rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Veräußerungsgewinns bei Freistellung des Veräußerers von einer betrieblichen, zu Recht nicht bilanzierten Schuld durch den Erwerber
Leitsatz (redaktionell)
Zum Veräußerungspreis i.S. von § 16 Abs. 2 EStG gehört die Gegenleistung, die der Veräußerer vom Erwerber für die Übertragung des Gewerbebetriebs erlangt. Gegenleistung und damit Teil des Veräußerungspreises ist auch eine Verpflichtung des Erwerbers, den Veräußerer von einer privaten (und demgemäß auch nicht bilanzierten) Schuld gegenüber einem Dritten, z.B. einer privaten Darlehens- oder Leibrentenschuld, oder von einer betrieblichen (zu Recht nicht bilanzierten) Schuld durch befreiende Schuldübernahme oder durch Schuldbeitritt mit befreiender Wirkung im Innenverhältnis freizustellen. Übernimmt der Erwerber im Wege der befreienden Schuldübernahme die den in der Steuerbilanz zu Recht nicht berücksichtigten Rückstellungen für drohende Verluste aus einem Mietvertrag sowie für Jubiläumszuwendungen an Arbeitnehmer zugrunde liegenden Verpflichtungen des Veräußerers, ist daher der gemeine Wert der Schuldbefreiung dem Veräußerungspreis zuzurechnen.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 2, § 5 Abs. 4, 4a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Finanzrechtsstreits ist, in welcher Höhe bei der Klägerin ein Veräußerungsgewinn bzw. – verlust entstanden ist.
Die Klägerin ist eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr vom 1. Februar bis 31. Januar. Alleinige Gesellschafterin ist die A. mit Sitz in … Gegenstand des Unternehmens ist seit August 2000 die Verwaltung von Vermögenswerten und Beteiligungen.
Die Klägerin übertrug mit Übertragungsvertrag vom 28. Juli 2000 (vgl. Finanzgerichts – FG – Akte Bl. 72–79) ihren Geschäftsbetrieb auf die B., Hierbei gingen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – sämtliche Vermögensgegenstände mit Wirkung zum 1. August 2000 auf die Erwerberin über. Gleichzeitig übernahm diese von der Klägerin im Wege der befreienden Schuldübernahme alle am Übertragungsstichtag begründeten und zum Unternehmen gehörenden Verpflichtungen. Dies waren u.a. die folgenden Rückstellungen (Stand 31. Juli 2000):
Rückstellung für drohende Verluste Mietvertrag |
2.738.162,– DM |
Jubiläumsrückstellung |
713.878,– DM |
|
3.452.040,– DM |
Der Kaufpreis für die übertragenen Vermögensgegenstände entsprach gemäß § 2 des Geschäftsübertragungsvertrages dem Buchwert der zum 31. Juli 2000 nach handelsrechtlichen Grundsätzen aufzustellenden Übertragungsbilanz zuzüglich einer Vergütung für stille Reserven im Sachanlagevermögen in Höhe von 1.000.000,– DM und in Patenten und immateriellen Wirtschaftsgütern in Höhe von 1.000.000,– DM.
Handelsbilanziell wies die Klägerin einen Gewinn in Höhe von 2.000.000,– DM infolge der Geschäftsübertragung aus. In ihrer Steuerbilanz berücksichtigte sie die Rückstellung für drohende Verluste aus dem Mietvertrag … und die Jubiläumsrückstellung unter Anwendung des § 5 Abs. 4, Abs. 4 a Einkommensteuergesetz – EStG – nicht. Dadurch ergab sich ein steuerliches Mehrkapital in Höhe von 3.452.040,– DM.
Nach Auffassung der Klägerin sei demnach der steuerliche Gewinn aus der Geschäftsübertragung um 3.452.040,– DM niedriger als der handelsrechtliche. Den Gewinnunterschied berücksichtigte sie durch eine außerbilanzielle Abrechnung gemäß § 60 Abs. 2 Einkommensteuerdurchführungsverordnung – EStDV – wie folgt:
Handelsrechtlicher Gewinn |
2.000.000,– DM |
abzüglich steuerliches Mehrkapital |
3.452.040,– DM |
= steuerlicher Verlust |
1.452.040,– DM |
Im Jahr 2002 fand eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 1998 bis 2001 statt. Der Betriebsprüfer und ihm folgend das beklagte Finanzamt (FA) vertraten die Auffassung, dass der Klägerin durch die Veräußerung ihres Geschäftsbetriebs an die B., im Zeitpunkt der Veräußerung kein Aufwand in Höhe künftig drohender Verluste aus dem Mietvertrag Objekt … und aus den künftig zu bezahlenden Jubiläumszuwendungen an die übernommenen Arbeitnehmer entstanden sei. Eine Minderung des steuerlichen Gewinns in Höhe der in der Handelsbilanz gebildeten Rückstellungen sei daher nicht zulässig.
Den Einspruch der Klägerin gegen die geänderten Steuerbescheide vom 11. März 2003 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2003 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 4. August 2003 bei Gericht eingegangene Klage. Die Klägerin trägt vor, der in der Handelsbilanz durch die Bildung bzw. Aufstockung einer steuerlich unzulässigen Rückstellung entstandene Aufwand werde steuerlich erst beim Verbrauch der Rückstellung berücksichtigt. Dies führe lediglich zu einer Gewinnverschiebung. Betrachte man allerdings den Gesamtgewinn über die Wirtschaftsjahre des Bestehens dieser Rückstellung, ergäben sich keine Unterschiede zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Gewinn. Durch die Schuldübernahme im Rahmen der Geschäftsübertragung sei sie von ihren Verp...