Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht eines US-Beamten
Leitsatz (redaktionell)
1. Lässt sich nicht feststellen, dass sich ein Mitglied einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder eine technische Fachkraft „nur in dieser Eigenschaft” i S. d. Art. X Abs. 1 S. 1 NATOTrStat im Inland aufhält und fest entschlossen ist, nach Beendigung des Dienstes in den Ausgangsstaat oder Heimatstaat zurückzukehren, besteht die unbeschränkte deutsche Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG. ein solcher Grund kann z. B. in der Eheshließung mit einem in der BRD wohnhaften und berufstätigen Ehepartner sein; allerdings handelt es sich dabei nur um ein Indiz, so dass die Ehe nicht zwangsläufig einer Privilegierung entgegen steht. Entscheidend ist die Gesamtbetrachtung aller Umstände.
2. Der Erwerb einer Immobilie in Deutschland stellt einen tatsächlichen Anhaltspunkt gegen den Rückkehrwillen dar.
3. Gegen einen Rückkehrwillen spricht auch der Umstand, dass das Mitglied der Truppe über das Erreichen der regulären Pensionsgrenze hinaus in Deutschland bleibt.
4. Stehen Willensbekundungen nicht im Einklang mit den tatsächlichen Lebensumständen, kann aus ihnen nicht auf einen festen Rückkehrwillen geschlossen werden.
5. Die Bewerbung auf eine Position im Entsendestaat lässt dann nicht auf einen Rückkehrwillen schließen, wenn sie nur dem Zwecke dient, gegenüber den deutschen Finanzbehörden den Rückkehrwillen zu dokumentieren.
6. § 1 Abs. 1 S. 1 GG i. V. m. Art. X Abs. 1 S. 1 NATOTrStat sind weder verfassungs- noch völkerrechtswidrig.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1 S. 1; AO § 8; NATOTrStat Art. X Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger in den Streitjahren 1991 bis 1997 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren.
Die Kläger sind Eheleute und wurden vom Beklagten (das Finanzamt – FA –) in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als …. Ferner beziehen die Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen. Es handelt sich insoweit um Zinsen von amerikanischen Banken und um Erträge aus amerikanischen Wertpapieren und Investmentanteilen.
Der Kläger wurde im Jahre 1930 in den USA geboren und ist amerikanischer Staatsbürger. Nach dem Schulabschluss studierte der Kläger in den USA … Von Februar 1953 bis Februar 1955 leistete der Kläger den Wehrdienst. Er kam dabei nach der militärischen Grundausbildung im Oktober 1953 nach Deutschland und war als Soldat überwiegend in X stationiert. Während dieser Zeit lernte er die Klägerin kennen, die als Sekretärin bei den US-amerikanischen Militärbehörden beschäftigt war. Die Klägerin wurde 1927 in Y geboren und war deutsche Staatsangehörige. Im Jahr 1957 erwarb die KIägerin die amerikanische Staatsbürgerschaft.
Am 17. Februar 1955 wurde der Kläger aus der Armee entlassen. Danach hielt sich der Kläger bis April 1955 als Tourist in Deutschland auf (vgl. Geburtsurkunde der Tochter T, FG-Akten, Anlagenhefter, Anlagen 7/1 und 7/2 zum Schriftsatz der Kläger vom 29. September 2009).
Am 5. April 1955 heirateten der Kläger und die Klägerin vor dem Standesamt in Y. Die Kläger wohnten zu diesem Zeitpunkt in Y. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, die in den Jahren 1956 und 1959 geboren wurden. Beide Töchter haben in Z amerikanische Schulen und ein amerikanisches College besucht. Die Töchter haben jeweils amerikanische Staatsbürger geheiratet. Die Familien der Töchter leben in den USA.
Am 11. April 1955 trat der Kläger als Büroangestellter („clerk”) in den Dienst der amerikanischen Armee in Z. Im April 1956 wurde er … befördert und als vorläufiger Laufbahnbeamter unter Anrechnung seiner bisherigen Dienstzeit in die Armee übernommen. Am 11. April 1958 erhielt der Kläger die endgültige Anstellung als Laufbahnbeamter im Dienstgrad GS 9. In der Folge absolvierte er eine sehr erfolgreiche Karriere als … und wurde mehrfach befördert, zuletzt am 30. Mai 1976 zum Dienstgrad GS 14. Zum beruflichen Werdegang des Klägers wird ergänzend Bezug genommen auf S. 30 f des mit Schriftsatz der Kläger vom 29. September 2009 vorgelegten Gutachtens von Prof. Dr. Dr. h.c. C (FG-Akten, Anlagenhefter) sowie die Anlagen 3, 10, 12 bis 14.
Die Arbeitsstätte des Klägers befand sich zuerst in O und danach in Z beim … Der inzwischen 79-jährige Kläger leitet dort bis heute das …. Er kann grundsätzlich nur auf seinen Antrag hin in den Ruhestand versetzt werden. Der Kläger hat sich Anfang 1999 ohne Erfolg für eine höher bewertete Stelle … in X/USA beworben. Nachdem er bei der Ausschreibung nicht in die engere Auswahl gekommen war, hat er in der Folge ein sog. Diskriminierungsverfahren angestrengt. Auf den in der Verhandlung (auszugsweise) vorgelegten Bescheid der Equal Employment Opportunity Commission wird Bezug genommen (...