Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpachtung eines dauerdefizitären Freibades und einer Schulmensa durch eine Gemeinde als Betriebe gewerblicher Art
Leitsatz (redaktionell)
Die entgeltliche Verpachtung eines Freibades sowie die Verpachtung einer Schulmensa durch eine Gemeinde können auch dann umsatzsteuerbare und damit auch zum Vorsteuerabzug berechtigende Betriebe gewerblicher Art sein, wenn die Gemeinde im Gegenzug den jeweiligen Pächtern für eigenständige wirtschaftliche Leistungen Zahlungen „Verwaltungskostenpauschale” für Erstellung monatlicher Statistiken durch den Mensapächter; Zuschuss an den Freibad-Pächter zur Aufrechterhaltung des dauerdefizitären Badbetriebs unter teilweise von der Gemeinde bestimmten Bedingungen, z. B. zur Höhe des Badeintritts) gewährt, die höher sind als die von den jeweiligen Pächtern gezahlten Pachtzinsen. Insoweit ist keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich.
Normenkette
UStG 2007 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 3 S. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 4-5; RL 2006/112/EG Art. 9 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c; AO § 42
Nachgehend
Tenor
1. Der Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 21. Mai 2013 wird dahin geändert, dass die Umsatzsteuer auf – 78.168,01 EUR festgesetzt wird. Die Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2013 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500,00 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Beträgt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch 1.500,00 EUR oder darunter, ist das Urteil hinsichtclih der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Verpachtung eines Freibades und einer Schulmensa durch eine Gemeinde Betriebe gewerblicher Art darstellen.
I. 1. Da die Gemeinde A (Klägerin) den Schülern ihres Schulzentrums eine Ganztagsbetreuung anbieten wollte, errichtete sie von 2007 bis 2009 für 1,7 Mio. EUR ein Gebäude mit Aufenthaltsräumen und einer aus einer Küche, einem Spülraum und einem Speiseraum bestehenden Schulmensa.
Um die Versorgung der Schüler mit einem Mittagessen zu gewährleisten, schloss sie drei Verträge:
(1) einen Pachtvertrag mit der Firma B. Gegenstand des Pachtvertrages ist die Überlassung der Mensa für die Ausgabe von Speisen, Getränken und Handelsware. Mit dem Pachtzins von monatlich 390 EUR sind die Nebenkosten abgegolten. Die Dauer des Pachtvertrages ist vom Bestehen des nachfolgend beschriebenen Catering-Vertrages abhängig.
(2) einen Catering-Vertrag mit der Firma B. Dieser beinhaltet sämtliche Tätigkeiten, die für die Ausgabe des Mittagessens notwendig sind. Die Reinigung des Speiseraums übernimmt die Klägerin. Für jeden der mindestens 170 Ausgabetage hat die Pächterin monatlich eine Absatzstatistik zu erstellen, wofür sie eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 28 EUR pro Ausgabetag erhält.
(3) einen Vertrag über die Versorgungsbelieferung mit der Delikates B GmbH. Die Delikates B GmbH hat die Speisen, Getränke und Handelswaren für Schüler und Besucher der Mensa zu liefern. Die Essensteilnehmer bestellen ihre Mittagsmahlzeit bei der Firma Delikates B GmbH per Internet. Der Preis in Höhe von 2,80 EUR bzw. 2,95 EUR pro Mahlzeit wird üebr ein spezielles Abrechnungssystem direkt bei der Delikates B GmbH beglichen. Die Klägerin zahlt aus öffentlichen Mitteln pro Schüler einen Essenszuschuss in Höhe von 1 EUR. Das Bestell- und Abrechnungssystem wird von der Delikates B GmbH in Zusammenarbeit mit der Schule betrieben. Die Speisen werden in Behältern in der Mensa angeliefert und dort portioniert. Servietten und Speisekarten sind von der Delikates B GmbH zu stellen.
2. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Schwimmbades, das sie zunächst in eigener Regie betrieben und dabei laufend Verluste erzielt hatte. Am 17. März 1999 schloss sie mit der C Management GmbH einen auch im Streitjahr noch bestehenden Vertrag über die Verpachtung des Freibades zuzüglich des gesamten Inventars, der dem Zweck diente, die Fortführung des Freibadbetriebs weiterhin zu gewährleisten, jedoch den gemeindlichen Haushalt zu entlasten. Als Pacht wurde ein Betrag in Höhe von jährlich 15.000 DM (7.669 EUR) zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Die Pächterin verpflichtete sich, das Freibad mindestens im Zeitraum von 15. Mai bis 15. September von 9 Uhr bis 20 Uhr zu öffnen, die Benutzung des Freibades durch die Aer Schulen und durch die DLRG unentgeltlich zu gestatten, es der Gemeinde für eine Veranstaltung pro Jahr zur Verfügung zu stellen und die Eintrittspreise nur mit Zustimmung...