Entscheidungsstichwort (Thema)
Personengesellschaft kann keine Aussetzung der Vollziehung im Hinblick auf das Vorliegen eines Sanierungsgewinns beantragen. erweiterte Gewerbeertragskürzung bei Verkauf von zuvor lange vermieteten Wohnungen durch eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG
Leitsatz (redaktionell)
1. Über die Frage, ob eine Personengesellschaft einen nach dem Sanierungserlass der Finanzverwaltung steuerfreien Sanierungsgewinn erzielt hat, kann vorläufiger Rechtsschutz nicht im Feststellungsverfahren der Personengesellschaft erreicht werden. Ein Stundungs- oder Erlassverfahren ist nur auf Gesellschafterebene im Einkommensteuererhebungsverfahren möglich; demzufolge kann eine GmbH & Co. KG keine Aussetzung der Vollziehung im Hinblick auf das Vorliegen eines Sanierungsgewinns beantragen.
2. Teilt eine bislang vermögensverwaltende GmbH & Co. KG ein Grundstück mit zahlreichen, bisher jahrzehntelang vermieteten Wohnungen nunmehr in Eigentumswohnungen auf, so stellt der Verkauf von Wohnungen den letzten Akt der Vermögensverwaltung dar, der nicht zu einem gewerblichen Grundstückshandel führt, sodass der KG weiterhin die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zusteht.
Normenkette
AO §§ 163, 227, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 179 Abs. 2; EStG 1990 § 3 Nr. 66; GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 2-3; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
Die Vollziehung des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag 2008 vom 15. Februar 2010 wird ausgesetzt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin zu 79 % und dem Antragsgegner zu 21 % auferlegt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist eine GmbH & Co KG. Komplementärin und Geschäftsführerin ist die Grundstücksgesellschaft B GmbH, Kommanditisten sind insgesamt 31 Anleger mit unterschiedlich hohen Beteiligungen.
Die Antragstellerin ist seit 1977 Eigentümerin des mit 41 Wohneinheiten bebauten Grundstückes B. Diese Wohnungen unterliegen der Wohnraumbindung. Die Einrichtung des Gebäudes wurde im Kalenderjahr 1977 durch ein Aufwendungsdarlehen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau i. H. v. …Mio DM gefördert. Das Aufwendungsdarlehen war mit 7 % p. a. zu verzinsen und mit 2 % zu tilgen. Zusätzlich war ein Verwaltungskostenbeitrag i. H. v. 0,5 % p. a. zu entrichten.
Die Gesellschaft erhielt bis einschließlich 2007 Aufwendungszuschüsse durch die C… kreditanstalt (CK), die im Kalenderjahr 2006 … Euro und im Kalenderjahr 2007 … Euro betragen haben. Ab dem Kalenderjahr 2008, dem Streitjahr, wurde ein solcher Zuschuss nicht mehr gewährt. Die Jahresüberschüsse der Gesellschaft betrugen im Kalenderjahr 2006 … Euro und im Kalenderjahr 2007 … Euro und entsprachen damit etwa der Höhe des jeweiligen CK Zuschusses.
Die Gesellschaft hatte zum 31. Dezember 2007 Verbindlichkeiten i. H. v. …Mio Euro, darunter das Darlehen der D…bank …, Rechtsnachfolgerin der CK, das noch mit …Mio Euro valutierte. Das Eigenkapital der Gesellschaft war zum 31. Dezember 2007 mit … Euro negativ.
Am 05. Juni 2008 vereinbarten die D… BANK und die Antragstellerin in einem Aufwendungsdarlehensänderungsvertrag folgende Rückzahlungsvereinbarung (Nr. 2 des Vertrags):
„In Abänderung dieser Tilgungsbestimmungen vereinbaren die Parteien, dass die Darlehensnehmerin zur Erfüllung ihrer Zahlungspflichten aus der in Ziffer 1 genannten Darlehensgewährung, bezogen auf das Restkapital zum 31.05.2008 in Höhe von …Mio EURO, bis zum 31.05.2008 eine erste Rate in Höhe von …Mio EURO, …, sowie am 01.11.2029 eine zweite Rate in Höhe von … EURO an die D… BANK leistet. … Die Summe der vorstehend beschriebenen Raten entspricht dem in der Anlage … ausgewiesenen Barwert der Darlehensforderung.”
Auf die Vereinbarungen im Übrigen wird Bezug genommen.
Zudem teilte die Antragstellerin im Streitjahr die von ihr verwalteten Wohnungen in Wohneigentum auf und begann damit, Eigentumswohnungen aus ihrem Bestand zu veräußern. Im Streitjahr veräußerte sie eine der Wohnungen, im Jahr 2009 etwa drei Wohnungen. Die zum Verkauf vorgesehenen Wohnungen gliederte die Antragstellerin aus dem Anlagevermögen aus und wies diese im Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2008 dem Umlaufvermögen zu.
In der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008 beantragte die Antragstellerin den durch diesen „Darlehensverzicht” entstandenen Gewinn in Höhe von …Mio Euro als Sanierungsgewinn im Sinne des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 (IV A 6-S-2140-803, BStBl. I 2003, 240) zu behandeln. Zudem machte die Antragstellerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz – GewStG – geltend.
Der Antragsgegner erließ am 15. Februar 2010 den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008, in dem er den erklärten Sanierungsgewinn nachrichtlich mit 0 Euro auswies. Im Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2008 vom gleichen Tag erkannte er den erweiterten Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht an. Gegen ...