Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines bestandskräftigen Feststellungsbescheids i. S. d. § 251 Abs. 3 AO aufgrund einer nachgereichten Steuererklärung. Erstattungsfestsetzung auch nach Insolvenzeröffnung. Pflicht des Insolvenzverwalters zur rechtzeitigen Einreichung einer Steuererklärung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der auf § 251 Abs. 3 AO gründende Feststellungsbescheid bzw. die daraufhin erfolgte Eintragung einer Steuerforderung in der Insolvenztabelle steht in seinen Auswirkungen einem Steuerbescheid bzw. einer Steuerfestsetzung gleich. Damit ist eine abweichende Steuerfestsetzung, Feststellung der Steuerforderung oder Tabelleneintragung (hier: aufgrund nachgereichter Umsatzsteuererklärung) grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen einer Abänderung des vorangegangenen Feststellungsbescheides möglich.
2. Führt eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nachgereichte Umsatzsteuererklärung für einen Zeitraum vor Insolvenzeröffnung zu einer Erstattung, ist eine Steuerfestsetzung trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich.
3. Dem Insolvenzverwalter obliegt, frühzeitig alle bei der Gemeinschuldnerin vorhandenen Geschäftsunterlagen einzusehen, alsbald nach dem Verbleib vermutlich angefertigter, indes nicht aufgefundener anderer Unterlagen (hier: Jahresabschluss) zu forschen bzw. sich auch hinsichtlich der bei der Gemeinschuldnerin bekanntermaßen strafverfahrensrechtlich beschlagnahmter Unterlagen um eine Einsichtnahmemöglichkeit zu kümmern (hier: keine Berücksichtigung einer nach Bestandskraft des Feststellungsbescheids gem. § 251 Abs. 3 AO nachgereichten Umsatzsteuererklärung wegen Verschuldens des Insolvenzverwalters).
Normenkette
AO § 251 Abs. 3; InsO § 178 Abs. 1, 3, § 87; AO § 130 Abs. 1, § 172 Abs. 1 Nr. 2, §§ 5, 179 Abs. 1, § 155 Abs. 1, § 251 Abs. 2; ZPO § 580 Nr. 7 Buchst. b, § 767; BGB § 826; FGO §§ 134, 102, 155
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, einem Beteiligungs- und (Finanz-)Verwaltungsunternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, mit Bezug auf eine von ihm nachgereichte, zu einer Umsatzsteuererstattung führende Umsatzsteuererklärung 2003 eine erklärungsgemäße Umsatzsteuerfestsetzung 2003 sowie damit zusammenhängend die Änderung der auf der Grundlage von § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung – AO – geschehenen Feststellung der entsprechenden steuerlichen Insolvenzforderung.
Die laut ihrer Satzung zum …2000 errichtete Gemeinschuldnerin war eine nach ihrem alleinigen Vorstand benannte, zunächst in A. geschäftsansässige Unternehmung. Anfang Juli 2002 verlegte sie ihren Geschäftssitz nach B.. Ihr Unternehmensgegenstand bildete die Beteiligung an sowie die Verwaltung und Beratung anderer Unternehmen im Bereich der …, insbesondere die Beteiligung an … und die Dienstleistungs- und Entwicklungstätigkeit in diesem Umfeld. Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnete das AG C. durch Beschluss vom … 2004 (Aktenzeichen [Az.:] … IN …/04) das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.
In dem vom Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter erstellten Ermittlungsbericht vom 2. November 2004 berichtete dieser, dass angabegemäß ein Jahresabschluss 2003 erstellt worden sei, dieser ihm jedoch nicht vorliege. Ferner gab der Kläger an, wer die steuerliche Beratung der Gemeinschuldnerin durchgeführt hatte.
Am 6. Dezember 2004 zeigte der Kläger gemäß § 208 Abs. 2 der Insolvenzordnung – InsO – die Masseunzulänglichkeit an.
Die Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2003 blieb die Gemeinschuldnerin zunächst schuldig. Nach vergeblicher Erinnerung hieran ermittelte der Beklagte eine Umsatzsteuerforderung 2003 auf der Grundlage geschätzter Besteuerungsgrundlagen und übermittelte dem Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin unter dem 16. November 2004 eine entsprechende Berechnungsmitteilung über einen Umsatzsteuerbetrag in Höhe von ./. 61.613,24 EUR beziehungsweise [bzw.] einen sich danach errechnenden Nachzahlungsbetrag über 3.288,96 EUR. Am 28. Januar 2005 meldete der Beklagte diese (Umsatz-)Steuerforderung nach § 174 Abs. 1 InsO zur (Insolvenz-)Tabelle an. Der Kläger bestritt sie.
Hierauf stellte der Beklagte mit Bescheid vom 28. November 2005 gestützt auf § 251 Abs. 3 AO in Verbindung mit [i.V.m.] § 179 Abs. 1 AO eine Umsatzsteuerforderung 2003 in Höhe von 3.288,96 EUR ebenso wie Forderungen betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen für das 2. und 3. Kalendervierteljahr 2004 als Insolvenzforderungen fest. Hiergegen erhob der Kläger unter dem 21. Dezember 2005 Einspruch.
Daraufhin erließ der Beklagte am 2. August 2006 einen nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid, mit dem er die Umsatzsteuerforderung 2003 nunmehr auf 2.536,48 EUR feststellte, daneben die Forderungen betreffe...