rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbehelf gegen die Kostenentscheidung der Familienkasse im Einspruchsverfahren. Kostentragung der Familienkasse bei Klageerhebung aufgrund unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung bei Klagerücknahme
Leitsatz (redaktionell)
1. Gegen die Kostenentscheidung der Familienkasse ist als zulässiger Rechtsbehelf der Einspruch und nicht die Klage gegeben; das gilt auch wenn die Kostenentscheidung mit einer Einspruchsentscheidung äußerlich in einem Bescheid verbunden ist.
2. Wird aufgrund der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung der Familienkasse, dass gegen die Kostenentscheidung im Einspruchsverfahren die Klage gegeben sei, Klage vor dem FG erhoben, sind die Kosten des Verfahrens nach § 137 S. 2 FGO der Familienkasse aufzuerlegen, wenn die Klage zurückgenommen wird.
Normenkette
FGO § 137 S. 2, § 136 Abs. 2, § 143; EStG § 77; AO §§ 118, 347, 348 Nr. 1
Tenor
1. Das Verfahren wird eingestellt, nachdem die Klage zurückgenommen worden ist.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin bezog für ihre Kinder von der beklagten Bundesagentur für Arbeit – Familienkasse X – Kindergeld. Durch Bescheid vom 9. Juli 2010 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergelds ab Juni 2008 gem. § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf und forderte für den Zeitraum Juni 2008 bis Juli 2010 zu viel gezahltes Kindergeld i.H.v. 13.416 Euro gem. § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) von der Klägerin zurück.
Hiergegen legte die Klägerin am 19. Juli 2010 Einspruch ein, da die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld ab Juni 2008 erfüllt seien. Nach der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung des Finanzamts (FA) … vom 16. Dezember 2010 war diese für die Jahre 2009 und 2010 nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt steuerpflichtig.
Danach änderte die Familienkasse den angefochtenen Bescheid durch Entscheidung vom 20. Dezember 2010 dahingehend ab, dass für das Jahr 2009 sowie für Januar 2010 bis Juli 2010 Kindergeld festgesetzt wurde und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. In der Einspruchsentscheidung wurde gleichzeitig entschieden, dass die der Klägerin im Rechtsbehelfsverfahren gegebenenfalls entstandenen Aufwendungen nicht übernommen werden und die Kostenentscheidung auf § 77 EStG beruht. Die Einspruchsentscheidung enthält die einheitliche Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen diese Entscheidung beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben werden kann.
Am 24. Januar 2011 legte der steuerliche Berater und Prozessbevollmächtigte der Klägerin „gegen die Kostenentscheidung form- und fristgerecht das Rechtsmittel des Einspruchs ein”. Es werde beantragt, die der Klägerin im Rechtsbehelfsverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
Hierauf erwiderte die Familienkasse mit Schreiben vom 5. April 2011, gegen die Einspruchsentscheidung sei auch bezüglich der Kostenentscheidung – wie aus der Rechtsbehelfsbelehrung zu entnehmen sei – nur die Klage zulässig. Da die Einspruchsentscheidung nicht angefochten worden sei, sei diese auch bezüglich der Kostenentscheidung bestandskräftig geworden.
Nunmehr erklärte der sachkundige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, sein Schreiben vom 20. Januar 2011 sei als Klage gegen die Kostenentscheidung auszulegen. Es werde weiterhin Kostenerstattung beantragt; die erforderlichen Nachweise seien bereits vorgelegt worden.
Am 4. Mai 2011 legte die Familienkasse „die Klage” dem Finanzgericht zur Entscheidung vor. Die Familienkasse vertritt die Auffassung, ergehe eine Kostenentscheidung in der Einspruchsentscheidung, so sei diese nicht selbständig, sondern nur zusammen mit der Einspruchsentscheidung mit der Klage vor dem Finanzgericht anfechtbar. Werde ein Kindergeldberechtigter in der Einspruchsentscheidung unzutreffend dahin belehrt, dass gegen die Einspruchsentscheidung der Einspruch gegeben sei, sei ein entsprechend dieser Belehrung eingelegter Einspruch in eine Klage umzudeuten. Eine solche unzutreffende Belehrung sei aber vorliegend nicht erteilt worden. Zudem sei bei Angehörigen der steuerberatenden Berufe grundsätzlich davon auszugehen, dass sie das Erklärte auch gewollt hätten. Daher komme eine Umdeutung im Regelfall nicht in Betracht. Obwohl das Einspruchsschreiben vom 20. Januar 2011 dem Finanzgericht übermittelt worden sei, komme demnach eine Auslegung als Klage gegen die Kostenentscheidung nicht in Betracht.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 17. Juni 2011 darauf hingewiesen, dass die Klage unzulässig sein dürfte, da das Einspruchsschreiben vom 20. Januar 2011 nicht als Klage ausgelegt werden könne. Die Familienkasse gehe jedoch unzutreffend davon aus, dass die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Kostenentscheidung nur mit der Klage angefochten werden könne. Vorliegend habe die Familienkasse demnach zunächst über den mit Schreiben vom 20. Januar 2011 eingelegten Einspruch zu entscheiden. Der Klägerin wurde anheimgestellt, die Klage mangels Erfolgsaussicht zurückzunehmen.
Mit Schreiben vom 13. Juli 2...