmliche Beweisanträge habe die Klägerin nicht gestellt. Der schriftsätzlich benannte Zeuge G habe nicht vernommen werden müssen, weil der Beweisantrag im Hinblick auf den in sich widersprüchlichen Vortrag der Klägerin unsubstantiiert sei (Hinweis auf Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 76 Rz. 25).
Ein wirtschaftlicher Verbrauch der Wirtschaftsgüter sei nicht anzunehmen, weil die Klägerin den Betrieb aus allgemeinen betriebswirtschaftlichen Gründen (Gefahr der Infektion) eingestellt habe und weil die A-AG einen erheblichen Preis für die Wirtschaftsgüter bezahlt habe.
Höhere Gewalt habe nur in Bezug auf die Tötung der Tiere vorgelegen. Die Entscheidung der Klägerin, die Schweineproduktion nicht wieder aufzunehmen und die Wirtschaftsgüter nicht mehr zu nutzen, habe dagegen auf betriebswirtschaftlichen Erwägungen beruht.
Mit der Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:
Die Voraussetzungen des § 2 Satz 1 InvZulG 1991 seien erfüllt, weil die Güllebehälter direkt vom Anlagevermögen der Klägerin in das Anlagevermögen der A-AG überführt und von der A-AG den Tochtergesellschaften überlassen worden seien, welche die Güllebehälter zur Zwischenlagerung der Gülle genutzt hätten. Das FG habe ihren, der Klägerin, Vortrag zur Nutzung der Güllebehälter in nicht nachvollziehbarer Weise für widersprüchlich gehalten und deshalb von einer Vernehmung des angebotenen Zeugen abgesehen. Damit habe das FG gegen seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verstoßen und ihren, der Klägerin, Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Die übrigen ausschließlich für die Schweinehaltung verwendbaren Wirtschaftgüter seien wirtschaftlich verbraucht gewesen. Der von der A-AG hierfür bezahlte Betrag sei kein Entgelt, sondern eine verdeckte Einlage zum Ausgleich von Verbindlichkeiten.
Wegen der Einzelheiten der Revisionsbegründung nimmt der Senat auf die Schriftsätze der Klägerin vom 23. Juli 2004, vom 1. November 2004 und vom 17. August 2006 Bezug.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den geänderten Investitionszulagenbescheid aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Für die rechtliche Beurteilung, ob das FA die Investitionszulage für 1992 zu Recht herabgesetzt hat, ist zu unterscheiden zwischen den Güllebehältern, deren Nutzung nicht auf die Schweinehaltung beschränkt war, und den nur für die Schweinezucht und die Schweinemast verwendbaren Wirtschaftsgütern wie die Stallausrüstung und die Selbsttränken.
a) Eine Investitionszulage für die Güllebehälter steht der Klägerin zu, wenn die P-GmbH und die Z-GmbH die Behälter --wie von der Klägerin behauptet-- zur Zwischenlagerung der Gülle benutzt haben. Zu Unrecht hat das FG insoweit eine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin getroffen.
b) Für die Stallausrüstung und die Selbsttränken besteht ein Anspruch auf Investitionszulage, wenn diese Wirtschaftsgüter wirtschaftlich verbraucht waren. Das hängt davon ab, ob der von der AG für diese Wirtschaftsgüter an die Klägerin gezahlte Betrag als Kaufpreis oder als verdeckte Einlage zum Ausgleich von Verbindlichkeiten zu beurteilen ist. Dies kann der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen des FG nicht entscheiden.
2. Nach § 2 Satz 1 InvZulG 1991 sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören, in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben und in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 v.H. privat genutzt werden.
a) Nicht erforderlich ist, dass die Wirtschaftsgüter drei Jahre lang dem Anlagevermögen des Investors zuzuordnen sind. Der Übergang in das Anlagevermögen eines anderen Betriebs oder einer anderen Betriebsstätte im Fördergebiet ist unschädlich. Die Wirtschaftsgüter müssen nur während des gesamten Dreijahreszeitraums ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören. Denn maßgebend für die Förderung ist nicht allein die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter, sondern vor allem deren längerfristiger Einsatz in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2002 III R 41/98, BFHE 198, 173, BStBl II 2002, 582, m.w.N.).
Betriebe bzw. Betriebsstätten im Sinne des Investitionszulagenrechts liegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur vor, wenn sie aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen (z.B. Senatsurteile vom 7. September 2000 III R 44/96, BFHE 193, 182, BStBl II 2001, 37, und vom 19. September 2001 III R 84/97, BFHE 196, 447, BStBl II 2002, 106, jeweils m.w.N.). Denn mit der Investitionszulage soll die Wirtschaftskraft des Fördergebiets mit ihren Auswirkungen insbesondere auf die Arbeitsplatzbeschaffung und Arbeitsplatzsicherung gestärkt werden. Ein Betrieb ohne werbende Tätigkeit kann hierzu aber nicht beitragen.
Ein Wirtschaftsgut gehört daher nicht mehr zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte i.S. des § 2 Satz 1 InvZulG 1991, wenn der Betrieb vor Ablauf der Dreijahresfrist in das Abwicklungsstadium eintritt oder der Investor den Betrieb vor Ablauf der Frist stilllegt (vgl. Senatsurteile vom 27. April 1999 III R 32/98, BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615, und in BFHE 193, 182, BStBl II 2001, 37). Unerheblich ist, ob das Wirtschaftsgut nach seinem Verkauf wieder zum Anlagevermögen eines (werbenden) Betriebs im Fördergebiet gehört. Denn schon die Unterbrechung der Zugehörigkeit zu dem Anlagevermögen eines werbenden Betriebs ist nach der Rechtsprechung zulagenschädlich (Senatsurteil in BFHE 193, 182, BStBl II 2001, 37). Deshalb entfällt der Anspruch auf Investitionszulage auch dann, wenn das Wirtschaftsgut vorübergehend in das Umlaufvermögen überführt wird (Senatsurteil vom 23. Februar 2006 III R 43/04, BFH/NV 2006, 1350, m.w.N.).
b) Die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen eines werbenden Betriebs (einer werbenden Betriebsstätte) allein reicht aber für die Gewährung der Investitionszulage nicht aus. Dem Zweck der Investitionszulage entsprechend, die Wirtschaftstätigkeit durch den Einsatz der mit der Zulage geförderten Wirtschaftsgüter zu stärken, muss das Wirtschaftsgut während des Dreijahreszeitraums in dem Betrieb (der Betriebsstätte) tatsächlich eingesetzt werden oder zumindest einsetzbar sein (Senatsurteil in BFHE 198, 173, BStBl II 2002, 582).
c) Können die Wirtschaftsgüter nicht während des gesamten Dreijahreszeitraums eingesetzt werden, ist dies nur dann ausnahmsweise unschädlich, wenn sie technisch abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht sind. Die Gründe für den wirtschaftlichen Verbrauch dürfen aber nicht darauf zurückzuführen sein, dass der Investor aus betriebswirtschaftlichen Gründen seinen Betrieb einstellt oder umstellt (Senatsurteile in BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615, und in BFHE 196, 447, BStBl II 2002, 106). Kein wirtschaftlicher Verbrauch liegt vor, wenn die Wirtschaftsgüter für Dritte noch einen Wert haben (Senatsurteile vom 29. April 1999 III R 27/95, BFHE 188, 483, BStBl II 1999, 567, und vom 9. Dezember 1999 III R 49/97, BFHE 190, 559, BStBl II 2000, 434, jeweils m.w.N.).
3. Nach diesen Grundsätzen ist der Anspruch der Klägerin auf Investitionszulage für die Güllebehälter nicht entfallen, sofern diese von der Muttergesellschaft der P-GmbH und der Z-GmbH zur Zwischenlagerung der bei der Rinderhaltung anfallenden Gülle überlassen und hierfür auch tatsächlich verwendet worden sind. Hierzu hat das FG keine ausreichenden Feststellungen getroffen.
a) Die Güllebehälter gehörten drei Jahre nach ihrer Anschaffung ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs im Fördergebiet, zunächst zum Anlagevermögen der Klägerin und ab Ende 1993 zum Anlagevermögen der Muttergesellschaft.
b) Sie waren vor ihrer Veräußerung an die Muttergesellschaft am 31. Dezember 1993 nicht in das Umlaufvermögen der Klägerin überführt worden (vom FG offen gelassen).
Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen ist maßgebend, ob sie dem dauernden Geschäftsbetrieb dienen sollen, oder ob sie zum Verbrauch oder zum Absatz bestimmt sind. Die Zweckbestimmung hängt vom Willen des Unternehmers ab, muss aber anhand objektiver Merkmale nachvollziehbar sein. Ein bisher zum Anlagevermögen gehörendes Wirtschaftsgut ist daher nur dann dem Umlaufvermögen zuzuordnen, wenn der Unternehmer eindeutig nach außen erkennbar beschließt, es zu veräußern, indem er z.B. die Wirtschaftsgüter einem Händler zur Veräußerung übergibt oder zur Versteigerung in den Versteigerungskatalog aufnehmen lässt (vgl. Senatsurteil in BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615).
Die Tatsache, dass die Klägerin zum 30. November 1993 bewegliches Anlagevermögen, soweit es für die Schwestergesellschaften M-GmbH und P-GmbH von Nutzen war, an diese veräußert hat, ist kein objektives Merkmal dafür, dass die übrigen Wirtschaftsgüter zum Verkauf standen. Nach Ausbruch der Schweinepest in D und P war für die Klägerin ungewiss, wann wieder mit der sog. Aufstallung begonnen werden konnte. Es war daher sinnvoll, derzeit nicht genutzte Wirtschaftsgüter, die --wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) vorgetragen hat-- noch von der LPG stammten, den anderen Gesellschaften im Unternehmensverbund zu überlassen. Ein Indiz dafür, dass die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt entschlossen war, die fest installierten Güllebehälter sowie die Selbsttränken und die Stallausrüstung zu verkaufen, ergibt sich hieraus nicht. Der unmittelbare Übergang von dem Anlagevermögen eines Betriebs im Fördergebiet in das Anlagevermögen eines anderen Betriebs im Fördergebiet ist aber nicht zulagenschädlich.
c) Die Güllebehälter gehörten auch ununterbrochen zum Anlagevermögen eines aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betriebs.
Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt des Verkaufs der Güllebehälter Ende 1993 an die Muttergesellschaft ihren Betrieb noch nicht endgültig aufgegeben. Die Entlassung der Arbeitnehmer zum 15. Oktober 1993 und der Verkauf der Schweine des Maststalles in A sind keine zwingenden Indizien dafür, dass die Klägerin mit Ausbruch der Schweinepest in D ihren Betrieb stillgelegt und in der Folgezeit nur noch abgewickelt hat. Die Entlassung der Arbeitnehmer zum 15. Oktober 1993 war unumgänglich, da der gesamte Tierbestand in D (3 330 Schweine) getötet werden musste und nicht absehbar war, wann die angeordneten Sperrmaßnahmen wieder aufgehoben würden. Die nicht infizierten Schweine des Maststalles in A mussten veräußert werden, weil sie --wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat-- schlachtreif waren. Die letzten Tiere wurden nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung im April 1994 verkauft. Eine sofortige Wiederaufnahme der Schweinezucht war schon aufgrund der zahlreichen behördlichen Auflagen, die bauliche Veränderungen der Ställe erfordert hätten, nicht möglich. Auch die Veräußerung von beweglichen Wirtschaftsgütern an die Schwestergesellschaften spricht --wie unter II. 3. b dargelegt-- nicht dagegen, dass die Klägerin zunächst beabsichtigte, die Schweinezucht und die Schweinemast wieder aufzunehmen, so dass der Betrieb nur unterbrochen war.
Die Güllebehälter sind daher von dem Anlagevermögen eines werbenden Betriebs in das Anlagevermögen eines anderen werbenden Betriebs übergegangen. Die Tätigkeit der Muttergesellschaft bestand in der Vermietung, Verpachtung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes sowie von Maschinen und landwirtschaftlichen Geräten vornehmlich an die Beteiligungsgesellschaften.
d) Da neben der Zugehörigkeit zum Anlagevermögen eines aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betriebs außerdem Voraussetzung ist, dass die Wirtschaftsgüter während des Dreijahreszeitraums tatsächlich eingesetzt werden oder zumindest einsetzbar sind, hängt die Entscheidung im Streitfall davon ab, ob die A-AG die Güllebehälter --wie von der Klägerin vorgetragen-- der P-GmbH und Z-GmbH zur Zwischenlagerung von Gülle überlassen hat, ob die Güllebehälter für diese Betriebe nutzbar waren und ob sie auch tatsächlich bis mindestens Anfang 1995 genutzt wurden.
Zu Unrecht hat das FG insoweit eine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin getroffen. Nach Beweislastregeln darf nur entschieden werden, wenn der Sachverhalt nach Ausschöpfung aller zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten nicht aufgeklärt werden kann (Senatsurteil vom 21. März 2002 III R 42/00, BFHE 198, 526, BStBl II 2002, 417, m.w.N., und BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2004 I B 128/04, BFH/NV 2005, 994). Das FG hat aber die ihm zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft.
Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihren schriftsätzlich gestellten Beweisantrag zur Vernehmung des Zeugen G nicht zu Protokoll wiederholt. Das FG hätte aber aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) auch ohne erneuten Antrag der Klägerin dem Beweisangebot der Klägerin nachgehen und diesen oder ggf. einen anderen Zeugen hören müssen. Da Herr G alleinvertretungsberechtigter Vorstandsvorsitzender der A-AG und Geschäftsführer der P-GmbH war, hätte er über die Gülleentstehung und -lagerung Auskunft geben und erklären können, inwieweit die Güllebehälter in den Sauenställen auch von der P-GmbH und der Z-GmbH für die bei der Rinderzucht anfallende Gülle mit verwendet werden konnten und mit verwendet wurden. Ebenso hätte vermutlich der Geschäftsführer der Z-GmbH, Herr S, über die Nutzung der Güllebehälter Auskunft geben können.
Weitere Sachverhaltsermittlungen durften auch nicht deshalb unterbleiben, weil der schriftsätzliche Vortrag der Klägerin in Bezug auf den Anfall und die Notwendigkeit der Zwischenlagerung von Gülle der Rinderzuchtbetriebe nach Ansicht des FG widersprüchlich war. In der mündlichen Verhandlung hätte das FG auf die seiner Ansicht nach widersprüchlichen Ausführungen hinweisen und die Widersprüche mit den Beteiligten erörtern müssen. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt sich dies aber nicht. Es ist lediglich der Vortrag der Klägerin in drei Sätzen zusammengefasst und ihr bisheriges Vorbringen zum Fertigstellungszeitpunkt der Stallneubauten richtig gestellt worden. Dieses Vorbringen lässt keinen Widerspruch erkennen.
Im zweiten Rechtsgang wird das FG diese Ermittlungen nachholen.
4. Ob ein Anspruch auf Investitionszulage für die Selbsttränken und die Schweinestallausrüstung besteht, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen des FG ebenfalls nicht entscheiden.
a) Diese nur für die Schweinehaltung verwendbaren Wirtschaftsgüter gehörten zwar ununterbrochen zum Anlagevermögen eines werbenden Betriebs im Fördergebiet, sind aber --wie die Klägerin selbst erklärt hat-- nicht während des gesamten Dreijahreszeitraums genutzt worden. Sie selbst hatte keine Verwendung mehr dafür, weil sie ihren Betrieb nicht fortführte. Da die übrigen Beteiligungsgesellschaften der A-AG keine Schweinehaltung betrieben, konnten die Wirtschaftsgüter auch nicht im Unternehmensverbund verwendet werden.
Wie die Klägerin im bisherigen Verfahren vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, war es der A-AG auch nicht gelungen, diese Wirtschaftsgüter zu verpachten oder zu verkaufen. Dies spricht dafür, dass die Wirtschaftsgüter nach Ausbruch der Schweinepest wegen der andauernden behördlichen Beschränkungen und der weiter bestehenden Seuchengefahr wirtschaftlich wertlos geworden waren.
b) Die Einstellung des Betriebs und die daraus folgende Nichtverwendbarkeit der Wirtschaftsgüter beruhte nicht auf betriebswirtschaftlichen Gründen.
Die Klägerin hatte nach Ausbruch der Schweinepest --wie sie im Verwaltungs- und im finanzgerichtlichen Verfahren stets vorgetragen hat-- zunächst die Absicht, die Schweinezucht und Schweinemast fortzuführen. Eine sofortige Wiederaufnahme des Betriebs nach Aufhebung der Sperrmaßnahmen kam jedoch wegen des andauernden Infektionsrisikos für Hausschweine nicht in Betracht. Die nach Auskunft des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes des Landkreises durch das Schwarzwild eingeschleppte Schweinepest konnte trotz Impfung und Reduzierung des Schwarzwildbestands nicht vollständig ausgerottet werden, so dass Hausschweine weiterhin außerordentlich gefährdet waren. Die über den Dreijahreszeitraum hinaus bestehenden erheblichen behördlichen Auflagen und einschneidenden Handelsbeschränkungen, welche die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren im Einzelnen vorgetragen und belegt hat, machten die normale Wiederaufnahme des Betriebs unmöglich, weshalb die Klägerin die aufgrund des Ausbruchs der Schweinepest zwangsweise eingestellte Schweinezucht und Schweinemast nicht wieder aufnahm.
Die endgültige Einstellung des Betriebs beruhte nicht auf einem freien, unter Abwägung betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte gefassten Entschluss der Klägerin, sondern war eine aufgrund der tatsächlichen Umstände erzwungene Entscheidung. Der Ausbruch der Schweinepest war ein Ereignis höherer Gewalt, das nicht nur die sofortige Tötung des gesamten Tierbestands des infizierten Stalles nach sich zog, sondern auch einschneidende seuchenpolizeiliche Maßnahmen und langfristige Handelsbeschränkungen zur Folge hatte. Die Wiederaufstallung wäre bei Beachtung aller Auflagen zwar theoretisch möglich gewesen, praktisch aber ausgeschlossen, weil die Wiederbeschaffung der Tiere und die erforderlichen kostenintensiven Maßnahmen zum Schutz des neuen Tierbestandes einen hohen, über die erhaltene Entschädigung hinausgehenden finanziellen Aufwand erfordert hätten, für den die Klägerin angesichts des weiter bestehenden hohen Infektionsrisikos, der Handelsbeschränkungen und der mangelnden Nachfrage keine Kredite bekommen hätte.
c) Fraglich ist aber, ob der von der Muttergesellschaft laut Rechnung vom 31. Dezember 1993 für die Stallausrüstung und die Selbsttränken gezahlte Betrag der Annahme eines wirtschaftlichen Verbrauchs der Wirtschaftsgüter entgegensteht. Denn nach der Rechtsprechung ist bei einem Erlös von mehr als 10 % der ursprünglichen Anschaffungskosten davon auszugehen, dass die Wirtschaftsgüter noch einen wirtschaftlichen Wert besitzen (Senatsurteil in BFHE 190, 559, BStBl II 2000, 434).
Jedoch ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klägerin und der A-AG um verbundene Unternehmen handelt. Nach dem Vortrag der Klägerin ist der Kaufpreis nur aus gesellschaftsrechtlichen Gründen gezahlt worden, um ihre, der Klägerin, Verbindlichkeiten auszugleichen, für welche die Muttergesellschaft andernfalls als Hauptbürgin in Anspruch genommen worden wäre. Die Kaufpreiszahlung sei daher als verdeckte Einlage an die Tochtergesellschaft zu werten, könne aber kein Indiz dafür sein, dass den Wirtschaftsgütern ein wirtschaftlicher Wert beizumessen gewesen sei.
Bei erneuter Verhandlung und Entscheidung wird das FG zu ermitteln haben, ob der Vortrag der Klägerin (hohe Verbindlichkeiten, für welche die A-AG einzustehen hat) zutrifft. Ist die Zahlung der A-AG an die Klägerin nicht als Kaufpreis zu beurteilen, ist ein zulagenunschädlicher wirtschaftlicher Verbrauch der Selbsttränken und der Stallausrüstung anzunehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 1626735 |
BFH/NV 2007, 103 |
HFR 2007, 472 |