Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Gegenwertzahlungen als Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Besteuerung von Gegenwertzahlungen, die der Arbeitgeber bei Austritt aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder leistet, als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG ist verfassungsgemäß.
2. Zwischen Sanierungsgeldern als Pflichtzahlungen aufgrund der Systemumstellung in ein Punktesystem und Gegenwertzahlungen, deren Zahlungspflicht durch das freiwillige Ausscheiden des Arbeitgebers aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder begründet wird, bestehen Unterschiede von solcher Art und Gewicht, dass eine ungleiche steuerliche Behandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 3 S. 2, § 40b Abs. 4; LStDV § 3 Abs. 2 Nr. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Gegenwertzahlungen des Klägers an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.
Der Kläger ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit Zustimmung des beklagten Finanzamtes ihre Lohnsteuer im besonderen Erhebungsverfahren nach § 38 Abs. 3a Einkommensteuergesetz (EStG) durch die B anmeldet und abführt. Zum 31. Dezember 2008 trat der Kläger aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) aus. Gemäß der Satzung der VBL leistete der Kläger deshalb eine sogenannte Gegenwertzahlung von xxx.xxx Euro an die VBL. In einer berichtigten Lohnsteueranmeldung für Dezember 2008 vom 27. Januar 2009 wurde diese Gegenwertzahlung mit einem Pauschalsteuersatz von 15% angemeldet; Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag wurden entsprechend abgeführt.
Der hiergegen gerichtete form- und fristgerechte Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. September 2009 zurückgewiesen. Mit seiner Klage vom 6. Oktober 2009 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, die gesetzliche Behandlung der Gegenwertzahlung als Arbeitslohn verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Der Kläger habe seinen Arbeitnehmern eine zusätzliche betriebliche Altersvorsorge zugesagt, die durch die VBL als umlagefinanzierte Zusatzversorgungskasse ausgezahlt werde. Die Finanzierung der Rentenanwartschaften und -ansprüche erfolge durch eine auf der Basis des Arbeitsentgelts berechnete Umlage, die der Arbeitgeber schulde und die beim Arbeitnehmer zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führe. Diese Umlagen dienten nicht der Finanzierung der künftigen Renten, sondern der gegenwärtigen Renten innerhalb eines Deckungsabschnitts. Bei Ausscheiden eines Arbeitgebers aus der VBL würden satzungsgemäß Ausgleichszahlungen fällig, die der Deckung der nach dem Ausscheiden noch zu erfüllenden Verpflichtungen der VBL aus Rentenanwartschaften und -ansprüchen dienten. Durch diese sogenannten Gegenwertzahlungen finanziere der ausscheidende Arbeitgeber die zukünftig zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen der VBL aus. Neue Anwartschaften oder Ansprüche würden dadurch nicht begründet.
Die Ungleichbehandlung der steuerpflichtigen Gegenwertzahlungen gegenüber den Sanierungsgeldern, die ausdrücklich nicht besteuert würden, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Sanierungsgelder seien zu zahlen gewesen, um den zusätzlichen Finanzierungsbedarf zu decken, der sich ergeben habe, als die VBL vom früheren Gesamtversorgungssystem auf das jetzige Punktemodell umgestellt worden sei. Damit seien die vor der Umstellung begründeten Anwartschaften gesichert worden. In beiden Fällen würden Ansprüche ausfinanziert, die durch geleistete Zahlungen bereits bestünden und keine neuen Anwartschaften begründet. Damit würden zwei Sachverhalte, die in wesentlichen Punkten als gleich gelagert anzusehen seien, ungleich behandelt. Im Gesetzgebungsverfahren habe die Bundesregierung ebenfalls diesen Standpunkt vertreten. Die vor der gesetzlichen Neuregelung ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung habe die Steuerpflichtigkeit sowohl von Sanierungsgeldern als auch von Gegenwertzahlungen abgelehnt. Die Besteuerung der Gegenwertzahlungen weiche zudem vom objektiven Nettoprinzip ab, da beim Arbeitnehmer Arbeitslohn fingiert werde, der seine Leistungsfähigkeit nicht erhöht habe.
Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liege auch im Vergleich zu sonstigen Personalaufwendungen vor. Gegenwertzahlungen seien als Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer als Betriebsausgaben abziehbar. Die pauschale Lohnversteuerung mache diesen Abzug wirtschaftlich betrachtet jedoch teilweise wieder rückgängig, da der Arbeitgeber für die pauschale Lohnsteuer typischerweise beim Arbeitnehmer keinen Regress nehmen könne und definitiv mit ihr belastet bleibe. Dadurch werde auch das objektive Nettoprinzip verletzt.
Die Ungleichbehandlung sei weder durch einen erk...