Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einschränkung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch die Haftungsbeschränkung des § 1629a BGB. Einkommensteuer 1983 und 1984

 

Leitsatz (amtlich)

Die Haftung eines minderjährigen GmbH-Gesellschafters für die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung beruhende Einkommensteuerschuld ist nicht nach § 1629a Abs. 1 BGB beschränkt, weil er zum Zeitpunkt des Anfalls der verdeckten Gewinnausschüttung –auch hinsichtliches des Vermögens– durch seine Eltern vertreten war.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; BGB § 1629a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.07.2003; Aktenzeichen VIII R 45/01)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 1983 und 1984, ob die dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechneten verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) von der Firma … GmbH in … (im folgenden nur …-GmbH genannt) in Höhe von 17.920 DM im Jahr 1983 und von 6.400 DM im Jahr 1984 zu Recht vorgenommen worden sind oder nicht.

Die Firma …-GmbH wurde mit Vertrag vom 28. April 1982 von den Eheleuten G. und H. mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet. Beide Gesellschafter übernahmen jeweils 50 v.H. der Stammeinlagen. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb und die Verwaltung von eigenem Grundbesitz.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. November 1982 übertrugen die Eheleute G. und H. ihre Geschäftsanteile mit vormundschaftlicher Genehmigung vom 31. Dezember 1982 unentgeltlich auf ihre damals minderjährigen Kinder, und zwar auf K. (geboren am 9. Februar 1974) und A. (geboren am 10. Februar 1976) Anteile in Höhe von jeweils 17.000 DM sowie auf den Kläger F. (geboren am 12. Januar 1979) einen Anteil in Höhe von 16.000 DM. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der …-GmbH waren zunächst G. und H., ab Juni 1985 nur noch H..

Da die Firma …-GmbH von Beginn an keine Körperschaftsteuererklärungen und Jahresabschlüsse einreichte, erließ der Beklagte für die Jahre 1983 und 1984 Körperschaftsteuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abgabenordnung (AO).

Anlässlich einer im Oktober 1987 durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass für die Firma …-GmbH weder Bücher geführt noch Jahresabschlüsse erstellt worden seien; er schätzte daher den Gewinn aufgrund der vorgelegten Unterlagen und Verträge durch Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag. Da die errechneten Einkommen bei der Firma …-GmbH nicht zu einer Erhöhung des Vermögens führten, ging der Prüfer ferner davon aus, dass die Gewinne weitgehend verdeckt an die Anteilseigner ausgeschüttet worden seien. Dabei wurden folgende Ausschüttungsbeträge zugrunde gelegt:

1983:

56.000 DM

1984:

23.000 DM

Die geänderten endgültigen Körperschaftsteuerbescheide gegenüber der Firma …-GmbH für 1983 und 1984, in denen jeweils auch das Einkommen und die Tarifbelastung festgestellt wurden, gab der Beklagte am 13. März 1989 zur Post. Dagegen legte die Firma …-GmbH Einspruch ein, der mit Entscheidung vom 25. März 1992 vom Beklagten als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die hiergegen eingelegte Klage wurde vom Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 13. Juni 1996 3 K 108/92 als unbegründet zurückgewiesen. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden. Die Gerichtsakten 3 K 108/92 wurden zum vorliegenden Verfahren beigezogen.

Trotz mehrfacher Aufforderungen durch den Beklagten gab der gesetzliche Vertreter des Klägers, G., für die Streitjahre keine Einkommensteuererklärungen für ihn ab bzw. reichte im Jahre 1989 für diese Jahre unausgefüllte Einkommensteuererklärungen ein. Da, wie bereits dargelegt, für die …-GmbH, an der der Kläger Anteilseigner war, ebenfalls keine Unterlagen vorhanden waren, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1983 und 1984 und legte dabei die Feststellungen der Betriebsprüfung bei der …-GmbH zugrunde.

Dem Kläger wurden gemäß der Beteiligungsverhältnisse 16/50 der vGA zugerechnet. Eine Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer konnte nicht erfolgen, weil seitens der Firma …-GmbH weder Körperschafts- noch Kapitalsertragsteuer abgeführt worden waren.

Der Beklagte setzte daher die Einnahmen des Klägers aus Kapitalvermögen wie folgt fest:

Einnahmen 1983

=

16/50 von 56.000 DM

=

17.920 DM

Einnahmen 1984

=

16/50 von 23.000 DM

=

7.360 DM

In den Einkommensteuerbescheiden für 1983 und 1984 – jeweils vom 12. Juni 1989 setzte der Beklagte die Einkommensteuerschuld des Klägers für 1983 auf 2.792 DM und für 1984 auf 475 DM fest. Diese Bescheide waren an den gesetzlichen Vertreter des Klägers G. adressiert, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide noch minderjährig war.

Hiergegen legte G. mit Schreiben vom 27. Juni 1989 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 3. Mai 1998 begründete der zwischenzeitlich volljährig gewordene Kläger den Einspruch wie folgt:

Der Beklagte habe ausgeführt, da...

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