Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatnutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter die Entnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG fallen alle Kraftfahrzeuge, die nach allgemeinen Erfahrungssätzen einer nicht nur gelegentlichen privaten Mitbenutzung zugänglich sind. Es ist nicht entscheidend, ob das Fahrzeug kraftfahrzeugsteuerrechtlich als "Pkw" oder anderes Fahrzeug besteuert wird (entgegen BMF-Schreiben vom 12.5.1997 IV B 2 - S 2177 - 29/97, BStBl I 1997, 562). Ausgenommen sind nur solche Kraftfahrzeuge, bei denen aufgrund ihrer Beschaffenheit allenfalls eine gelegentliche private Einzelnutzung denkbar ist.
2. Das Vorhandensein eines Zweitwagens rechtfertigt keine Abweichung vom allgemeinen Erfahrungssatz, dass das einzige betriebliche Kraftfahrzeug regelmäßig nicht ausschließlich betrieblich genutzt wird.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger (Kl) betreibt seit 15. März 1995 als Einzelunternehmer eine … und einen Einzelhandel mit …. Bereits seit Anfang 1992 ist er Jagdpächter eines 117 ha großen Jagdreviers in … Zum Betriebsvermögen des Kl gehört ein Fahrzeug …. Dieses hat lt. Kraftfahrzeugschein ein bauartbedingtes zulässiges Gesamtgewicht von 2.950 kg. Es hat 5 Fahrgastplätze und wird vom Kl in dem baulichen Zustand genutzt, wie es der Hersteller gefertigt hatte. Im Fahrzeugschein wird dieses Fahrzeug als „Pkw geschlossen” bezeichnet. Ausweislich des Bescheides über Kraftfahrzeugsteuer vom 22. Dezember 1998 ist es bis 14. Dezember 1998 für kraftfahrzeugsteuerliche Zwecke als Personenkraftwagen, danach als sonstiges Fahrzeug eingeordnet. Es war ursprünglich am 1. Februar 1992 auf den damaligen Arbeitgeber des Kl als Leasingnehmer zugelassen worden. Der Kl übernahm das Fahrzeug ab dem 1. Juli 1995 als zweiter Leasingnehmer. Ein weiteres Fahrzeug befindet sich nicht im Betriebsvermögen.
Auf die Klägerin (Klin), die als Arbeitnehmerin tätig ist, ist ein Pkw VW-Golf GTI zugelassen.
Anlässlich einer beim Kl für die Veranlagungszeiträume 1996 bis 1998 durchgeführten Außenprüfung traf die Prüferin in ihrem Bericht vom 16. Dezember 1999 u. a. folgende Feststellungen:
„Für den zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw … wurde bisher keine private Pkw-Nutzung angesetzt. Dieser Pkw wurde am 1.02.1993 auf die Fa. … als 1. Leasingnehmer zugelassen. Während der AN-Tätigkeit bei der … wurde dieses Fahrzeug dem Stpfl. überlassen. Nach dem Ausscheiden aus der … hat der Stpfl. den Leasingvertrag ab dem 1.07.1995 als 2. Leasingnehmer übernommen.
Da für diesen Pkw kein Fahrtenbuch über die gefahrenen Kilometer geführt wurde, ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG die private Pkw-Nutzung mit 1. v.H. des inländischen Listenpreises anzusetzen.
Die bloße Behauptung, das Kraftfahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt, reicht nicht aus, um von dieser Anwendung abzusehen (BMF-Schreiben vom 12.05.1997 Ziff. 2, BStBl 1997 Teil 1 S. 562).
Obwohl zu der Familie des Stpfl. noch ein privater Pkw gehört (= VW-Golf der Ehefrau), der neben den Fahrten zur Arbeitsstätte der Ehefrau und den betrieblichen Fahrten für den Ehemann mit jährlich etwa 1.500 km – 1.800 km für Privatfahrten eingesetzt war, kann auf den Ansatz der privaten Pkw-Nutzung für den … nicht verzichtet werden.
Der Ansatz der privaten Nutzung mit 1% des ursprünglichen Listenpreises -brutto-…– DM × 12% = (…– DM würde die tatsächlichen Kfz-Aufwendungen übersteigen. Der Ansatz der privaten Kfz-Nutzung wird somit auf die tatsächlichen Gesamtaufwendungen (= Kostendeckelung) begrenzt.”
Der Beklagte (Bekl) folgte dieser Beurteilung und erhöhte in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 den Gewinn um folgende Beträge:
|
1997 |
1998 |
Private Kfz-Nutzung (= Kostendeckelung) |
… DM |
… DM |
Umsatzsteuer |
… DM |
… DM |
Summe |
… DM |
… DM |
Demzufolge erließ er für das Streitjahr 1998 am 15. März 2000 einen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuer (ESt)-Bescheid. Für den Veranlagungszeitraum 1997 ergab sich ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von ./. … DM, der gemäß § 10 d Einkommensteuergesetz (EStG) auf das Streitjahr 1995 zurückgetragen wurde und ebenfalls am 15. März 2000 zu einem nach § 10 d EStG geänderten ESt-Bescheid 1995 führte.
Gegen diese Verwaltungsakte legten die Kl rechtzeitig Einsprüche ein, die der Bekl mit Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2000 als unbegründet zurückwies.
Mit ihrer hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage tragen die Kl vor, der Bekl habe zu Unrecht für das Fahrzeug … einen privaten Nutzungsanteil nach der sog. 1%-Methode ermittelt. Bei diesem Fahrzeug handele es sich um ein Kfz, das gemäß seiner Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sei, wahlweise vorwiegend der Personenbeförderung oder vorwiegend der Güterbeförderung zu dienen. Es liege somit ein sog. Kombinationsfahrzeug vor, das entweder als PKW oder als LKW anzusehen sei. Für die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung als LKW oder als PKW komme es – folgend der Regelung der Straßenverke...