Entscheidungsstichwort (Thema)
In Abrechnungsbescheid vorgenommene Umbuchung des durch Aufhebung des Jahres-Umsatzsteuerbescheids begründeten Erstattungsanspruchs auf das Steuerkonto eines anderen Unternehmens auch nicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben rechtmäßig
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde in einem finanzgerichtlichen Klageverfahren gegen den Jahres-Umsatzsteuerbescheid u.a. festgestellt, dass die klagende OHG schon vor Beginn des Streitjahres nicht mehr bestanden habe und dass die von der Klägerin in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das Streitjahr angemeldeten und versteuerten Umsätze einem anderen Unternehmen zuzurechnen seien, und hat das Finanzamt daraufhin den gegen die Klägerin erlassenen Jahres-Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr aufgehoben, obwohl die OHG im Streitjahr tatsächlich nicht vollbeendet war, so werden für den streitigen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuerzahlungen nicht wieder die Festsetzungen für die Voranmeldungszeiträume maßgeblich.
2. Sind die Zahlungen aufgrund der Voranmeldungen im Namen und für Rechnung der klagenden OHG geleistet worden, so steht nach Aufhebung des Jahres-Umsatzsteuerbescheids vielmehr nur ihr ein Erstattungsanspruch gem. § 37 Abs. 2 AO hinsichtlich der für das Streitjahr bezahlten Umsatzsteuer zu. Das Finanzamt ist nicht berechtigt, nunmehr in einem Abrechnungsbescheid und damit im Erhebungsverfahren die namens der Klägerin bezahlte Umsatzsteuer auf das Steuerkonto eines anderen Unternehmens, das die streitigen Umsätze möglicherweise erbracht hat, umzubuchen; es kann der OHG die Geltendmachung des durch Aufhebung des Jahres-Umsatzsteuerbescheids begründeten Erstattungsanspruchs auch nicht unter Berufung auf Treu und Glauben versagen.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2, § 218 Abs. 1-2, § 168 S. 1; BGB § 242
Nachgehend
Tenor
Abweichend von dem Bescheid vom 8. Dezember 2003 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2004 wird ein Erstattungsbetrag aus Umsatzsteuer 1993 in Höhe von 688.728,01 DM für die Klägerin festgestellt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären, wird zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin wurde am 01.09.1990 durch ihre Gesellschafter L und M gegründet und am 07.03.1991 im Handelsregister eingetragen. Gegenstand der Gesellschaft war nach dem Gesellschaftsvertrag das Betreiben eines „X” sowie einer „Y”. In ihrer Gesellschafterversammlung vom 19.11.1992 beschlossen die Gesellschafter die Auflösung der Klägerin und bestellten sich zu Liquidatoren. Sie verpflichteten sich, bis spätestens 15.12.1992 für die Teilbereiche „X” und „Y” getrennte Kapitalgesellschaften zu bilden, welche die Firmen „B – GmbH”, Geschäftsführer M und N, sowie „C – GmbH”, Geschäftsführer L und O, führen sollten. Weiter verpflichteten sie sich, ab dem Zeitpunkt der Gründung der Kapitalgesellschaften keine Verträge mehr unter der Firma der Klägerin abzuschließen und getrennt nach den beiden Bereichen die Überleitung der bestehenden Verträge und Kreditverpflichtungen zu betreiben.
Am 17.12.1992 wurde die C – GmbH gegründet, die am 01.01.1993 ihren Betrieb aufnahm. Geschäftsführer waren L und O.
Ebenfalls am 17.12.1992 wurde der Gesellschaftsvertrag der B – GmbH abgeschlossen, die am 15.07.1993 ins Handelsregister eingetragen wurde. Geschäftsführer waren M und N. Laut Handelsregisterauszug datiert auf den 01.07.1993 der Beginn der B – OHG N & M, persönlich haftende Gesellschafter N und M, die am 01.08.1994 ins Handelsregister eingetragen wurde.
Im Rahmen einer weiteren Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 04.02.1993 erklärten sich die beiden Gesellschafter dahingehend einig, dass die gemeinsame Unterschriftsberechtigung für die auf die Klägerin lautenden Konten aufgehoben werde. Für den Bereich der „Y” sei bereits ein Konto angelegt, für das L allein unterschriftsberechtigt sei. Die Konten K.1. und K.2. würden ausschließlich durch den Bereich „X” der OHG weitergeführt; L verzichtete mit sofortiger Wirkung auf sein Verfügungsrecht (Ziffer 1). Die Gesellschafter erklärten sich darüber einig, dass rückwirkend seit dem 01.01.1993 L für die ordnungsgemäße Abwicklung der OHG für den Bereich „Y” und M für den Bereich „X” alleinverantwortlich seien. Insofern gelte die Trennung der OHG in die vorstehend genannten Bereiche seit dem 01.01.1993 als vollzogen (Ziffer 4). Alle nach diesem Datum angefallenen oder noch anfallenden Verbindlichkeiten sollten dem jeweiligen Bereich zugeordnet werden; für deren Erfüllung seien L und M jeweils für ih...