Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Darlehnsforderungen einer Bank, für die zwar eine Verzinsung vereinbart war, deren Zinsen der Schuldner aber nicht zahlen konnte. Abzinsung. Einfluss steuerlichen oder bilanziellen Verhaltens des Steuerpflichtigen außerhalb der Streitjahre auf die Beschwer
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist zweifelhaft, ob ein bilanzielles oder steuerliches Verhalten des Betroffenen für Zeiträume außerhalb der Streitjahre, auf die sich ein Rechtsbehelfsverfahren bezieht, zur Beurteilung darüber herangezogen werden könnte, inwieweit der Steuerpflichtige gerade durch die angefochtenen Bescheide nachteilig betroffen ist oder sich betroffen fühlt.
2. Eine Bank kann die Wertminderung notleidender Kredite aufgrund der betriebs- und branchenspezifischen Verhältnisse wirtschaftlich zutreffend anhand eines Abzinsungsbetrags ermitteln, der einerseits die Kostenbelastung berücksichtigt und andererseits den Zeitraum bis zum voraussichtlichen Rückfluss des Kapitals und damit bis zur Auflösung des wirtschaftlichen Zusammenhangs des jeweiligen Aktivpostens mit den ursprünglich kongruenten Refinanzierungsmitteln. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Bank
- bei den zum Jahresende bestehenden Schuldsalden gekündigter Vertragsverhältnisse, bei denen die Bank nur ihr zur Verfügung stehende Sicherheiten noch verwerten konnte, eine Einzelwertberichtigung bis zur Höhe des erwarteten Werts der vorhandenen Sicherheiten vornimmt und diesen Wert zusätzlich durch eine Abzinsung aufgrund des marktüblichen Zinssatzes für die Zeit der voraussichtlichen Sicherheitsverwertung berichtigt, und
- bei Verträgen, auf die vom Schuldner noch Ratenzahlungen geleistet wurden, bei denen die Raten jedoch zur Deckung des vertraglich vereinbarten Zinses nicht ausreichten, den laufenden Zinsanspruch nicht verbucht und vom jeweiligen Schuldsaldo eine Abzinsung in Höhe des marktüblichen Zinssatzes für eine Laufzeit vornimmt, die sich bei Anrechnung regelmäßiger Raten auf den Schuldsaldo ergab.
Normenkette
EStG 1990 § 6 Abs. 1 Nrn. 2, 1 S. 3; KStG 1991 § 8 Abs. 1; FGO § 40 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Änderungsbescheide vom 7. Juni 2001 jeweils in Form der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2001 werden geändert: Das Einkommen und das zu versteuernde Einkommen wird jeweils neu festgestellt und die Körperschaftsteuer 1991 bis 1995 wird jeweils neu festgesetzt jeweils unter Berücksichtigung der folgenden zusätzlichen gewinnmindernden (1994 gewinnerhöhenden) Wertberichtigungen:
1991 |
73.856 DM, |
1992 |
333.453 DM, |
1993 |
198.146 DM, |
1994 |
- 41.157 DM, |
1995 |
100.776 DM |
und unter entsprechender Minderung (1994 Erhöhung) der Gewerbesteuer-Rückstellungen. Die Berechnung der festgestellten und festgesetzten Beträge im Einzelnen wird dem Beklagten übertragen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, darf sie nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Erstattungsbetrags erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Erstattungsbetrags abwenden, sofern die Klägerin nicht ihrerseits Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg – Außensenate Freiburg –, Postfach 52 80, 79019 Freiburg
Dienstgebäude: Gresserstr. 21, 79102 Freiburg
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Verkehrsverbindung: Haltestelle Maria-Hilf-Kirche
Tatbestand
Streitig ist die Bewertung von Darlehnsforderungen einer Bank, für die zwar eine Verzinsung vereinbart war, deren Zinsen der jeweilige Schuldner aufgrund von Zahlungsproblemen aber nicht zahlen konnte (§ 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz – KStG – i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 Einkommensteuergesetz – EStG –).
Die Klägerin ist eine Bank in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft (e.G.). In ihren Jahresabschlüssen für die Streitjahre nahm sie auf Darlehensforderungen gegenüber Kunden, die nicht mehr in der Lage waren, ihre Verbindlichkeiten vertragsgemäß zu erfüllen, gewinnmindernde Wertberichtigungen vor, zum einen in Form unstreitiger Einzelwertberichtigungen und zum anderen in Form von Abzinsungen. Streitig sind hierbei die folgenden Fälle:
- Bei Vertragsverhältnissen, die sich in der Abwicklung befanden, d.h. die gekündigt waren und bei denen die Klägerin nur ihr zur Verfügung stehende Sicherheiten noch verwerten konnte, nahm sie von den zum Jahresende bestehenden jeweiligen Schuldsalden eine Einzelwertberichtigung bis zur Höhe des erwarteten Werts der vorhandenen Sicherheiten vor. Dieser Wert wurde zusätzlich durch eine Abzinsung aufgrund des marktüblichen Zinssatzes für die Zeit der voraussichtlichen Sicherheitsverwertung berichtigt.
- Bei Verträgen, auf die vom Schuldner noch ...